Das alte Jahr endete mit einem Knall - auch in der NFL. Der Black Monday sorgte für eine ganze Entlassungsflut, und so sucht ein Viertel der Liga nach einem neuen Head Coach. Das bringt Fragen mit sich: Welche Kandidaten sind die interessantesten? Und umgekehrt, welche Teams sind am spannendsten? Außerdem: Ein Blick auf die Wildcard-Duelle sowie ein Mailbag zum Start ins neue Jahr.
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Monströses Erdbeben in der Coaching-Landschaft. Alles begann noch friedlich direkt nach den Spielen am Sonntag, als aus Jacksonville zu hören war, dass Doug Marrones Platz sicher ist. Danach aber? Komplettes Chaos.
Gleich acht Teams - oder auch ein Viertel der NFL - befinden sich seit dem letzten Tag des Jahres auf Head-Coach-Suche. Eine enorme Zahl, die direkt auch eine Reaktion mit sich bringt: Es sind zu viele Teams.
NFL-Verantwortliche sprechen mit Blick auf diese Zeit des Jahres gerne von einem jährlichen Prozess und meinen damit die Idee, dass in jedem Jahr nur eine begrenzte Anzahl an wirklich interessanten Head-Coach-Kandidaten zur Verfügung stehen. Der aktuellste heiß gehandelte offensive Play-Caller benötigt womöglich noch ein Jahr, um in anderen Bereichen reifer zu werden. Der interessante College-Head-Coach ist womöglich noch nicht bereit für die NFL, und so weiter.
Mit acht gleichzeitig geöffneten Head-Coaching-Positionen werden wir in diesem Jahr zwangsläufig eine andere Dynamik sehen. Ohnehin schien dieses Jahr in puncto Head-Coach-Kandidaten eher leicht unterdurchschnittlich zu sein; mit der immensen Entlassungs-Flut zum Black Monday trifft jetzt ein geringes Angebot auf eine sehr hohe Nachfrage.
Das muss allerdings nicht nur schlecht sein. Mehrere der acht Teams - und womöglich kommt ja noch wer dazu - werden nicht ihren ersten und auch nicht ihren zweiten Wunschkandidat bekommen. Schon am Sonntag kursierten Gerüchte, wonach Ex-Packers-Coach Mike McCarthy den Cardinals signalisiert haben soll, dass er sich anderweitig orientiert. Wenige Stunden später kamen dann Berichte auf, wonach McCarthy in Cleveland ein Top-Kandidat sein soll.
Warum muss das nicht nur schlecht sein? Weil der Prozess über die nächsten Wochen mehrere Teams dazu zwingen wird, kreativ und mutig zu werden. Über den Tellerrand hinaus zu schauen. Und das könnte sich als Glücksgriff entpuppen, ich werde gleich bei meinen Top-Coach-Kandidaten darauf genauer eingehen.
Aber zunächst: Welcher Head-Coaching-Posten ist eigentlich am attraktivsten?
Die Head Coach Jobs: Welche Teams sind am attraktivsten?
1. Cleveland Browns: Ja, die Packers haben Aaron Rodgers - doch wie lange ist dessen Fenster noch geöffnet? Die Browns haben den neben Patrick Mahomes vielversprechendsten jungen Quarterback in ihren Reihen, genau wie (potentielles) Elite-Talent auf den beiden wichtigsten Defense-Positionen: Pass-Rush (Myles Garrett) und Cornerback (Denzel Ward). Allesamt unter den Rookie-Verträgen. Dazu eine starke Offensive Line und 80 Millionen Dollar Cap Space, der vierthöchste Wert.
Für die Browns öffnet sich jetzt das Titelfenster, und umso kritischer wird die Entscheidung für den neuen Head Coach sein. Gelingt es - in welcher Konstellation auch immer - Offensive Coordinator Freddie Kitchens und Baker Mayfield zusammen zu halten? Darauf muss ein Fokus liegen.
2. Green Bay Packers: Die Packers sind ein unheimlich spannender Fall. Enorme Erwartungen, ein Titelfenster, dessen Ende am Horizont sichtbar ist, ein sicherer Hall of Fame Quarterback - und mehr Druck, sofort Ergebnisse abzuliefern, als bei irgendeinem anderen Team, das sich auf Head-Coach-Suche befindet. Vielleicht sogar mehr Druck, als überhaupt bei einem anderen Team aktuell.
