Draft: Bosa, Burns, Allen - das Edge-Rusher-Ranking

Von Adrian Franke
16. April 201910:10
SPOX rankt die Edge-Rusher in der diesjährigen Draft-Klasse.getty
Werbung

Wer dringend einen Edge-Rusher braucht, der könnte in diesem Draft Glück haben: Fünf Spieler mit Erstrunden-Talent bietet die diesjährige Draft-Klasse, doch auch darüber hinaus gibt es einige sehr spannende Prospects. SPOX-Redakteur Adrian Franke gibt sein Ranking ab.

Einige generelle Gedanken zur Edge-Rusher-Klasse, ehe es ins Ranking geht. Die Qualität an der Spitze gefällt: Mit Nick Bosa, Brian Burns und Josh Allen gibt es ein sehr starkes Spitzentrio, alle drei Spieler gehören in die Top-10 der diesjährigen Gesamt-Draft-Klasse.

Montez Sweat und Clelin Ferrell sollten ebenfalls in der ersten Runde weg gehen, zumindest legt ihr Tape das nahe. Und auch in der zweiten Runde gibt es etwa mit Chase Winovich und Zach Allen sehr gute Qualität, Richtung dritte und vierte Runde dann sollten Spieler wie Jaylon Ferguson, Oshane Ximines und Iowas Anthony Nelson ein Thema werden.

Die beiden vielleicht spannendsten Spieler - nicht in puncto Qualität, sondern eher mit Blick auf die Frage, was im Draft mit ihnen passiert - sind Jachai Polite und Rashan Gary. Polite muss mehr Muskelmasse drauf packen, als Pass-Rusher hat er aber jede Menge gutes Tape. Gary dagegen bringt körperlich alles mit und wird von vielen als Top-10-Pick gehandelt; sein Tape zeigt mir nichts, was das ansatzweise rechtfertigen würde.

Edge-Rusher-Ranking: Plätze 9-5 im Schnelldurchlauf

9. Zach Allen, Boston College: Allen ist ein physischer Power-Rusher, der mit Kraft, Aggressivität und großartigen Händen gewinnt. Kann mit dem Bull-Rush gewinnen, aber zeigt teilweise einen überraschend schnellen Get-Off und kommt gelegentlich auch mit Speed zum Quarterback. Gegen den Run ein Monster, hier kommt seine Power so richtig zur Geltung. Allen ist ein sehr konstanter Spieler, bei dem die Base-Line so extrem hoch ist, dass es schwer vorstellbar ist, dass er als Bust endet.

Rundenempfehlung: späte 2. Runde

8. Jachai Polite, Florida: Zeigt als Pass-Rusher tolle Anlagen. Explosiv, hat flexible Hüften, kann ein "Bend-Rusher" sein, kommt mit Speed um die Ecke und hat tolle Körperkontrolle. Man sieht die Geschwindigkeit, man sieht verschiedene Pass-Rush-Moves. Zwei Dinge werden bei ihm die zentrale Frage sein: Kann er mehr Physis und Power aufbauen? Zu häufig wird er im Run Game überrannt, zu häufig wird er aus dem Weg geschoben und aus dem Play geblockt. Vor allem aber: Polite hatte einen grausamen Pre-Draft-Prozess mit schlechten Interviews, schlechter Darstellung und schlechtem Testing. Seine Team-Visits über die vergangenen Wochen und kommenden Tage werden maßgeblich darüber entscheiden, welcher Coach mit ihm arbeiten will.

Rundenempfehlung: 2. Runde

SPOXYouTube

7. Rashan Gary, Michigan: Rein vom Tape her hätte ich Polite und Gary noch getauscht, doch Polites schlechtes Testing und generelles Auftreten über die vergangenen Wochen kostet ihn Platz 7 - und im Draft voraussichtlich jede Menge Geld. An Gary scheiden sich die Geister in der Draft-Community; manche sehen sein enormes athletisches Potenzial, andere mahnen mit Blick auf sein Tape. Ich gehöre zur zweiten Kategorie: Von kaum einem Edge-Spieler habe ich so viel Tape gesehen wie von Gary, und die Plays pro Spiel, bei denen er einen wirklichen Einfluss auf das Play hatte, lassen sich nicht selten an einer Hand abzählen. Er hat Power, er hat Explosivität, aber er spielt eindimensional als Pass-Rusher, er liest Plays falsch, er sieht teilweise auf dem Feld verloren aus. Garys Platz in der NFL könnte sehr gut eher Inside als Outside sein.

