Die fünf Erstrunden-Quarterbacks aus dem Draft 2018 gehen in ihr zweites NFL-Jahr - und die Vorzeichen könnten unterschiedlicher kaum sein. Während Baker Mayfield mit den Cleveland Browns die Ligaspitze angreifen will, muss Josh Rosen bei den Miami Dolphins bereits um seine Zukunft als Starter spielen. Wir werfen einen Blick auf die Situationen der fünf Quarterbacks und geben eine erste Prognose ab.
Baker Mayfield (Cleveland Browns)
Mayfield übernahm in der letzten Saison ab Woche 4 als Starter. Der Nummer-eins-Pick deutete früh sein Potenzial an, litt jedoch anfangs noch merklich unter dem eher starren System von Head Coach Hue Jackson und Offensive Coordinator Todd Haley. Nach der Übernahme des Play-Callings durch Freddie Kitchens präsentierte sich Mayfield deutlich stärker und stellte mehrmals seine Klasse, auch außerhalb der Pocket und unter Druck, unter Beweis. Kaum ein junger Quarterback zeigte so regelmäßig so spektakuläre Würfe wie der 24-Jährige.
In der kommenden Saison hat Mayfield mit Odell Beckham Jr. nun einen der besten Outside-Receiver, mit Jarvis Landry einen sehr guten Slot-Receiver und kombiniert mit Rashard Higgins, Antonio Callaway, David Njoku sowie Duke Johnson als Receiving Back das vielleicht beste Waffen-Arsenal der NFL an seiner Seite. Die Browns werden Mismatches kreieren und diese gezielt attackieren können. Dass Mayfield die Klasse hat, um diese Situationen ausnutzen, steht völlig außer Frage.
Browns-Zugänge | Browns-Abgänge |
Odell Beckham Jr. (WR, Trade) | Kevin Zeitler (G, Trade) |
Kareem Hunt (RB, Free Agent) | Darren Fells (TE, Free Agent) |
Drew Forbes (G, Draft) | Breshad Perriman (WR, Free Agent) |
Abzuwarten bleibt allerdings, wie sich die Offensive Line in Cleveland in der kommenden Saison schlagen kann. Greg Robinson präsentierte sich als Left Tackle zwar überraschend solide, bleibt allerdings ein klares Fragezeichen. Nach dem Abgang von Guard Kevin Zeitler, einem der Top-Offensive-Linemen der Liga, könnte die Browns-Line wackeln.
Bereits in der Vorsaison zeigte sich Mayfield gegen komplexe Blitzes am ehesten anfällig. Diese Problematik werden er und seine Line gemeinsam gelöst bekommen müssen, um das Potenzial der Offense vollends abrufen zu können. Sofern Kitchens und der neue Offensive Coordinator Todd Monken diese kleineren Schwachstellen kaschieren können, verfügt Mayfield über die Anlagen und die Mittel, um eine absolut spektakuläre Saison auf den Rasen zu zaubern.
Sam Darnold (New York Jets)
Während Mayfield die Zweifel darüber, ob er tatsächlich der beste Quarterback der 2018er Draft-Klasse ist, bereits in seiner ersten Saison fast vollständig ausräumen konnte, blieb Darnold in der vergangenen Saison noch einiges schuldig. Seine Adjusted Completion Percentage wurde einzig von anderen Rookie-Quarterbacks unterboten, er offenbarte zudem große Probleme über die Mitte des Feldes und gegen Pressure, bei Würfen mit 20 oder mehr Air Yards war er der mit Abstand ungenaueste Quarterback der NFL.
Und doch war längst nicht alles schlecht. Nach vierwöchiger Verletzungspause präsentierte sich Darnold in den letzten vier Saisonspielen deutlich besser und stellte unter Beweis, wieso er für viele ursprünglich das größte Quarterback-Talent der Klasse war.
