Die neuen Head Coaches Part 2: Eine neue Ära in Green Bay?

Von Adrian Franke
14. Februar 201913:18
SPOX blickt auf die neuen Head Coaches in der NFL.getty
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Acht Teams - oder auch ein Viertel der NFL - begab sich zum Saisonende auf die Suche nach einem neuen Head Coach, inzwischen haben alle acht Teams ihren neuen Hoffnungsträger vorgestellt. SPOX führt durch die Liste und stellt die neuen Coaches, ihre größten Aufgaben und ihren Trainerstab vor.

SPOX stellt die neuen Head Coaches, den jeweiligen Offensive und Defensive Coordinator und die größten Aufgaben, die vor dem neuen Coaching Staff stehen, in drei Teilen vor. Nach Teil 1 mit den Cardinals, Buccaneers und Jets gestern gibt's heute Teil 2 mit den Packers, Dolphins und Broncos. Teil 3 mit den Bengals und Browns folgt am Freitag.

Green Bay Packers

Neuer Head Coach: Matt LaFleur

Bisherige Coach-Erfahrungen: Offensiv-Assistent Saginaw Valley State (2003/College), Offensiv-Assistent Central Michigan (2004-05/College), QB- und WR-Coach Northern Michigan (2006/College), Offensive Coordinator Ashland (2007/College), Offensive Quality Control Coach Texans (2008-09), QB-Coach Redskins (2010-13), QB-Coach Notre Dame (2014/College), QB-Coach Falcons (2015-16), Offensive Coordinator Rams (2017), Offensive Coordinator Titans (2018).

Was bringt LaFleur mit? Eine Prägung in der Shanahan-Offense sowie eine eigene Vergangenheit als Quarterback und als Quarterbacks-Coach. Und was im Laufe der vergangenen Wochen ein Running Gag wurde - gemeint ist die Verbindung zu Sean McVay, die viele hoch gehandelte Head-Coach-Kandidaten an den Tag legten -, hat durchaus auch einen taktischen Hintergrund.

McVay stammt aus der Offense-Prägung von Mike Shanahan, und LaFleur ist hierin noch deutlich stärker verwurzelt als McVay selbst. Bereits in Houston arbeitete er unter Kyle Shanahan und entwickelte einen guten Draht zu Mike Shanahans Sohn, Kyle brachte LaFleur dann 2010 auch als seinen Quarterbacks-Coach mit nach Washington und dieses Spiel wiederholte sich 2015 in Atlanta, ehe McVay ihn 2017 als seinen neuen Offensive Coordinator mit zu den Rams holte.

Bei allen McVay-Scherzen lässt sich festhalten: Die Offenses, die McVay bei den Rams und Kyle Shanahan bei den 49ers spielen, sind die beiden Offenses, die in der NFL derzeit von einem konzeptuellen Standpunkt aus betrachtet das höchste Standing genießen und zum Modernsten gehören, was die NFL zu bieten hat.

"Wir lassen Plays zu Beginn gerne gleich aussehen, sich dann aber unterschiedlich entwickeln", brachte LaFleur es jüngst auf den Punkt. "Das hilft, zu verhindern, dass die Defense eine Balance findet. Und eine Sache, die ich über Aaron sagen kann, ist die: Wenn man Aaron Zeit gibt und schwer lesbar wird, dann kann er großartige Leistungen abliefern, denn wir alle kennen sein Talent. So werden wir die Sache hier aufbauen."

Ganz konkret sollte das für die Packers bedeuten: mehr Play Action, mehr offene Pass-Fenster und schematisch sowie in puncto Play-Designs und Route-Kombinationen eine deutlich größere Herausforderung für gegnerische Defenses, als das zuletzt unter Mike McCarthy der Fall war - beginnend mit Play Action.

Von 37 Quarterbacks rangierte Rodgers in der vergangenen Saison auf Rang 32 was prozentuale Play-Action-Nutzung angeht. Mit Jared Goff (Rang 2), Tennessees Marcus Mariota (4) und Nick Mullens (12) zeigen die Quarterbacks die unter McVay, LaFleur und Shanahan spielten die klar gegensätzliche Tendenz.