Rundenempfehlung: 2. Runde

6. Chase Winovich, Michigan: Hat in gewisser Weise das Stigma eines schlichten High-Motor-Spielers, aber Winovich ist mehr, deutlich mehr. Er hat einen guten Get-Off vom Snap weg, teilweise explodiert er durch Gaps. Setzt seine Hände gut ein, er hat Power und kann die auch nutzen - und Winovich hat Athletik. Er ist explosiv, er zeigt sehr gute Richtungswechsel und hat verschiedene Pass-Rush-Moves. Teilweise überrennt er Plays und manchmal agiert er als Rusher auch etwas kopflos, außerdem sieht man immer wieder, dass er am Blocker hängen bleibt. Aber ähnlich wie bei Allen: Ich kann mir bei wenigen Spielern in diesem Draft noch weniger vorstellen, dass sie als Bust enden.

Rundenempfehlung: Frühe 2. Runde

Draft 2019: Edge-Rusher Top-5

5. Montez Sweat, Mississippi State

Stärken:

  • Sweat hat einen sehr guten Get-Off mit gutem Timing und Explosivität. Er macht dann mit großen Schritten schnell Boden gut und kann einfach sehr schnell Tackles unter Druck setzen. Hier sieht man seine Athletik, die sich bei der Combine auch angedeutet hat; genau wie wenn er sich mit Power durch Tackles durcharbeitet.
  • Er zeigt verschiedene Pass-Rush-Moves und hat unheimlich lange Arme, die er auch gut einsetzen kann. Außerdem sieht man bei Sweat einen guten Motor, er ist solide in der Run-Defense und ist insgesamt überraschend komplett.
  • Seine Pressure-Percentage von 19,1 Prozent war laut Pro Football Focus der dritthöchste Wert in der SEC letztes Jahr.

Schwächen:

  • Die Beweglichkeit in den Hüften und generelle Agilität war auf Tape etwas steifer als erwartet. Sweat ist kein wirklicher Edge-Bender, auch wenn seine Athletik das nahelegen könnte. Teilweise sieht man davon Tendenzen, aber es ist nicht seine Stärke.
  • Technisch muss Sweat noch besser werden. Er muss seine Hände besser und schneller einsetzen, er muss noch mehr lernen, sich auch im Raum bewegen zu können.
  • Außerdem muss er noch mehr Power aufbauen. Sweat könnte noch etwas kompakter und physischer auftreten.

Rundenempfehlung: 1.-2. Runde

SPOXYouTube

4. Clelin Ferrell, Clemson

Stärken:

  • Ferrell ist bereits ein sehr kompletter, entwickelter Spieler. Er ist sehr aktiv und clever mit seinen Händen, er hat jede Menge Power, die er auch schnell aufbauen kann und er ist verlässlich in Run-Defense, wo er mit seiner Power an der Line of Scrimmage die Edge kontrollieren kann.
  • Als Pass-Rusher zeigt er einen teilweise explosiven Get-Off, er schiebt Tackles mit seiner Power teilweise im Bull-Rush eindrucksvoll nach hinten und er rusht nicht blind. Stattdessen diagnostiziert er auch Screens und stellt sich in den Passweg, generell liest er Plays häufig gut.
  • Ferrell mag nicht das athletische Ceiling von Josh Allen oder die technische Extraklasse von Nick Bosa haben. Aber er ist ein kompletter Allrounder, der sofort ein 3-Down-Spieler in der NFL wird.

Schwächen:

  • Agilität ist im Vergleich eher mittelmäßig und Ferrell ist auch kein Spieler, der nur mit Speed oder Explosivität gewinnt.
  • Wenn ein Tackle ihn fixieren kann, braucht er zu lange, um sich zu lösen. Dadurch entstehen immer wieder Phasen in Spielen, in denen er quasi kein Faktor ist.
  • Ferrell ist auch kein Spieler, den man mal in Coverage zurückfallen oder häufiger im Raum spielen lässt. Hier fallen die athletischen Nachteile gegenüber Allen oder auch Brian Burns dann doch immer wieder auf. Ferrell ist gewissermaßen etwas eindimensionaler.

Rundenempfehlung: Späte 1. Runde

SPOXYouTube

3. Brian Burns, Florida State

Stärken:

  • Als Pass-Rusher ein sehr spannender Spieler. Zeigt eine Vielzahl an Pass-Rush-Moves, hat die Beweglichkeit, um als Edge-Bender erfolgreich zu sein und explodiert teilweise aus dem Stand heraus. Mit seiner Geschwindigkeit, Beschleunigung und Agilität kann er langsamere Tackles überrennen.
  • Außerdem arbeitet Burns gut mit seinen Händen, ist da sehr aktiv und macht es Offensive Linemen schwer, ihn so zu kontrollieren. Vielmehr kann er mit seinen langen Armen selbst häufig die Oberhand gewinnen. Das erlaubt es ihm auch, sich durch Kontakt und Traffic durch zu arbeiten.
  • Bei Burns fällt zudem auf, dass er als Pass-Rusher clever spielt. Er wartet ab, wenn es nötig ist und er spielt aggressiv, wenn es die Situation verlangt. Seine Athletik erlaubt es ihm außerdem sich bei Bedarf in Coverage zurückfallen zu lassen.