Darnold hielt Plays durch seine Fußarbeit und Athletik lange am Leben und war außerhalb der Pocket, zum Beispiel durch Rollouts, besonders stark. Diese Fähigkeiten werden die Jets mit ihrem neuen Head Coach Adam Gase in der kommenden Saison noch stärker zur Geltung bringen wollen.
Jets-Zugänge | Jets-Abgänge |
Le'Veon Bell (RB, Free Agent) | Spencer Long (C, Free Agent) |
Jamison Crowder (WR, Free Agent) | Isaiah Crowell (RB, Free Agent) |
Kelechi Osemele (G, Trade) | Jermaine Kearse (WR, Free Agent) |
Chuma Edoga (T, Draft) | |
Trevon Wesco (TE, Draft) |
Helfen soll dabei auch ein verbessertes Waffenarsenal. Mit Jamison Crowder kam ein guter Slot- und Underneath-Receiver, der Darnold das Leben durch seine After-the-Catch-Fähigkeiten deutlich erleichtern sollte.
Auch Le'Veon Bell dürfte als Receiving Back zu einem beliebten Ziel Darnolds werden. Einen echten Nummer-eins-Receiver sucht man in New York allerdings noch vergeblich. Es wird elementar sein, in welcher Form sich Speedster Robby Anderson über die kommenden Monate präsentieren kann.
Die Offensive Line hat durch den Trade für Kelechi Osemele zwar etwas Hilfe bekommen, bleibt aber wohl eine der schwächeren Units der Liga. Hier wird Gase zeigen müssen, dass er gewisse Schwachstellen über sein Play-Calling, zum Beispiel über Play Action oder das Bewegen der Pocket, ausgleichen kann. Zu viel Druck könnte einen allzu großen Schritt von Darnold, der sich sehr anfällig gegen Pressure präsentierte, in seinem zweiten Jahr verhindern.
Josh Allen (Buffalo Bills)
Dr. Jekyll oder Mr. Hyde? Wie wird sich Josh Allen präsentieren? Diese Frage stellte sich in der vergangenen Saison jede Woche, bei jedem Play. In einer mit nur wenig Talent gesegneten Offense stellte der 23-Jährige seine Athletik sowie seine brutale Armstärke mehrfach unter Beweis, äußerst fragwürdige Entscheidungen sowie mangelnde Genauigkeit waren allerdings ein ebenso großer Teil seines Spiels 2018.
Allen hielt zahlreiche Plays als Scrambler am Leben und wurde immer wieder selbst zu einem gefährlichen Runner, wies allerdings auch das schlechteste Passer Rating aus einer sauberen Pocket sowie die schlechteste Adjusted Completion Percentage der Liga auf.
Dementsprechend ließen die Bills in den vergangenen Monaten nichts unversucht, um ihrem Franchise Quarterback bestmöglich unter die Arme zu greifen. Center Mitch Morse und Tackle Ty Nsekhe sollen die Offensive Line ebenso verstärken wie Rookie Cody Ford, sodass Allen 2019 nicht mehr konstant um sein Leben laufen müssen wird.
Darüber hinaus kommt mit Cole Beasley ein sehr verlässlicher Receiver über die Mitte des Feldes, wo Allen in der vergangenen Saison große Probleme offenbarte, sowie Speedster John Brown, der mit der riesigen Armstärke seines neuen Quarterbacks gut harmonieren sollte.
Bills-Zugänge | Bills-Abgänge |
Mitch Morse (C, Free Agent) | Jordan Mills (T, Free Agent) |
John Brown (WR, Free Agent) | John Miller (G, Free Agent) |
Cole Beasley (WR, Free Agent) | Ryan Groy (C, Free Agent) |
Ty Nsekhe (T, Free Agent) | Charles Clay (TE, Free Agent) |
Cody Ford (G, Draft) | Chris Ivory (RB, Free Agent) |
Devin Singletary (RB, Draft) | |
Dawson Knox (TE, Draft) | |
Frank Gore (RB, Free Agent) | |
TJ Yeldon (RB, Free Agent) | |
LaAdrian Waddle (T, Free Agent) |
All diese Moves können Allen im kommenden Jahr deutlich helfen; die größten Fragezeichen bleiben allerdings weiter bestehen: Eine solide Offensive Line hilft nicht, wenn der Quarterback nach seinem ersten Read bereits zum Scramble ansetzt. Das beste Paar von Händen ist nutzlos, wenn der Pass zwei Meter im Rücken des Receivers landet.