Auf der anderen Seite ist Green Bay strukturell eine einmalige Franchise und man darf sich als Coach-Kandidat bei den Packers vergleichsweise sicher sein, dass man etwas mehr Zeit bekommt, als das bei einigen anderen Teams der Fall wäre. Green Bay sollte vor allem für offensive Coaches interessant sein, Mike Pettine und den defensiven Trainerstab zu übernehmen wäre nicht die schlechteste Entscheidung.
3. Arizona Cardinals: Arizona hat 70 Millionen Dollar an Cap Space, einen jungen Quarterback in seinem zweiten NFL-Jahr, Elite-Talent defensiv mit Chandler Jones und Patrick Peterson sowie junges Talent in Budda Baker und Haason Reddick - und den Nummer-1-Draft-Pick. Ja, die Cardinals benötigen eine nahezu komplett neue Offensive Line, doch dieser Job unter diesen Umständen ist attraktiv.
Umso mehr, da in Arizona der mediale und öffentliche Druck auf sofortigen Erfolg niedriger sein wird, als nahezu überall anders. Größter Kritikpunkt: Wilks wirkt noch immer etwas wie ein Bauernopfer, wenn man sich die Kader-Zusammenstellung und die hohen Draft-Picks von General Manager Steve Keim in den letzten Jahren anschaut. Keim bleibt im Amt, dürfte seinerseits aber eine sehr kurze Leine haben.
4. New York Jets: Ganz ähnliches Szenario wie bei Arizona. Über 100 Millionen Dollar in Cap Space, in Sam Darnold ein junger Quarterback, der in sein zweites Jahr geht und im Laufe der zweiten Saisonhälfte deutliche Fortschritte zeigte. Die Jets sind ein sehr interessantes, junges Team, das nach Jahren über Jahren mit defensiv geprägten Head Coaches und einer defensiven Philosophie auch im Draft endlich mit der Zeit gehen und ihren jungen Quarterback entwickeln sollte.
Die Unterschiede zu den Cardinals? Ein deutlich härterer Markt in New York, mehr Baustellen gerade defensiv - und nicht der verlockende Nummer-1-Pick im kommenden Draft.
5. Tampa Bay Buccaneers: Mit der wenigste Cap Space ligaweit, eine Defense, die in mehreren Bereichen generalüberholt werden muss - und Jameis Winston als Make-or-Break-Quarterback in der kommenden Saison. Die Buccaneers stehen an einem Scheideweg, und jeder Head Coach wird maßgeblich an seinem Erfolg mit Winston und der Offense im kommenden Jahr gemessen werden.
Das kann nach hinten losgehen; auf der anderen Seite ist ein potentieller Franchise-Quarterback schon da und die Offense, inklusive der Line und dem Receiver Duo Evans/Godwin, hat jede Menge individuelle Qualität. Tampa ist abgesehen von den beiden Top-Teams dieser Liste das Team, das am ehesten schnell auch Erfolg haben kann.
6. Cincinnati Bengals: A.J. Green, Tyler Boyd, Joe Mixon, eine Offensive Line, die schon im Vorjahr verbessert wurde - die Möglichkeiten in der Offense sind da, wobei hier prompt die erste Frage mitschwingt: Wie stark ist Andy Dalton als Argument?
Ein klares Argument für Cincinnati: Nach all den Jahren unter Marvin Lewis, der Cincinnati umgekrempelt und zum Playoff-Team geformt, den nächsten Sprung aber nie geschafft hat, dürstet das gesamte Umfeld rund um die Bengals nach frischem Wind. Ein einigen Schrauben zu drehen könnte schon einen großen Effekt vor allem in der Wirkung nach außen haben.
7. Denver Broncos: "Volle Verantwortung", betonte John Elway nach der Entlassung von Vance Joseph, übernehme er für die Fehlentscheidungen der letzten beiden Jahre - was unweigerlich die Frage aufwirft: Müsste Elways Job damit nicht ebenfalls wackeln? Wenn man sich die Entwicklung der Franchise seit dem Super-Bowl-Titel anschaut, fällt es schwer, Elway nicht ernsthaft anzuzählen. Und dennoch: Jeder neue Head Coach wird sich zumindest noch Elway unterordnen müssen.
