Die NFL erlebt in Deutschland seit einigen Jahren einen Mega-Boom, inzwischen können Fans auch hierzulande jede Menge Football live sehen: DAZN zeigt ab dieser Saison nicht nur die RedZone-Konferenz an jedem Sonntag live und im Originalkommentar, darüber hinaus gibt es auch die Primetime-Spiele live zu sehen. Einer der deutschen Kommentatoren ist Günter Zapf - ein Gespräch über Super-Bowl-Favoriten, peinliche Kommentatoren-Pannen und die Entwicklung der NFL in Deutschland.
SPOX: Herr Zapf, die neue NFL-Spielzeit steht unmittelbar vor der Tür und Sie werden die Saison bei DAZN kommentieren. Wie kamen Sie dazu?
Günter Zapf: Die NFL ist mein Steckenpferd, einfach mein Ding. Ich behaupte mal, dass ich ein ganz gutes Standing im Football-Bereich habe und wenn das jemand anbietet, dann tauche ich da schon irgendwo auf. Letztlich waren wir uns sehr schnell einig.
SPOX: Wie kamen Sie eigentlich ursprünglich zum Football, wie fing Ihre Leidenschaft für den Sport an?
Zapf: Es fing an, als ich mit Schulfreunden damals AFN (American Forces Network, d. Red.) geschaut habe. Ich hatte einen Schulkamerad, der neben einer Kaserne wohnte und ich selbst war durchaus etwas affin, was die USA angeht. Er hatte sich bereits einen Decoder besorgt - damals brauchte man noch so ein Gerät, um diesen NFL-Kanal zu sehen - und dann waren wir bei ihm und haben Football geschaut. Irgendwie hat mich das einfach sehr fasziniert.
Erlebe ausgewählte Spiele der NFL auf DAZN. Hol Dir jetzt Deinen Gratismonat
SPOX: Sie haben anschließend sogar selbst gespielt, waren Präsident eines Klubs und später schließlich Kommentator. Wie sind Sie denn beim Mikrofon gelandet?
Zapf: Ich habe früher ein wenig als DJ gearbeitet, wenn auch eher privat, habe aber hier und da etwas dazuverdient. Dann kamen die ersten privaten Radiosender auf den Markt, da habe ich auch ein bisschen mein Unwesen getrieben und habe dann damals, das war 1988, aufgrund meiner Zugehörigkeit zu den Munich Cowboys erfahren, dass Tele 5 die NFL-Rechte gekauft hat. Ich hatte zu dem Zeitpunkt schon ein wenig Erfahrung, hatte kurz beim ZDF gearbeitet und ein paar Sendungen gemacht. Das ging dann alles relativ schnell: Tele 5 war in München, brauchte jemanden und so haben wir recht schnell zusammengefunden.
SPOX: Können Sie sich noch erinnern, welches Ihr erstes Spiel war?
Zapf: Puh...ich weiß noch, dass ich mal ein College-Spiel gemacht habe, das war Notre Dame gegen USC - damals noch für Sportkanal. Aber mein erstes NFL-Spiel? Nein, das kann ich nicht mehr sagen. Der Super Bowl war in dem Jahr Washington gegen Denver, da war ich dabei.
SPOX: Dann frage ich vielleicht mal andersherum: Welches Spiel ist Ihnen denn am meisten in Erinnerung geblieben?
Zapf: Da gibt es natürlich einige. Was in Erinnerung bleibt, ist der Super Bowl live im Stadion, damals 1991 Giants gegen die Bills. So ein Erlebnis ist unvergesslich. Damals war der erste Golfkrieg, also kann man sich vorstellen, dass die Stimmung in den USA eine sehr spezielle war. Dann wäre da beispielsweise auch dieses unglaubliche Monday Night Game, Miami gegen die Jets, als es Verlängerung gab - das ging damals bis 8 Uhr morgens deutscher Zeit!
Das Power Ranking zum Saisonstart: Oldschool-Comeback an der Spitze
SPOX: Gab es während Ihrer Übertragungen mal eine Panne, die Sie vielleicht sogar bis heute noch verfolgt?
Zapf: Das kommt natürlich vor, keine Frage - aber glücklicherweise waren die sozialen Medien damals noch nicht so verbreitet. Einmal beispielsweise habe ich während eines Spiels meine Stimme fast komplett verloren, da hatte ich eine Stimmbandentzündung. Die Übertragung habe ich noch halbwegs zu Ende gebracht, aber am nächsten Tag bekam ich keinen Ton mehr raus. Ein anderes Mal habe ich beim World Bowl moderiert, wollte zurückgeben an die Kommentatoren - und mir ist einer der Namen nicht mehr eingefallen! Wir waren live drauf und ich habe gesagt: "Jetzt zurück zu Andreas Renner und...äh." Das war natürlich schon eine Blamage. (lacht)
SPOX: Sie haben neben Football in den vergangenen Jahren sehr viel WWE kommentiert. In den USA ist ja zumindest ein wenig Crossover-Potential da, sehen Sie irgendwelche Parallelen, gerade was den Show-Faktor angeht?
