Third and Long Super Bowl Recap: Belichicks Masterplan gegen die Rams

Von Adrian Franke
05. Februar 201913:10
Bill Belichick zeigte Jared Goff und der Rams-Offense im Super Bowl die Grenzen auf.getty
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Super Bowl 53 überraschte nicht unbedingt, was den Sieger angeht - der Weg dorthin, insbesondere mit der defensiven Dominanz der Patriots, war in diesem Maße genauso spektakulär wie überraschend. Welche Säulen trugen die Pats-Defense? Was bedeutet das für die Zukunft von Jared Goff? Und wie groß ist der Anteil von Rams-Coach Sean McVay? In seiner letzten Kolumne für die Saison 2018 analysiert SPOX-Redakteur die Nachwehen des Super Bowls.

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Super Bowl 53: Wie die Patriots die Rams stoppten

Die nun schon häufig zitierte Aussage von Rams-Coach Sean McVay nach dem Spiel war genauso ehrlich wie für jeden offensichtlich: "Ich habe es nie geschafft, uns offensiv in einen Rhythmus zu bringen. Ich wurde heute ausgecoacht."

Der Game Plan der Patriots-Defense ist das zentrale Thema nach dem Super Bowl - in Kombination mit der Tatsache, dass die Rams keinen Plan B parat hatten. New England knüpfte an die erfolgreichen defensiven Ansätze der Lions, Bears und Eagles an und kombinierte das mit den eigenen Stärken, um einen Game Plan zu entwerfen, der für den punktärmsten Super Bowl aller Zeiten sorgte - gegen eine der besten Offenses der letzten Jahre.

Und nicht nur das: Es war der Super Bowl mit den wenigsten Punkten des Gewinner-Teams, den wenigsten kombinierten Touchdowns, den wenigsten Touchdowns durch ein Team - die Rams blieben bekanntermaßen ohne Trip in die Endzone - sowie den meisten Punts im Super Bowl in Folge durch die Rams (8).

Doch wie gelang das den Patriots? Wo setzte New England genau an, und worauf fanden die Rams keine Antwort? Das Super-Bowl-Tape zeigt klare Tendenzen - Tendenzen, die aus Rams-Sicht langsam aber sicher besorgniserregend werden.

Die (Fake-)Pressure-Pakete der Patriots

Als er nach dem Spiel auf den defensiven Game Plan angesprochen wurde, war Defensive Lineman Lawrence Guy kurz und präzise: "Goff unter Druck setzen und ihr Run Game stoppen."

Und das wurde auch überdeutlich. Die Patriots blitzten Goff bei 20 seiner 42 Dropbacks, eine enorme Quote. New England war schon seit einer Weile ein Blitz-intensives Team, das war auch im Championship Game in Kansas City deutlich geworden. Gegen die Rams packten Belichick und Flores nochmals eine Schippe drauf.

Patriots Blitzing seit der Bye Week

Spieltag121314151617DIVCCGSB
GegnerNYJMINMIAPITBUFNYJLACKCLAR
Blitz/Dropbacks (Prozent)24/50 (48)17/46 (36,9)12/23 (52,1)10/36 (27,8)12/43 (27,9)13/33 (39,4)10/53 (18,8)16/36 (44)20/42 (47,6)

Und zunächst ist festzuhalten: Es wirkte. New England setzte Goff insgesamt 18 Mal unter Druck, dagegen brachte er ganze vier Pässe für 3,4 Yards pro Pass und eine Interception an, außerdem steckte Goff vier Sacks ein. Horrende Zahlen auch für Goff, der schon die ganze Saison über konstante Probleme mit Pressure hatte.

Dass New England hier ansetzen würde, kann die Rams unmöglich überrascht haben; und auch in ihren Blitz- und Pressure-Paketen selbst zeigten die Pats das, was sie schon die ganze Saison über spielen.

SPOXNFL Gamepass

Die Patriots sind herausragend darin, Druck über die Play-Designs zu kreieren. Es ist ein zentraler Grund dafür, dass Belichick eher in die Secondary als in Pass-Rusher investiert - Spieler, die in Eins-gegen-Eins-Coverage standhalten können, haben für ihn mehr Wert, da diese Qualität schwer über das Scheme zu kreieren ist. Pass-Rush dagegen kann man sehr wohl ohne Khalil Mack oder J.J. Watt kreieren und der Super Bowl war ein weiterer Reminder dafür.

