Pick 6: Indianapolis Colts - Quenton Nelson, G, Notre Dame
Die Colts haben vor dem Draft drei Picks in der zweiten Runde dafür erhalten, schlichtweg drei Plätze weiter unten zu draften. Das alleine wäre schon eine tolle Entschädigung gewesen. Dass man allerdings dann immer noch die Chance auf den wohl dominantesten Spieler im Draft hat, war für Indy ein absoluter Glücksfall. Und natürlich für Andrew Luck.
Der nämlich bekommt einen Grizzly-Bären von einem Bodyguard. Quenton Nelson ist pure Power und dominiert sowohl in der Run- als auch in der Pass-Protection. Zwar hat die Position des Guards in der heutigen, Pass-dominierten NFL an Stellenwert eingebüßt. Doch argumentiert Nelson dagegen.
"Mit Spielern wie Aaron Donald, Geno Atkins und Fletcher Cox gibt es in der NFL genug Leute, denen man im Zentrum die Stirn bieten muss", so die Analyse von Nelson. "Wenn ein Defensive End über die Edge geht ist das okay, dann kann der QB aus der Pocket werfen. Und das ist, was ich ihm gebe: Eine Pocket, aus der er werfen kann." Worte, über die sich ein Luck, der nach einer Rückkehr auf das Feld immer seltener aus der Pocket laufen wird, sicherlich freut.
Pick 7: Buffalo Bills - Josh Allen, QB, Wyoming
Von den vier Quarterbacks in den Top 10 ist Josh Allen derjenige, der noch am weitesten von einem NFL-Quarterback entfernt ist. Und dennoch könnte er der Einzige sein, der als Starter in Week 1 geht. Und das trotz miserabler Bedingungen. Die Bills haben ein dünnes Receiving Corps und eine Offensive-Line in der Übergangsphase. Die Gründe: Spieler haben ihre Karriere beendet und ein Trade. Und sie haben A.J. McCarron als einzige nennenswerte Konkurrenz für Allen. Also maximal eine Lösung von kurzer Dauer.
Allen hat einen Wahnsinns-Arm, aber genauso große Probleme, Pässe auf die kurze Distanz zu werfen. Seine Genauigkeitsprobleme sind ein Risiko, das viele Teams nicht eingehen wollen würden. Allens College-Zahlen sind nicht gerade gut. Und dabei hat Wyoming nicht einmal gegen nennenswerte Defenses gespielt. Gegen Teams mit einer positiven Bilanz warf Allen im letzten Jahr 4 Touchdowns und 5 Interceptions, bei 50 Prozent Completion-Percentage. Und wie gesagt: Richtige Defenses wird Allen jetzt erst zu Gesicht bekommen.
Allen hat einen tollen Charakter, er ist ein Arbeitstier und soll die Spieler in der Umkleidekabine mitreißen können. Ein wichtiger Punkt, der von NFL-Scouts mit hoher Relevanz in Betracht gezogen wird. Alles in allem ist Allen dennoch ein Risiko-Pick mit enorm großer Fallhöhe. Er könnte die Ära von Sean McDermott und Brandon Beane in Western New York definieren. Im guten und im schlechten Sinne.
Pick 8: Chicago Bears - Roquan Smith, OLB, Georgia
Die Bears hatten die Wahl zwischen Tremaine Edmunds und Roquan Smith und haben sich schließlich für die vermeintlich sicherere Variante entschieden. Smith ist ein Sideline-to-Sideline-Linebacker mit tollen Instinkten, was ihm wohl den ausschlaggebenden Vorteil gegenüber Edmunds beschert hat. Er spielt mit einer sehr aggressiven Note und macht seine Nachteile in Sachen Körpergröße durch die enorme Physis wett, mit der er auf dem Feld agiert.
Die Bears füllen mit Smith einen dringend benötigten Need. Und sie bekommen einen Spieler, von dem man schon jetzt eine große Karriere erwarten kann. Zwar ist die Position in der NFL auch in der Breite bereits durch sehr starke Spieler vertreten, doch ist Smith ein All-Pro-Kaliber und war an achter Stelle vermeintlich sogar der Best Player Avalaible.
