Baltimore Ravens und die neue Offense um Lamar Jackson: Die Antithese

Von Adrian Franke
18. Juni 201909:29
Die Baltimore Ravens um Lamar Jackson werden nächstes Jahr eine Offense spielen, die im krassen Gegensatz zum Trend der Zeit stehen wird.getty
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Der Trend in der NFL geht ganz klar in eine Richtung: Das Passing Game ist Trumpf. Die Gehälter von Quarterbacks steigen und steigen, der Zusammenhang zwischen dem Passspiel und der Entscheidung über den Ausgang eines Spiels lässt sich immer intensiver nachweisen. Doch ein Team setzt auf den gegenteiligen Ansatz: Die Baltimore Ravens arbeiten an der spannendsten Rushing Offense 2019.

Die Offense, die gerade bei den Arizona Cardinals entsteht, ist für viele NFL-Analysten eines der spannendsten Projekte der kommenden Saison. Kliff Kingsbury installiert mit Kyler Murray seine Version der Air Raid Offense, es könnte in verschiedenen Bereichen des Passing Games neue Türen in der NFL aufstoßen und soll sich im Idealfall an die Spitze des Passing-Trends setzen.

In gewisser Weise sind die Baltimore Ravens auf dem entgegengesetzten Pfad unterwegs.

Obwohl Baltimore zu Beginn der Saison die passlastigste Offense der Liga stellte, hatte am Ende kein Team mehr Rushing-Versuche auf dem Konto als die Ravens - 547 Mal lief Baltimore den Ball. Nachdem Jackson in Woche 11 den Startplatz übernahm, war er alleine für durchschnittlich 17 Runs pro Spiel verantwortlich; eine enorme Quote.

Ab Woche 11 lief Baltimore bei 64 Prozent seiner Offense-Snaps, ein einsamer Spitzenplatz. Noch deutlicher war es bei First Down, hier spielten die Ravens zu 74 Prozent einen Run, gefolgt von den Seahawks (70 Prozent). Doch während Seattle dann bei Second Down deutlich häufiger den Ball warf (Run-Quote: 51 Prozent), blieben die Ravens auch hier der Run-Spitzenreiter (60 Prozent).

Lamar Jackson: Vom Gimmick zum Fokus

Kurzum: Baltimores Offense über grob das letzte Saison-Drittel nahm Rushing-Dimensionen an, wie man sie in der heutigen NFL eigentlich nicht mehr sieht; und die Ravens stellten ihre Offense während der Saison darauf um, als sich Flacco verletzte und sie den Quarterback-Tausch vollzogen.

"Eigentlich", betonte Coach John Harbaugh, "ist das quasi unmöglich. Aber wir hatten das schon vorher in die Offense eingebaut. Die Blocking-Schemes hatten wir trainiert, bereits im Training Camp. Dennoch ist es bemerkenswert, dass die Coaches und Spieler das so umsetzen konnten." Bis er als Starter übernahm, war Jackson ein Gimmick-Player, der für einzelne Run- und gelegentliche Trick-Plays aufs Feld kam. Und wie auf Knopfdruck war plötzlich die gesamte Offense um ihn herum gestaltet.

Das soll sich jetzt fortsetzen und intensivieren. Die Ravens sehen ihre Run-lastige Offense mit Jackson nicht als Eintagsfliege oder Übergangslösung, bis Jackson sich vielleicht als Passer steigert und seine Accuracy konstanter wird. Vielmehr sehen die Coaches das, was man letztes Jahr mit Jackson gesehen hat, erst als den Anfang einer neuen Offense, mit der sie auch 2019 angreifen wollen.

"Wir werden verschiedene Aspekte nutzen", führte Harbaugh im Adam Schefter Podcast weiter aus, "wir werden Dropback-Pässe haben, ein Downhill-Run-Game, Run Pass Options, Triple Options, Play Action, Zone-Runs - wir werden viele verschiedene Dinge einsetzen, um Gegner auf dem falschen Fuß zu erwischen und für uns gute Matchups zu schaffen."