New England schafft es vor allem auf zwei Arten, Druck über das Scheme zu erzeugen: durch angetäuschte Rusher sowie durch Stunts in der Defensive Line.

Unter einem Stunt versteht man Pass-Rush-Kombinationen, bei denen entweder zwei Spieler ihre Gaps nach dem Snap tauschen - also beispielsweise der in der Mitte postierte Defensive Tackle nach außen zieht, und der außen postierte Defensive End innen attackiert -, oder aber ein Verteidiger um den anderen herum zieht. New England setzte dieses Mittel im Super Bowl nahe an der Perfektion ein.

Laut Pro Football Focus spielten die Pats am Sonntagabend 18 Stunts - drei ihrer vier Sacks kamen so zustande, Goff verzeichnete 5,2 Yards pro Passversuch. Ohne Stunt? Ein Sack, 7,1 Yards pro Pass.

Ein solcher ist im Bild oben zu sehen, die Linebacker Van Noy und Hightower trafen sich beim Quarterback zum Sack und beendeten den Rams-Drive so. Die beiden sind ohnehin ein Schlüssel zu den Pressure-Paketen der Patriots: Beide haben je über 250 Pass-Rush- und jeweils über 300 Coverage-Snaps. Sie sind die Spieler, mit denen die Patriots vor allem ihre Mismatches und Pressure-Fakes kreieren.

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Und genau ein solcher angetäuschter Rush war bei diesen Third-Down-Sack spät im zweiten Viertel zu beobachten. Van Noy und Hightower laufen dabei zunächst auf die Offensive Line zu. Das zwingt die Protection dazu, sie beide als Rusher zu behandeln. Als Van Noy und Hightower merken, dass sie einen direkten Gegenspieler haben, lassen sie sich stattdessen in Coverage zurückfallen.

Das Ergebnis: Statt eines 5-Men-Rushs attackieren nur drei Spieler die Offensive Line wirklich, doch die angetäuschten Rusher lassen zwei Offensive Linemen beschäftigungslos zurück. Die Pats erzwingen also einen 3-gegen-3-Rush, ohne fünf Mann für den Pass-Rush abstellen zu müssen. Stattdessen lassen sich beide Linebacker in Coverage zurückfallen und New England hat plötzlich sechs Spieler in der Underneath-Coverage. Ehe Goff das lesen und neu verarbeiten kann, hat er auch schon einen 14-Yard-Sack eingesteckt.

Die verhängnisvolle Interception

Und auch die entscheidende Interception spät im Spiel, als L.A. das erste und einzige Mal einen wirklichen offensiven Rhythmus mit den sonst so Rams-typischen Big Plays bei First Down gefunden hatte, lässt sich auf Pressure zurückführen.

SPOXNFL Gamepass

Die Patriots spielen hier auf den ersten Blick einen All-Out-Blitz, also Eins-gegen-Eins-Coverage ohne Safety-Hilfe und der Rest attackiert den Quarterback. New England ergänzt das aber durch ein kleines Element: Van Noy in der Mitte der Defensive Line täuscht seinen Rush nur an und lässt sich stattdessen in die kurze Zone zurückfallen, um Goff den schnellen Pass über die Mitte zu nehmen. Goff hätte hier andernfalls eine Chance auf die kurze Slant-Route gehabt, dieser Schachzug der Pats war enorm wichtig.

Der entscheidende Rush findet stattdessen auf der rechten Seite der Offensive Line statt. Der Interior Lineman schiebt den Right Guard ins Zentrum, wodurch das von den Patriots gewollte 3-gegen-2-Duell entsteht: Der Edge-Rusher attackiert den Right Tackle, und in die sich so bildende Lücke zwischen Guard und Tackle schießen zwei Defensive Backs. Gurley kann nur einen davon übernehmen, so dass Goff überhastet werfen muss. Der kurze Checkdown wird von Van Noy verhindert, der tiefe Verzweiflungswurf landet bei Gilmore.

Das waren zwei zentrale Aspekte: die angetäuschten Rusher, genau wie das permanente Umstellen der Coverages kurz vor und nach dem Snap. Es ist kein Geheimnis, dass McVay die Kommunikation mit Goff nutzt, um ihm an der Line of Scrimmage beim Lesen der Defense zu helfen. Deshalb nutzen die Rams mehr No-Huddle als irgendein anderes Team - sie kommen so schneller an die Line of Scrimmage, wodurch McVay mehr Zeit hat, die Defense zu lesen, ehe 15 Sekunden vor dem Snap die Kommunikation abgestellt wird.