Das ist natürlich nicht der einzige Grund, warum Denver so weit unten auftaucht. Die Broncos haben ein riesiges Fragezeichen auf der Quarterback-Position, die Defense ist längst nicht mehr auf dem einstigen dominanten Niveau. Immerhin: Die vergangene Draft-Klasse sieht sehr vielversprechend aus.
8. Miami Dolphins: Ryan Tannehill ist nicht die Antwort, und das scheinen die Verantwortlichen in Miami sich inzwischen einzugestehen. Das bringt die Dolphins zurück an den Anfang, und ohne einen Quarterback in einem Jahr, in dem es abgesehen von Teddy Bridgewater weder in der Free Agency noch im Draft wirklich verlockende Optionen geben wird, wird diese Frage die gesamte Franchise prägen.
Dass Miami erst an Position 13 im Draft dran und Cap-technisch für 2019 im unteren Liga-Viertel zu finden ist, hilft dabei wenig. Adam Gase mag sich intern zu viele Feinde gemacht haben, was andere Teams genau untersuchen werden, falls sie an Gase Interesse haben. Sportlich allerdings hat Gase in der vergangenen Saison deutlich mehr rausgeholt, als man erwarten konnte.
Defensiv gibt es mit Minkah Fitzpatrick, Reshad Jones und Xavien Howard fraglos Talent, vor allem in der Secondary. Doch selbst Cam Wake wird nicht ewig weiterspielen, die Offensive Line ist einmal mehr eine größere Baustelle. Miami könnte ein Kandidat für einen größer angelegten Rebuild sein.
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Die Head Coach Kandidaten: Wer ist denn jetzt der Beste?
Viele Fans werden jetzt auf die Los Angeles Rams als das große Vorbild verweisen, die mit Sean McVay einen jungen, hochbegabten offensiven Coach verpflichteten, der sofort einschlug. Doch bei aller Qualität, die McVay mitbringt, war der rasante Umschwung der Rams mehr als einfach nur ein toller Offensiv-Coach auf dem Head-Coach-Posten.
Die Rams stellten McVay zwei der besten Assistenztrainer der Liga zur Seite: Wade Phillips ist ein Head Coach für die Defense, während John Fassel vielleicht der beste Special Teams Coordinator in der NFL ist. McVays Aufgabe als Head Coach - also fernab von Play-Designs und Play-Calling - wird so um ein Vielfaches einfacher, während die Rams zusätzlich in ihre Offensive Line und ihr Receiving-Corps investierten.
Damit ein Head Coach Erfolg hat, müssen diese Umstände funktionieren. Das Zusammenspiel mit dem General Manager muss funktionieren. Das Team muss die notwendige Geduld mitbringen. Anders gesagt: die strukturellen Voraussetzungen spielen eine riesige Rolle. Das sollte per se niemanden überraschen, wird aber gerne einmal in der öffentlichen Beurteilung vergessen.
Einen Head Coach zu haben, der in puncto Scheme und Play-Calling zur Liga-Spitze gehört, ist ein immenser Vorteil; dabei sollte man allerdings nicht vergessen, dass die Aufgaben eines Head Coachs weit darüber hinausgehen. Er muss nicht nur das Team insgesamt mit organisieren und anführen, sondern auch seinen Trainerstab zusammenstellen und gemäß seiner Vorstellungen arbeiten lassen. Ein gutes Team wird seine Assistenz-Coaches früher oder später verlieren. Was als Konstante bleibt ist die Philosophie und generelle Marschrichtung des Head Coachs.
Bedeutet: Die NFL hat sich über die letzten Jahre rasant entwickelt, sowohl was offensive Schemes, als auch was den Einsatz von und den Umgang mit Daten aller Art angeht. Advanced Stats, situative Statistiken und Tendenzen und alles was dazugehört spielen eine immer größere Rolle; auch fernab vom Scheme sollte es für ein Team wichtig sein, dass der neue Head Coach sich in diesem Bereich nicht nur auskennt, sondern ihn auch effizient nutzen kann und will.
Würde ich ein NFL-Team besitzen, dann will ich einen Head Coach, der meine Franchise und den ganzen Trainerstab auch hierauf ausrichtet und der modern denkt. Damit mein Team nicht abgehängt wird.