Ravens: Greg Roman als das Mastermind der neuen Offense

Eine Personalie, die in gewisser Weise sinnbildlich dafür steht, ist Greg Roman. Roman wurde nach der vergangenen Saison zum Offensive Coordinator befördert, und es gibt in der NFL derzeit wohl wenige Coaches, die derart viel Erfahrung mit Option-Offenses, die um einen Quarterback mit Rushing-Potenzial herum aufgebaut werden, hat. Roman war der Offensive Coordinator in San Francisco in der Hochphase von Colin Kaepernick, er war der Offensive Coordinator in Buffalo, als die Bills Tyrod Taylor verpflichteten.

Und Roman hat eine ganz nüchterne Sichtweise darauf, was eine Offense in der NFL heute ausmachen sollte - ein gewisses Maß an Einfachheit: "Wenn man sich heute College-Spieler anschaut und sich damit beschäftigt, wie sie lernen, in welchen Systemen sie spielen und welche Erfahrung sie mitbringen, dann ist das ein ganz anderes Bild als vor 10, 20 Jahren. Viele dieser Jungs waren noch nie in einem Huddle. Viele müssen keine Plays ansagen. Es ist ein vereinfachter Ansatz, und diese Erfahrung bringen sie dann auch mit."

Einfach aber effizient: Die Ravens-Offense 2018

"Einfachheit" ist auch der übergreifende Begriff für das, was Baltimore letztes Jahr machte.

Es war faszinierend zu sehen, wie wenig komplex Baltimores Offense mit Lamar Jackson aus schematischer Sicht war. Sicher, die Blocking-Zuteilungen bekamen hier und da einige kleine Anpassungen; teilweise arbeiteten die Ravens bevorzugt Inside mit Double-Teams, teilweise hatten sie zwei Pull-Blocker, um ein nummerisches Übergewicht auf einer Seite zu schaffen.

SPOXNFL Gamepass

Im Kern aber nutzten die Ravens nur eine Handvoll verschiedener Formationen, um mit Jackson im Run Game Offenses zu attackieren. Das oben abgebildete Design war dabei eines der absoluten Basic-Plays, in puncto Formation und in puncto Play-Design insgesamt.

Nachdem Jackson übernahm, spielten die Ravens nur noch 56 Prozent ihrer Snaps aus 11-Personnel (ein RB, ein TE, drei WR), der fünftniedrigste Wert ligaweit. Stattdessen arbeiteten sie zu 25 Prozent aus 12-Personnel, also mit zwei Tight Ends; der vierthöchste Wert. Und obendrauf kamen acht Prozent ihrer Snaps aus 13-Personnel, der dritthöchste Wert.

Die Ravens waren mit Jackson die Play-Action-lastigste Offense der Liga, und das wird sich auch 2019 fortsetzen. 42,9 Prozent seiner Pässe kamen via Play Action, fast 20 Prozent mehr (!) als es bei Flacco der Fall war (23,3 Prozent). Jackson war mit Play Action deutlich effizienter (2,9 Yards pro Pass mehr im Schnitt) als ohne und warf drei Touchdowns und nur einen Pick bei 87 Dropbacks - ohne waren es bei 30 Snaps mehr drei Touchdowns und zwei Interceptions.

Das ist eine Erklärung für den Anstieg an Formationen mit mehreren Tight Ends - Baltimore war so schwerer ausrechenbar in seinen Play-Action-Designs. Allerdings wurden, wie oben abgebildet, auch Plays, in denen ein Tight End neben Jackson und dem Running Back im Backfield stand und als Lead-Blocker fungierte, ein zentraler Part der Offense.

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Und so sahen dann, wie im ersten und zweiten Beispiel, sehr viele Play-Designs aus. Jackson hatte die Möglichkeit, den Ball zu behalten, oder ihn an den Running Back zu übergeben - um diese Entscheidung zu treffen, liest er in aller Regel einen der Edge-Defender. Kommt der nach innen gesprintet, zieht Jackson den Ball zurück und läuft hinter seinem Tight End selbst los. Hält der Verteidiger die Edge, übergibt Jackson den Ball an seinen Running Back.