Zapf: Das kommt immer darauf an, wie man es sieht. Sport und Entertainment gehören in Amerika fest zur Kultur dazu, und das wird dann auch so rüber gebracht, auch von den Kommentatoren. In Deutschland kann man das den Leuten so nicht vermitteln. Was die Show angeht, kann man aber definitiv Parallelen ziehen - deshalb ist eben mancher NFL-Spieler nach seiner Karriere, oder sogar währenddessen, noch in die WWE gegangen.
SPOX: In den vergangenen Jahren ist die NFL in Deutschland ja förmlich explodiert. Heißt das, dass Sie in Ihrem Bekanntenkreis inzwischen seltener erklären müssen, was die NFL überhaupt ist?
Zapf: Ich denke, die NFL ist inzwischen schon bekannter. Die Leute wissen, dass es sich um Football handelt, und dass es die beste Liga ist. Da kommt eben vieles zusammen: Die Leute haben die Möglichkeit, das zu sehen, dann die generelle Verknüpfung und die Zugänglichkeit von Informationen. Darüber hinaus gibt es Football ja auch in Deutschland schon lange genug, dass die Leute da etwas mitbekommen.
SPOX: Sie haben die NFL ja auch in Deutschland über die letzten 30 Jahre verfolgt. Hätten Sie eine solche Entwicklung für möglich gehalten?
Zapf: Das ist schwierig zu sagen, weil ich natürlich mittendrin stecke. Erst selbst als aktiver Spieler, dann, wie Sie schon gesagt haben, als Präsident und so weiter. Da bist du so drin in dem Ganzen, dass du das immer glaubst. Für dich ist es der beste Sport der Welt - das müssen die Leute ja irgendwann begreifen! Fußball hat in Europa und insbesondere in Deutschland allerdings eine unglaubliche Präsenz, da hat es jede Sportart schwer. Aber die Meinung, dass Football für die Deutschen eigentlich eine maßgeschneiderte Sportart ist, habe ich von Anfang an vertreten. Der taktische Aspekt ist etwas, das die Deutschen ja eigentlich schon fasziniert, dazu die Kraft, die Schnelligkeit und das Spektakuläre.
SPOX: Wenn Sie eine Prognose abgeben müssten: Wo wird dieser Boom in Ihren Augen noch hinführen? Wird es NFL-Spiele in Deutschland geben? Kommt tatsächlich eine - oder gar mehrere - Franchise nach Europa?
Zapf: Man spricht ja schon länger davon, gerade wenn wieder ein Spiel in London stattfindet, dass auch eine Franchise nach London kommen soll. Dass Spiele auch in anderen Ländern ausgetragen werden, erleben wir ja in dieser Saison bereits mit Mexiko. Deutschland wird da auch immer wieder genannt und ich kann mir gut vorstellen, dass das in den nächsten drei bis fünf Jahren passiert. Eine Franchise aber werden wir denke ich nicht bekommen. Sollte das tatsächlich doch irgendwann passieren, ist natürlich London die erste Adresse.
SPOX: Dann schauen wir doch mal auf die kommende Saison: Sie werden Primetime-Spiele auf DAZN kommentieren, wie kann man sich die Vorbereitung auf eine solche Partie vorstellen? Wie viel Zeit muss man da investieren?
Zapf: Heutzutage ist das ja über das Internet alles sehr zugänglich. Man schaut sich wahnsinnig viel an und liest sich viel durch, die richtige Vorbereitung mache ich aber immer noch handschriftlich. Die Kader drucke ich mir natürlich aus, das ist klar, aber ansonsten bin ich es für die wichtigsten Punkte einfach so gewohnt. Vieles weiß man natürlich auch nach so vielen Jahren, dann kennt man die Personen und die Geschichten einfach. Ich würde sagen, für ein Spiel beträgt die Vorbereitung zwischen vier und fünf Stunden. Dann ist man schon ganz gut drin.
Regeln, Stadien und Stars: Alles Wissenswerte zur neuen NFL-Saison
SPOX: Als Ex-Spieler könnte ich mir vorstellen, dass Sie eine ganz eigene Perspektive auf das Spiel haben. Gibt es irgendwelche Dinge, auf die Sie ganz besonders achten?
Zapf: Es gibt definitiv einen Unterschied, ob ich ein Spiel einfach nur schaue, oder ob ich es kommentiere. Als Kommentator, gerade wenn du alleine bist - zu zweit, das gab es früher häufiger, finde ich es deutlich angenehmer - musst du schon nahe am Spiel bleiben und das kommentieren, was der Zuschauer auch sieht. Dann gilt es, die Balance zu finden zwischen erklären und beschreiben. Das ist nicht immer ganz einfach. Ich versuche den Zuschauer an das Spiel heran zuführen, damit er selbst merkt, worauf er achten muss. Wenn ich privat schaue, suche ich mir meistens ein oder zwei Spieler raus, auf die ich besonders achte. Beispielsweise wenn ein Deutscher spielt, oder ein Spieler, den man schon länger verfolgt. Ansonsten geht es mir um den Fluss des Spiels und ich frage mich dann in bestimmten Situationen auch gerne, was ich tun würde. Diese taktische Komponente macht Football ja so faszinierend.
