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Luka Doncic hat endlich das perfekte Team um sich: Wie Nico Harrison bei den Mavs das Unmögliche möglich machte

Von Levi Netal
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Die Dallas Mavericks stehen zum ersten Mal seit 2011 in den NBA Finals. Doch trotz nun zweier Conference-Finals-Teilnahmen in den letzten drei Jahren standen die Zeichen in Texas letztes Jahr noch schlecht. Nachdem man Jalen Brunson verloren und die Playoffs verpasst hatte, drohte eine düstere Zukunft mit einem unzufriedenen Superstar und unklarem Kader. Wir schauen uns an, wie die Mavs das Ruder herumreißen konnten.

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Nachdem man vor nicht einmal zwei Jahren aufgrund mehrerer schlechter Management Entscheidungen ins Mittelmaß abrutschte, muss man jetzt den Hut vor den Entscheidungsträgern um General Manager Nico Harrison ziehen. Die Mavericks haben seit Brunsons Abgang vor zwei Jahren quasi ihr komplettes Team umgebaut und spielen nun mit einem brandneuen Kader erstmals seit Dirk Nowitzki 2011 wieder um den Titel.

Wie konnte man das perfekte Team um Luka Doncic derart schnell zusammenstellen? Eine Spurensuche.

UPDATE: Nico Harrison wurde für seine gute Arbeit am Dienstag mit einer Vertragsverlängerung belohnt. Das gaben die Mavericks bekannt.

Dallas Mavericks: Die überraschenden Conference Finals 2021/22

In der vierten Saison in der "Ära Doncic" platzte bei den Mavs der Knoten: Nachdem man in den Vorjahren in den Playoffs zweimal früh an den Clippers gescheitert war, kämpfte man sich nach 52 Siegen in der Regular Season durch den Westen und schlug dabei unter anderem die Utah Jazz und den Finals-Teilnehmer des Vorjahres, die Phoenix Suns.

In den Conference Finals war das Märchen dann aber gegen die Golden State Warriors vorbei: Stephen Curry & Co. konnten die fehlende Tiefe des Teams um Doncic entblößen und gewannen die Serie deutlich mit 4-1.

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Dallas Mavericks: Das Offseason-Fiasko 2022

Trotz der Niederlage gegen den späteren Champion sah die Zukunft in Dallas rosig aus. Mit dem jungen Superstar Doncic schienen die Mavs nur noch ein paar Trades davon entfernt, sich als ein wahres Schwergewicht im Westen zu etablieren.

Die Offseason der Texaner sollte diesen Erwartungen aber nicht gerecht werden. Zuerst verlor man den aufstrebenden Guard Jalen Brunson an die New York Knicks (vier Jahre/ 104 Mio. Dollar). Brunson hatte sich im Jahr zuvor als waschechte Nummer zwei hinter Doncic entwickelt und konnte das Team in den Playoffs kurzzeitig sogar ohne den Slowenen tragen.

Jalen Brunsons Entwicklung bei den Mavs

JahrMinuten pro SpielPunkte pro SpielRebounds pro SpielAssists pro Spiel

18/19

21,89,32,33,2
19/2017,9

8,2

2,43,3
20/2125,0

12,6

3,43,5
21/2231,9

16,3

3,94,8

Das Drama um Brunson hatte sich übrigens bereits im Saisonverlauf angekündigt: Nachdem die Mavs im Sommer zuvor bei der Vertragsverlängerung für 55,6 Millionen Dollar über vier Jahre zögerten, wurde Brunson daraufhin zum Unrestricted Free Agent. Dadurch hatten die Mavs nicht mehr automatisch die Chance, bei Angeboten anderer Teams mitzuziehen. Und so verlor man Brunson schließlich für nichts.

Was noch erstaunlicher war: Sein Abgang als zweite Option im Ball-Handling wurde nie wirklich von den Mavericks adressiert. Offenbar erhoffte man sich ein wenig zu viel von Spencer Dinwiddies Talenten als Brunson-Ersatz.

Mit Doncics Max-Vertrag in den Startlöchern waren die Mavs eingeschränkt in ihren Handlungsmöglichkeiten. Big Man Christian Wood kam für Boban Marjanovic, Steling Brown, Trey Burke, Marquese Chriss sowie einen eigenen Erstrundenpick mit großen Erwartungen nach Dallas, konnte die aber nicht erfüllen. Ein Jahr später war er schon wieder weg.

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Dallas Mavericks 2022/23: Keine Playoffs trotz Kyrie Irving

Die Mavs zahlten schnell Lehrgeld für ihre desaströse Offseason 2022: Das Team dümpelte die erste Saisonhälfte im Mittelmaß herum. Schnell wurde Kritik am Coaching von Jason Kidd und dem Management von Nico Harrison laut.