So blockt man mit dem Zone Read einen Verteidiger, ohne ihn physisch zu blocken - und so kreiert man ein numerisches Übergewicht. Unter Running Backs mit mindestens 130 Runs in der Regular Season liefen nur Todd Gurley (8,2 Prozent) und Frank Gore (12,1 Prozent) weniger ihrer Runs gegen acht oder mehr Verteidiger in der Box als Gus Edwards (13,1 Prozent), der gemeinsam mit Jackson in Woche 11 die Starter-Rolle übernahm.

Obwohl Teams also wussten, dass die Ravens laufen werden, hatte Edwards prozentual mehr leichte Boxes gegen sich als fast jeder andere Running Back. Die anderen beiden konstant auftretenden Elemente neben dem Tight End im Backfield waren Pre-Snap-Motion und Misdirection, wie im zweiten Beispiel ebenfalls zu sehen.

Baltimore nutzte Receiver bei angetäuschten Jet Sweeps gerne als Ablenkung, um die Defense zu Anpassungen in der Zuteilung zu zwingen und im Idealfall noch einen Verteidiger aus der Box zu ziehen - eine Rolle, in der man 2019 Rookie Marquise Brown häufig sehen dürfte. Und das führt direkt zur kommenden Saison und einigen der Konzepte, die weiter ausgebaut werden und elementare Parts der Ravens-Offense 2019 sein dürften.

Was macht die Ravens-Offense aus?

Wenn man Baltimores Offense verstehen will, muss man auf die Tight Ends schauen, das dürfte auch für 2019 gelten.

War der Tight End nicht mit Jackson und Edwards im Backfield, sah man zwei Dinge häufig: Pre-Snap-Motion - bei gefühlt jedem zweiten Play bewegte sich der Tight End Pre-Snap von der einen auf die andere Seite der Formation - und den Tight End als Pull-Blocker.

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Das hier abgebildete Play war der 33-Yard-Touchdown-Run von Jackson gegen die Browns, und zeigt sinnbildlich, warum Baltimore so lange mit einer eigentlich so wenig komplexen Offense sehr erfolgreich war.

Der blau eingekreiste Verteidiger ist der Spieler, den Jackson liest. Weil er sich nach innen orientiert, zieht Jackson den Ball zurück und statt eines Inside-Runs von Edwards läuft Jackson hinter seinem Tight-End-Vorblocker nach außen. Damit wäre es aber die Aufgabe des Spielers hinter dem gelesenen Verteidiger, den Run nach innen zu schieben - der lila markierte Pfeil wäre für ihn die Antwort.

Doch stattdessen orientiert auch er sich nach innen. Die Folge ist viel zu offener Raum für Jackson, und ein einfacher Touchdown für den explosiven Runner.

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Und damit hatte Baltimore über mehrere Wochen durchschlagenden Erfolg.

Auch designte Quarterback-Runs gab es aus diesen Formationen, und die machten den größten Part von Jacksons Runs aus: Jackson lief 135 Mal aus designten Runs heraus und scrambelte nur 22 Mal. Zone Reads und geplante Quarterback-Keeper, kombiniert mit Play Action wurden das Rückgrat der Offense.

Zum Vergleich: Deshaun Watson (60 Scrambles, 40 designte Runs), Blake Bortles (40/18) oder auch Mitch Trubisky (36/32) brachen bei ihren Runs zum Teil deutlich häufiger aus dem Play-Design aus.

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Es waren immer wieder die gleichen Grundkonzepte und die gleichen Formationen, aus denen Baltimores Offense funktionierte - maßgeblich dadurch, dass man mit Jackson im Run Game 11-gegen-11 spielte, und es schaffte, durch die Option-Elemente Überzahlsituationen zu kreieren.

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Mehr Vielseitigkeit und die Chargers als Warnung

Nur bedingt wurde Baltimore vielseitiger, arbeitete etwa wie im unten abgebildeten Spielzug mit zwei Pull-Blockern in Richtung des Tight Ends.

