Dirk Nowitzki und die Dallas Mavericks sind nach acht Niederlagen in den letzten zehn Spielen in die Krise gerutscht. Was sind die Gründe? Was sagt Nowitzki? Wie gefährdet ist die Playoff-Teilnahme des Champions? Und wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Dallas vor der Trade-Deadline am Donnerstag auf die Misere reagiert? SPOX klärt auf.
1. Wie ist die Situation?
Alt. Langsam. Müde. Einfach komplett durch. So ungefähr sahen die Mavs in letzter Zeit aus. Dallas hat die brutale Spielplan-Phase mit neun Partien in zwölf Tagen gefürchtet, aber dass es so schlimm werden würde, konnte niemand ahnen.
Die Kurz-Zusammenfassung des Desasters sieht folgendermaßen aus: 2 Siege und 8 Niederlagen in den letzten 10 Spielen. Drei Pleiten in Folge. Niederlagen gegen Lottery-Teams wie New Jersey, New Orleans, Sacramento, Phoenix und Golden State.
Blog: Trade-Deadline-Ticker
Zum ersten Mal seit 1999 sieben Auswärtsniederlagen nacheinander - dabei war man in den letzten beiden Jahren noch das auswärtsstärkste Team der Liga. 38 Turnover in den letzten beiden Spielen sprechen auch eine deutliche Sprache.
Nachdem die Mavs am 20. Februar im American Airlines Center die Celtics geschlagen und den siebten Sieg in acht Spielen gefeiert hatten, stand die Dallas-Bilanz bei 21 Siegen und 12 Niederlagen. Jetzt lautet sie: 23-20. Rang sieben in der Western Conference.
"Sind wir im Moment ein gutes Team? Nein!"
Zwischendurch gab es zudem Zoff um den in der Crunchtime zum Reservisten degradierten Jason Terry - und Jet erklärte erstaunlich offen, dass die Mavs "im Moment keine Mannschaft" seien. Kurzum: Viel hässlicher kann eine Phase kaum sein.
Seit dem katastrophalen 1-4-Saisonstart, als sich Dirk Nowitzki und Co. von Miami und Denver abschlachten ließen, war der amtierende Champion nicht mehr so tief in der Krise.
"Würde ich sagen, dass wir im Moment ein gutes Team sind? Nein, würde ich nicht", sagt Head Coach Rick Carlisle.
"Vor dem All-Star-Break waren wir ein gutes Team. Wir müssen begreifen, dass sich das nicht von selbst regeln wird. Wir müssen etwas dafür tun und besser werden. Wir müssen effizienter sein, wir müssen ein bisschen besser verteidigen und mit mehr Energie spielen - ich denke, das werden wir tun."
Ähnliche Phase in der letzten Saison
Carlisle zeigt sich aber nicht in Sorge, dass beim Meister Selbstzufriedenheit eingesetzt hat.
"Darüber mache ich mir keine Sorgen. Unsere Jungs wissen, dass es für ihre persönliche Zukunft immer gut ist, wenn sie gewinnen. Das ist eine Konstante. Teams wollen Spieler, die gewinnen. Tyson Chandler ist ein gutes Beispiel dafür. Eine Saison wird nie hundertprozentig perfekt ablaufen. Wir müssen uns alle den Arsch aufreißen, um die Geschichte hier wieder herumzudrehen", so Carlisle.
Sein Einwand, dass es in jeder Saison schwierige Phasen gibt, ist zweifellos richtig. Man muss sich nur die Championship-Season der Mavs noch mal in Erinnerung rufen. Zwischen dem 28. Dezember 2010 und dem 17. Januar 2011 kassierte Dallas in 11 Spielen 9 Niederlagen.
In der letzten Saison fanden die Mavs danach in die Erfolgsspur zurück und gewannen den Titel. Ob sie das in dieser Saison auch schaffen können, ist allerdings mehr als fraglich.