Wichtigste Baustelle: Aaron Rodgers. Keine Frage bei den Packers. Der Erfolg dieser Franchise über die nächsten zwei, drei Jahre hängt davon ab, wie LaFleur und Rodgers auf persönlicher und auf Football-taktischer Ebene miteinander klar kommen.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass Rodgers und McCarthy sich nicht nur zunehmend voneinander entfernt hatten, sondern dass es phasenweise ein regelrechter Konflikt war. Ein Konflikt, der, wenn man bestimmten Quellen glaubt, in einem internen Konkurrenzkampf und einem Arbeiten gegeneinander statt miteinander mündete. Die Quintessenz: McCarthys Offense genau wie sein Play-Calling sollen Rodgers frustriert haben. Hier muss LaFleurs erster Ansatzpunkt liegen.

Daraus machte auch Packers-Präsident Mark Murphy mit Blick auf die Trainersuche kein Geheimnis: "Um ehrlich zu sein: So wie unser Team strukturiert ist, brauchen wir jemanden, der mit Aaron arbeiten und ihm dabei helfen kann, seine Bestleistung abzurufen. Das wird uns dabei helfen, Spiele zu gewinnen."

Fragen nach genau diesem Aspekt dominierten auch LaFleurs erste Interviews als Packers-Coach und bei Pro Football Talk erklärte er: "Das ist ein gutes Problem, sollte es ein Problem sein. Die Jobs, bei denen man mit einem solchen Spieler arbeiten kann, werden normalerweise nicht frei. Ich habe in unseren Gesprächen gemerkt, dass er unheimlich leidenschaftlich ist und einfach Spiele gewinnen will. Ich freue mich sehr darauf, mit ihm zu arbeiten."

Die vergangene Saison machte überdeutlich, wie wenig Rodgers McCarthys Scheme noch vertraute und wie sehr ihm die Situation missfiel - auch abseits aller Gerüchte und mit schierem Blick auf das Tape. Er ignorierte und verfehlte phasenweise offene Receiver, hielt den Ball zu lange und hatte eine absurd hohe Quote an Throwaways.

LaFleur soll Rodgers einerseits mental fordern und ihm gleichzeitig das Leben einfacher machen, und die Shanahan-Offense ist wie gemacht für dieses Unterfangen. Jetzt muss Rodgers sich nur vollends darauf genau wie auf seinen neuen Head Coach selbst einlassen; die Tatsache, dass LaFleur selbst Quarterback gespielt und mit verschiedenen Quarterbacks (RG3, Cousins, Ryan, Goff, Mariota) zusammengearbeitet hat, könnte den Start dieser elementar wichtigen Beziehung erleichtern.

Personelles Fragezeichen: Die kritischen Free Agents. Mo Wilkerson, Bashaud Breeland - die Packers haben defensiv mehrere potentielle Leistungsträger mit auslaufenden Verträgen, die sie bislang aber verletzungsbedingt nur bedingt beurteilen konnten. Langjährige Packers-Spieler wie Clay Matthews und Jake Ryan kommen hier noch dazu.

Nicht untergehen sollte dabei aber Randall Cobb. Er hat immer wieder Verletzungsprobleme, doch wenn man in Green Bay davon spricht, Aaron Rodgers bestmöglich zu unterstützen, dann beinhaltet das auch, dass Waffen, denen er vertraut, gehalten werden. Lässt man Cobb ziehen, würde in diese Kategorie noch Davante Adams fallen - mit dann einer klaren Lücke zu Allison, Valdes-Scantling und Co. Und allzu teuer sollte Cobb nicht werden.

Die Coordinators:Nathaniel Hackett (Offensive Coordinator), Mike Pettine (Defensive Coordinator). Auch wenn die durch Verletzungen geplagte Defense im Laufe der Saison zunehmend abrutschte: Positive Tendenzen waren erkennbar und mit vielen jungen Spielern könnte hier perspektivisch ein großer Schritt nach vorne erfolgen.

So kann man es als einen ersten Erfolg für LaFleur verbuchen, dass Mike Pettine als Defensive Coordinator im Amt bleibt. Mit Josh Jackson, Jaire Alexander, Kevin King und - wenn er gehalten werden kann - Bashaud Breeland haben die Packers ein Cornerback-Corps mit immensem Potential. Wichtig wird es sein, im Pass-Rush nachzulegen. Mo Wilkerson könnte wohl mit einem günstigen Einjahresvertrag gehalten werden, ein dominanter Pass-(Edge-)Rusher fehlt aber immer noch.