Das war der 8-Yard-Touchdown-Run von Lamar Jackson gegen Cleveland, bei dem der ungeblockte Verteidiger auf der Seite ist, von der die beiden Pull-Blocker kommen und wenn die Option ihn außen hält, Jackson hinter beiden Pullern und dem Tight End laufen kann. Genau das passierte hier:

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Allerdings war die Offense längst nicht flexibel und vielseitig genug, um anhaltend auf diese Art Erfolg zu haben; das wurde bei der Wildcard-Niederlage gegen die Chargers überdeutlich.

Jackson hatte über drei Viertel als Passer viel zu große Defizite, während die Chargers eine Blaupause lieferten, wie man mit der Version des Vorjahres-Ravens-Run-Games umgehen muss.

Die Chargers hatten erst unmittelbar vor dem Playoff-Duell in der Regular Season gegen Baltimore gespielt. Damals gewannen die Ravens auswärts auf dem Rücken des Run Games, doch hatte L.A. damit die verschiedenen Formationen und Zone Reads gerade erst auf dem Feld gesehen.

In gewisser Weise war es ein Schnelldurchlauf des Schicksals, das die Zone-Read-Offense vor einigen Jahren erlitten hatte. Nachdem Colin Kaepernick, Russell Wilson und Robert Griffin III. die Liga mit dem Zone Read und Option Offense im Sturm erobert hatten, passten sich die Defensive Coordinator an. Es dauerte eine Weile, doch wurde schließlich klar, dass der Zone Read zwar ein Teil einer Offense sein kann - nicht aber dessen Basis.

Nach wie vor sehen wir ihn in der NFL, ganz besonders die Panthers nutzen verschiedene Option-Elemente mit Cam Newton; die Play-Designs sind dabei aber meist nicht wahnsinnig komplex, der Zone Read funktioniert eher, weil die Offense drum herum mit einem ausgeprägten Passing Game die Defense vor verschiedene Hürden stellt.

Die Chargers brachten den Ravens diese Lektion innerhalb eines Spiels bei.

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Die kurze Version: Los Angeles ließ seine Defensive Line aggressiv attackieren und setzte dahinter auf Geschwindigkeit, um mögliche Lücken schnell schließen zu können.

Die Chargers spielten gegen die Run-lastigste Offense der Liga ohne echten Inside Linebacker - 58 der 59 Defense-Snaps kamen mit sieben Defensive Backs auf dem Feld, das waren mehr 7-DB-Snaps, als die Chargers vorher in der kompletten Regular Season gespielt hatten (50). Kein Team hatte bis dato in der Saison in einem Spiel mehr als 18 Snaps mit sieben Defensive Backs gleichzeitig gespielt.

Jackson kam bei fünf designten Runs auf acht Yards, die noch zu rudimentäre Ravens-Offense war vorhersehbar geworden. Die Chargers profitierten dabei fraglos davon, dass sie diese Offense gerade erst auf dem Feld gesehen hatten; doch wenn die Defensiv-Experten in der NFL eine Offseason haben, um Baltimores Offense zu studieren, darf man getrost davon ausgehen, dass die Ravens drastisch komplexer werden müssen, wenn sie über das Run Game dominieren wollen.

Was planen die Ravens für 2019?

Einige andere Formationen sahen wir bereits letztes Jahr, bei denen man davon ausgehen sollte, dass sie 2019 eine größere Rolle spielen - wenn sich die Offense so entwickelt, wie es zu vermuten steht.

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Da wäre etwa die hier dargestellte Diamond-Formation. Dabei ist der Quarterback links und rechts von einem Spieler flankiert - meist Tight Ends, Fullbacks oder Running Backs - und hat einen Running Back oder Fullback hinter sich.

Es ist eine Formation, die man in vielen NFL-Offenses überhaupt nicht mehr sehen wird; und das macht es für Baltimore interessant: Um über das Run Game zu gewinnen, müssen die Ravens gegnerische Defenses so viele verschiedene Formationen und aus diesen Formationen so viele verschiedene Mutationen wie möglich präsentieren. Nur wenn die Offense schwer lesbar bleibt, kann sie erfolgreich sein.

Das, was wir letztes Jahr gesehen haben, war schematisch gesprochen ein Strohfeuer. Eine simple Offense, die auf einfache Fehler in der Defense und einfache Reads für den Quarterback baute. Für 2019 sprechen wir mit Blick auf die Ravens-Offense von einer gänzlich anderen Dimension.