Schwächen:

  • Power ist das große Fragezeichen bei Burns. Gegen den Run wird er, teilweise auch von Tight Ends, regelmäßig aus dem Play raus geblockt, aber auch im Pass-Rush fällt das immer wieder auf. Burns wird in der NFL Muskelmasse drauf packen müssen, und muss dann den richtigen Mittelweg finden, um nicht zu viel von seiner Beweglichkeit einzubüßen.
  • Seine Cuts als Rusher könnten noch schärfer kommen, immer wieder mal fällt auf, dass er sich in seinem Rush zu weit nach außen - also gewissermaßen hinter den Quarterback - schieben lässt, so dass der in die Pocket treten kann.

Rundenempfehlung: Top-10 Overall

SPOXYouTube

2. Josh Allen, Kentucky

Stärken:

  • Der athletische Freak in der diesjährigen Edge-Rusher-Klasse. Allen ist groß, schnell, explosiv und kann sich erstaunlich gut in Coverage fallen lassen. Der prototypische Outside Linebacker für eine 3-4-Front, mit der Vielseitigkeit, bei Bedarf auch andere Rollen zu übernehmen.
  • Auffallend ist sofort sein schneller Get-Off. Allen explodiert teilweise vom Snap weg, mit Speed und Explosivität gewinnt er häufig Plays blitzartig. Allen kann auch nach ein, zwei Schritten nochmal beschleunigen und kommt so regelmäßig um Tackles herum.
  • Das kombiniert er mit seiner Agilität, um sich auf engstem Raum um Offensive Tackles herum zu drehen. Hier zeigt er super Ansätze, rein als Edge-Rusher-Typ kommt er in diesem Draft Von Miller am nächsten.

Schwächen:

  • Ähnlich wie Burns muss auch Allen noch physischer als Edge-Setter gegen den Run werden. Teilweise spielt er hier undiszipliniert, teilweise hat er nicht die nötige Power, um standzuhalten. Allen wird immer wieder mal aus dem Play raus geschoben, etwas, das bei Nick Bosa deutlich seltener passiert.
  • Als Pass-Rusher muss Allen noch entschieden vielseitiger werden, hier ist er zu eindimensional. Im Gegensatz zu Bosa und Burns hat er noch nicht die Vielzahl an Pass-Rush-Moves in seinem Arsenal, weshalb er manchmal eher wie ein Elite-Athlet, der Football spielt, aussieht, als wie ein Football-Spieler mit Elite-Athletik.

Rundenempfehlung: Top-10 Overall

SPOXYouTube

1. Nick Bosa, Ohio State

Stärken:

  • Ist technisch unheimlich weit. Bosa setzt seine Hände wahnsinnig gut und effizient ein, er hat auffallend viele verschiedene Pass-Rush-Moves in seinem Repertoire und kann sich konstant schnell von einem Blocker lösen.
  • Niedriges Pad-Level in Kombination mit jeder Menge Kraft aus den Beinen führt zu einer beachtlichen Power beim Kontakt. Bosa nutzt die Kraft, die er hier aufbauen kann, um Blocker nach innen zu schlagen. Bosa nimmt mit den ersten Schritten Geschwindigkeit auf und kann die dann in enorme Kraft umwandeln, was für Offensive Linemen eine große Herausforderung darstellt.
  • Dazu hat Bosa die hierfür notwendige Agilität. Er kann aus seiner tiefen Grundhaltung heraus die Hüften schnell in alle Richtungen bewegen, ohne dass er dafür abbremsen muss.
  • Außerdem ist Bosa ein guter Tackler und ein verlässlicher Run-Verteidiger.
SPOXYouTube

Schwächen:

  • Bosa ist kein athletischer Edge-Bender wie Von Miller, der mit unglaublichem Speed innerhalb kürzester Zeit um den Offensive Tackle herum kommt.
  • Er hat zwar eine gute Beschleunigung vom Snap weg, aber damit alleine wird er in der NFL nicht gewinnen. Bosa muss mit seiner Technik und Power auf dem nächsten Level Erfolg haben.
  • Bosa hat kurze Arme, und manchmal fällt es auf. Athletische Tackles, die ihm hier überlegen sind, können ihn fixieren; hier bleibt Bosa gelegentlich an Gegenspielern hängen. In der Folge hat er doch einige Plays, in denen er auf das Play überhaupt keinen Impact hat.

Rundenempfehlung: Top-5 Overall