"Ich glaube, ich muss es so deutlich sagen: Ich werde nicht Alabama-Coach!" Diese Worte sprach Nick Saban, seines Zeichens Head Coach der Miami Dolphins, am Ende der Saison 2006 nach wochenlangen Spekulationen. Damit war Ruhe - dachte man zumindest. Nur wenige Wochen später wurde Saban dann auf einer Pressekonferenz in Tuscaloosa offiziell vorgestellt - als Head Coach der University of Alabama!
Zu der Zeit war Dabo Swinney noch als Assistant Head Coach im 460 Kilometer nordöstlich entfernten Clemson tätig, nachdem der aus Alabama stammende glühende Verehrer und Alumnus Jahre zuvor als Positions-Coach der Crimson Tide entlassen wurde. Dennoch schlägt sein Herz noch heute für "Bama".
National Championship
Beide Coaches - der 46-jährige Swinney sowie der 64-jährige Saban - sind zwar oberflächlich betrachtet von Grund auf verschieden, jedoch eint sie der Erfolg, zumindest in dieser Saison. Beide haben den Weg ins National Championship Game des College Football Playoffs geschafft. Während die Tigers Oklahoma im Orange Bowl überzeugend besiegt hatten, ließ Alabama den überforderten Michigan State Spartans beim 38:0-Shutout keine Chance.
Während es für Swinney das größte Spiel seiner Karriere ist, geht Saban mit erheblich mehr Routine in die Partie in Glendale/Arizona. Er hat bereits vier nationale Meisterschaften auf dem Konto, drei davon mit Alabama und hat noch nie ein solches Finale verloren. Auch wenn Clemson, das 14-0 ist und somit als erstes Team überhaupt eine Saison mit 15-0 abschließen könnte, auf dem Papier als Favorit zu gelten hat, ist dennoch Bama das Team, dass es zu schlagen gilt. Basierend auf den letzten Jahren ist dies zwar kein klares Duell David gegen Goliath, aber es geht zumindest in diese Richtung.
Die bisher einzige nationale Meisterschaft für Clemson gelang in der ungeschlagenen Saison (12-0) 1982, seither wurde es eher still um die Tigers und erst Swinney brachte seit Amtsübernahme 2009 den Erfolg zurück.
Ganz anders Alabama, das insgesamt 15 Meisterschaften auf dem Konto hat und dazu mit Bear Bryant den bis dato erfolgreichsten College-Football-Coach (323 Siege, 5 Titel) überhaupt zu den Seinen zählen darf. Auch die Tide machte eine längere Durststrecke durch, gehört aber seit Sabans Amtsantritt wieder zu den besten Colleges im Lande.
"That Boy"
Die Geschichte von Dabo Swinney, der eigentlich William Christopher heißt und zu seinem Spitznamen kam, weil sein ältester Bruder ihn in frühster Kindheit nur "That Boy" nannte, was sich im typischen Alabama-Akzent eben wie "Dabo" anhört, blickt auf eine bewegte und nie einfache Jugend zurück. Im Grunde musste er sein ganzes Leben über Kämpfen - für alles.
Nachdem er von seinem Vater die Liebe zu Alabama quasi eingeimpft bekam, verlor er im Teenager-Alter den Kontakt zu Ervil Swinney, der dem Alkohol verfallen war. Es kam zur Scheidung und er blieb mit seiner Mutter zurück, die nicht mal die Miete für eine kleine Wohnung aufbringen konnte. Und so kam es, dass sich Dabo, als er anfing an der University of Alabama zu studieren, ein Zimmer mit seiner Mutter teilte.
Was anfangs umständlich wirkte, wurde letztlich zu einer funktionierenden Zweckgemeinschaft, die auch seine Kommilitonen akzeptierten.Später dann gelang es ihm, als Walk-On, also als Student ohne Sportstipendium, den Sprung ins Team von Trainer Gene Stallings zu schaffen.
Den beeindruckte er dann so sehr, dass er trotz sportlicher Defizite am Ende doch ein Stipendium bekam. "Er war ein Durchschnittsspieler", gab Stallings später zu: "Er wollte ein großartiger Spieler sein, aber er war einfach nicht mit sonderlich viel Talent gesegnet. Er hatte viel Herz. Ich wusste, dass er extrem arm war und ich gab ihm ein Stipendium. Und ich bin froh, dass ich es getan hab, denn er brauchte eins."
Abschied auf größter Bühne
Swinneys Spielerkarriere endete schließlich mit seinem Abschluss und einem Master of Business Adminstration 1993. Sein letztes Spiel - er hatte kaum Einfluss - war schließlich der Sugar Bowl am Neujahrstag desselben Jahres. Bama gewann gegen Miami und wurde zum Abschluss der ungeschlagenen 13-0-Saison zum National Champion ernannt. Es sollte zugleich die letzte Meisterschaft der Crimson Tide bis Sabans erstem Titel 2009 sein.
Anschließend diente er sich hoch als Assistent von Stallings, bis dieser schließlich im Jahr 2000 samt komplettem Stab entlassen wurde. Nach kurzer Auszeit heuerte er schließlich bei Clemson an und arbeitete dort unter Coach Tommy Bowden bis zu dessen Entlassung 2008, bevor er dann selbst das Ruder übernahm.
Saban dient sich hoch
Was Nicholas Lou Saban Jr. angeht, war dessen Aufstieg zur gottesähnlichen Figur In Alabama eher konservativ, gewissermaßen unspektakulär. Nach unauffälliger Spielerkarriere diente auch er sich hoch als Assistenzcoach. Seine prägendste Stelle war dabei sicherlich die Zeit als Defensive Coordinator der Cleveland Browns in den 90er Jahren unter Head Coach Bill Belichick. Anschließend ging es zu Michigan State und 2000 schließlich zu LSU, seiner ersten richtig großen Station als Head Coach.
Der größte Erfolg dort war die nationale Meisterschaft 2003 durch einen Erfolg im Sugar Bowl über Oklahoma. Das wiederum ließ die NFL aufhorchen. Er landete schließlich bei den Miami Dolphins, mit der klaren Vorgabe, die damals schon vorherrschende Dominanz seines Mentors und Freundes Belichick in der AFC East zu durchbrechen. Mit mäßigem Erfolg. Zwar hatte das Team zeitweise gute Phasen, darunter auch ein Sieg über die Patriots, doch letztlich stand am Ende seiner zweiten Saison (2006) eine 6-10-Bilanz, was Sabans einzige "losing Season" in seiner Karriere bedeutete.
In der Zwischenzeit wurde in Alabama Head Coach Mike Shula, Sohn des berühmten Don Shula, der mit den Dolphins 1972 die einzige Perfect Season in der Geschichte der NFL hinlegte, entlassen. Die Nachfolgersuche führte schnell zu Saban, der aber davon nichts wissen wollte, jedenfalls nach außen hin. Es kam schließlich zum legendären Dementi, kurz darauf stand Saban als neuer Coach der Crimson Tide auf der Matte.