Das "Veer"-Konzept eignet sich glänzend, um ausführlicher mit der Triple Option herumzuexperimentieren. Ganz einfach gesagt: Der Quarterback hat ohnehin zwei bis drei Spieler mit sich im Backfield, je nachdem, welche Veer-Version gespielt wird. Dementsprechend macht es nur Sinn, auch verschiedene Möglichkeiten der Ballübergabe zu installieren.

Ein ganz klassisches Beispiel ist der Outside Veer aus der Pistol-Formation:

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Dabei hat der Quarterback zunächst die Option, den Ball an den Running Back hinter sich zu übergeben - sein erster Read. Behält er den Ball, läuft er zunächst selbst los - und hat dann die Option, den Ball zur Seite zu pitchen.

Das Konzept setzt auf mehrere Reads, gibt dem Quarterback mehrere und doch einfache Reads und kann NFL-Defenses vor Probleme stellen, umso mehr, da man darauf aufbauend Run Pass Options und Play Action Konzepte entwerfen kann. Und mit Veer-Konzepten lassen sich mehrere Speed-Bedrohungen einbauen - etwas, das Baltimore im Draft ganz offensichtlich priorisiert hat.

Die beiden Rookies Marquise Brown und Justice Hill geben Baltimore neben Lamar Jackson eine immense Geschwindigkeit für die Offense; beide gehörten zu den schnellsten Spielern ihrer Positionsgruppe im Draft. Zusätzlich drafteten die Ravens Ex-Penn-State-Quarterback Trace McSorley, der ebenfalls jede Menge Geschwindigkeit mitbringt und bei 2-Quarterback-Sets auf dem Feld stehen könnte.

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Baltimore experimentierte bereits letztes Jahr mit einigen Triple Option Konzepten, auch wenn es eher vereinzelt und zumeist eher rudimentär war. Das sollte ausgebaut werden, um mit dem Option Run Game effizient zu bleiben. Vor diesem Hintergrund kommt es wenig überraschend, dass die Ravens Paul Johnson ins Training eingeladen haben.

Johnson war über Jahre einer der zentralen Triple-Option-Coaches im College Football, bei Navy und Georgia Tech. Er teilte den Ravens-Coaches einige seiner Ideen mit und verriet nach dem Training beim Glenn Clark Radio: "Sie wollten meine Sichtweise auf einige Dinge wissen. Wir haben über Schemes gesprochen, und ich war sehr beeindruckt von ihrem System und dem, was sie machen, um Lamars Talente zu unterstützen. Ich glaube nicht, dass sie eine komplette Option-Offense werden wollen, aber das wird definitiv ein Part des Gesamtpakets sein."

Weiter gibt es für ihn selbst "keinen Zweifel, dass man mit dieser Offense auf dem höchsten Level gewinnen kann. Ich denke, Coach Harbaugh versucht, die Stärken seines Quarterbacks einzusetzen. Es wäre ziemlich dumm, Lamar in das gleiche System wie Tom Brady zu packen."

Lamar Jackson: Ohne Passing Game geht es nicht

So sehr man davon ausgehen kann, dass Baltimores Run-Designs vielseitiger und schwerer ausrechenbar werden - auch die Ravens müssen sich der Realität stellen, dass man ohne das Passing Game in der NFL nicht langfristig erfolgreich sein kann. Es wird elementar wichtig sein, die Run- und Passing-Designs noch enger miteinander zu verknüpfen; und Jackson selbst muss sich individuell als Passer steigern.

In seiner Rookie-Saison konnte man klare Trends erkennen. Jackson war ein guter Passer über die Mitte des Feldes, hatte allerdings riesige Probleme mit dem Blitz und wurde wahnsinnig inkonstant, sobald er tiefer oder nach außen werfen musste.

Jackson hatte die geringste Deep-Passing-Quote aller Starting-Quarterbacks: Nur 7,6 Prozent seiner Pässe flogen mindesten 20 Yards weit. Zum Vergleich, an der Liga-Spitze standen Josh Allen (19,7 Prozent), Mitch Trubisky (16,8) sowie Russell Wilson und Patrick Mahomes (beide 15,9).

