New York Giants (Bilanz: 0-3)
Giants-Problem 1: Die Selbstsabotage
Als Brandon Marshall in der Offseason die New Yorker Teams gewechselt hatte, sprach er von der Motivation, den Super Bowl zu gewinnen. Nach Week 3 stehen die Giants bei 0-3. Eine Bilanz, bei der seit dem NFL-Zusammenschluss 1970 später nur fünf Teams die Playoffs noch erreichen konnten. So wird es für Marshall also schon schwer genug, erstmals in seiner zwölfjährigen NFL-Karriere überhaupt in der Postseason zu spielen.
Die überschwängliche Erwartungshaltung sowie fragwürdige Aktionen auf und abseits des Feldes scheinen die Giants auch in dieser Saison zu begleiten. So spielte die Offensive bis zur 24-Punkte-Explosion gegen die Eagles im vierten Viertel wieder einmal überhaupt keine Rolle und blieb weit hinter den hohen Erwartungen von vor der Saison. Dies hinderte Highlight-Maschine Odell Beckham aber nicht daran, seinen ersten Touchdown mit einer derart obszönen Geste zu bejubeln, dass es dafür eine 15-Yard-Penalty gab.
Beckham mag daraufhin zwar erklärt haben, sich dessen nicht bewusst zu sein, "ob die Regeln besagen, dass man sein Bein nicht wie ein Hund [zur Erleichterung - Anm. d. Red.] heben darf", doch zeugt die Geste auch nicht gerade von der in New York erhofften gestiegenen Maturität.
Dies kommt nach einer Playoff-Teilnahme, in der man sich vor dem das Aus besiegelnden Spiel durch einen Boot-Trip eine mediale Zielscheibe aufgeladen hatte. Dies kommt nach einer Woche, in der der Head Coach trotz oftmals zweifelhaftem Play-Calling lieber auf einer Pressekonferenz seinen eigenen Quarterback angeht. Bei allen Problemen, die die Giants gerade begleiten, scheint man sich einige der größten Bürden selbst aufzuerlegen.
Giants-Problem 2: Die Offensive Line
Blickt man auf die herzzerreißende 24:27-Niederlage gegen die Eagles, so sticht als Hauptgrund in erster Linie 193 zugelassene Rushing-Yards einer Run-Defense heraus, die eigentlich zum Non-Plus-Ultra der Liga gehören sollte. Dass das Bodenspiel der Eagles eigentlich nicht zu den Stärken des Teams gehört und die schwere Verletzung von Darren Sproles im ersten Viertel daran nicht wirklich etwas geändert hat, macht diese Zahl nur besorgniserregender.
All das soll allerdings nicht von dem Fakt ablenken, dass das große Sorgenkind im Team immer noch die Offensive Line ist. Nach katastrophalen ersten beiden Spielen, in denen die Riege um den ständig in der Kritik stehenden Ereck Flowers schon acht Sacks gegen Eli Manning zugelassen hatte, sah auch die ersten Halbzeit gegen Philly fatal aus.
Unter dem andauernden Druck warf Manning zwei Picks. Das Running Game zählte nach 30 Spielminuten magere sieben Yards. Zwar konnte sich die Line im zweiten Durchgang etwas rehabilitieren, dennoch ist das Konstrukt eine enorm wacklige Basis, auf der sich Manning und die gesamte Giants-Offense auch in den nächsten Woche bewegen werden.
Ausblick
Der Kalender könnte den Giants in den nächsten zwei Wochen durchaus zu Gute kommen. Zunächst spielt man gegen die Tampa Bay Buccaneers, die auf der defensiven Seite nach dem Vikings-Spiel ein prominent besetztes Lazarett vorfinden sowie jegliche Art von Pass-Rush vermissen haben lassen. In Week 5 folgt dann ein Spiel gegen die bislang sieglosen Chargers.
Seattle Seahawks (Bilanz: 1-2)
Seahawks-Problem 1: Die offensive Identität
Pete Carroll wird wissen, wie er die 27:33-Niederlage gegen Tennessee handhaben muss. Er wird wissen, dass die 420 erlaubten Yards, wovon 195 auf dem Boden zugelassen wurden, keine plötzliche Schwäche seiner überaus talentierten Defense bedeuten. Die Unit stand bei knapp 38 Grad Bodentemperatur in Nashville schlichtweg zu lange auf dem Feld und wurde hier von einem explosiven Back-Duo überrannt, welches schon der Seattle nicht unähnlichen Jaguars-D in Week 2 gehörigen Schaden zugefügt hatte.
