Damit sind die Seahawks der erste Champion seit den New England Patriots 2005, der im folgenden Jahr ein Playoff-Spiel gewinnt. Wer am kommenden Sonntag in den Nordwesten der USA reisen muss, entscheidet sich im Lambeau Field zwischen den Green Bay Packers und den Dallas Cowboys.
Nach schleppender Anfangsphase waren es vor allem die Big Plays von Wilson (268 YDs, 3 TDs) und zwei Turnover der Panthers, die den Hausherren eine 14:10-Führung zur Pause sicherte. Im letzten Viertel dominierten die Seahawks dann über weite Strecken und machten 17 Punkte in Serie, darunter ein 90-Yard-Interception-Return zum Touchdown von Safety Kam Chancellor.
Die Panthers, die sich vor allem mit ihrer Defense in die Playoffs gespielt hatten, hatten zwar ein besseres Running Game als Seattle auf Lager (132:100 Yards), kam in den entscheidenden Phasen aber nicht mehr zu Wilson durch (nur zwei Sacks). Quarterback Cam Newton kam auf 246 Yards und zwei Touchdowns, warf aber auch zwei Interceptions.
Luke Kuechly: Dominator in Lederhose
Die Reaktionen:
Ron Rivera (Head Coach Carolina Panthers): "Es tut mir leid für das Team, weil sie so weit gekommen sind. Sie haben hart gefightet und darauf bin ich stolz. Sie haben nie aufgegeben. Sie hatten sich dieses Spiel verdient."
Pete Carroll (Head Coach Seattle Seahakws) über das Publikum): "Sie befeuern uns auf eine Art und Weise, die unglaublich selten ist. Das macht einfach viel Spaß."
Richard Sherman (Seattle Seahawks): "Sie sind ein gutes Team, haben explosive Spieler. Jonathan Stewart ist heute hart gelaufen. Kam Chancellor macht den Unterschied für uns."
Vor dem Kick-Off: Im CenturyLink Field treffen die beiden besten Defenses der letzten Wochen aufeinander: Die Seahawks sind zum dritten Jahr in Folge die beste Defense der NFL und haben in den letzten sechs Spielen im vierten Viertel keinen einzigen Punkt zugelassen. Carolina, so schwach in die Saison gestartet, sah zuletzt aber ähnlich gut aus: 59 Punkte machten die Gegner in den letzten fünf Spielen. Die Cardinals wurden in der Wildcard-Runde gar historisch gedemütigt.
Wer stellt also die bessere Offense? Das sollten die Seahawks sein, die auf das beste Running Game der Liga zurückgreifen können (172,6 Yards/Spiel), selbst wenn es gegen die Front der Panthers schwer werden könnte. Cam Newton ist auf der Gegenseite dagegen nicht gerade zielsicher, seine Receiver auch nicht gerade große Namen. Über Russell Wilson muss man nicht viele Worte verlieren: Laufen, passen - der kann alles.
Seahawks - Panthers: Das Spiel im Re-Live
7.: Nicht besonders viel Offense zu Beginn: Carolina startet mit zwei Three-and-outs und hat dabei noch Glück, dass ein Fumble ins Aus kullert und ein tipped Pass von Newton nicht weggepflückt wird. Seattle hat seinerseits Probleme mit dem Running Game: Einmal wird Lynch bei Third-and-one gestoppt, einmal holt er bei Third-and-13 nur sechs Yards. Resultat: Schon vier Punts!
9.: Da ist Richard Sherman! Newton sucht Receiver Philly Brown an der rechten Seitenlinie, doch dort patroulliert bekanntlich Sherman. Der Corner spielt den Deep Ball viel besser als der Receiver und hat die Interception.
13.: Nächster Turnover der Panthers! Nachdem die Seahawks aufgrund einer Taunting-Penalty punten mussten, holen die Panthers immerhin mal ein First Down. Aber dann vergeigen Newton und Running Back Jonathan Stewart die Zone-Read-Variante: Newton hält den Ball zu lange, Stewart bekommt ihn nicht unter Kontrolle, der Ball landet am Boden - und dort in den Armen von Tony McDaniel. Jetzt mal Punkte?
14.: Und ob! Russell Wilson von der 16-Yard-Linie, er erspäht das Missmatch: Receiver Doug Baldwin gegen einen Safety. Der QB packt die Bodenlampe aus! Während Baldwin in Position läuft, schaltet Safety Tre Boston zu langsam - Baldwin hat den Touchdown! 7:0 Seahawks.