New Englands Secondary: Das finale Meisterstück

Im Super Bowl gelang das L.A. einerseits nicht, auch weil sie - warum auch immer - weniger No-Huddle spielten; andererseits taten die Patriots aber auch ihr Möglichstes, um sich noch kurzfristig umzustellen und Goff andauernd nach dem Snap andere Looks zu bieten, als davor. "Wir wussten, dass wir eine Chance hätten, wenn wir viel umstellen", brachte es Safety Devin McCourty auf den Punkt.

Die Folgen daraus waren enorm: New Englands Sacks nämlich gingen zwar einerseits auf die Stunts zurück, andererseits aber auch maßgeblich auf die permanenten Umstellungen in der Secondary. Bei den Sacks kam der Druck auf Goff im Schnitt nach 2,85 Sekunden - eine Ewigkeit, Aaron Rodgers führte die Liga in dieser Saison mit durchschnittlich 2,72 Sekunden bis zum Pressure durch die Defense an.

Goff also hielt den Ball viel zu lange in der Pocket, weil er kaum einmal einen klaren Read erhielt. Und das hing eng mit einer Patriots-Umstellung zusammen, die ich in der Taktik-Preview in Aussicht gestellt hatte: Cover-4.

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New England ging als das Man-Coverage-lastigste Team der Liga in den Super Bowl, mit der bevorzugten Variante Cover-1. Die kam auch im Super Bowl noch reichlich zum Einsatz, etwa bei diesem, erneut durch Stunts erreichten, Sack bei First Down kurz vor der Halbzeitpause. Cover-1 heißt schlicht, dass Man Coverage gespielt wird, mit einem tiefen Safety und einem Underneath-Zone-Verteidiger. Beide nutzen die Pats auch, um etwa Receiver oder Tight Ends zu doppeln oder eben um zu blitzen.

Doch war vor dem Spiel klar, dass es für New England schwer werden könnte, wenn Cover-1 auch ihr bevorzugter Ansatz im Super Bowl sein würde. Die Rams waren hiergegen in der Saison bislang sehr stark, unter anderem weil Jared Goff so klar definierte Reads bekam. Cover-4 dagegen - also vier Defensive Backs, die sich den mitteltiefen und tiefen Bereich des Feldes aufteilen - war so etwas wie Kryptonit der Rams-Offense. 4,2 Adjusted Yards pro Pass hatten die Rams gegen dieser Coverage verzeichnet, gegen keine andere waren sie anfälliger.

Die Pats auf der anderen Seite aber hatten keine der Standard-Coverages seltener gespielt als Cover-4, ganze 22 Mal war das bis zum Super Bowl laut Sports Info Solutions der Fall. Und im Super Bowl packte New England genau diese Coverage aus. "Wir hatten vermutet, dass wir einige neue Dinge sehen würden. Cover-4 war so eine neue Sache, zumindest was die Patriots angeht", gab Rams-Center John Sullivan anschließend zu.

Rund 60 Prozent Zone Coverage spielte New England laut ESPN Stats am Sonntag, eine 180-Grad-Drehung zu dem, was der frisch gebackene Champion sonst macht. Es brachte Goff aus dem Konzept und zerstörte das tiefe Play Action Game sowie all die tiefen Crossing-Routes, beides elementare Säulen in der Rams-Offense. Es war vielleicht der größte Schlüssel zum Sieg.

Goff warf in die Mitte des Feldes in der 10+ Yard Range überhaupt nur sieben Pässe (vier Completions) für 69 Yards; die tiefen Crossing-Routes waren schlicht nicht da.

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So kam L.A. quasi überhaupt nicht ins vertikale Passspiel - Goff hatte keine Completion bei Pässen die 20 Yards oder weiter flogen -, hatte kaum explosive Plays bei First Down und konnte gegen die von den Pats häufiger eingesetzte 6-1-4-Defense (sechs Spieler an der Line of Scrimmage, ein Linebacker, vier Defensive Backs dahinter) auch sein Outside Zone Game überhaupt nicht aufziehen.