2. Was sind die Gründe für die Misere?
4. Wie gefährdet ist die Playoff-Teilnahme?
5. Was macht Dallas an der Trade-Deadline?
2. Was sind die Gründe für die Misere?
Problem Verletzungen: Als die Mavs in der letzten Saison die erwähnte Grottenphase durchmachten, fiel das mit einigen Verletzungsproblemen zusammen. Caron Butler zog sich damals einen Patellasehnenriss zu, Dirk Nowitzki musste wegen einer Knieverletzung auch längere Zeit passen.
In dieser Saison spielen Verletzungen in der aktuellen Misere wieder eine große Rolle. Es sind zwar nicht die großen Namen, auf die Dallas verzichten musste, aber es sind eminent wichtige Rollenspieler.
Starting-Center Brendan Haywood (Knöchelverletzung) hat die letzten vier Spiele ausgesetzt - seine Präsenz in der Defense wurde schmerzlich vermisst.
spoxDoppelt schlimm wurde es dadurch, dass gleichzeitig Brandan Wright (Gehirnerschütterung) die letzten sechs Spiele nicht dabei sein konnte. Wright hatte zuvor Ian Mahinmi als Nummer-eins-Backup von Haywood abgelöst und sich in die feste Rotation gespielt.
Haywood und Wright vor Comeback
Die gute Nachricht: Sowohl Haywood als auch Wright werden aller Voraussicht nach am Dienstag beim Heimspiel gegen die Washington Wizards in die Lineup zurückkehren. Bei Guard Delonte West (Fingerbruch) sieht es dagegen noch nicht so gut aus.
Ein Arztbesuch am Montag brachte nicht die gewünschte Rückmeldung. Sein Finger ist noch nicht wie erhofft verheilt - am Freitag steht der nächste Check an.
West, der den Mavs auf beiden Guard-Positionen extrem viel Toughness gibt und bis zu seinem Ausfall eine starke Saison gespielt hatte, fehlt nun schon seit dem 15. Februar.
Probleme in Defense & Offense: Dass die Defense der Mavs auch nach dem Abgang von Tyson Chandler lange Zeit so herausragend funktioniert hat, war vielleicht die größte Überraschung in dieser Saison. 100 Punkte gegen Dallas zu erzielen, hat sich für die meisten Teams als unlösbare Aufgabe herausgestellt. In letzter Zeit aber nicht mehr.
An einem Abend ließ man sich in Sacramento 110 Punkte einschenken, einen Abend später waren es in Golden State 111 Punkte. Die Mavs haben sich in puncto abgegebene Punkte folgerichtig aus den Top 5 der NBA verabschiedet und liegen aktuell nur noch auf Rang acht (92,3).
Gleichzeitig macht auch die Offense große Sorgen. In den letzten elf Spielen hat Dallas nur ein Mal die 100-Punkte-Marke geknackt. Selbst gegen nun wahrlich nicht defensivstarke Teams wie die Suns, Kings und Warriors ging erschreckend wenig.
Mit nur 94 Punkten pro Spiel liegen die Mavs im NBA-Ranking nur auf Rang 22 - von allen West-Teams macht überhaupt nur New Orleans weniger Punkte pro Partie.
Problemfälle Terry und Odom: Es ist Fakt, dass Jason Terry seit vielen Jahren zu den besten Crunchtime-Scorern der NBA gehört. Er ist ein so guter Crunchtime-Player, dass normalerweise nicht mal eine Sekunde lang darüber nachgedacht wird, ob Terry beim letzten Angriff auf dem Feld steht.
Egal, wie schlecht er vorher gespielt haben mag. Egal, ob Terry mal einen entscheidenden Wurf versemmelt - Jet muss auf dem Parkett stehen, wenn es um die Wurst geht. Wenn Terry dann in zehn Spielen zweimal in der heißen Phase auf der Bank sitzt, sind das bemerkenswerte Ausnahmen, die sofort für Zündstoff sorgen.
Was passiert, wenn die Mavs in dieser Woche wieder enge Spiele haben werden? Wird Terry auf dem Feld stehen? "Ich gebe keine Versprechen ab. Wir müssen die Spiele abwarten. Wenn es in den letzten dreieinhalb Jahren vielleicht 100 solcher Situationen gab, stand er wahrscheinlich bei 98 davon auf dem Feld. Die Wahrscheinlichkeit ist ziemlich hoch, dass er auf dem Feld stehen wird", erklärte Carlisle.