Für Hackett könnte der Wechsel kaum größer sein. Zuletzt dafür zuständig, in Jacksonville eine Offense sowie Game Plans zu entwerfen, die über das Run Game funktionieren und den Quarterback bestmöglichst verstecken, wird seine Aufgabe in Green Bay ganz anders aussehen.

Und doch gibt es gewisse Überschneidungen. In Jacksonville musste Hackett den Run-lastigen Wünschen von Head Coach Doug Marrone Folge leisten, gleichzeitig aber schaffte er es, Bortles insbesondere durch First-Down-(Play Action)Passing und klar definierte Reads zu helfen. So unterschiedlich beide Quarterbacks auch sind, einige dieser Aspekte werden auch bei Rodgers eine Rolle spielen.

Denver Broncos

Neuer Head Coach: Vic Fangio

Bisherige Coach-Erfahrung: Defensive Coordinator und LB-Coach Dunmore (1979-81/High School), Defensive Coordinator Milford Academy (1982/College), Defensiv-Assistent Philadelphia/Baltimore Stars (1984/USFL), LB-Coach Saints (1986-94), Defensive Coordinator Panthers (1995-98), Defensive Coordinator Colts (1999-01), Defensive Coordinator Texans (2002-05), Head-Coach- und Defensiv-Assistent Ravens (2006-08), LB-Coach Ravens (2009), Defensive Coordinator Stanford (2010/College), Defensive Coordinator 49ers (2011-14), Defensive Coordinator Bears (2015-18).

Was bringt Fangio mit? Neben Brian Flores in Miami der einzige neue Head Coach mit defensivem Hintergrund - der Hintergrund ist aber umso beeindruckender. Fangio hatte in der vergangenen Saison bei den Bears die beste Defense der Liga und blickt auf nunmehr acht Jahre als Coordinator verschiedener Top-Defenses in Chicago und San Francisco zurück. Beide Male formte er aus einer schwachen bis mittelmäßigen Defense eine Top-Unit.

Immer wieder wurde er auch deshalb in vergangenen Jahren als potentieller Head-Coach-Kandidat gehandelt. Und dennoch kommt er bei der diesjährigen Head-Coach-Suche auf die ganze Liga betrachtet wie eine Ausnahme und ein Trend-Brecher daher. Fangio ist weder ein junger, aufstrebender Coach, noch in der Offensive beheimatet.

Die Broncos setzen mit dem 60-Jährigen einerseits auf Erfahrung und andererseits darauf, einen Head Coach gefunden zu haben, der der Gesamtaufgabe über das Entwerfen und Callen von Plays hinaus gewachsen ist. Team-Boss John Elway hat mehrfach darauf hingewiesen, dass er nach einem starken Leader sucht, der das Team anführen kann. Auch wenn Fangio bislang noch nie in seiner Karriere irgendwo der Head Coach war, gilt er als ein Kandidat, der genau diese Kriterien erfüllt.

"Ich wollte die Suche so offen wie möglich angehen", betonte Elway. "Wir wollten nicht unbedingt das machen, was alle anderen machen, genauso wenig wollten wir zwangsläufig das Gegenteil machen. Wir wollten die beste Entscheidung für die Denver Broncos treffen, und das war Vic."

Fangio hat über die Jahre gezeigt, dass er defensiv innovativ sein und sich anpassen kann. Sein Fokus wird auf der Defense sowie - das betonte er selbst überdeutlich - den Basics liegen: "In der NFL denkt gerade jeder, dass alles anders ist und man hoch punkten muss. Aber im Endeffekt gewinnen die Basics noch immer. Darauf wird mein Fokus liegen."

Wichtigste Baustelle: Die Quarterback-Position. Seit Peyton Manning hält sich dieses Thema in Denver konstant. Brock Osweiler war genauso wenig die Antwort wie Paxton Lynch, und auch wenn Case Keenum besser als beide ist - die langfristige Antwort ist er ebenfalls nicht. Das lässt sich aber auch über Joe Flacco festhalten, was den Trade für Flacco äußerst unverständlich macht.

