Drei Optionen - dreifacher Stress und Gefahr für die Defense
Folgerichtig muss die Defense drei potentielle Ballträger verteidigen - schematisch also die viel größere Herausforderung, verglichen mit einem normalen Run-Play. Liest der Quarterback die Verteidiger nämlich richtig und wird der Spielzug korrekt ausgeführt und geblockt, gibt es für die Defense eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass ein kritischer Fehler passiert.
Geht man weiter ins Detail, ist in etwa dieser Ablauf denkbar und häufiger zu beobachten: Einer der beiden Slot-Backs setzt sich Pre-Snap in Bewegung, der andere Slot-Back bewegt sich nach dem Snap in die entgegengesetzte Richtung. Angetäuschte Ballübergaben und jede Menge Bewegung im Backfield machen der Defense das Leben sehr schwer.
Die Kombination aus diesen Misdirection- und Fake-Elementen mit den Reads des Quarterbacks ist die Mischung, welche die Triple Option mitunter so spektakulär macht. Weil einige Verteidiger durch die Fakes aus dem Play genommen und andere gar nicht geblockt, sondern gelesen werden, ergibt sich im Idealfall ein deutliches nummerisches Blocking-Übergewicht für die Offense. Das Grundrezept für Big Plays im Run Game.
Niumatalolo: "Die Jungs sehen diese Offense kaum noch"
So unangenehm die Offense rein schematisch zu verteidigen ist - heutzutage genießt sie noch einen weiteren Vorteil. "Ich denke es hilft uns, dass nicht viele Coaches sie spielen lassen. Die Leute sehen sie nicht mehr so häufig", bringt es Niumatalolo auf den Punkt.
Es sei "nicht so, als hätten Defensive Coordinator keine Idee, wie man sie stoppt. Aber die Jungs auf dem Platz sehen diese Offense schlicht kaum noch. Nahezu jeder agiert heute aus der Shotgun, mit Spread Formations und der Ball wird sehr viel geworfen. Es ist einfach anders, unsere Gegner sehen diese Offense nicht mehr regelmäßig."
In einem Vortrag 2009 erklärte Niumatalolo seine Offensive-Philosophie einst so: "Wir sind zuallererst ein Triple Option Team. Alles was wir machen, baut auf der Triple Option auf. Komplementärspielzüge dazu sind Counter, Midline ,Trap und Belly. Der Schlüssel ist: Wir nehmen, was der Gegner uns anbietet."
"Football mit Fokus auf Zuordnung"
Letztlich sei es, in den Worten von Niumatalolos langjährigem Offensive Coordinator Irvin Jasper, "Football mit Fokus auf Zuordnung. Die meisten Offenses legen Wert darauf, dass sie den Ball in die Hände ihrer besten Athleten bekommen, und dann darauf, diese in den freien Raum zu bringen. Wir haben diese Art Spieler hier nicht und viele wollen unsere Spieler nicht haben. Aber unsere Jungs passen in unser System."
Gemeint ist damit: Die Service Academies - also Army, Navy und Air Force - haben in puncto Rekrutierung von College-Athleten massive Nachteile. Wer auf diese Unis geht, verpflichtet sich für einen militärischen Dienst, außerdem gibt es unter anderem strengere Gewichtsvorgaben und einen anderen Alltag als an einem "normalen" College.
Ein Top-Quarterback-Recruit würde sich somit heute niemals für eine dieser Schulen entscheiden, während ein 150-Kilo-O-Liner die Abschluss-Gewichtsvorgaben nicht erfüllen würde. Kleinere, dafür beweglichere Linemen und Quarterbacks mit schneller Auffassungsgabe und einem gewissen Maß an Athletik dominieren also den Football-Alltag für diese Colleges.
Die Triple Option und das Passspiel
Das bedeutet selbstverständlich nicht, dass ein Flexbone Triple Option Team den Ball nicht wirft. Vielmehr gilt, in Niumatalolos Worten: "Wir werfen keine kleinen Bubble Screens. Wenn wir den Ball werfen, dann meinen wir es auch so. Dann geht's in Richtung Downtown." Das Passspiel eines Triple-Option-Teams ist auf Explosivität und Big Plays ausgerichtet.
Natürlich bietet sich dafür in der Triple Option mit dem starken Fokus auf das Run Game vor allem eine Form des Passspiels an: Das Play Action Passspiel.
Ein Beispiel dafür ist der Veer Pass, der auf dem Inside Veer Run aufbaut und in aller Regel ein Kernelement der Flexbone Triple Option Offense ist. Dementsprechend ähneln die Routes der Receiver ihrem Verhalten als Blocker in den Run Plays aus der entsprechenden Formation.
Für viele Triple-Option-Coaches - Paul Johnson vorneweg - ist es wichtig, für jede Run-Formation auch einen Play-Action-Passspielzug parat zu haben. Die Defense wird so dazu gezwungen, bei jeder Formation den Pass zumindest im Hinterkopf zu haben. Selbst wenn es gegen die extrem Run-lastigen Triple-Option-Teams geht.
Triple Option: Einfaches Passspiel mit Explosionsgefahr
Dabei gibt es keine ausgeprägten Route-Kombinationen, keine Full-Field-Reads für den Quarterback. Dafür ist schließlich gerade bei den strikten Triple-Option-Teams das Spielermaterial überhaupt nicht vorhanden.
Das Passspiel ist dementsprechend eher simpel: Meist liest der Quarterback einen Spieler, und hat dann entweder eine vertikale, oder eine Underneath-Route zur Auswahl. Die wenigen Pässe sorgen dabei für Gefahr: 2017 waren mit Navy (10,1 Yards pro Pass) und Air Force (8,8) zwei Teams in der Top-10.
Und was kann man daraus mit Blick auf die NFL schließen? Nun, die extreme Variante der strikten Triple-Option-College-Teams wird es in der NFL in absehbarer Zeit sicher nicht gehen. Das bedeutete aber nicht, dass die Triple Option als Spielzug keine Rolle hat: Die Carolina Panthers etwa nutzen sie, seitdem sie Cam Newton gedraftet haben und kehrten auch in der Vorsaison, nachdem Newton phasenweise aus dem Run Game raus gehalten wurde, dazu zurück. Mit Erfolg.
Newton ist als Running-Quarterback einzigartig, doch könnten andere Teams mit mobilen Quarterbacks - Alex Smith in Washington etwa, oder Deshaun Watson in Houston sowie Lamar Jackson perspektivisch in Baltimore - die Triple Option als zusätzlich komplexe Aufgabe für die Defense installieren. Denn richtig ausgeführt kann die Offense nicht nur ein "11 gegen 11", sondern möglicherweise sogar - dadurch, dass ein Spieler "gelesen" und nicht geblockt wird, ein "11 gegen 10" erzwingen.
Und nummerische Vorteile sind für Coaches immer interessant. Auch wenn die über eine antike Offense-Form erzeugt werden.