Der 23-Jährige wird nicht der neue Tom Brady werden. Das erwartet auch niemand von ihm, sein bisheriger Spielstil wird dauerhaft allerdings nicht zielführend sein können. Somit liegt auf der Hand: Allen wird 2019 nächsten Schritt als Passer machen müssen. Andernfalls dürfte er in der NFL kaum dauerhaft bestehen können.
Josh Rosen (Miami Dolphins)
Es ist kein Geheimnis, das Rosen im vergangenen Jahr in der so ziemlich schlimmsten Situation landete, in der man sich als Rookie-Quarterback nur wiederfinden kann. Ein antiquiertes offensives System, das während der laufenden Saison überholt wurde, ein verletzter Sam Bradford, der Rosen ohne lange Vorbereitung zum Starting Quarterback machte, ein schwaches Receiving Corps sowie eine von Verletzungen geplagte Offensive Line, die zu den schlechtesten Units der letzten Jahre gehörte.
Allerdings trifft auch Rosen durchaus Schuld an den schwachen Vorstellungen der Cardinals in der Vorsaison. Denn er war nicht nur unter Druck schwach, auch aus einer sauberen Pocket legte er die schlechtesten Werte aller Starting Quarterbacks auf. Besonders bei kurzen und mittellangen Routen offenbarte er klare Schwächen, überraschenderweise auch bei seiner Genauigkeit, die am College noch zu seinen Stärken zählte.
Hier wird Rosen in Miami zeigen müssen, wie viel davon im letzten Jahr tatsächlich dem konstanten Druck geschuldet war. Denn: Bei aller berechtigten Kritik zeigte der 22-Jährige durchaus auch, wieso er vor einem Jahr in der ersten Runde gedraftet wurde. In fast jedem Spiel zeigte Rosen mehrere "Wow"-Würfe - nun gilt es, Konstanz in seine Leistung zu bringen.
Dolphins-Zugänge | Dolphins-Abgänge |
Josh Rosen (QB, Trade) | Ryan Tannehill (QB, Trade) |
Ryan Fitzpatrick (QB, Free Agent) | Ja'Wuan James (T, Free Agent) |
Jordan Mills (T, Free Agent) | Danny Amendola (WR, entlassen) |
Dwayne Allen (TE, Free Agent) | Ted Larsen (G, Free Agent) |
Michael Deiter (G, Draft) | Frank Gore (RB, Free Agent) |
Isaiah Prince (T, Draft) | |
Myles Gaskin (RB, Draft) | |
Chandler Cox (FB, Draft) |
Das größte Fragezeichen in Miami ist dabei Ryan Fitzpatrick. Wie schon im letzten Jahr hat Rosen den Starting Job nicht garantiert. Nach dem Trade für Rosen wäre Miami allerdings gut beraten, den Youngster genug spielen zu lassen, um ihn unter normaleren Umständen für die Zukunft bewerten zu können.
Die Voraussetzungen, um sich als Franchise-Quarterback in Szene zu setzen, scheinen in Miami schon mal besser zu sein als im Vorjahr. Das Receiving-Corps mit Kenny Stills, DeVante Parker und Albert Wilson ist kein schlechtes, auch Tight End Mike Gesicki ist mit seiner Athletik eine interessante Receiving-Option.
Die Offensive Line bereitet allerdings einmal mehr Kopfzerbrechen. Das Tackle-Duo aus Laremy Tunsil und Jordan Mills könnte ein solides sein, die Interior Line weist allerdings mit mehr Fragen als Antworten auf. Trotz dieser deutlichen Makel sollte Rosen 2019 zumindest etwas regelmäßiger aus einer sauberen Pocket spielen können.