Keenums Vertrag läuft noch für die kommende Saison, hier erwartet Denver definitiv ein Cap Hit, auch bei einer Entlassung. Dazu kommt jetzt Flaccos Vertrag, wie auch immer der nach einer Umgestaltung aussehen könnte. Es kommt wie ein Move aus der Verzweiflung heraus daher, denn dass Denver mit Flacco eher im Titelfenster ist als mit Keenum darf durchaus bezweifelt werden. Die Übergangslösung für 2019 hätte man mit Keenum deutlich günstiger haben können.

So oder so sind die Broncos in der schwierigen Situation, in einer offensiven NFL einen defensiv geprägten Head Coach zu haben, dessen Stab einen Quarterback finden und vermutlich auch entwickeln muss, während Flacco als Übergangslösung in eine Offense mit wenigen Waffen und mehreren Free Agents in der Line funktionieren soll.

Die Broncos sind ein heißer Kandidat, spätestens nächstes Jahr früh im Draft einen Quarterback auszuwählen der dann im Laufe der Saison oder spätestens nach der Saison Flaccos Posten übernimmt.

Personelles Fragezeichen: Von Miller. Blickt man über die Quarterback-Position sowie die zahlreichen angehenden Free Agents in der Offensive Line hinaus, stolpert man in Denver immer wieder über einen Namen - den des besten Spielers dieses Teams. Die Broncos haben auch defensiv im Pass-Rush (Shane Ray, Shaquil Barrett) und in der Secondary (Tramaine Brock, Bradley Robey) einige auslaufende Verträge - könnten sie dennoch ihren Superstar abgeben?

Anfang Januar hatte Elway erstmals auf Nachfrage kein klares Statement zu Miller abgegeben und erklärt, dass man sich "alle Möglichkeiten anschauen und evaluieren" müsse. Am Rande des Super Bowls wurde der Pass-Rusher darauf angesprochen, seine vielsagende Antwort? "Es ist die NFL, das ist eine verrückte Liga. Ich liebe es, ein Denver Bronco zu sein, aber ich weiß, dass es ein Business ist."

Es gibt Gerüchte, wonach unter anderem die New York Jets großes Interesse daran haben, ihren Nummer-3-Overall-Pick für einen etablierten Spieler zu investieren - während Denver so einem Quarterback einen großen Schritt näherkommen könnte und zusätzliche hohe Picks in einem Trade einstreichen würde.

Dass die Broncos ihren besten Verteidiger und Spieler insgesamt gerade mit Fangio als neuem Head Coach traden, ist schwer vorstellbar. Unmöglich aber ist in der NFL nichts, insbesondere, wenn Teams verzweifelt einen Quarterback suchen.

Und auch Fangios Aussagen in der Gazette deuten auf einen radikalen Ansatz hin: "Als ich nach Chicago kam, hatten sie die ganze Zeit versucht, immer wieder kleine Löcher zu stopfen, in der Hoffnung, kurzfristig ein gutes Team zu haben. Als ich kam, waren sie alt, hatten kein junges Talent, nichts. Das darf uns hier nicht passieren. Wir dürfen nicht alles dafür tun, nächste Saison bei 8-8 zu stehen, um dann 2021 eine 3-13-Saison zu haben."

Die Coordinators: Rich Scangarello (Offensive Coordinator), Ed Donatell (DefensiveCoordinator). Der Posten des Offensive Coordinators war angesichts von Fangios klarer Prägung auf der anderen Seite besonders spannend - und umso überraschender für viele kam dann seine Wahl. Kein großer Name, keiner der als nächstes Offensiv-Mind gehandelten Kandidaten.

Fangio entschied sich für San Franciscos Quarterbacks Coach Rich Scangarello, der abgesehen von den letzten beiden Jahren bei den Niners in der NFL lediglich als Quality Control Coach (Falcons/2015) und als Assistant-QB-Coach (Raiders/2009) gearbeitet hat. Und dennoch war sein Name in NFL-Kreisen in den vergangenen Wochen und Monaten immer häufiger genannt worden - und Kyle Shanahan wollte ihn unbedingt halten.

Die Niners verweigerten Denver zunächst die Möglichkeit, Scangarello zu interviewen. Letztlich gaben sie aber doch grünes Licht und beide Seiten kamen schnell auf einen gemeinsamen Nenner, nachdem Fangio eben dieses Unterfangen mit Gary Kubiak nicht gelungen war.