"Sie haben jetzt zwei Jahre Zeit", meinte Mavs-Insider Tim MacMahon etwa im Dezember 2022 in einem ESPN-Podcast. "Sie müssen Luka nun beweisen, dass sie Jahr für Jahr um den Titel spielen können (...) Er würde sicherlich gerne für immer in Dallas bleiben, aber wenn die Franchise es ihm weiter so schwer macht, könnte das zu einem Problem werden."

Das Front Office antwortet auf die Kritik mit einem Paukenschlag und verpflichtete Kyrie Irving in einem Trade mit den Brooklyn Nets zur Deadline im Februar 2023. Dafür gaben sie die Veteranen Dorian Finney Smith und Dinwiddie sowie einen ungeschützten 2029 Erstrunden-Pick ab.

Irvings ligaweites Ansehen war zu diesem Zeitpunkt auf einem historischen Tiefpunkt angelangt. Nach zahlreichen Kontroversen abseits des Spielfeldes warf auch sein Umgang mit dem Team in Brooklyn kein gutes Licht auf ihn. Dazu kam, dass Irving schon zum Saisonende Free Agent werden würde und die Mavs somit finanziell in eine Zwickmühle brachte.

Der "Win-Now-Move" ging nicht auf. Nach Irvings Verpflichtung wies das Team eine katastrophale Bilanz von 8-18 auf und verpasst als 11. im Westen sogar das Play-In-Turnier - auch wenn die letzten Spiele eher mit Absicht verloren wurden. Das Team stand dennoch vor einem potenziellen Scherbenhaufen, mit Fragezeichen über dem Kader, Coach und GM auf dem heißen Stuhl und einem unzufriedenen Doncic, der theoretisch jederzeit einen Trade verlangen könnte.

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Dallas Mavericks 2023: Gerettet von der Draft Lottery

Der Zerfall der Mavericks zum Ende der Saison sollte sich als Glück im Unglück entpuppen: In den Nachwehen des Porzingis-Trades mit den New York Knicks aus dem Jahr 2019 müsste in dieser Offseason ein weiterer Erstrunden-Pick an die Knickerbockers abgedrückt werden - es sei denn, dieser Pick landete in den Top-10. Die Mavs bekamen in der Lottery tatsächlich den zehnten Pick und durften ihn somit behalten - ein scheinbar kleiner Erfolg in einer gebrauchten Saison.

Diesen Pick tradeten die Mavs im Draft schließlich für den 12. Pick der Oklahoma City Thunder und Richaun Holmes - und wählten an zwölfter Stelle Big Man Dereck Lively II von Duke. Gleichzeitig wurden sie auch noch den Vertrag von Davis Bertans los, der ihnen 2023/24 mit 17 Mio. Dollar auf der Tasche gelegen hätte.

Livelys Athletik rund um den Korb schien wie gemacht für die Zusammenarbeit mit dem Pick-and-Roll-Maestro Luka Doncic. Auch auf sein defensives Potenzial legten die Mavs große Stücke, nachdem man mit einem Defensivrating von 116,7 in der vergangenen Saison noch zu den Schießbuden der Liga gehört hatte. Aber er war eben auch ein Rookie ...

Dallas Mavericks: Eine vielversprechende Offseason 2023

Ganz oben auf der Prioritätenliste der Mavs stand im vergangenen Sommer die Verlängerung von Kyrie Irving. Nachdem man so viel für ihn abgegeben hatte, musste er unbedingt gehalten werden. So unterschrieb Kyrie schließlich einen Dreijahresvertrag über 120 Millionen Dollar.

Obwohl die Höhe des Kontrakts kritisch beäugt wurde, hatten die Mavs wenig Handlungsspielraum. Dazu war die Vorstellung eines Luka-Kyrie Backcourts mit schier nicht zu stoppender Offensive nach wie vor verführerisch, wenn man bedenkt, dass die beiden im Vorjahr gerade einmal 16 Spiele zusammen absolviert hatten.

Abseits der Irving-Verlängerung wurde Dallas kreativ in Sachen Kader-Konstruktion. Hier eine Liste über die nennenswerten Deals vor der Saison 2023/24:

  • Grant Williams per Sign and Trade von den Celtics
  • Reggie Bullock im Zuge des Williams-Deals zu den Spurs
  • Verpflichtung von Derrick Jones Jr., Free Agent (1 Jahr, 2,7 Mio.)
  • Verpflichtung von Dante Exum, Free Agent (2 Jahre, 6 Mio.)
  • Verpflichtung von Seth Curry, Free Agent (2 Jahre, 8 Mio.)
  • Verlängerung von Josh Green (3 Jahre, 41 Mio.)
  • Verlängerung von Dwight Powell (3 Jahre, 12 Mio.)

Ohne viel vorwegzunehmen, fällt bei der Liste auf, dass viele Neuverpflichtungen und Verlängerungen teamfreundlich gestaltet wurden. Mit den Monster-Verträgen von Doncic und Irving in den Büchern war das auch nötig. Dazu folgten gleich mehrere Spielerprofile einem klaren Muster: defensive und athletische Flügelspieler mit Dreier-Potenzial, die finanziell wenig Risiko mit sich brachten und den Ball nicht in den Händen brauchten.

