NFL

Der Stoff, aus dem Legenden sind!

Unbeschreibliche Freude: Spieler der Pats bewundern die Vince Lombardy Trophy
© getty

Was für ein Spiel! In einem unfassbaren Super Bowl setzten sich die New England Patriots mit 28:24 (BOXSCORE) gegen die Titelverteidiger Seattle Seahawks durch und sich damit zum vierten Mal in den letzten 14 Jahren die Krone auf. Dabei gelang den Pats im letzten Viertel ein bemerkenswertes Comeback. Quarterback Tom Brady wurde mit vier Touchdowns zum MVP gekürt, Russell Wilson leistete sich im Herzschlagfinale den entscheidenden Fehler, Sebastian Vollmer schrieb Geschichte.

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Für die Patriots war es der vierte Titel in der Franchise-Geschichte. Brady (37/50, 328 YDS, 4 TDS, 2 INT) schloss mit Ring Nummer vier zu seinem Idol Joe Montana auf, neben ihm glänzte auch Receiver Julian Edelman (9 Catches, 109 YDS, TD).

Auf Seiten von Seattle kam Wilson auf 247 Yards, zwei Touchdowns und einen Pick, Running Back Marshawn Lynch (102 YDS, TD) und Receiver Chris Matthews (109 YDS, TD) waren die hervorstechenden Akteure. Seahawks verpassten es, den Titel als erstes Team seit zehn Jahren zu verteidigen.

Patriots - Seahawks: Das Spiel im Re-Live

In der ersten Halbzeit gingen die Patriots, die vor allem auf kurze Pässe von Brady setzten, nach Touchdowns von Brandon LaFell und Rob Gronkowski (68 YDS) gleich zweimal in Führung. Den Seahawks gelang offensiv lange überhaupt nichts, zwei lange Drives vor dem Seitenwechsel brachten jedoch ebenfalls Scores, der zweite auf Matthews mit lediglich zwei Sekunden auf der Uhr.

Nach der Pause dominierte zunächst der Champion, der Brady zu seinem zweiten Pick zwang und mit einer 24:14-Führung ins letzte Viertel ging. Aber die Pats kamen zurück, holten im Schlussabschnitt den bislang größten Rückstand überhaupt auf und gingen zwei Minuten vor dem Ende durch Edelman in Führung.

Danach wurde es dramatisch: Wilson brachte sein Team in die gegnerische Hälfte, mit einem absoluten Wundercatch von Receiver Jermaine Kearse kam Seattle bis an die gegnerische Fünf-Yard-Linie. Als nur noch ein Yard zum Touchdown - und wohl zum Titel - fehlte, setzte Pete Carroll nicht auf das Running Game und "Beast Mode" Lynch. Stattdessen warf Wilson einen Pass - und New Englands Malcolm Butler schnappte sich 20 Sekunden vor dem Ende die entscheidende Interception.

So feierten am Ende die Patriots, inklusive Right Tackle Sebastian Vollmer. Der 30-Jährige ist der erste Deutsche überhaupt, der sich Super-Bowl-Champion nennen darf.

Die Reaktionen:

Sebastian Vollmer (New England Patriots): "Ich finde keine Worte, das kann ich nicht beschreiben. Mit Tom Brady hat man immer eine Chance. Wahnsinn! Wir wussten, was wir tun müssen - einfach immer weitermachen."

Shane Vereen (New England Patriots): "Unbeschreiblich! Wir sind die Champions. Brady ist unser Leader, unser Herzschlag, unser Rückgrat. Ich hatte nie Zweifel, wir haben immer dran geglaubt. Wir sind die Champs!"

Tom Brady (New England Patriots): "So hatten wir das nicht geplant, dass ich zwei Picks geworfen habe, hat nicht gerade geholfen. Aber wir waren mental sehr stark. Schon das ganze Jahr über. Wir haben nie an uns gezweifelt und so haben wir es geschafft."

Bobby Wagner (Seattle Seahawks): "Wir haben Marshawn Lynch, einen der besten Running Backs. Unglücklicherweise haben wir ihm nicht den Ball gegeben."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Kick-Off: Einen so engen Super Bowl hat es selten gegeben: Bei den Buchmachern sind die Patriots hauchdünner Favorit, aber keiner weiß so wirklich, was hier passieren wird. Bill Belichick verzichtet auf Running Back Jonas Gray im Kader - ist das ein Zeichen für viele Pässe?

Die Seahawks gehen in der gefürchteten Legion of Boom angeschlagen in die Partie: Corner Richard Sherman und Safety Earl Thomas, die sich beide im NFC Championship Game verletzt hatten, laufen mit Bandagen auf.

