Man konnte sich nicht helfen - ein Gefühl der Erleichterung machte sich unweigerlich breit, als die Broncos am Sonntagnachmittag die Gerüchte bestätigten: Der große Peyton Manning macht Schluss. Kein Wechsel zu den Los Angeles Rams, kein krampfhafter Versuch, im Alter von dann 40 Jahren noch eine NFL-Saison aus dem eigenen, angeschlagenen Körper zu pressen. Und kein Risiko mehr, seinen (dann wohl wirklich) letzten Ritt teilweise als Backup-Quarterback an der Seitenlinie verbringen zu müssen.
Als Football-Fan war exakt dieser Anblick in der vergangenen Saison genauso befremdlich wie Mannings Auftritte in den ersten Wochen jener Spielzeit. Es wurde schmerzhaft offensichtlich, dass der einstmals beste Quarterback der NFL körperlich nicht mehr auf der Höhe war. Das wirkte sich unweigerlich massiv auf sein Spiel aus, das sorgte für die mitunter haarsträubenden Interceptions.
Mannings Karriere hätte so als Backup von Brock Osweiler enden können. Ein Umstand, dem er sich wie allen Herausforderungen auf dem Gridiron fair und sportlich stellte. Er bekam seinen Platz kurz vor den Playoffs zurück - und erhielt so die Chance, als erster Quarterback seit John Elway als Super-Bowl-Champion abzutreten. Peyton nutzte sie.
Antwort auf die Kritiker
Und natürlich kann niemand bestreiten, dass Denvers Defense der Grund für den Super-Bowl-Titel war. Manning und seine 141 Passing-Yards inklusive zweier Turnovern gegen Carolina waren es jedenfalls nicht. Aber der Ring war wichtig. Für Manning, genau wie für seine noch immer vorhandenen Kritiker.
Als bester Regular-Season-Quarterback aller Zeiten, mit Betonung auf der "Regular Season", pflegten jene den inzwischen 39-Jährigen zu bezeichnen. Seine Bilanz von 13 Siegen und 13 Niederlagen in der Postseason war für viele genug, um Manning als Postseason-Versager abzustempeln.
Doch hatte er in nur zwei seiner 13 Colts-Spielzeiten den Luxus einer Top-10-Defense. Manning musste oftmals eine unterdurchschnittliche Defensive mitziehen (genau wie beim Colts-Triumph 2006) und erreichte den Super Bowl mit vier verschiedenen Coaches. Seine Touchdowns-zu-Interceptions-Bilanz in den Playoffs ist besser als die von Elway, Dan Marino oder Brett Favre.
Legacy fernab von Titeln
Die Kritiker müssen Mannings zweiten Titel jetzt trotz allem hinnehmen, das macht den Moment des Abschieds für Peyton umso süßer. Nachdem er jahrelang trotz schwacher Defense die (medial wie physischen) Prügel einstecken musste, durfte er jetzt erstmals als Game Manager die Fahrt genießen.
Sein Vermächtnis aber, und das steht außer Frage, geht deutlich weiter. Kein Quarterback hat jemals Spiele so an der Line of Scrimmage entschieden wie Manning. Seine Umstellungen vor dem Snap und seine Schachspiel-ähnlichen Reaktionen auf Defensiv-Formationen haben die Art, wie Quarterbacks das Spiel spielen, grundlegend verändert.
Fünf MVP-Trophäen können als Zeugen dafür herhalten. Keinem Quarterback gelangen mehr Siege, mehr Touchdowns, mehr Yards, mehr MVP-Titel.
Zu beweisen hatte er also ohnehin nichts mehr. Als der unfassbar ehrgeizige Spieler, der Manning nun mal ist, schien das Karriereende trotzdem alles andere als sicher. Auch wenn sein Vater schon kurz nach dem Super Bowl (richtigerweise) erklärte, dass die Zukunft seines Filius wohl zumindest nicht in Denver liege, der ein oder andere Interessent hätte sich schon gefunden. Einen Gefallen hätte sich Manning damit nicht getan, ganz unabhängig von allen Legacy-Diskussionen.
Stattdessen geht er als Champion, mit dem perfekten Ende aus dem Hollywood-Drehbuch. Es ist ein Ende, das sich Manning viel besser kaum hätte ausmalen können. "Wir haben während der Saison darüber gesprochen, dass es so idealerweise enden könnte", sagte Broncos-Coach Gary Kubiak am Sonntag so treffend, "und was soll ich sagen - genau so ist es gekommen."
Bleibt eigentlich nur zu gratulieren. Peyton Manning hat mit seiner Entscheidung einfach alles richtig gemacht.