Ich habe außerdem gelesen, dass Sie auch bei Duke waren oder zumindest mit den Duke-Coaches zu tun hatten?
Honig: Genau, wir waren bei Duke und da durfte ich mit dem Quarterback-Trainer alleine ein Workout absolvieren und dann kam noch der Head Coach - David Cutcliffe - mit dazu.
Und David Cutcliffe gilt ja als einer der großen Quarterback-Coaches und auch als einer der Gründe dafür, dass Daniel Jones dieses Jahr im Draft so hoch ausgewählt wurde. Wie war Ihr Eindruck von ihm? Wie redet so ein Coach mit einem jungen Spieler, wie coacht er ihn?
Honig: Ich konnte leider nicht allzu viel mit ihm machen. Er stand daneben mit seiner Kaffeetasse (lacht) und hat ein paar Sätze mit mir gesprochen. Ich glaube, dass er ein sehr schlauer Trainer ist, er sieht vieles, und weiß, wie er Dinge korrigieren kann. Man hat gemerkt, dass er immer eine Idee hatte. Ein paar Mal kam er auch dazu und hat mir Dinge gesagt, die ich ein wenig umändern sollte. Er ist da wirklich der "Quarterback-Flüsterer", der für alles eine Lösung hat, so kam es bei mir an, das war wirklich bewundernswert. Den Namen hat man natürlich schon mal gehört, er hat ja auch die Manning-Brüder damals trainiert; das war auf jeden Fall eine super Erfahrung, und man hat mitbekommen, wie viel Intelligenz dahintersteckt und wie schlau er ist. Wenn man unter ihm mal fünf Jahre spielt und alles aufsaugt, was er sagt, dann bringt dich das auf jeden Fall deutlich weiter.
Wie groß ist denn der Unterschied zwischen deutschem Junioren-Football und den High Schools in den USA? Also wie viel muss man da aufholen, wenn man mal versucht, das Level zu vergleichen?
Honig: Ich würde es so sagen: Die Topspieler bei uns können in den Top-High-Schools mitspielen und vielleicht teilweise dort sogar herausstechen. Die durchschnittliche High School ist nicht besser als ein gutes Jugendteam, das ist mein Eindruck. Aber natürlich ist die Breite in den USA viel, viel größer. Es gibt viel mehr Spieler auf diesem Niveau, und aus Deutschland kommen dann vielleicht ein, zwei, die da mithalten können. Man merkt das bei den Camps: Wenn beispielsweise ein Top-Receiver von hier rüberkommt, dann sind da eben 20 andere, die genauso gut sind - und in Deutschland gibt es keinen anderen in seiner Altersklasse auf diesem Niveau.
Als Quarterback ist es dann wahrscheinlich nochmals schwieriger als auf den anderen Positionen, gerade mit Blick auf das Spielverständnis, oder? Arbeiten Sie daran auch jetzt schon konkret?
Honig: Ich versuche natürlich, auch da mitzuhalten. Beim Spielverständnis ist das kaum möglich, weil sich daraus wahnsinnig viel aus der Praxis heraus ergibt. Trotzdem glaube ich, dass ich auch da auf einem guten Level bin. Auf der Quarterback-Position ist es dahingehend nochmal anders, dass die Schulen nur einen pro Jahr nehmen - und wenn der schlecht spielt, verlieren die Coaches ihren Job. Das macht es umso schwieriger. Und ich verstehe das auch: Warum sollte man einem deutschen Quarterback vertrauen und den holen, wenn man auch den von der nächsten High School holen könnte, den man seit vier Jahren beobachtet? Das macht ja schon Sinn.
Absolut.
Honig: Mein Vorteil ist dann wiederum: Obwohl ich deutlich weniger Coaching und deutlich weniger Trainingspraxis habe, kann ich mit den guten Quarterbacks, die in der Saison jeden Tag trainieren, mithalten. Und ich auf der anderen Seite habe zwei Mal die Woche Training, manchmal noch am Wochenende etwas. Deswegen glaube ich, dass das Limit nach oben deutlich höher ist. Wenn ich im College täglich trainiere, mit einem Krafttrainer, einem Quarterback-Trainer, der alles korrigiert und so weiter - ich glaube, da habe ich dann auch nochmal ein deutlich höheres Potenzial. Wenn man sich hier gut vorbereitet, ist auch für Europäer alles möglich.
Stichwort Vorbereitung: Wie kann man sich überhaupt hier in Deutschland Dinge wie das Analysieren von Tapes, das Lernen eines Playbooks und all das vorstellen? Wie sieht da für Sie die tägliche Arbeit bei den Unicorns aus, wie gut bereitet einen das auf Football in den USA vor?