13.: Brady picked off! Nach zwei Punts marschieren die Patriots durch einen steten Strom von kurzen Runs und Completions bis in die Redzone der Seahawks. Dann ist Brady bei Third Down extrem unter Druck, wirft unpräzise in die Endzone! Das war gar nichts, Jeremy Lane steigt an der Linie hoch und hat ihn - da war weit und breit niemand in weiß! Lane bringt den Ball an die Seitenlinie, wird dann aber getackelt und verletzt sich dabei. Erstes Big Play der Seahawks-Defense!

21.: Und nun das erste Big Play der Patriots! Lane ist mit maladem Handgelenk raus, sein Ersatzmann Tharold Simon ist nun das bevorzugte Ziel von Brady! Zuerst entwischt ihm Edelman für 23 Yards, in der Redzone sieht er sich dann Brandon LaFell gegenüber. LaFell per Slant in die Endzone, sein QB findet ihn! Touchdown! 7:0 Patriots!

28.: Punts auf beiden Seiten - schon der dritte von Seattle, Wilson hat noch keinen Pass an den Mann gebracht. Doch das ändert sich jetzt: Jermaine Kearse für sechs Yards, aber ein Play später ist es Chris Matthews! Bombe gegen Kyle Arrington, der Big Man holt das Ding runter! Matthews kennt niemand - das war sein erster NFL-Catch! 44 Yards! Drei Runs später ist Marshawn Lynch drin! Ausgleich! 7:7.

30.: New England legt wieder vor! Da war noch genug Zeit für die Offense, die sich immer wieder das bevorzugte Matchup heraussucht. In der gegnerischen Hälfte holt man Richard Sherman von seiner geliebten Seitenlinie weg in den Slot, plötzlich ist da draußen Rob Gronkowski gegen Linebacker K.J. Wright. Gefahr! Gefahr! Gronk startet durch, Wright hat keine Chance - und Brady legt die Pille genau in die Arme seines Tight Ends! 22-Yard-Score! 14:7 Pats!

30.: Wow, Pete Carroll hat Eier in der Hose! Nur 31 Sekunden bleiben den Seahawks vor der Halbzeitpause, aber die werden an der eigenen 20-Yard-Linie nicht hergeschenkt! Robert Turbin per Draw, 19 Yards! Ein Scramble von Wilson, 17 Yards! Dann ein Pass auf Ricardo Lockette, der holt 23 Yards PLUS die Facemask-Penalty gegen Kyle Arrington! Elf Yards bis zur Endzone, aber nur noch sechs Sekunden zu spielen. Field Goal? Nein! Wilson bleibt auf dem Feld, schnelle Slant nach links auf - Matthews! Touchdown! Bang! 14:14! Halbzeit!

34.: Die Seahawks sind zum ersten Mal vorn! Wilson nach zwei Runs wieder mit dem Deep Ball, und wieder holt ihn Matthews runter! 45 Yards! Kyle Arrington ist ein richtig Guter, aber der No-Name macht ihn nass! Danach wird es wenig kreativ. Dreimal Beast Mode, kein First Down. Steven Hauschka macht das Field Goal. 17:14 Seattle!

37.: Bobby Wagner! Third-and-long von den Pats, Gronkowski mit der In-Route: Eigentlich ist er schon am Linebacker vorbei, aber der ist rechtzeitig da und fängt den Ball vor den ausgestreckten Armen von Gronk! Monsterplay von Wagner, der sogar eine MVP-Stimme bekommen hat. Die Seahawks haben den Ball an der Mittellinie. Zweiter Pick von Brady, das ist sein persönlicher Super-Bowl-Negativrekord. Weiter 17:14 Seahawks!

41.: Kleine Vorentscheidung? Seattle spielt hier mittlerweile wie ein Champion! Langer Run von Wilson, dann ein langer Run von Beast Mode. An der Drei-Yard-Linie setzt sich dann Doug Baldwin in Szene! Der war bisher von Darrelle Revis abgemeldet, aber in der Endzone nutzt er den Referee als natürlichen Pick und hat plötzlich ganz viel Platz! Lockerer Touchdown, die Schimpftirade von Revis bringt da nichts. 24:14 Seahawks.

44.: Wenn Kearse den runterholt, ist das Ding vielleicht durch! An der eigenen 47 riskiert Wilson bei Third-and-two alles, der lange Ball auf Kearse über links ist perfekt. Malcolm Butler ist schon geschlagen, aber das Leder rutscht durch die Hände des Wideouts, er kann ihn nicht festhalten. Punt! Das wären wohl schon drei Punkte gewesen - mindestens! 24:14 Seattle.