Die Offense dürfte demnach ähnliche Grundprinzipien offenbaren wie die von LaFleur in Green Bay und wie auch die von Kubiak, der ebenfalls aus der Shanahan-Schule stammt. Eine West Coast Basis mit Zone-Blocking und einer kräftigen Dosis Play Action.

Dafür gelang es den Broncos, neben Scangarello einen echten Coup zu landen: Mike Munchak, Architekt der seit Jahren herausragenden Steelers-Offensive-Line, trainiert künftig Denvers Offensive Line. Die Broncos hatten zuvor auch Interesse an Munchak als möglicher Head Coach. Auch Flacco, so viel lässt sich festhalten, wird sich in dieser Offense wohlfühlen, er kennt sie bereits von Kubiak.

Donatell auf der anderen Seite ist ein alter Fangio-Vertrauter, der Denvers neuem Cheftrainer dabei helfen wird, sein Scheme schnellstmöglich zu installieren. Der 62-Jährige trainierte bereits in San Francisco und in Chicago die Defensive Backs unter Fangio.

Miami Dolphins

Neuer Head Coach: Brian Flores

Bisherige Coach-Erfahrung: Scouting Assistent Patriots (2004-05), Pro Scout Patriots (2006-07), Special Teams Assistent Patriots (2008-09), Assistent Offense und Special Teams Patriots (2010), Defensive Assistent Patriots (2011), Safeties-Coach Patriots (2012-15), LB-Coach Patriots (2016-18).

Was bringt Flores mit? Wann auch immer ein Assistent von Bill Belichick anderswo als Head Coach vorgestellt wird, ist die Skepsis zunächst einmal groß. Bislang sagt die Statistik schlicht, dass es schwer bis unmöglich ist, Belichicks Weg zum Erfolg nachzuahmen, egal wie lange der jeweilige Assistent unter und mit Belichick gearbeitet und von ihm gelernt hat.

Eine Ausnahme bei Flores: Im Gegensatz zu den meisten Coaches vor ihm hat er nicht nur als Position-Coach und Lehrer auf dem Feld Erfahrung gesammelt, sondern auch einerseits andere Bereiche des Balls (Assistent in der Offense und im Special Team) kennen gelernt, sowie als Scout über mehrere Jahre eine andere Seite des Geschäfts bearbeitet. Letztlich fand der einstige überaus erfolgreiche College-Linebacker den Weg zur Defense, wo er ebenfalls verschiedene Postionen betreut hat.

Flores gilt als ein Coach, der bei den Spielern ein sehr hohes Standing genießt, sowohl als Lehrer, als auch als Coach; der über ein hohes Maß an Spielverständnis verfügt und dennoch offen für äußere Einflüsse ist. Als defensiver Play-Caller bei den Pats in der vergangenen Saison - auch wenn er offiziell nie den Titel des Defensive Coordinators hatte - verbesserte Flores insbesondere die Pass-Defense im Vergleich zum Vorjahr unter Matt Patricia und im Laufe der Saison waren positive Entwicklungen erkennbar.

Miami hat defensives junges Talent - Raekwon McMillan und Jerome Baker direkt bei den Linebackern, Minkah Fitzpatrick, Xavien Howard - und hier dürfen die Dolphins positive Fortschritte erwarten. Flores' Qualitäten ganz praktisch als Coach werden beim Umbruch, der Miami bevorsteht, eine große Rolle spielen.

Wichtigste Baustelle: Der Ansatz für 2019. Aus Miami hört man aus Insider-Kreisen zuletzt immer wieder, dass die Dolphins intern einen Umbruch angehen wollen. 2019 könnte demnach als Übergangsjahr und Chance für junge Spieler, sich zu zeigen, abgehakt werden, um dann mit einem hohen Pick im 2020er Draft den Wunsch-Quarterback - glaubt man den Berichten, dürfte das am ehesten Alabamas Tua Tagovailoa sein - auswählt.

Das liest sich auf dem Papier zunächst gut und jahrelanges Mittelmaß, wie es die Dolphins jetzt seit einer Weile hatten, führt nirgendwo hin. Doch ein bewusst umgesetzter Umbruch geht sportlich in aller Regel mit vielen Niederlagen einher - für einen Rookie-Head-Coach eine schwere Hypothek, könnte er doch in der öffentlichen Betrachtung bei Fans und Medien nach der kommenden Saison bereits kräftig angezählt sein. Umbruch hin oder her.

