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"Mit meinen Quellen ist es wie beim Dating"

Hunderte Anrufe, tausende Nachrichten pro Woche: NFL-Reporter Ian Rapoport
© getty

Ian Rapoports Name steht in der NFL gleichbedeutend mit Breaking News: Der NFL-Network-Insider gehört zu den am besten vernetzten Reportern überhaupt. SPOX sprach mit dem 36-Jährigen über seinen Full-Time-Job inklusive Anrufe am Esstisch, Berater-Tricks und Ärger mit Spielern oder Coachs. Außerdem verrät er, wieso die Arbeit mit anonymen Quellen eigentlich doch nichts anderes als Dating ist.

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SPOX: Mr. Rapoport, an ihrem Namen kommt man beim NFL-Bereich auf SPOX kaum vorbei: Ihr Name fällt fast immer, wenn es sich um Breaking News handelt. Wie würden Sie Ihren Aufgabenbereich als "NFL Network Insider" beschreiben?

Ian Rapoport: Ich versuche einfach, den Überblick über die wichtigsten News in der NFL zu behalten. Ob man Fan eines ganz bestimmten Teams ist, der Liga im Allgemeinen oder auch nur Fantasy Football spielt: Was sind die wichtigsten Dinge, die den wichtigsten Personen passieren? Wer hat sich verletzt? Welches Team bekommt einen Spieler zurück? Welche Coachs werden angeheuert oder gefeuert? Was passiert wirklich in den Umkleidekabinen? Dann liefere ich diesen Überblick.

SPOX: Heißt das, Sie sind die ganze Woche unterwegs?

Rapoport: Ich habe ein Studio in meinem Keller, das das NFL Network dort für mich eingerichtet hat. Von Montag bis Freitag bin ich aus meinem Studio on Air - zu unterschiedlichsten Zeiten, wann immer etwas passiert. Am Sonntag bin ich dann für unsere Pregame Show in New York City in der NFL-Zentrale. Die wichtigsten News kommen meistens am Sonntag oder Donnerstag in unseren beiden Pregame-Shows. Darauf verwende ich den Großteil meiner Zeit. Für den Super Bowl, die Combines und derartige Events bin ich dann normalerweise vor Ort.

SPOX: Wann haben Sie am meisten Stress? Vor dem Super Bowl?

Rapoport: Für mich ist das wahrscheinlich die erste Woche der Free Agency. Und der Saisonabschluss, der Black Monday, an dem Coachs gefeuert oder verpflichtet werden. Das ist gleichzeitig die Phase, in der die Konkurrenz am größten ist: Wie jeder andere Reporter auch möchte ich Breaking News präsentieren und wissen, was da draußen passiert. Deshalb ist der Wettbewerb sehr groß.

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SPOX: Und was passiert, wenn Sie im Urlaub oder auf einer Hochzeitsfeier sind und einen wichtigen Hinweis kriegen?

Rapoport: (lacht) Nun, derlei Aktivitäten gibt es bei mir nicht oft. Manchmal hab ich dann doch frei, und wir haben auch großartige Reporter, die dann für mich einspringen und die News abfangen. Aber oft habe ich zwar frei, muss aber am Ende trotzdem arbeiten - denn wenn die Neuigkeit rauskommt und ich im Urlaub einen Anruf bekomme, dann werde ich immer rangehen und mit der Öffentlichkeit das teilen, was ich weiß. Die Arbeit lässt mich also auch im Urlaub nicht los.

SPOX: Was es für Ihre Familie sicher nicht einfacher macht. Ihre Frau postet auf Twitter hin und wieder Fotos, wie Ihre Söhne Daddy im Fernseher sehen.

Rapoport: Das ist für die Familie definitiv nicht einfach. Meine Frau ist unglaublich und sehr verständnisvoll in dieser Hinsicht. Sie kennt den Job, ich war schon Reporter als wir uns in Mississippi damals kennengelernt haben. Sie respektiert meine Arbeit. Wenn also beim Abendessen ein Anruf kommt, bei dem ich rangehen muss, dann beschwert sie sich darüber nie. Sie weiß ja auch dass es ein Unterschied ist, ob es sich um eine wichtige Neuigkeit handelt oder ich einfach nur Smalltalk mache.

SPOX: Aber woher weiß sie denn, dass es eine große Neuigkeit ist? Teilen Sie Ihre Quellen mit ihr?

Rapoport: (lacht) Nein, das nicht. Manchmal hört sie natürlich, wie ein Name fällt. Aber wir kennen uns jetzt schon fast zehn Jahre. Da weiß sie schon, wann es wirklich wichtig ist. Ich verhalte mich dann auch anders. Wenn es ein Anruf ist, den ich unbedingt nehmen muss, muss ich ihr eigentlich nicht allzu viel erklären.