Pick 9: San Francisco 49ers - Mike McGlinchey, OT, Notre Dame
Blickt man über die Quarterbacks hinweg, so dominierten Defense-Spieler den ersten Tag des Drafts voll und ganz. Mike McGlinchey stellt beinahe eine Ausnahme dar. Die Niners entschieden sich für den Cousin von Matt Ryan, obwohl man noch andere Needs zu füllen hatte, die womöglich wichtiger gewesen wären. Selbst scheint man allerdings der Meinung zu sein, dass nichts wichtiger als Schutz für Jimmy Garoppolo ist. Und dieser soll möglichst langfristig gewährleistet werden.
Mit Trent Brown haben die Niners eigentlich einen hochgradig veranlagten Tackle in den eigenen Reihen. Der war zuletzt aber verletzt, tauchte in beängstigender Form bei den ersten Einheiten auf und könnte außerdem einer der nächsten sein, die einen Riesenvertrag in der Kategorie von Nate Solders 62-Millionen-Dollar-Vertrag über vier Jahre abschließt. San Francis will dem wohl mit einer jüngeren Variante vorbeugen.
McGlinchey wird bei den Niners einen soliden Tackle spielen, auf den man sich verlassen kann, der aber gegen die besten Pass Rusher der Liga Probleme bekommen wird. Er ist noch roh und stellt nicht den Prototyp eines Tackles dar. Ein solider Spieler also, doch hätten Tremaine Edmunds, Derwin James oder Minkah Fitzpatrick, die zu dieser Zeit allesamt noch verfügbar waren, einen höheren Value an dieser Stelle gehabt. Die Niners jedoch waren wohl ziemlich überzeugt. Sie hatten sich zuvor nur einmal mit McGlinchey getroffen.
Pick 10: Arizona Cardinals - Josh Rosen, QB, UCLA
"Vor meinem Pick wurden neun Fehler begangen", sagte Josh Rosen in gewohnt "zurückhaltender" Manier in den Post-Draft-Interviews. Die Cardinals bewahrten den Rest der Liga vor weiteren Fehlern und tradeten für vermeintlich günstige Verhältnisse - einen Dritt- und einen Fünftrundenpick - mit den Raiders, um sich die Gunst des UCLA-Produktes zu sichern.
Dazu kann man sie nur beglückwünschen. Dass Rosen an 10 überhaupt noch zur Verfügung stand, war nicht absehbar. Rosen ist der stärkste Pocket-Passer der Klasse mit dem besten Bewegungsablauf. Er spielte bei UCLA meist Under Center und ist auch unter den mentalen Gesichtspunkten derjenige, der den reifesten Eindruck macht.
Dennoch schien Rosen für viele Teams nicht ins Bild zu passen. Neben noch vertretbaren Sorgen, er sei verletzungsanfällig, gab es auch diejenigen, die ihm nachsagten, zu intelligent zu sein und sich zu sehr für Dinge abseits des Football-Feldes zu interessieren. Dinge, die ihn davon ablenken könnten, sich voll auf seine Aufgabe zu konzentrieren, Franchise-Quarterback zu werden.
Obwohl Rosen also der weiteste Quarterback dieser Klasse und vermutlich auch der sicherste Pick war, schlitterte er immer weiter ab und die Cardinals bedankten sich artig. In Arizona könnte er womöglich sogar auf ideale Bedingungen treffen: Ein ruhiger Medien-Markt, eine vernünftig und überlegt handelnde Franchise, ein neuer Coach, der in nicht allzu schneller Zeit Siege liefern muss und in Sam Bradford einen nicht nur erfahrenen, sondern wenn fit auch sehr starken Quarterback, unter welchem er lernen kann. Es würde nicht verwundern, wenn sich einige Teams in zwei, drei Jahren fragen werden, wie Rosen nur an die zehnte Stelle fallen konnte.