NFL Head Coach Kandidaten: Die nächste Generation
Zac Taylor, QB-Coach, Los Angeles Rams: Hat jahrelange Erfahrung in der Arbeit mit Quarterbacks, gilt als ein Coach, der sehr gut mit Spielern kommunizieren kann. Sean McVay hat keinen Offensive Coordinator, Taylor hat neben seiner Arbeit mit den Quarterbacks eine große Rolle in der Planung der Third-Down-Pakete und bastelt den Game Plan gemeinsam mit McVay, McVay lobt die Art und Weise, wie Taylor ihn intern fachlich herausfordert. Gilt als einer der aufstrebenden Coaches und hat auch NFL- sowie Play-Calling-Erfahrung außerhalb von McVay.
Josh McDaniels, Offensive Coordinator, New England Patriots: Die große Frage natürlich lautet: Vertraut eine Franchise McDaniels nach den Vorkommnissen um die Colts noch? Interviews jedenfalls hat er bereits wieder, McDaniels war nicht umsonst einer der Top-Kandidaten letztes Jahr. Hat bereits Head-Coach-Erfahrung und entwirft seit Jahren eine der besten, flexibelsten Offenses der NFL. Aber: Will er New England überhaupt noch verlassen?
Matt Campbell, Head Coach, Iowa State: Ein sehr spannender Kandidat, der im College eindrucksvoll gezeigt hat, dass er ein Programm aufbauen kann - und dass er eine Offense aufbauen kann. Beides wollen NFL-Teams, doch ist Campbell für manche NFL-Teambesitzer vielleicht noch an einem zu kleinen College? Gilt als intelligenter, mitreißender sowie flexibler Coach, der sich an seine Spieler anpasst und sehr direkt mit seinen Spielern kommuniziert. Aber: Hat am Black Monday offenbar schon eine Anfrage der Jets für ein Head Coach Interview abgelehnt, sieht sich also womöglich noch im College.
Lincoln Riley, Head Coach, Oklahoma: Offensiver Innovator, der schon die Aura eines offensiven Masterminds mitbringt. Erst 35 Jahre alt und bereits der Head Coach eines großen Colleges, was ihn mit Blick auf die NFL (zurecht) zögern lässt. Sein Scheme ist extrem kreativ und vielseitig, Riley mischt Air-Raid-Elemente mit Triple Option, hat in Oklahoma mehr Power-Run-Elemente übernommen, um seine starke Line besser zu nutzen, kreiert Woche für Woche weit offene Receiver über das Scheme, attackiert vertikal und horizontal und ist vor allem - besonders interessant in der heutigen NFL - ein Meister des Passing Games und versiert in der Arbeit mit Quarterbacks.
Freddie Kitchens, Offensive Coordinator, Cleveland Browns: Der Turnaround, den die Browns-Offense unter Kitchens nach dem Coaching-Wechsel im Laufe der Saison hingelegt hat, ist mehr als beachtlich und wird Kitchens nicht nur für andere Teams mit einem jungen Quarterback interessant machen - die Browns sollten sich sehr gut überlegen, ob sie ihn gehen lassen; oder ob sie ihn stattdessen womöglich einfach befördern. Der 44-Jährige blickt auf inzwischen zwölf Jahre Coaching-Erfahrung in der NFL zurück, alles auf der offensiven Seite des Balls. Indem ein Team Kitchens jetzt als Head Coach verpflichtet, könnte es potentieller größerer Konkurrenz um ein Jahr zuvorkommen.
Eric Bieniemy, Offensive Coordinator, Kansas City Chiefs: Verliert Andy Reid nach Doug Pederson und Matt Nagy seinen nächsten Offensive Coordinator? Bieniemy wird in NFL-Kreisen bereits sehr hoch gehandelt, hat jetzt sechs Jahre unter Andy Reid gearbeitet und sich dort nach und nach größere Verantwortung verdient. Dieses Jahr hat Bieniemy gemeinsam mit Reid Game Plans und auch das generelle Playbook entworfen - und kommuniziert während des Spiels direkt über das Headset mit Patrick Mahomes. Mehrere Teams, darunter die Jets und die Cardinals, zeigen bereits konkretes Interesse.