Honig: Schwäbisch Hall ist da ziemlich gut. Wir haben beispielsweise ein ziemlich dickes Playbook, es gibt Video-Sessions vor Spielen, jedes Training wird aus verschiedenen Perspektiven gefilmt, damit wir es anschließend anschauen können. Am Sonntag beispielsweise hatten wir ein Treffen, bei dem es nur darum ging, den Scout-Bericht zu besprechen vor unserem Spiel gegen Köln und worauf wir da achten müssen. Das wird ein spannendes Spiel, im Internet heißt es, dass Köln zu 70 Prozent der Favorit ist, das ist der Nummer-1-Seed Köln gegen den Nummer-2-Seed Schwäbisch Hall - also wie Alabama gegen Clemson im College-Finale! (lacht) Also wir bereiten uns da schon viel vor. Natürlich nicht so viel wie Amerikaner, die jeden Tag Meetings haben, aber wir machen das Beste daraus und bei einigen Teams ist das hier inzwischen auf einem sehr hohen Niveau. Ich weiß das von Köln, Paderborn und Düsseldorf beispielsweise, aber Schwäbisch Hall ist da in der Jugend ganz vorne mit dabei. Unsere Trainer machen sich da eine riesige Mühe, um für uns Dinge vorzubereiten.
Das heißt, es ist schon eine sehr ausgeprägte Vorbereitung, auch im Jugendbereich.
Honig: Definitiv, ja. Vor neuen Spielen installieren wir auch konstant neue Plays, um bestimmte Gegner unterschiedlich zu attackieren und um nicht ausrechenbar zu werden oder vielleicht Plays so anzupassen, dass man Gegnern eine Falle stellt. Da gibt es ja als Beispiel diese Szene mit Cam Newton, wo er zum Verteidiger vor dem Snap sagt, dass er Tape geschaut hat. Die Panthers hatten da den Arrow-Pass, diesen schnellen Out-Pass auf Christian McCaffrey gespielt. Das hat der Linebacker auf Video gesehen, ist dann nach dem Snap raus gesprintet als gäbe es kein Morgen mehr, um McCaffrey einzufangen und der hat dann einen kurzen Richtungswechsel nach innen vorgenommen, wo anschließend alles frei war. Um diese Sachen geht es, und es ist absolut faszinierend, wie viel in diesem Sport mit Vor- und Nachbereitung zu tun hat. Wenn man im Spiel Dinge erkennt, die einem in der Vorbereitung aufgefallen sind, macht das die Sache natürlich einfacher.
Gibt es denn jetzt schon einen konkreten Zeitplan? Das ist jetzt noch ein Stück weit weg, klar, aber wann geht es wirklich bei TCU für Sie los?
Honig: Mein Plan ist jetzt erst einmal, hier mein Abitur zu machen, damit wäre ich dann im Juli 2020 fertig. Wahrscheinlich im Januar 2021 würde ich danach rüber gehen. Bis dahin spiele ich für die Unicorns in der U19 und im Oktober für die U17 der Baden-Württemberg-Auswahl. Nebenbei versuche ich, mich bestmöglich vorzubereiten. Ab 1. September kann ich dann auch regelmäßig mit meinen TCU-Coaches in Kontakt stehen, vielleicht fliege ich auch mal für ein Spiel rüber, aber das ist natürlich auch eine Geldfrage. Eventuell mache ich auch noch einen "Official Visit", um meiner Familie die Schule zu zeigen. Meine Mutter war jetzt mit mir in Texas, aber vielleicht dann noch mit meinem Bruder und meinem Vater. Da kann man von der Schule eingeladen werden und sich das anschauen. Ansonsten fahre ich oft nach Paderborn zu Peter Daletzki, das ist ein guter Quarterback-Trainer, der auch Luke Wentz schon trainiert, mit dem ich gut befreundet bin. Peter Daletzki hat da jede Menge Erfahrung, er hat auch in der High School zuletzt einen Quarterback trainiert, der jetzt für Hawaii spielt. Das macht immer Spaß, da gecoacht zu werden; auch im athletischen Sinne, um sich dort mal eine Woche lang auszupowern. Das ist so mein Plan, aber wer weiß - irgendwie läuft ja doch meistens alles anders. (lacht)
Sie bekommen aber noch kein Playbook von TCU, oder? Also irgendwelche Ansätze zur Vorbereitung was die Plays angeht?
Honig: Das denke ich nicht, nein. Das bekomme ich wahrscheinlich kurz vor dem Camp und muss mir das dann reinpauken.