Dabei wird er nun zeigen müssen, dass zu mehr in der Lage ist, als zu gelegentlichen Highlight-Würfen. Andernfalls dürfte Miami im kommenden Jahr auf Quarterback-Suche gehen - und er wohl eine Backup-Rolle einnehmen.
Lamar Jackson (Baltimore Ravens)
Ist Lamar Jackson ein überragender Spieler, der sein Team zu sechs Siegen in seinen ersten sieben Starts geführt hat? Oder ist er ein unfähiger Quarterback, der den Ball keine zwei Meter zu seinem Mitspieler werfen kann? Ist er ein zukünftiger MVP-Kandidat oder ein zukünftiger Running Back? Die Wahrheit dürfte - zumindest nach seinem ersten NFL-Jahr als Maßstab - irgendwo in der Mitte liegen.
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass Jacksons Leistungen als reiner Passer in der vorangegangenen Saison nur wenig erfolgversprechend waren. Der 22-Jährige wies Probleme aus einer sauberen Pocket auf, war anfällig gegen den Blitz und schwach bei Würfen in Richtung Seitenlinie. Vor allem Jacksons Genauigkeit bleibt ein massiver Kritikpunkt im Spiel des Superathleten. Im Vorjahr wies kein Quarterback hier größere Probleme auf, vor allem bei kurzen und bei weit offenen Würfen war die Diskrepanz zum Rest der Liga enorm.
Ravens-Zugänge | Ravens-Abgänge |
Marquise Brown (WR, Draft) | Joe Flacco (QB, Trade) |
Mark Ingram (RB, Free Agent) | John Brown (WR, Free Agent) |
Miles Boykin (WR, Draft) | Michael Crabtree (WR, entlassen) |
Ben Powers (G, Draft) | Alex Collins (RB, Free Agent) |
Justice Hill (RB, Draft) | Javorius Allen (RB, Free Agent) |
Trace McSorley (QB, Draft) |
Ein ähnlich guter - und vor allem: genauer - Passer wie der Liga-Durchschnitt wird Jackson also aller Voraussicht nach tatsächlich nicht mehr werden. Aber: Er muss es auch gar nicht. Jacksons Skillset macht ihn nicht nur zum gefährlichsten Runner aller Quarterbacks, es öffnet zwangsläufig auch größere Passfenster, zum Beispiel hinter den Linebackern, sodass er sich kleinere Ungenauigkeiten am ehesten erlauben kann.
Der nächste Schritt für ihn wird somit weniger sein, perfekte Würfe in enge Fenster zu perfektionieren, sondern die klaren Fehlwürfe soweit es geht zu reduzieren.
Die Ravens haben bereits deutlich gemacht, dass sie 2019 einen weniger Run-lastigen Ansatz in der Offense verfolgen wollen. Vorausgesetzt bei diesen Ansagen handelt es sich nicht um reine Nebelkerzen der Coaches, dürfte es in der neuen Offense von Baltimore vor allem darum gehen, seinem jungen Quarterback so viele einfache und offene Würfe wie möglich zu ermöglichen.
Das stark besetzte Tight-End-Arsenal sollte dabei eine ähnlich zentrale Rolle einnehmen wie Rookie Marquise Brown, der mit seiner Schnelligkeit und Flinkheit perfekt mit Jacksons Skillset harmonieren sollte.
Die Offense der Ravens dürfte zu Beginn der neuen Saison zu den spannendsten der Liga zählen. Gelingt es Jackson als Passer den nächsten Schritt zu machen, könnten Head Coach John Harbaugh und Offensive Coordinator Greg Roman die Liga tatsächlich auf dem falschen Fuß erwischen. Mit einem primären Runner als Quarterback dürfte die Offense hingegen früh auf dem Boden der Tatsachen anlangen.
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