Ebenso wird Carroll aber wissen, dass die Offense trotz 27 erzielten Punkten und 373 Yards nicht plötzlich keine Problemzone mehr ist. Vielmehr basiert der Output vom Sonntag auf den herausragenden Improvisationskünsten von Russell Wilson. Dieselbe Offense, die den Titans im Schlussviertel nämlich einige Probleme bereitete, gab den Ball bei den ersten sechs Drives nach nicht mehr als sechs Plays wieder ab. Ein Grund für die lange Spielzeit der Defense.
Der Offense Seattles fehlt eine klare Identität. Diese fehlt ihr seit den Abgängen von Max Unger, Russell Okung und allen voran Marshawn Lynch. Das Run Game kann das Team bisher nicht wie erhofft wieder häufiger tragen, zwar mag Wilson der beste mobile Quarterback der Liga sein, doch geht ihm die Präsenz in der Pocket schlicht ein wenig ab. Aufgrund seiner großartigen athletischen Fähigkeiten tendiert er schnell dazu die Pocket aufzulösen und vor dem Pass-Rush zu flüchten.
Für viele Spieler ist diese Tendenz problematisch, für Wilson funktioniert sie allerdings ungewöhnlich häufig. Unabhängig von dem Erfolg dieses Konzepts sind die Seahawks jedoch auch deshalb nicht in der Lage, ein gesamtheitliches Dropback-Passing-System um ihren Quarterback herum aufzubauen. Will diese Offense langfristig erfolgreich sein, so scheint es sehr fraglich, dass sie dies mit einem ständig flüchtenden Quarterback sein kann. Auch wenn diese Spielweise seine Stärken hervorheben und seine Schwächen kaschieren mag.
Seahawks-Problem 2: Die O-Line und das Run Game
Vielleicht würde es, und das ist ein zentraler Punkt, noch nicht mal eine Rolle spielen, wenn Wilson ein traditioneller Pocket-Passer wäre. Blickt man auf die Art und Weise, wie seine Line performt, so existiert diese Pocket meistens nicht einmal. Diese große Problematik hat sich auch nach den leicht verbesserten Auftritten gegen die 49ers und Titans nicht geändert. Die Wahrscheinlichkeit einer signifikanten und langfristigen Verbesserung sollten als sehr gering eingestuft werden. Grund dafür sind alleine limitierte Voraussetzungen des Personals.
LT Rees Odhiambo lässt sich zu häufig auf physischer Ebene überrumpeln. LG Luke Jockel kommt von einer schweren Knieverletzung. C Justin Britt muss sich neben seinen eigenen Aufgaben auch auf die Probleme rechts neben ihm konzentrieren. Hier war Mark Glowinski schlicht zu langsam und wurde fürs erste durch den ehemaligen Jets- und Texans-Backup Oday Aboushi ersetzt, der gegen Tennessee ebenfalls wackelte. Auf RT spielt Germain Ifedi mit eklatanten Schwächen in der Pass-Protection. Er ist hier allerdings auch eher als Langzeitprojekt anzusehen.
Will man die Schwächen der O-Line überwinden, so muss man um sie herum navigieren. Wilsons Skill-Set passt in erster Linie zu einer Run-First Offense, so basieren seine effektivsten Pass-Spielzüge - Play-Action, Rollouts und Bootlegs - auf dem Running Game. Das hilft zwar auch jetzt der Line, doch die Seahawks haben seit dem letzten "gesunden" Jahr von Marshawn Lynch kein erfolgreiches Running Game mehr gehabt. Beastmode machte zu dieser Zeit alleine aufgrund seiner Fähigkeiten nach Kontakt und gegen Tackling-Versuche einige Defizite der Line wett.
Offensive Coordinator Darrell Bevell wirft gerade Chris Carson in diese Bresche. Der konnte bislang einen guten Eindruck hinterlassen, jedoch ist auch seine Produktion vom Blocking abhängig. Kann sich die O-Line also auch weiterhin nicht rehabilitieren, so müssen die Seahawks weiter stark auf ihr Passspiel vertrauen. Auf ihr Passspiel und die Improvisationskünste von Wilson.
Ausblick
Die Seahawks empfangen in Week 4 die Indianapolis Colts und sind hier beinahe schon unter Zugzwang. Zwar geht man als Favorit in die Aufgabe, doch sollte die Offense ihre Produktion aus dem Titans-Spiel lieber bestätigen. Zieht Seattle in einem weiteren Field-Goal-lastigen Spiel tatsächlich den Kürzeren, so steht in Week 5 bereits ein potentiell Playoff-richtungsweisendes Divisional-Matchup bei den aufstrebenden Rams an.