Kris Richard, Assistant Coach, Dallas Cowboys: Schon in den vergangenen beiden Jahren war Richard ein Head-Coach-Kandidat. Trainiert die Defensive Backs und ist defensiv für die Koordination des Passing Games zuständig. War vorher drei Jahre lang der Defensive Coordinator der Seahawks, seine ganze Karriere über auf der defensiven Seite zuhause. Bei den Cowboys auch defensiver Play-Caller und eine Art Co-Defensive-Coordinator. Wird immer wieder als Head Coach gehandelt; doch wie viele so defensiv geprägte Coaches bekommen dieses Jahr eine Chance?
Weitere interessante Coach-Kandidaten:
- Brian Flores, LB-Coach, New England Patriots
- Vic Fangio, Defensive Coordinator, Chicago Bears
- Dave Toub, Assistant Head Coach/Special Teams Coordinator, Kansas City Chiefs
- Jim Harbaugh, Head Coach, Michigan
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Seahawks, Cowboys, Texans und Co.: Die Schlüssel-Matchups der Wildcard-Spiele
Wildcard Matchups AFC:
No. 3 Houston Texans vs. No. 6 Indianapolis Colts (Sa., 22.35 Uhr live auf DAZN)
Schlüsselmatchup: Houstons Offensive Line gegen den Colts-Rush.
Die Offensive Line der Texans ist ein enormes Problem - das ist kein Geheimnis. Doch nach einem kurzen Zwischen-Hoch vor einigen Wochen ging der Trend zuletzt auch merklich wieder nach unten; noch nie wurde der Quarterback eines Playoff-Teams so häufig gesacked wie Deshaun Watson in diesem Jahr. Die Colts-Front gehört nicht zu den dominantesten Fronts in den Playoffs, doch Indy spielt hier physisch und diszipliniert - und kann sehr gut getimte Linebacker-Blitze anbringen. Houstons Offense funktioniert zu häufig extrem über die individuelle Qualität von Watson und Hopkins, was funktionieren kann; was allerdings auch ein sehr wackliges Fundament ist. Können die Colts an der Line of Scrimmage dieses Fundament ins Wackeln bringen, wird es für Houston sehr schwer, mit der Colts-Offense mitzuhalten.
No. 4 Baltimore Ravens vs. No. 5 Los Angeles Chargers (So., 19.05 Uhr live auf DAZN)
Schlüsselmatchup: Chargers-Protection gegen die Ravens-Blitze.
Dieses Duell gab es ja erst vor zwei Wochen, damals mit besserem Ausgang für die Ravens. Und der Knackpunkt? Baltimores Pass-Rush gegen die Offensive Line der Chargers, vor allem gegen die Interior Line. Die Ravens blitzten Rivers permanent, richteten aber fast noch mehr Schaden mit ihren diversen Pressure-Paketen an. Rivers hat schon die ganze Saison über immer wieder mal Probleme mit Pressure und dem Blitz, das war in den vergangenen Wochen nochmals sehr deutlich sichtbar, und die Pass-Protection ist die Achillesferse eines ansonsten sehr kompletten Chargers-Teams. Wenn den Chargers hier via Scheme keine Antworten einfallen, könnte es taktisch und spielerisch eine Wiederholung des Duells vor zwei Wochen geben.
Wildcard Matchups NFC:
No. 4 Dallas Cowboys vs. No. 5 Seattle Seahawks (So., 2.15 Uhr live auf DAZN)
Schlüsselmatchup: Seattles Play-Calling gegen Seattle.
Die Seahawks haben in diesem Spiel den besseren Quarterback, das gefährlicher Receiving-Corps, ein vergleichbares Run Game und mehr Playoff-Erfahrung vorzuweisen - auch wenn das Spiel in Dallas stattfindet, und die Cowboys eine hochtalentierte, gefährliche Defense haben; Seattle ist in meinen Augen leichter Favorit. Mit einem Sternchen: Die Seahawks dürfen sich nicht zu sehr selbst im Weg stehen. Das bedeutet ganz konkret: Nicht in zu lange Second und Third Downs kommen, um den Pass-Rush der Cowboys zu entfesseln. Dafür müssen die Hawks aber bei First Down vielseitiger und weniger vorhersehbar werden - und das Spiel mehr in Russell Wilsons Hände, als in die der Running Backs legen. Schottenheimer hat in den vergangenen Wochen gelegentlich auch Tendenzen in diese Richtung gezeigt, oft genug aber hielt Seattle in dieser Saison auch stur am Run Game fest. Gegen die Cowboys würde man sich damit selbst ein Bein stellen.