53.: Ein Drive der Pats beginnt direkt mit dem Sack von Brady - aber egal, er hat ja noch Julian Edelman! 21 Yards bei third-and-14! Und bei third-and-eight noch einmal 21 Yards! Den quirligen Receiver kriegen sie in der Defense einfach nicht in den Griff! Der Fastball in die Endzone geht dann an Danny Amendola. Vier-Yard-Tochdown! 24:21 Seattle!

58.: Wahnsinn! Die Pats sind so nah an der Trophäe! Ein Pass von Brady nach dem anderen findet sein Ziel! Vereen! Edelman! Gronk! LaFell! Und dann ist es wieder Edelman! Drei Yards bis zur Endzone, er wackelt Simon aus, der hat einfach! Keine Chance! Touchdown! 28:24 New England!

59.: Es ist noch nicht vorbei! Unfassbar! Noch vor dem Two-Minute-Warning bringt Wilson einen Pass auf Lynch an, über 31 Yards. Dann, mit etwas über einer Minute auf der Uhr, der lange Pass auf Kearse! Der ist von Malcolm Butler gut gedeckt, kann den Ball nicht fangen und geht zu Boden! Aber halt, der Ball fällt wie ein Stein herunter. Prallt von ihm ab. Eine Hand greift dagegen, die zweite auch - aber dann hat er ihn, wie ein Käfer auf dem Rücken liegend! Das ist doch nicht möglich! Helmet Catch 2.0??? Nur fünf Yards fehlen noch!!! 28:24 Pats!

60.: Ganz stark sein, Seattle-Fans. Ganz stark sein! Lynch holt mit einem Run vier der fehlenden fünf Yards. Die Uhr läuft herunter, weil die Pats keine Auszeit nehmen. Ist Belichick irre - das muss doch ein Touchdown sein! Und...nein! IST ES NICHT! Pete Carroll gibt den Ball nicht an Beast Mode, sondern Wilson wirft die Slant nach rechts - und dort ist Butler! Der hat das Pick Play perfekt gelesen und fängt den Ball ab! Aus! Aus! Aus! Wie kann man hier nur den Ball nicht an Lynch geben? Wie kann man nur??? 28:24 New England!

60.: Brady muss den Ball mit dem letzten Snap noch aus der Endzone bringen, aber eine Offside-Penalty von Bennett erledigt das für ihn. Vor dem letzten Snap gibt es noch unschöne Szenen, ein paar Spieler gehen aufeinander los. Das muss doch nicht sein! Bruce Irvin wird noch ejected, dann ist Feierabend! Vierter Ring für Belichick, vierter Ring für Brady! Was für ein Spiel! Die New England Patriots sind NFL-Champion!

Die Szene des Spiels: Ganz klar der letzte Pass von Russell Wilson. Hätten die Seahawks den Ball noch einmal in die Endzone gebracht, es wäre der unfassbare Catch von Kearse wenige Sekunden zuvor geworden, der den Pats-Fans schlaflose Nächte und üble Erinnerungen an David Tyree und dessen "Helmet Catch" beschert hätte. So wird sich nun der "Zwölfte Mann" fragen: Warum ging der Ball nicht an Lynch? Warum so viel Risiko? Es war kein wirklich schlechter Pass von Wilson, allerdings wurde der Ball von Rookie Malcolm Butler, der das Duell gegen Kearse kurz zuvor verloren hatte, perfekt verteidigt. Seattle hatte auch noch Timeouts, es war second down. Zwei Runs von Lynch - was soll da schiefgehen?

Der offizielle MVP des Spiels: Tom Brady ist in New England ohnehin schon längst unsterblich - nun werden die Argumente für den Titel des "GOAT" immer erdrückender. Fehlerlos spielte Brady nicht und nach seinem zweiten Pick drohte er zwischenzeitlich, das gleiche Schicksal wie Peyton Manning vor einem Jahr zu erleiden. Doch dann fing er sich wieder und sezierte dank seiner schnellen und quirligen Receiver die gefürchtete Pass Defense der Seahawks. 37 Completions sind Super-Bowl-Rekord, niemand mehr Touchdowns in Endspielen geworfen als er.

Der heimliche Held des Spiels: Malcolm Butlers Pick wäre keine schlechte Wahl. Doch der Spieler, der den Seahawks am meisten Schwierigkeiten bereitete, war Receiver Julian Edelman. Wie schon bei den Colts zwei Wochen zuvor wusste die Defense keine Antwort auf den Mann, auf den sich Brady immer verlassen kann. Neun Catches, 109 Yards, darunter mehrere enorm wichtige Third-Down-Conversions - und natürlich der Touchdown zum Sieg. Spätestens jetzt ist ihm ein Platz auf der Liste der besten Wideouts in der NFL sicher.