Angetäuschte Rusher, kreative Pass-Rush-Pakete, späte Umstellungen in der Secondary und ein eindrucksvolles Umstellen einer Man-Defense in eine Zone-Defense waren die Schlüssel für das unglaublich dominante Spiel der Patriots-Defense im Super Bowl, in dem der MVP-Titel eigentlich Belichicks Game Plan zugestanden hätte.

Was die Spieler auf dem Feld angeht bleibe ich dabei, dass ich den Award Stephon Gilmore gegeben hätte, der Brandin Cooks in Man Coverage übernahm und bei neun (!) Targets nur 48 Receiving-Yards zuließ, einen Pass-Breakup sowie die entscheidende Interception verzeichnete und vor allem aus den Man-Coverage-Konzepten heraus wieder einmal ein zentraler Grund dafür war, dass die Pats so aggressiv ihr Blitzing betreiben konnten.

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Defense vs. Offense, Goff, Kader-Umbrüche - eure Fragen

Jan P. Schwarzkopf, FloD_1991 und Donatus Bergen: Ist an "Defense wins Championships" nach diesem Spiel noch etwas dran? Würdest du deine Einschätzung, dass nur Teams mit einer guten Offense den Super Bowl gewinnen und Defenses nicht mehr so dominieren können, mit Blick auf die Playoffs revidieren?

Nein, das wäre mir eine zu große Kurzschlussreaktion mit zu großem Fokus auf das gerade Geschehene.

Jetzt aufgrund des Super Bowls zu sagen, dass die Defensive Titel gewinnt, ist vergleichbar mit dem überschwänglichen Lob für den Running Back für den 3-Yard-Touchdown-Run, nachdem vorher der Receiver einen 50-Yard-Pass gefangen hat und an der 3-Yard-Line gestoppt wurde. Die Patriots waren offensiv komplett dominant gegen die Chargers und haben einen Shootout gegen die Chiefs gewonnen, das sollte nicht untergehen.

Für mich bleibt das übergreifende Thema der letzten beiden Spielzeiten, aber vor allem dieser Saison, das der Passing-Offenses und ich erwarte, dass sich das noch gravierender darstellen wird.

Dominante Passing-Offenses werden die NFL in den nächsten Jahren prägen, was das Big Picture angeht. Defenses werden trotzdem immer wieder einzelne Spiele komplett dominieren, ich erwarte aber nicht, dass wir in absehbarer Zeit eine auf eine Saison und darüber hinaus gesehen konstant dominante Defense erleben werden, wie es beispielsweise mit den Seahawks zuletzt der Fall war.

All das bedeutet nicht, dass eine starke Defense keine Rolle spielt. Für mich bleibt es aber dabei: Mit der Defense kann man ohne Frage einzelne Spiele gewinnen - so gesehen im Super Bowl. Um aber einen Titel zu gewinnen, also über 16 Spiele in der Regular Season in die Playoffs einzuziehen und mehrere Playoff-Spiele gewinnen zu können, ist die Offense der größere und konstantere Faktor.

Sebastian und Hutsch: Wie siehst du spätestens nach dem Super Bowl die Zukunft von Jared Goff beziehungsweise die Quarterback-Position bei den Rams? Die negative Entwicklung über die Saison hast du ja selber mit kommentiert. Ich fand ihn gestern extrem schwach.

Das große Problem mit Goff für mich ist und bleibt: Er gewinnt dir kaum Spiele, in denen er über das Scheme hinausgehen muss. Im ersten Drittel dieser Saison haben wir das vereinzelt gesehen, selbst da waren es aber meist eher herausragende Pässe in puncto Ball-Placement und Accuracy, als dass er Umstellungen in der Defense gelesen und Schwachstellen gezielt attackiert hätte.

Wenn das Scheme in L.A. greift, ist Goff ein sehr guter Quarterback mit einem guten Arm, guter Genauigkeit und dazu noch einer gewissen Mobilität auch außerhalb der Pocket. Die nutzt er für Scrambles, sie kommt aber auch im auf dem Outside Zone Run Game basierenden Play-Action-Passspiel zum Tragen. Schwierig wird es, und das haben wir in dieser Saison zu konstant gesehen, wenn Teams dieses Element wegnehmen.

Die Lions, die Bears, die Eagles und jetzt im Super Bowl auch die Patriots verstanden es, die von den Rams bevorzugt aus Play Action heraus gespielten tiefen Crossing-Routes zu eliminieren und Goff dazu zu zwingen, aus dem Dropback Passing Game heraus in Checkdowns - also das konstante, disziplinierte Kurzpassspiel - zu gehen. Einerseits fiel den Rams dagegen zu wenig ein, andererseits aber war Goff hier auch einfach zu häufig schlecht. Und da sprechen wir noch gar nicht davon, welch eklatante Schwächen Goff teilweise gegen Pressure offenbart.