No. 3 Chicago Bears vs. No. 6 Philadelphia Eagles (So., 22.40 Uhr live auf DAZN)
Schlüsselmatchup: Das Quarterback-Dilemma.
Die Eagles sind - man hätte es vor vier Wochen nicht für möglich gehalten - inzwischen doch wieder ein gefährliches Team. Das beginnt an der Line of Scrimmage, der 4-Men-Rush ist gefährlicher geworden und die Pass-Protection hat sich merklich stabilisiert. Dass die Bears mit ihrer Defense jedem Team Probleme bereiten können, ist kein Geheimnis; doch welcher Quarterback kommt mit der gegnerischen Defense besser klar? Nick Foles, der spielen wird, ist bekanntermaßen zu herausragenden Spielen als Passer in der Lage - aber man darf auch nicht die andere Foles-Seite, gerade zu beobachten zum Saisonstart, vergessen. Und Trubisky? Trubisky ist als Passer einer der inkonstantesten Quarterbacks dieser Saison. Der Quarterback, der einen Sahnetag (oder umgekehrt einen schlechten Tag) hat, könnte diese Partie entscheiden. Und bei beiden ist beides vorstellbar.
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Wildcard-Teams, Coach des Jahres, teure QBs - eure Fragen
PatCBerg: Welches Wildcard-Team hat die größte Chance, in den Super Bowl zu kommen? Oder werden die vier besten Teams der Regular Saison den Titel unter sich ausmachen?
In den vergangenen Jahren war Letzteres ja die Regel, aber ich sehe in beiden Conferences mehrere Teams, denen ich es zutraue, in der Divisional-Runde auswärts zu gewinnen. Die Chargers etwa, die in vielen anderen Spielzeiten selbst einen Top-Seed hätten. Die Ravens sind mit ihrer Defense und dem Run Game für jedes Team ein unbequemer Gegner; gerade falls es wieder nach Kansas City gehen sollte, hier hat Baltimore ja erst vor einigen Wochen einen sehr guten Eindruck hinterlassen.
In der NFC muss man die Bears ganz oben mit dabei haben. Eine herausragende Defense, die eindrucksvoll gezeigt hat, wie sie etwa die Rams ausschalten kann - und das wäre ja ein potentielles Divisional-Duell. Eine Wildcard sind hier die Seahawks, wegen Russell Wilson, wegen des Receiver-Duos und wegen eines Teams und eines Head Coaches mit jeder Menge Playoff-Erfahrung. Doch wo bei Chicago der inkonstante Quarterback zum X-Faktor wird, ist es bei Seattle das offensive Play-Calling.
Moe: Wer ist für dich der Coach of the Year?
Andy Reid und Sean McVay werden hier häufig weit vorne stehen - und das auch zurecht. Beide haben herausragende Offenses aufs Feld gebracht, bei Reid kommt natürlich auch die Entwicklung von Patrick Mahomes noch dazu. Den besten Job eines Head Coachs hat in meinen Augen dieses Jahr allerdings Frank Reich in Indianapolis gemacht, und das in vielerlei Hinsicht.
Reich hat es geschafft, innerhalb kürzester Zeit ein Scheme zu installieren, das Andrew Luck einerseits offene Würfe ermöglicht und andererseits auch der Pass-Protection enorm weiter hilft. Er hat ein Colts-Team in die Playoffs geführt, obwohl er Assistenten "aufgezwungen" bekam, die bereits für Josh McDaniels angestellt worden waren.
Gemeinsam mit Matt Eberflus, der jetzt nicht zufällig Head-Coach-Interviews erhält, hat Reich auf beiden Seiten des Balls ein junges, entwicklungsfähiges und dabei auch jetzt schon gefährliches Team geformt, das diszipliniert innerhalb des Schemes spielt und noch ein enormes Potential mitbringt.