Am effizientesten war er bei Drag-Routes und im kurzen Underneath Passing Game und damit das Passing Game funktioniert, müssen die Ravens besser darin werden, explosive Plays nach dem Catch zu kreieren. Marquise Brown füllt genau diese Rolle - Underneath und dann nach dem Catch - ideal aus, das hat er im College unzählige Male gemacht. Vorjahres-Rookie Jordan Lasley könnte diese Rolle ebenfalls ausfüllen.

Neben Yards nach dem Catch und Explosivität über Play-Designs wird das bereits angesprochene Play Action Passspiel auch weiterhin eine zentrale Säule sein.

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Hier ein Beispiel, wie die Ravens das letztes Jahr nutzten und was wir noch verstärkt erwarten können. Es ist die altbekannte Grundformation, nur dass sich das Play nach dem Snap vertikal entwickelt.

Die angetäuschte Ballübergabe an den Running Back zieht die Linebacker bereits Richtung Line of Scrimmage, die beiden kurzen Routes durch den Running Back selbst sowie durch den im Backfield postierten Tight End verstärken diesen Effekt noch. Das räumt den Weg frei für Mark Andrews (die gelb markierte Route) zwischen den Linebackern und den Safeties und ermöglicht Jackson einen klaren Read und einen vergleichsweise offenen Pass.

Nur wenn die Ravens Yards nach dem Catch schemen können und wenn sie im Play-Action-Passspiel schwer lesbar und effizient sind, wird diese Offense funktionieren. Mark Andrews kann dafür ein wichtiger Spieler werden, auch das hat sich letztes Jahr bereits angedeutet.

Nur George Kittle, Travis Kelce, O.J. Howard und Zach Ertz hatten mehr Yards pro gelaufener Route als Andrews, der zudem die zweitmeisten Deep-Receiving-Yards aller Tight Ends hatte - lediglich Kelce war hier noch besser. Andrews verzeichnete im Schnitt 11,04 Yards pro Target letztes Jahr, alle anderen Ravens-Spieler kombiniert kamen durchschnittlich auf 6,45 Yards pro Target. 11,04 Yards pro Target waren der achthöchste Wert ligaweit, Wide Receiver inklusive.

Fazit: Die Ravens-Offense wird eine spannende Studie

"Es ist sowas wie eine überarbeitete Version von dem, was wir letztes Jahr gemacht haben", beschrieb Left Tackle Ronnie Stanley jüngst die von Harbaugh angekündigten Änderungen in der Offense, "es war eine einfachere Umstellung". Roman selbst stellte eine einfache Frage: "Wie wollen wir mit Lamar Jackson künftig spielen? Er ist ein einzigartiger Spieler, der einzigartige Fähigkeiten hat - also sollten wir eine Offense aufbauen, die diese unterstreicht."

Dabei weiß er auch: "Wir müssen ein starkes Passspiel aufbauen. Lamar muss sich weiterentwickeln und jeder um ihn herum muss in diesem Bereich besser werden. Darauf wird auch ein stärkerer Fokus liegen. Wir wollen mit beiden Händen kämpfen können - wir wollen in der Lage sein, zu laufen und zu werfen. Ich denke, wir werden ausbalancierter sein. Darauf arbeiten wir hin."

Oder auch,einfach gesagt: "Was auch immer es kostet, um ein Spiel zu gewinnen. Und das mag sich von Woche zu Woche ändern." Mit Lamar Jackson bedeutet das, im Passing Game möglichst viele offene Würfe zu kreieren, ihm klar definierte Reads zu geben und Receiver nach dem Catch über Play-Designs Yards produzieren zu lassen.

Es bedeutet aber auch, im Run Game über eine Vielfalt und über Formationen zu kommen, die in der NFL alles andere als alltäglich sind. Und die umstrittene Frage danach, wie weit eine Offense in der NFL im Jahr 2019 mit einem derartigen Run Game Erfolg haben kann, wird aus analytischer Sicht mindestens eine hochspannende Studie.