Wie geht Flores damit um? Schafft er es, sportliche Niederlagen in langfristige Erfolge umzumünzen? Gelingt es ihm, das Team intern unangefochten anzuführen, auch wenn die erste Saison sportlich komplett in die Hose gehen sollte?

Laut ESPN-Informationen war Flores von allen in diesem Jahr neu angestellten Head Coaches der einzige, der einen vollen Fünfjahresvertrag - statt vier Jahre mit einer Team- oder anderweitigen Option auf das fünfte Jahr - erhalten hat. Es könnte ein Fingerzeig darauf sein, dass die Verantwortlichen den Umbruch akzeptiert haben und mit Flores bewusst durch diese sportlich potentiell schwere Phase gehen wollen.

Personelles Fragezeichen: Ryan Tannehill. Die Personalie schließt sich selbstredend nahtlos an den vorherigen Punkt an.

Tannehill hat es seit 2012 nicht geschafft, sich als wirkliche Antwort auf der Position zu etablieren. Teilweise spielten hier Verletzungen zur Unzeit eine Rolle, vor allem unter Gase, als er zwischendurch seine beste NFL-Phase hatte. Aber auch wenn er fit war hatte er zu wenige konstant gute Jahre, und viele Informationen aus Miami deuten darauf hin, dass jetzt auch die Verantwortlichen genug gesehen haben.

Tannehill zu traden oder zu entlassen könnte ein großer Schritt dahingehend sein, Cap Space für 2020 zu kreieren und den Umbruch einzuleiten. 2019 könnten die Dolphins mit einer günstigen Übergangslösung wie Ryan Fitzpatrick angehen, um sich dann 2020 neu auszurichten.

Sollte es zur Trennung von Tannehill kommen, ist Flores in der undankbaren Position, als Rookie-Head-Coach seinen Quarterback ersetzen zu müssen - und das mutmaßlich mit einem Spieler, der bei den Fans nicht allzu gut ankommt, nicht sein erster Wunschkandidat und auch nicht die langfristige Lösung ist.

Die Coordinators: Chad O'Shea (Offensive Coordinator), Patrick Graham (Defensive Coordinator). Flores hat mehrere Patriots-Coaches mit sich nach South Beach genommen. Co-Quarterbacks-Coach Jerry Schuplinski schließt sich Flores genauso an wie Cornerbacks-Coach und Defensive Pass Game Coordinator Josh Boyer, den manche als möglichen Flores-Nachfolger in Foxboro im Blick hatten. Auch Tight-Ends-Coach George Godsey war von 2011 bis 2013 bei den Pats.

Der wichtigste Name dürfte aber, angesichts der defensiven Prägung von Flores selbst, sein neuer Offensive Coordinator sein: Chad O'Shea, seit 2009 der Receiver-Coach in New England, galt bei den Pats als potentieller Nachfolger für Josh McDaniels, hätte der im Vorjahr den Head-Coach-Posten in Indianapolis angenommen. Stattdessen erhält er diesen Posten jetzt bei den Dolphins.

Für O'Shea, dessen Spezialität die Receiver sind, ist es der erste Posten als Offensive Coordinator in der NFL und es wird unheimlich spannend sein zu sehen, welches Scheme die Dolphins umsetzen wollen. Blickt man auf die tiefe Verwurzelung des 46-Jährigen in New England, könnte Flores ihn mit dem Ziel mitgenommen haben, die Erhardt-Perkins Offense in Miami zu installieren. Ein genereller Umbruch mit einem neuen Quarterback ein Jahr später wäre die ideale Voraussetzung dafür.

Auch Patrick Graham kennt Flores noch bestens von den Patriots, Graham war von 2009 bis 2015 in New England für Linebacker und Defensive Line zuständig. Nach zwei Jahren bei den Giants arbeitete er im Vorjahr unter Mike Pettine in Green Bay. Möglicher Takeaway: Flores hat in New England den Wert einer flexiblen Front mit kreativen Pressure- und Blitz-Paketen aus erster Hand erfahren.

Miami hat seine aktuellen Stärken in der Secondary und könnte seine Defense ähnlich aufbauen, wie die diesjährige Version der Patriots. Graham könnte dafür vom aggressiven Pettine noch einige Blitz-Designs mitbringen.