Der Flop des Spiels: Pete Carroll. Auf den Seahawks-Coach einschlagen sollte man nicht, schließlich hat nicht viel gefehlt. Trotzdem: Am Ende muss der Ball einfach zu Lynch gehen. Man kann bei Second Down keinen derart riskanten Spielzug ansagen, wenn noch Zeit auf der Uhr ist und die Timeouts nicht aufgebraucht sind. Diese Interception wird ihn noch lange verfolgen. Erwähnt werden muss auch der Pass Rush der Seahawks: Angesichts der schnellen Pässe von Brady war diesem kaum beizukommen, dennoch hatte man sich sicher mehr erhofft als lediglich einen Sack bei 50 Passversuchen. Im Vergleich zum Vorjahr hat Seattle in diesem Mannschaftsteil allerdings auch an Qualität eingebüßt. Zudem musste Cliff Avril in der zweiten Hälfte mit Verdacht auf Gehirnerschütterung raus.

Das fiel auf:

  • 58 Pässe hatte Tom Brady beim letzten Aufeinandertreffen dieser beiden Teams geworfen - und auch diesmal war schnell klar, dass man den Seahawks nicht über das Running Game beikommen wollte. Stattdessen wurde Seattle über die kurzen Distanzen immer wieder gepiesackt, Deep Balls auf Gronk oder LaFell waren Mangelware. LeGarrette Blount kam am Ende zwar auf 14 Carries, er war aber insgesamt kein Faktor.
  • Stattdessen spielte sein eigentlicher Backup Shane Vereen eine extrem wichtige Rolle. Mit ihm als sicherem Passfänger (elf Catches), sowie Amendola (fünf) und Edelman hatte Belichick drei enorm schnelle Receiver zur Verfügung, die er immer wieder perfekt in Szene setzte. Dump-Offs auf Vereen, schnelle Slants, Missdirection - ein ums andere Mal zogen andere Receiver die Coverage auf sich und schafften mit ihren Routen Freiraum für Bradys Ziel. So kamen selten große Raumgewinne zustande, aber die Drives wurden erhalten.
  • Die Seahawks passen sich dem Gegner normalerweise nicht an, vor allem nicht in der Coverage - denn eigentlich sind sie gut genug, um kraft ihres Talents fast jeden Gegner zu schlagen. An diesem Abend gab es jedoch zwei Probleme: Zum Einen musste Slot-Corner Jeremy Lane nach seiner Interception früh verletzt raus, Ersatzmann Simon wurde danach immer wieder zum Opfer von Brady und konnte Lane einfach nicht ersetzen. Mit Lane auf dem Feld hatte man im Laufe der Saison ganze zwei Touchdowns zugelassen, ohne ihn 18! Es war ein enormer Verlust für die Defense.
  • Zum anderen war für Brady und Belichick so immer gut ersichtlich, welcher Receiver von welchem Gegenspieler bewacht wird. Immer wieder konnten die Patriots so das bestmögliche Matchup anvisieren, so auch beim Touchdown von Gronkowski. Sherman wurde kaum getestet, Byron Maxwell auf der gegenüberliegenden Seite umso mehr.
  • Die Receiver der Seahawks sind auf dem Papier nicht gerade eine Stärke des Teams - und das bestätigten sie an diesem Abend über weite Strecken. Die Pats nahmen Baldwin, Kearse und Co. in eine simple Manndeckung - und ein ums andere Mal konnten sie sich nicht von ihren Bewachern absetzen. Das änderte sich erst, als mit Chris Matthews eine unvorhergesehene Wild Card das Spielfeld betrat. Matthews war der beste Deep Threat der Seahawks, machte seine Bewacher gleich mehrfach nass und hätte gute Chancen auf die MVP-Trophäe gehabt. Baldwin (ein Catch, drei Yards) war dagegen völlig abgemeldet.
  • So hatte es auch Wilson extrem schwer, gerade in Halbzeit eins. Oft hatte er extrem viel Zeit in der Pocket, auch deshalb, weil die D-Line der Pats "Spione" abstellte, die ihn nicht angriffen, sondern lediglich darauf achteten, ihn nicht aus der Pocket entkommen zu lassen. Aus dieser Zeit ließ sich ohne freien Receiver jedoch nicht viel machen - seine erste Completion gelang ihm erst nach rund 25 Minuten, die ersten drei Drives brachten gerade mal 20 Yards Raumgewinn.
  • Wäre den Seahawks am Ende der Touchdown gelungen, Bill Belichick hätte sich unangenehme Fragen gefallen lassen müssen. Es war ein gewagtes Vabanquespiel, die Uhr an der Ein-Yard-Linie nicht anzuhalten, so wären seinem Team nur wenige Sekunden geblieben. Nimmt er ein Timeout und Seattle scort, bleibt immerhin noch eine knappe Minute für ein Field Goal zum Ausgleich.

Der Super Bowl im Überblick