Für ein Team um Doncic und Irving sollte das genau der richtige Ansatz sein.

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Dallas Mavericks 2024: GM Harrison geht All-In

Nachdem die Mavericks vielversprechend, aber nicht überragend in die Saison starteten, witterte General Manager Harrison seine Chance für eine Reihe an Trades, die die Mavericks wegweisend verändern sollten.

"Wir hatten drei Ziele für die Deadline" fasste er später zusammen: "Wir wollten Größe, mehr Tiefe im Frontcourt und mehr Scoring aus dem Frontcourt". Diese Ziele erreichte Harrison bravourös mit folgenden Trade:

  • PJ Washington für Grant Williams, Seth Curry und einen Erstrunden-Pick 2027
  • Daniel Gafford für Richaun Holmes und einen Erstrunden-Pick 2024 (von OKC)

Nachdem das Experiment mit Grant Williams nicht aufging, war die frühzeitige Trennung die richtige Entscheidung. PJ Washington war ein besserer Fit für Dallas mit starker Defensive auf dem Flügel, einem annehmbaren Wurf von draußen und eigenständigem Scoring aus der Floater-Range. Dazu kam Washington mit einem ähnlichen Preisschild wie Williams, was den Trade für Dallas trotz Erstrundenpick zu einem No-Brainer machte.

Center Daniel Gafford sollte mit seiner Energie und Physis ein weiterer Anker für die Mavs-Verteidigung in der Zone sein und offensiv zudem als Pick-and-Roll-Partner für Doncic fungieren. Durch den Gafford-Trade wurde Dallas außerdem den Vertrag von Richaun Holmes los, der für 2024/25 eine Player-Option über fast 13 Millionen Dollar hatte und für die Mavs nie mehr als ein limitierter Backup war.

Die Trade-Deadline im Februar war für GM Harrison die Spitze eines überragenden Jahres Kader-Arbeit. Sein Gespür für die richtigen Spieler um Luka und Kyrie, das konsequente Traden von überbezahlten Spielern und eine gewisse Risikobereitschaft zahlten sich aus.

Die Mavs-Starter im Verlauf eines Jahres

JahrStarting Five
22/23Doncic, Dinwiddie, Bullock, Finney-Smith, Powell/Wood
23/24Doncic, Irving, Jones, Williams, Lively II
seit Februar 24Doncic, Irving, Jones, Washington, Gafford
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Dallas Mavericks 2024: Die Teamchemie stimmt

Die Mavs beendeten die 23/24 Saison nach der Trade-Deadline mit einer überragenden 21-9-Bilanz. Die Stating Five hatte dabei ein Net Rating von +15,9. Harrisons Idee, den Frontcourt zu verstärken, ging auf: Sowohl Lively als auch Gafford profitieren von der Unterstützung des jeweils anderen.

Auch die Verpflichtungen vor der Saison funktionierten: Die athletischen Flügel á la Derrick Jones Jr., Dante Exum, Josh Green und Jaden Hardy sind essentielle Puzzleteile für das Teamkonzept der Mavs. Nicht zuletzt machten Jones Jr. und Washington in den Playoffs Riesenspiele und hatten so großen Anteil am Sieg in der Serie gegen OKC.

Einen großen Anteil an der Realisierung der Team-Vision hat auch Coach Jason Kidd. Während der frühere Weltklasse-Aufbauspieler letztes Jahr kurz vor dem Rausschmiss stand, hat sich Champion von 2011 mittlerweile zu einem der besseren Coaches der Liga entwickelt. Vor allem Kidds defensive Kreativität, mit der er die Stärken und Schwächen seines Personals auslotet, ist ein maßgeblicher Grund für die Finals-Teilnahme.

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Dallas Mavericks 2024: Die Stars liefern

Zuletzt gebührt Irving und Doncic ein großes Lob. Nach dem Stolperstart der vergangenen Saison sind die beiden Stars zusammengewachsen und werden nach ihrem Finals-Einzug von einigen Experten bereits mit den besten Backcourt-Tandems aller Zeiten verglichen. Während dieser Vergleich vielleicht noch etwas verfrüht ist, gehört ihre individuelle Klasse im Scoring jedoch jetzt zur Crème de la Crème der NBA.

Was vielleicht sogar wichtiger als der Basketball ist: Die Vibes der beiden scheinen zu stimmen. Sowohl Luka als auch Kyrie reden in höchsten Tönen voneinander und haben auch die ein oder andere Superhelden-Referenz parat.

Mit den Celtics steht "Batman & Robin" der bislang wohl härteste Gegner bevor. Ihr gemeinsames Power-Scoring könnte aber auch in den Finals der Schlüssel für Dallas erste Larry O'Brien Trophäe seit der Ära Dirk Nowitzki sein.

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