Lamar Odom bleibt derweil ein einziges Rätsel. Nachdem er von seiner persönlichen Auszeit zum Team zurückkehrte, hat er ab und zu aufhorchen lassen und sah schon fast wie der Odom aus, den man kennt. Dann hat er aber zuletzt wieder richtig miese Spiele abgeliefert und bekam von Carlisle trotz der ganzen personellen Probleme kaum Minuten.
Problem Management: Das größte Problem liegt tiefer als irgendwelche Verletzungsprobleme oder schwache Spiele in Offense und Defense. Laut der "Dallas Morning News" hat sich in der Mannschaft der Glaube festgesetzt, dass die Saison vom Management ja eh schon lange weggeworfen und abgehakt wurde.
Alle Konzentration liegt auf dem Super-Sommer und dem Traum von den Verpflichtungen von Dwight Howard und/oder Deron Williams. Wen kümmert es da, wenn man mal 8 von 10 Spielen verliert?
4. Wie gefährdet ist die Playoff-Teilnahme?
5. Was macht Dallas an der Trade-Deadline?
3. Was sagt Dirk Nowitzki?
Die einzigen beiden Siege, die Dallas in der 2-8-Phase eingefahren hat, verdanken sie Dirk Nowitzki. Einmal fertigte der Finals-MVP Utah mit einer 40-Punkte-Performance ab, einmal rettete er die Mavs mit einer überragenden Crunchtime gegen New York.
Die Wahrscheinlichkeit ist nicht gering, dass die Mavs ein paar Spiele mehr gewonnen hätten, wenn Nowitzki in letzter Zeit nicht mehrfach beim letzten Angriff nur Zuschauer gewesen wäre. Nowitzki gehört aber zur seltenen Sorte Franchise-Player, von dem man danach öffentlich kein Klagen hört.
Zum 2-7-Strech sagte Nowitzki sarkastisch: "Das war eine großartige Erfahrung, was? Wir haben viele unerwartete Niederlagen kassiert. Was uns richtig weh getan hat, waren die ersten beiden Spiele nach dem All-Star-Break. Du darfst nicht nach der Pause zuhause gegen New Jersey verlieren. Und du darfst nicht nach New Orleans fahren und dort verlieren, obwohl denen fünf, sechs Spieler fehlen."
Nowitzki: "Mojo zurückholen"
Und weiter: "Verlieren macht nie Spaß. Es ist mir egal, ob du zwei Spiele in Folge verlierst oder drei oder zehn. Es ist tough. Es sorgt für Frust bei den Coaches, bei den Spielern, dann werden ein paar Sachen gesagt. Man muss da einfach durch. Wir haben eine erfahrene Mannschaft mit vielen Veteranen, die solch harte Phasen schon durchgemacht haben. Diese gehört definitiv dazu. Es kann für uns eigentlich nur noch nach oben gehen."
Nowitzki weiß, was der Schlüssel für eine Wende ist. "Wir müssen jetzt die richtige Antwort geben. Wenn wir im ersten Viertel tonangebend sind, dann können wir das gewöhnlich auch für den Rest des Spiels halten. Es liegt an uns allen. Wir haben eine wichtige Woche vor uns, in der wir hoffentlich einige Spiele gewinnen und uns Selbstvertrauen zurückholen können. Und auch ein bisschen Mojo zurückholen können. Ich mache mir keine Sorgen", erklärte Nowitzki.
2. Was sind die Gründe für die Misere?
4. Wie gefährdet ist die Playoff-Teilnahme?
5. Was macht Dallas an der Trade-Deadline?
4. Wie gefährdet ist die Playoff-Teilnahme?
Für die Mavs stehen noch 23 Saisonspiele auf dem Programm. Und blickt man auf die nackte Tabelle der Western Conference, dann muss man sich ernsthaft Sorgen machen, dass der Champion überhaupt in die Playoffs kommt.