23.: Starke Antwort der Gäste! Ein 14-Play-Drive bringt sie zum Ausgleich: Gleich vier Third Downs werden erfolgreich erspielt, schöner Mix aus Run Plays mit Stewart und DeAngelo Williams, dazu bleibt Newton cool. Schöne Slant von Kelvin Benjamin bei Third-and-six - er hat den Touchdown! Es ist der zweite Touchdown-Drive von Newton gegen Seattle. In 33 Versuchen. 7:7.
25.: Viel schneller kann man nicht vorlegen! Von der eigenen 37 geht Jermaine Kearse aus dem Slot nach links und dann in Richtung Endzone, Wilson serviert ihm den Deep Ball perfekt in den Arm - da kann auch die Defense nichts mehr machen. Kearse erreicht gerade noch den Pylon. 14:7 Seahawks.
30.: Ist das der nächste Pick? Newton will Kelvin Benjamin in der Endzone finden, aber Earl Thomas ist schneller und fängt den Ball ab. Oder etwa doch nicht? Die Zeitlupe beweist, dass der Safety den Ball nur mithilfe des Untergrunds kontrollieren konnte - also doch incomplete. 14:7 Seattle.
30.: Die vielleicht verrücktesten Szenen der Saison spielen sich hier ab! Carolina will per Field Goal verkürzen, in der Defense steht Kam Chancellor. Der hat den Snap Count perfekt drauf, rennt mit Anlauf los, springt über die D-Line, als der Ball zum Holder geht (!) und blockt den Kick um ein Haar. Halt, False Start von Carolina! Zweiter Versuch, wieder springt Chancellor einfach über die Verteidiger hinweg! Das Field Goal geht vorbei, aber Chancellor berührt den Kicker, der die Einladung annimmt und zu Boden geht. Flagge, dritter Versuch! Diesmal benimmt sich Seattles Safety wie ein gewöhnlicher Sterblicher, tut nichts und der Kick sitzt. Unglaublich. 14:10 Seahawks.
34.: Glück für Seattle zu Beginn der zweiten Hälfte! Lynch fumbelt, aber Wilson ist da und sichert die Pille. Bei Third Down wird der wenig später gesackt, die Hausherren müssen punten. Weiter 14:10.
46.: Nächster Ballbesitz der Seahawks - und diesmal wird es ein schöner, langer Drive. Gleich mehrmals entwischt Wilson der Defense per Scramble, zudem bejubeln die Fans den ersten "Beast Mode"-Run über 25 Yards, bei dem mehrere Tackler dran glauben müssen. Bis an die 7-Yard-Linie kommt Seattle, dann kassiert der QB einen Sack. Also darf Steven Hauschka aus 37 Yards. Sitzt! 17:10 Seahawks.
50.: Und das könnte schon die Entscheidung sein! Three-and-out der Gäste, exzellente Field Position der Seahawks. Wilson auf Tight End Luke Wilson, 29 Yards, weil Luke Kuechly das Tackle verpatzt. Dann Third Down von der 25-Yard-Linie. Die Panthers blitzen, aber Wilson bleibt cool, findet wieder seinen Tight End. Der walzt auf rechts in die Endzone! Dritter Touchdown des Quarterbacks heute. 24:10 Seahawks.
55.: Game! Over! Der mit Abstand beste Drive Panthers heute, Newton mit mehreren geradezu fantastischen Pässen. So arbeiten sich die Gäste in die Red Zone vor - und dort macht Cam den entscheidenden Fehler. Sein kurzer Pass auf Dickson kommt einfach ein bisschen zu spät, den Kam Chancellor steht kurz dahinter, schaltet sofort und springt dazwischen. Und dann ist der Safety auf und davon! 90-Yard-Interception-Return! Nächster Touchdown! 31:10 Seattle.
58.: Garbage Time! Das Spiel ist entschieden, da sind die Corner nicht mehr ganz so nah an den Receivern dran. So kommt Benjamin zu seinem zweiten TD des Tages in der linken Ecke der Endzone. Guter Pass von Newton! 31:17 Seattle.
58.: Der Onside Kick zur letzten Chance? Klappt nicht, der Kick kullert zu Kearse, der ihn sicher fängt. Das war's.