SPOX: Neben den Prime Time Games ist die RedZone das Highlight auf DAZN. Angenommen, jemand kennt dieses Format noch nicht: Wie würden Sie es beschreiben? Was macht den Reiz daran aus?
Zapf: Zunächst einmal ist es einfach die Konferenz, die - wie der Name schon sagt - immer bei dem Spiel ist, wo bald gepunktet werden könnte. Daher geht es immer hin und her zwischen den Spielen, man bekommt quasi alles mit. Aber man muss auch ein wenig Erfahrung im Football schauen haben, weil alles auf einen Schlag sehr schnell gehen kann. Absolute Anfänger sollten sich also vielleicht erst einmal ein ganzes Spiel unter Anleitung anschauen, aber dann bist du drin. Und was heutzutage natürlich unschlagbar ist: Sehr viele Leute spielen Fantasy Football und da bist du eben hautnah dabei und sofort informiert.
SPOX: Stichwort Fantasy Football, ein Gebiet, dass wir bei SPOX seit dieser Saison ebenfalls intensiver covern: Spielen Sie Fantasy Football?
Zapf: Ich spiele schon sehr lange, ja. Ich habe damit angefangen, als es über das Internet zugänglich wurde. Ich wusste vorher, dass es das gibt, aber aus Europa war das einfach schwierig und brachte aus der Entfernung auch nicht den Spaß. Heute ist das viel einfacher. Aber ich spiele seit etwa 20 Jahren, momentan bin ich in drei Ligen aktiv.
SPOX: Haben Sie da noch den Überblick, wenn man drei verschiedene Kader hat und dann am Sonntag die RedZone verfolgt?
Zapf: Ganz ehrlich: Nein. (lacht) Beim Draft versuche ich mein Bestes und schaue dann, dass ich vor dem Wochenende herausfinde, wo ich Spieler ersetzen muss. Vielleicht klappt dann noch der eine oder andere Trade. Eine meiner Ligen ist noch als alten World-League-Tagen und wirklich international besetzt, da bin ich meist auch gut aufgestellt. Aber in den anderen beiden Ligen, wir haben bei DAZN jetzt auch eine Liga, muss ich ehrlich sagen, dass ich nicht jedes Detail sofort mitbekomme. Aber ungefähr weiß man natürlich, welche Spieler man hat.
SPOX: Dann gehen wir doch zurück zum Sportlichen: Wer ist Ihr großer Super-Bowl-Favorit? Gibt es für Sie überhaupt einen Favoriten?
Zapf: Keinen so richtig klaren. Ich denke wir sind uns einig, dass Denver so ein Kunststück "nur" mit der Defense nicht nochmal hinbekommt, die Broncos sind für mich eher schwächer geworden. Dann gibt es natürlich die Patriots, die immer wieder einen starken Kader haben, aber man muss abwarten, wie sie sich die ersten vier Spiele ohne Brady schlagen. Seattle ist auch so ein Team, das man vom Coaching und vom Spielermaterial her in den Favoritenkreis nehmen muss. Dazu kommt natürlich Carolina, persönlich aber glaube ich, dass die nach ihrer 15-1-Saison und dann der Super-Bowl-Niederlage ein schwieriges Jahr vor sich haben. Arizona würde ich noch mit in diesen Pool nehmen, und vielleicht die Steelers.
SPOX: Gibt es einen Spieler, auf den Sie besonders gespannt sind?
Zapf: Tony Romo wäre so ein Spieler gewesen, aber der ist ja leider wieder verletzt. Ansonsten bin ich natürlich auf einige der Neulinge gespannt - etwa ob Ezekiel Elliott wirklich so gut ist, wie alle sagen. Darüber hinaus: Was macht Todd Gurley in seinem zweiten Jahr? Sehr gespannt bin ich außerdem auf Jacksonville. Das sieht auf dem Papier sehr gut aus, aber es bleibt abzuwarten, ob sie das wirklich auf den Platz bringen.
SPOX: Zum Abschluss: Hand aufs Herz - drücken Sie einem Team ganz persönlich die Daumen, oder lässt man sich das nach Jahren am Monitor austreiben?
Zapf: Früher habe ich es ehrlich gesagt immer vermieden, das durchsickern zu lassen, aber heute lässt sich das ja kaum noch verheimlichen: Ich bin Cowboys-Fan. Das geht bei mir noch zurück auf den Super Bowl 1978 gegen die Steelers, den sie verloren haben. Aber dieses Team hat mich begeistert.