All das klingt zunächst wie ein vernichtendes Urteil und ja, zu einem gewissen Grad bisher sehe ich mich in meiner Kritik an Goff, die ich schon im Draft-Prozess hatte, noch bestätigt. Aber man darf auch nicht vergessen, dass Goff noch sehr jung und erst in seiner dritten NFL-Saison ist, wobei man das Jeff-Fisher-Jahr quasi rausstreichen muss.

Soll heißen: Hier ist definitiv noch eine Weiterentwicklung denkbar. Aber: Die muss eben auch kommen. Auf seinem aktuellen Level ist Goff zu abhängig vom System. Innerhalb dieses Systems funktioniert er und das wird letztlich auch dazu führen, dass die Rams ihm den (für Quarterbacks obligatorischen) teuren Vertrag geben. Spätestens dann wird von Goff mehr kommen müssen, denn das Talent um ihn herum wird Cap-Space-technisch bedingt spätestens danach unweigerlich schlechter werden.

Sascha Steinfeldt: Wie erklärst du es dir, dass die Rams keinen Plan B im eigenen Passing Game hatten? Dass die Pats die Schwäche Goffs bei Druck plus tiefer Zone Coverage nutzen wollen würden, dürfte sie doch nicht überrascht haben. Und wo war das Screen Game?

Diese Frage wollte ich unbedingt zu der vorherigen Goff-Frage mit dazu nehmen. Denn: Man muss für den Auftritt der Rams-Offense auch Coach Sean McVay - der ja offen zugegeben hat, dass er ausgecoacht wurde - stark in die Kritik stellen.

Mein Eindruck war, dass der einzige bewusste Versuch im Game Plan der Rams, Dinge umzubauen, in vereinzelt unterschiedlichen Formationen bestand. L.A. wollte das Spiel mit "seinem" Stil gewinnen, und als der - wovon man ausgehen musste - nicht klappte, gab es keinen Plan B. Das geht auf McVays Konto.

Screen Pässe, ein ausgeprägteres Kurzpassspiel und Run Game wenn die Patriots in die tiefen Zone Coverages gehen - die Rams haben es nicht geschafft, New England überhaupt zu gravierenden Anpassungen zu zwingen. Es ist nicht das erste Mal, dass den Rams exakt das in dieser Saison passiert ist.

Man muss von den Rams jetzt eine Weiterentwicklung sehen. Einerseits, wie oben beschrieben, was Goff individuell angeht, aber auch was das Scheme betrifft. Die Teams, die gegen L.A. defensiv wirklich durchschlagenden Erfolg hatten, schafften das, indem sie sich nicht auf die Run-Fakes und die schwer lesbaren Play-Designs fokussierten, sondern stattdessen die tiefen Pässe eliminierten. Wir dürfen gespannt sein, welche Antworten uns Sean McVay darauf präsentiert.

b.dreier: Bei den Rams wird ja jetzt schon darüber gesprochen, wer dieses und nächstes Jahr alles bezahlt werden möchte und dass sie die Truppe kaum zusammen halten können. Warum haben die Pats dieses Problem eigentlich nicht?

Weil die Patriots ihr Team nie so kostspielig über die Free Agency zusammenstellen, wie andere Teams, die kurzfristig ein Titelfenster ausnutzen wollen - etwa weil ihr Quarterback noch unter dem Rookie-Vertrag spielt, wie die Eagles im Vorjahr und jetzt auch die Rams. L.A. hat sich bekanntermaßen mit Spielern wie Aqib Talib, Dante Fowler, Ndamukong Suh, Brandin Cooks und Marcus Peters prominent verstärkt - teilweise direkt schon für viel Geld, teilweise eben mit der Aussicht, dass ein Spieler wie Peters sehr bald verlängern muss.

Und das holt ein Team immer irgendwann ein. Suh, Fowler, Lamarcus Joyner und Roger Saffold werden unter anderem dieses Jahr Free Agents, nächstes Jahr folgen dann Andrew Whitworth - falls der überhaupt weiter macht -, Talib und Peters; anders gesagt: viele der Namen, mit denen L.A. sein Titelfenster über die letzten beiden Jahre aufgestoßen hat. Cooks, aus der gleichen Kategorie, wurde bereits bezahlt, und dann sprechen wir noch gar nicht davon, dass Jared Goff irgendwann ja auch ein großer Zahltag bevor steht.