Der Star des Spiels: Kam Chancellor. Das 1,91 Meter große Kraftpaket ist der wohl beste Safety der NFL - und zeigte das gegen die Panthers auf eindrucksvolle Weise. Schnell gegen den Run, kaum zu blocken, dazu gut in Coverage. 11 Tackles, davon unglaubliche neun Solo Tackles zeigen, dass man an ihm einfach nicht vorbeikommt. Der 90-Yard-Interception-Touchdown war nur eine logische Folge seines fantastischen Spiels. Und seine "Field-Goal-Attacken" vor der Halbzeit waren zweifellos die Szenen des Spiels. Ob er damit einen Trend setzt?
Der Flop des Spiels: Cam Newton. "Superman" hatte durchaus sehr gute Szenen, und als die Coverage in der Schlussphase etwas lockerer wurde, stiegen auch seine Stats. Trotzdem: Die zwei Interceptions waren ganz klar sein Fehler, die zweite brach dem Team im letzten Viertel das Genick. Auch der Fumble von Stewart geht zu großen Teilen auf sein Konto. Vielleicht kann man von ihm angesichts seiner Waffen kein viel besseres Spiel erwarten, gerade in Seattle. Dennoch sind drei Turnover einfach zu viele.
Das fiel auf:
Man kann nicht viel besser spielen als Russell Wilson in diesen Tagen - wenn überhaupt. Der Quarterback machte keine Fehler und sicherte sich mit seinen Ausflügen, bei denen er die Linebacker entweder komplett aussteigen lässt oder vorsichtig zum Slide ansetzt immer wieder wertvolle Yards. Nur zwei QB Hits! Alle drei Touchdowns waren perfekte Pässe, Seattle kann auch ohne Percy Harvin per Deep Ball zum Erfolg kommen. Wilson ist einfach kalt wie eine Hundeschnauze. Seine Stats bei Third Down: 8/8, 176 Yards, drei Touchdowns.
Die Defensive Line der Seahawks hatte mit dem Running Game der Panthers zu Beginn Schwierigkeiten: 87 Rushing Yards verzeichneten die Gäste - in den den zwei Spielen zuvor hatte der Champion zusammen nur 71 Yards zugelassen.
- In den ersten 30 Minuten war es ein richtig offenes Spiel, auch wenn man nie das Gefühl hatte, dass die Panthers zu einem Zeitpunkt das "bessere" Team waren. Aber sie waren auf Augenhöhe: 170 Yards Raumgewinn für die Seahawks, 169 für Carolina. Dazu hielt man den Ball fast 20 Minuten. Die Turnover taten einfach richtig weh.
- Die Front Seven hatte Marshawn Lynch über 40 Minuten überraschend gut im Griff, lediglich 2,3 Yards pro Run schafften die Seahawks in Halbzeit eins. Symptomatisch war das Third-and-One zu Beginn, welches der Running Back nicht erfolgreich absolvieren konnte. Erst als die Defense müder wurde, legte Lynch zu. Zieht man seinen 25-Yarder ab, sehen 34 Yards bei 13 Versuchen aber alles andere als gut aus. Können die Packers oder Cowboys ebenfalls so gut dagegenhalten?
- In dieser Saison war der berühmte "zwölfte Mann" der Seahawks bisweilen belächelt worden. An diesem Abend war das Publikum aber zu jeder Zeit voll da, laut, den Gegner störend, das eigene Team betörend. Einen besseren Heimvorteil gibt es in der Liga wohl nicht. Nicht umsonst hat das Team die letzten acht Playoff-Heimspiele gewonnen.
- Luke Kuechly hätte wohl eine ähnlich starke Leistung abliefern müssen wie Chancellor, hätte sein Team eine Chance haben wollen. Aber der DPOY 2013 hatte eins seiner schwächeren Spiele. Zwar kam er auf acht Tackles, aber oft kam er gegen die kurzen Pässe einen Schritt zu spät oder leistete sich auch mal unsaubere und deshalb erfolglose Tackles, wie etwa gegen Luke Wilson.
- Der Pass Rush der Seahawks war an diesem Tag nicht dominant, es waren nur zwei Sacks. Aber selbst wenn die Asse um Clint Avril nicht stechen, hat man eben immer noch eine unfassbar gute Secondary. Chancellor, Earl Thomas (elf Tackles), Richard Sherman - es ist eigentlich ein All-Star-Team.
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