Anthony Edwards stand mal wieder sinnbildlich für den Gemütszustand der Wolves nach der 107:115-Niederlage gegen Denver, womit der Champion die Serie in Spiel 4 wieder ausglich. Als der Star der Wolves den Presseraum verließ, warf der 22-Jährige noch einmal einen Blick auf das Stück Papier mit dem Boxscore und murmelte beim Gehen: "Tz, ich habe die Schnauze voll von Aaron Gordon." Das sorgte für einige Lacher bei den anwesenden Journalisten, aber genau jener Gordon war letztlich der entscheidende Faktor dafür, dass Denver nicht schon in Spiel 5 mit dem Rücken zur Wand stehen wird.
Klar, Nikola Jokic machte 35 Punkte, dazu hatte Jamal Murray eine starke Phase im dritten Viertel, nachdem er kurz vor der Pause mit einem Halfcourt-Shot einen 8:0-Lauf der Nuggets in nur 20 Sekunden vollendet hatte, doch Gordon war für Denver der dritte Star, der dritte dringend benötigte Scorer und die dringend benötigte Allzweckwaffe.
In 41 Minuten legte der Forward 27 Punkte auf, traf 11 seiner 12 Würfe (2/2 3P), schnappte sich 7 Rebounds und verteilte 6 Assists. Nach Mitch Richmond und Chris Paul ist "Mr. Nugget" nun der erst dritte Spieler der Playoff-Historie, der in einem Spiel der Postseason eine 25/5/5-Statline bei einer Quote von mindestens 90 Prozent aus dem Feld auflegte.
"Wir haben jede Menge Würfe schwer gemacht, aber wenn Gordon plötzlich zu Kobe Bryant mutiert, dann müssen wir damit leben", stellte Rudy Gobert, der den Nuggets-Flügelspieler die meiste Zeit verteidigte, ernüchtert fest. "Diese Würfe waren schwer, aber so läuft das Spiel manchmal eben."
So ganz richtig ist das nicht, da unter seinen Treffern auch vier Dunks mit dabei waren, dennoch hatte Gobert einen Punkt. Während der Saison traf Gordon nur 29 Prozent aus der Distanz, fast die exakt gleiche Quote legte Gordon bei Sprungwürfen aus dem Zweierbereich auf, doch in Spiel 4 netzte der 29-Jährige gleich drei solcher Versuche, meist zum Ende der Wurfuhr. Es waren echte Keulenschläge für die Wolves, die ohnehin schon alle Hände voll zu tun hatten, um überhaupt Stops gegen die Offensiv-Maschine der Nuggets zu generieren.
Aaron Gordon: Die Allzweckwaffe der Denver Nuggets
"Ohne ihn hätten wir heute nicht gewonnen", stellte auch Coach Michael Malone fest. "Nikola macht immer sein Ding, aber was Aaron heute gemacht hat, war fantastisch." Es war schließlich auch nicht nur das Scoring, was Gordon in den vergangenen beiden Spielen so wertvoll machte.
Der Forward verteidigte zunächst den enttäuschenden Karl-Anthony Towns (13, 5/18), später musste sich Gordon vermehrt gegen Edwards behaupten und war der einzige Nuggets-Spieler, dem Stops gegen den Ant-Man (44, 16/25) gelangen. Und nicht nur das: Gordon war es, der Denver nach einem mäßigen Start mit Korbattacken ins Rollen brachte und dann im dritten Viertel eine Schlüsselrolle übernahm, als Jokic mit vier Fouls für gut sechs Minuten auf die Bank musste.
Gordon ist zwar nicht Jokic, aber der 29-Jährige spielte nun Point Center und half mit, dass Denver die zweistellige Führung ohne den Joker konservieren konnte. Es erinnerte ein wenig an das Vorjahr, als Denver in den Playoffs die Minuten ohne den dreifachen MVP zumeist überstand, da Murray und Small-Ball-Center Gordon genügend Offense generieren konnten. So auch diesmal: Die Nuggets gewannen die knapp neun Minuten ohne Jokic mit +5, während die Wolves in 2:40 Minuten ohne Edwards bei -13 standen.
Aaron Gordon erhält Lob von Jokic und Coach Malone
Dem Shootingstar fehlte die Entlastung, gewissermaßen ein Aaron Gordon, der nebenbei auch immer mal wieder selbst den Ball brachte, da Minnesota stets versuchte, Murray bereits im Backcourt unter Druck zu setzen. Kurzum, es gab an diesem Abend einfach nichts, was Gordon nicht tat, er war selbstlos wie eh und je: "Wenn ein dreifacher MVP so spielt, dann kann ich das auch", meinte Gordon mit Verweis auf Jokic.
Dieser warf den Ball gleich wieder zurück: "Aaron war unser bester Spieler (...) Manchmal scort er viel, manchmal scort er gar nicht und das ist für ihn in Ordnung und der Grund, warum er so ein guter Spieler ist."
Am Ende war es dann wieder Jokic, der die Partie mit 16 Punkten im Schlussabschnitt über die Ziellinie brachte, doch dass Denver überhaupt in dieser Position war, lag vor allem an Gordon. Malone ging sogar soweit, dass sich der Forward für diese Vorstellung definitiv ein IPA verdient hätte, dem Gordon aber widersprach. "IPA ist nicht mein Ding, ich bevorzuge lieber Modelo", meinte der Forward mit einem Schmunzeln.
Es zeigt auch, dass die Laune in Denver wieder deutlich besser ist als noch vor einer knappen Woche. Nach den beiden Heimniederlagen zum Auftakt beginnt in der Nacht auf Mittwoch die Serie wieder bei Null, dennoch wirkt es so, als ob Denver und vor allem Jokic langsam ein Gespür für die hyper-aggressive Defense der Wolves gefunden hat.
So ist das mit Champions. Sie finden immer andere Wege, um Spiele zu gewinnen und diese Performance der Nuggets in der vergangenen Nacht war das Beste, was Denver seit einer langen Zeit mal wieder anbot - genau zur richtigen Zeit.
Nuggets vs. Wolves: Die Serie im Überblick
Spiel | Datum | Uhrzeit | Heim | Auswärts | Ergebnis |
1 | 5. Mai (So) | 1 Uhr | Denver Nuggets | Minnesota Timberwolves | 99:106 |
2 | 7. Mai (Di) | 4 Uhr | Denver Nuggets | Minnesota Timberwolves | 80:106 |
3 | 11. Mai (Sa) | 3.30 Uhr | Minnesota Timberwolves | Denver Nuggets | 90:117 |
4 | 13. Mai (Mo) | 2 Uhr | Minnesota Timberwolves | Denver Nuggets | 107:115 |
5 | 15. Mai (Mi) | 4.30 Uhr | Denver Nuggets | Minnesota Timberwolves | |
6 | 17. Mai (Fr) | 2.30 Uhr | Minnesota Timberwolves | Denver Nuggets | |
7* | 20. Mai (Mo) | tba | Denver Nuggets | Minnesota Timberwolves |
* wenn benötigt