Wenn wir von potentiellen Rücktritten mal absehen - Gronk und McCourty vorneweg würden natürlich schwer ins Gewicht fallen -, dann hat New England diesen drohenden Aderlass einfach nicht, weil der Kader ganz anders zusammengestellt ist. Trey Flowers ist sicher der größte angehende Free Agent in Foxboro, und der wurde von den Pats 2015 in der vierten Runde gedraftet. Tackle Trent Brown, der für einen Mid-Round-Pick ertradet wurde, passt am ehesten noch in die "Rams-Problematik".

Die Patriots setzen bei ihrer Kaderzusammenstellung auf andere Prioritäten, als andere Teams. Gewisse Positionen - etwa der Pass-Rush und die Defensive Line generell - werden schlicht nicht auf dem Level bezahlt, wie es bei anderen Teams der Fall ist. Gleiches gilt für das Wide-Receiver-Corps, und schon sind zwei Bereiche, in denen viele Teams sehr viel Geld ausgeben, in New England eine Chance, finanziellen Spielraum und Vorteile zu finden.

Der extremste Part ist dabei fraglos die Offensive Line. New England ist das einzige Team, das in dieser Saison in puncto Ausgaben für die Offensive Line im unteren Viertel der Liga zu finden war - und dennoch unter dem Strich eine der drei, vier besten Lines aufs Feld brachte. Hier ist das Coaching in Person von Dante Scarnecchia ein ganz zentraler Aspekt, doch selbst mit diesem gewichtigen Faktor darf man Zweifel haben, ob dieses Verhältnis von Ausgaben und Leistung konserviert werden kann.

Herr Bert: Wer ist dein Unsung-Hero oder -Unit der Playoffs?

"Hero" ist vielleicht ein wenig stark, aber wenn wir von den offensichtlichen Stars der Playoffs weg gehen, dann sollte man die Saints-Defense nochmal erwähnen. Was die nach dem Horror-Start gegen die Eagles gezeigt haben war sensationell, und im Conference Championship Game waren sie eine Ref-Entscheidung davon entfernt, die Rams bei 20 Punkten zu halten.

New Orleans wurde im Laufe des Rams-Spiels zu zurückhaltend, was das Play-Calling betrifft. Aber das Talent in dieser Defense ist ohne Frage vorhanden, und wenn die Saints hier in der Offseason noch an ein, zwei Schrauben drehen können, besteht eine Chance, dass wir 2019 mal vom Saisonstart weg eine solide bis gute Saints-Defense sehen.

Beff: Wer sind für dich die Colts der nächsten Saison? Sprich: Welchen Teams traust du am ehesten eine Überraschung zu, auch im Hinblick auf die neuen Coaches?

Ich wollte zuerst die Browns nennen, aber ehrlicherweise wäre es für mich keine Überraschung, wenn Cleveland nächstes Jahr erfolgreich ist - zum Start der Offseason sehe ich Cleveland im Playoff-Anwärter-Kreis. Tampa Bay war mein zweiter Gedanke; auch hier bin ich aber nicht sicher, ob man ein Team mit diesem offensiven Talent und Arians als neuem Head Coach wirklich als mögliche Überraschung durchgehen lassen kann.

Daher ist mein Early-Favorit auf diesen Titel: Cincinnati! Die Bengals haben offensiv mehrere sehr gute Bausteine. Die Bengals müssen die Offensive Line verbessern und in der Defense braucht es wohl einen generell neuen, aggressiveren und zeitgemäßeren Ansatz. Aber ich hatte zu Beginn der Head-Coach-Suche Zac Taylor weit oben auf meiner Liste und bin jetzt sehr gespannt, was er in Cincinnati zeigen kann.

Die große Wildcard sind für mich die Cardinals. Wenn Kingsburys Ideen in der NFL schnell greifen und Arizona die Offensive Line in der Free Agency und im Draft repariert bekommt, kann das ein ganz schneller Turnaround - nicht als sofortiges Playoff-Team, aber mit schneller Entwicklung - in der Wüste werden. Kann aber ohne jeden Zweifel auch krachend scheitern.