Dallas (23-20) liegt aktuell auf Rang sieben, der Vorsprung auf den Neunten Minnesota (22-21) beträgt gerade mal ein Spiel. Mehr noch: Utah (20-21) und Portland (20-21) sind ebenfalls dran, selbst Phoenix (19-22) hat sich durch einen guten Run ins Blickfeld der Postseason gekämpft, ja selbst Golden State (17-21) hat nur eine Niederlage mehr als Dallas auf dem Konto.
Das sind die Fakten. Gut für die Mavs: Nach dem toughen Spielplan zuletzt bekommt Dallas in dieser Woche eine Erholung: Heimspiel gegen Washington am Dienstag, Heimspiel gegen Charlotte am Donnerstag. Leichter geht es auf dem Papier nun wirklich nicht.
Allerdings ist das auch die einzige Erholung in nächster Zeit. Denn nach den Wizards und Bobcats lauten die nächsten zehn Spiele: Spurs, @Nuggets, Lakers, @Spurs, @Rockets, Rockets, @Heat, @Magic, Clippers, Grizzlies.
Keine Gefahr von hinten
Ohne Zweifel ein 10-Spiele-Programm, das zeigen wird, in welche Richtung es für Dallas geht. Ein Verpassen der Playoffs wird es aber aus zweierlei Gründen nicht geben. Zum einen sind die Mavs zu erfahren, als dass sie nicht die Kurve bekommen würden.
Und zum anderen hat die Konkurrenz selbst genug Probleme. Die Lakers sind nur im Staples Center (18-2) stark, die Clippers (4-8 in den letzten 12 Spielen) machen eine Schwächeperiode durch, für die Rockets (1-6 in den letzten 7 Spielen) gilt das gleiche. Und von hinten droht wenig Gefahr. Bei den Blazers (6-12 in den letzten 18 Spielen) läuft nichts zusammen, die T-Wolves haben Ricky Rubio (Kreuzbandriss) verloren und die Jazz sind nicht stark genug.
Mal abgesehen von den Thunder - und selbst die verlieren mal daheim gegen Cleveland - und mit Abstrichen den Spurs gibt es im Westen in dieser Saison extrem viele Schwankungen.
2. Was sind die Gründe für die Misere?
5. Was macht Dallas an der Trade-Deadline?
5. Was macht Dallas an der Trade-Deadline?
Kurze Antwort: nichts. Es kann sich zwar immer etwas ergeben, aber es deutet nichts darauf hin, dass Dallas aktiv werden wird. Das mag Jason Terry (O-Ton: "Ich würde etwas machen, aber ich bin nicht der GM oder Besitzer") nicht gefallen, aber das wird das Mavs-Front-Office kaum stören.
Es gab zwar Gerüchte um einen möglichen Chris-Kaman-Lamar-Odom-Trade, aber erstens gibt es für den Hornets-Center auch viele andere Interessenten, und zweitens hat Mark Cuban mehrfach deutlich gemacht, dass Odom nicht abgegeben wird.
Genug Zeit bis zum Sommer
An Shawn Marion wären sicherlich einige Klubs interessiert, aber ein Marion-Trade vor der Deadline am Donnerstag wäre gleichbedeutend mit der völligen Kapitulation in dieser Saison. Es wird nicht passieren. Auch Rodrigue Beaubois wird vorerst bleiben.
Die Mavs sind trotz der Krise überzeugt, dass sie ein Team zusammenhaben, das bis zum Playoff-Start Ende April in Fahrt gekommen sein wird. Dallas muss zwar einige Moves machen, um wirklich ins Rennen um Dwight Howard und Deron Williams einsteigen zu können: beispielsweise die Entlassung von Brendan Haywood per Amnesty-Klausel, oder eben einen Roddy-Trade. Das können sie aber alles auch im Sommer noch machen.
2. Was sind die Gründe für die Misere?
4. Wie gefährdet ist die Playoff-Teilnahme?
NBA: Ergebnisse und Tabellen