Der Alex: Von den sechs Quarterbacks mit den am besten dotierten Verträgen hat es keiner in die Playoffs geschafft. Zufall, oder ist dies doch kein Modell für die Zukunft? Fehlt es vielleicht diesen Franchises letztlich an Kapazitäten, um ein schlagkräftiges Team um ihren QB aufzubauen?Das ging generell ein wenig durch Social Media, deswegen wollte ich es nochmals aufgreifen, um zu sagen: Man muss hier dringend von Fall zu Fall genau beobachten. Bei den sechs Quarterbacks handelt es sich um Aaron Rodger, Matt Ryan, Kirk Cousins, Jimmy Garoppolo, Matt Stafford und Derek Carr, und deren Umstände könnten teilweise unterschiedlicher kaum sein.
Carr mag von den Raiders zu viel Geld bekommen haben, dem würde ich zustimmen. Doch befindet sich Oakland im Umbruch, hat bekanntermaßen seine besten Spieler abgegeben und baut sich gerade neu auf. Carrs Gehalt hat damit nichts zu tun. Garoppolo hat fast die komplette Saison verletzt verpasst und die Falcons haben ein hochkarätiges Team um Matt Ryan herum, das aber vor allem infolge von kritischen Verletzungen einknickte.
Bei den Packers kann man sicher kritisieren, dass Green Bay Rodgers so spät in der Karriere nochmals einen so teuren Vertrag gegeben hat - aber war das der Grund für die enttäuschende Saison? Geld haben die Packers für Jimmy Graham, Tramon Williams und Mo Wilkerson durchaus in die Hand genommen, eher der letztlich eskalierende Konflikt mit Mike McCarthy und einige individuelle Fehler von Rodgers selbst in kritischen Momenten bleiben in Erinnerung.
Detroit hat sich bewusst entschieden, offensiv wie defensiv auf das Run Game zu setzen und bei den Lions muss man das Coaching auf beiden Seiten des Balls schon sehr kritisch hinterfragen. Die teure Offensive Line war zudem eine Enttäuschung. Und Minnesota? Die Offensive Line war das zentrale Problem, das war auch schon im vergangenen Sommer klar; und als Zimmer sich jetzt dennoch entschied, alles auf das Run Game zu setzen, war das Schicksal besiegelt. Hier muss man die Frage stellen: Wäre die Saison anders verlaufen, wenn man mit Keenum und einem teureren Guard statt mit Cousins in die Saison gegangen wäre?
Zusammenfassung: Der Quarterback ist mit weitem Abstand die wichtigste Position, und dementsprechend wird man ihn auch bezahlen müssen - deshalb ist es so wichtig, das Fenster auszunutzen, wenn der eigene Quarterback noch unter seinem Rookie-Vertrag spielt. Dass man einen Quarterback teuer bezahlt, ist keine Ausrede dafür, dass das Team um ihn herum schlecht ist oder das Scheme nicht zu den Spielern passt; auf Rang sieben und acht der QB-Durchschnittsgehälter stehen immerhin als Paradebeispiele Drew Brees und Andrew Luck.
Gregor Clewing: Wie geht es mit den Vikes weiter? Playoff-Träume beendet, verschiedene Baustellen (Offensive Line!) und eine neue Philosophie in der Offense nach De Filippos Entlassung. Hast du schon Vermutungen, wie diese Dinge angegangen werden?
So wie ich Mike Zimmer einschätze, und wie wir ihn im letzten Saison-Viertel auch gesehen haben, rechne ich damit, dass wir eher noch eine Intensivierung des eingeschlagenen Weges erleben. Natürlich muss und wird Minnesota vor allem die Interior Offensive Line adressieren, aber wie wird sich das aufs Play-Calling und den generellen Ansatz auswirken? Ich vermute, Zimmer wird über die Offseason versuchen, ein Running Team zu bauen, in dem Cousins nur als Game Manager fungiert.
Dann lautet die Frage, wie sehr das ins Extrem geht. Können Vikings etwa ein vernünftiges Play-Action-Passspiel entwickeln? Darin kann Cousins glänzen. So oder so, Minnesota muss - wie schon vor dieser Saison - die Offensive Line adressieren. Das wird maßgeblich darüber bestimmen, wo der Weg 2019 hingeht. Denn der Rest des Teams, daran hat sich nichts verändert, ist immer noch gut genug für ganz große Ziele.