SPOX: Von wie vielen Anrufen, Textnachrichten und E-Mails reden wir denn pro Woche?

Rapoport: Textnachrichten auf jeden Fall mehrere tausend. Anrufe mehrere hundert.

SPOX: Na gut, dann lassen Sie uns ein bisschen über Ihre "Quellen" sprechen - was natürlich schwierig ist, weil Sie sie mir selbstverständlich nicht enthüllen werden. Aber vielleicht können Sie mir etwas darüber sagen, wie Sie an all diese Quellen herangekommen sind. Wie lange hat es gedauert, bis Ihr Netzwerk aufgebaut war?

Rapoport: Naja, ich arbeite immer noch dran. Ich bin jetzt seit fünf Jahren beim NFL Network und jeden Tag gehört es dazu, neue Quellen zu erschließen, Menschen zu treffen und Beziehungen aufzubauen. Um so einen Weg zu finden, an die Neuigkeiten heranzukommen. Als ich anfing und dann zum Insider wurde, war ich jede Woche mit Thursday Night Football unterwegs und bin also viel gereist. Und bei jedem dieser Trips war die Frage: Wen kann ich dort treffen? Und wenn etwas passiert, geht diese Person vielleicht ans Telefon und sagt es dir als erstes. An solchen Dingen muss ich jeden Tag arbeiten.

SPOX: Haben Sie denn in jedem Team eine Quelle? Oder vielleicht sogar mehrere?

Rapoport: Ich versuche, überall meine Quellen zu haben. Teams, Berater, Spieler, die Liga - überall. Je besser die Quellen, desto größer die Chance, dass ich zum einen als Erster etwas berichte. Und zum anderen natürlich, dass das auch stimmt.

SPOX: Was passiert denn, wenn ein Coach oder ein ganzes Front Office gefeuert wird? Müssen Sie dann neue Quellen erschließen?

Rapoport: (lacht) Oh ja. Wenn bei einem Großreinemachen Coach, GM und alle um sie herum gefeuert werden, heißt es für mich: Okay, jetzt kenne ich dort nicht mehr so viele Leute. Also mache ich mich besser an die Arbeit und überprüfe genau, welche Kontakte ich dort noch habe. Ich muss so schnell wie möglich wieder an den Punkt kommen, dass ich auch informiert darüber berichten kann, wenn dort etwas passiert.

SPOX: Ist das beim Draft auch so? Da kommen ja immerhin ein paar hundert neue Spieler in die Liga. Versuchen Sie, so viele wie möglich kennen zu lernen? Oder ist der Draft nicht so wichtig?

Rapoport: Doch, doch. Beim Draft ist es so: Wenn sich die NFL-Saison dem Ende zuneigt, dann heißt es für mich: Ich habe die Spieler zwar alle im College Football gesehen, aber ich kenne sie nicht wirklich. Also versuche ich sie kennen zu lernen und so viel wie möglich über sie in Erfahrung zu bringen, weil sich ja viele Menschen über mich informieren. Da muss ich selbst als Allererstes meine Hausaufgaben machen.

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SPOX: Okay. Tun wir mal so, als wäre ich ein Spieler und Sie wollten aus mir eine Quelle machen. Wie würden Sie das anstellen?

Rapoport: Wenn ich gefragt werde, wie ich meine Quellen aufbaue, antworte ich immer gleich: Es ist genau wie Dating. Man trifft jemanden, baut eine Beziehung auf, fragt nach der Telefonnummer, schreibt hin und her. Und an einem gewissen Punkt bringt man die Beziehung dann auf ein neues Level und tauscht Informationen aus. Oder man tut es nicht - und dann bleibt man einfach nur befreundet. Es gibt Leute, mit denen spricht man täglich. Mit anderen einmal pro Woche, mit anderen wiederum nur an einem bestimmten Punkt im Jahr. Jede Beziehung ist anders. Aber Dating ist in der Hinsicht der beste Vergleich, den ich ziehen kann.

SPOX: Wer hätte gedacht, dass man auch im Football in der Friendzone landen kann ...

Rapoport: Entweder sind Menschen bereit, etwas an dich weiterzugeben - oder eben nicht. Manche sind gegenüber den Medien sehr offen und reden gerne mit dir, bauen gerne Beziehungen auf. Und manche sind genau das Gegenteil. Das ist das Ding: Man wird niemals aus jemandem eine Quelle machen, der keine sein will. Auf keinen Fall. Man kann niemanden zwingen, und wenn man keine Beziehung aufbauen will, dann gibt es eben keine. Ehrlich, es hängt allein von ihnen ab. Ich selbst bin eigentlich nur Beifahrer.

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