Third and Long Week 15: So explodierte die Cowboys-Offense - und was wird aus Winston?

Von Adrian Franke
17. Dezember 201913:17
SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt in seiner wöchentlichen Kolumne zurück auf Woche 15 in der NFL.getty
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Woche 15, und in seiner wöchentlichen Kolumne kommt SPOX-Redakteur Adrian Franke zu einer Entscheidung was Jameis Winston angeht. Außerdem: Wie konnten die zuletzt vor sich hin dümpelnden Cowboys die Rams-Defense so auseinander nehmen? Wie geht es mit dem Salary Cap der Cowboys weiter? Und wer wird Defensive Player of the Year?

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Das Enigma namens Jameis Winston

Kann man sich ein Spiel vorstellen, dass Jameis Winston innerhalb von vier Vierteln besser beschreibt als das am Sonntag in Detroit?

Zum fünften Mal in dieser Saison - NFL-Rekord - sowie zum zehnten Mal in seiner Karriere warf er eine Interception beim ersten eigenen Drive des Spiels. Er dirigierte den längsten Touchdown-Drive in der Franchise-Geschichte und übertraf, zwei Spieltage vor Saisonende, seine eigene Bestmarke was Touchdown-Pässe in einer Saison angeht.

Winstons 221 Passing-Yards im ersten Viertel waren der dritthöchste Wert für einen Quarterback über die letzten 40 Jahre; nur Peyton Manning (247/September 2004) und Jim Kelly (229/Dezember 1990) hatten mal mehr. Und: Winston ist seit Sonntag der erste Quarterback aller Zeiten mit mindestens 450 Passing-Yards und vier Touchdowns in aufeinanderfolgenden Spielen. Der Sieg über die Colts letzte Woche mit 456 Yards, vier Touchdowns und drei Picks lässt sich nahtlos als Beweismaterial in die "Wer ist Jameis Winston"-Diskussion dazu packen.

Die kurze Zusammenfassung: Es gibt Turnover - häufig auch solche, die sich absolut vermeiden lassen und nicht selten mit wiederkehrendem Muster wie etwa das Übersehen eines Spielers, der sich etwas verspätet in Underneath-Coverage zurückfallen lässt. Es gibt aber auch immer und immer wieder Big Plays. Es gibt Fumbles und Sacks, die die Top-Quarterbacks in der Liga einfach nicht kassieren. Und es gibt Big Plays und Pässe, die umgekehrt wiederum nur sehr wenige Quarterbacks in der Liga auflegen. Umso weniger Woche für Woche.

Und Woche für Woche gilt auch, dass ich von Euch die Winston-Fragen bekomme; diese Woche ist da keine Ausnahme. Der Kern: Was sollen die Buccaneers mit Winston machen? Aktuell spielt er noch unter der Fifth-Year-Option, sein Vertrag läuft also im Frühjahr aus. Sollte Tampa ihm einen neuen Vertrag geben? Mit dem Franchise Tag für rund 27 Millionen Dollar für ein Jahr mehr Zeit erkaufen? Oder Winston gehen lassen und einen Neustart auf der Position ausprobieren?

Was sollen die Buccaneers mit Jameis Winston machen?

Ich selbst muss hier ganz offen zugeben, dass sich meine Meinung zu Winston allein innerhalb der laufenden Saison mehrfach geändert hat. Vor Saisonstart war ich extrem optimistisch, vor nicht allzu langer Zeit war mein Standpunkt, dass Tampa dieses Spiel nicht mehr mitspielen kann und sich nach einer Alternative umschauen muss - und dass vielleicht auch Winston selbst anderswo einen Neustart gebrauchen könnte.

Mittlerweile bin ich der Meinung, dass man mit Winston noch weitermachen sollte. Zumindest für ein Jahr. Das kann über den Franchise Tag gehen, es könnte auch über ein Konstrukt wie einen Dreijahresvertrag gehen, aus dem man nach dem ersten Jahr halbwegs günstig wieder raus kommt.

Die Winston-Debatte legt zu einem gewissen Grad wunderbar offen, wie Leute über Football denken - und das ist überhaupt nicht wertend, sondern nur beobachtend gemeint. Manche sehen eine bessere Chance darin, um einen konservativeren Quarterback, der wenige gravierende Fehler (= Turnover) machen, aber auch weniger individuelle Big Plays kreieren wird, um ideale Umstände zu kreieren. Wenn man eben einem Alex Smith oder einem Derek Carr eine gute Offensive Line, gute Receiver und ein gutes Scheme gibt, kann das Gesamtkonstrukt weit gehen.

Andere wiederum - und das ist, so scheint es mir, die relativ deutliche Minderheit - sehen in einem Quarterback wie Winston den Fall eines Spielers, bei dem trotz allem das Positive überwiegt. Platt formuliert: Man nimmt die Turnover in Kauf, weil Winston diese mit seinen Big Plays nicht nur ausgleicht, sondern in der Endabrechnung die positive Waagschale schwerer ist.

Höhere Hochs und tiefere Tiefs - in der Summe ähnlich?

Die Gesamtsumme ist gewissermaßen höher als bei einem Quarterback wie Jacoby Brissett, der zwar deutlich weniger Fehler macht, aber auch deutlich weniger Big Plays kreiert. Das ist ein Grund dafür, dass Winston in Total Quarterback Rating dieses Jahr (eine Erklärung für die Formel gibt's hier) vor etwa Brissett, Aaron Rodgers oder auch Tom Brady steht und nach Expected Points Added pro Play etwa auf Augenhöhe mit Rodgers agiert.

Mit mehr positiven und mehr negativen Plays kommt ein ähnliches Gesamtergebnis raus wie bei Rodgers, der dieses Jahr einmal mehr das Risiko kategorisch scheut, gleichzeitig aber auch Big Plays liegen lässt.

Das ist eine nicht unwichtige Erkenntnis. Turnover werden in der breiten Berichterstattung nach wie vor extrem kritisch bewertet, ich selbst bin da keine Ausnahme. Die Frage, die man aber vielleicht zunehmend stellen muss, lautet: Ist hier nicht die Perspektive inzwischen im Vergleich zur Realität zu sehr verschoben?

In Zeiten, in denen wir konstant dazu auffordern, mehr Fourth Downs auszuspielen, weil Field Position nicht mehr den Wert vergangener Tage hat, da (gute) Offenses selbige sowieso schnell komplett auf den Kopf stellen können - wie gravierend sollte man da eine Winston-Interception gewichten, wenn die Big Plays umgekehrt damit einhergehen?

Das ist keine rhetorische Frage und keine Frage, die man aus dem Stegreif beantworten kann, sondern etwas, das man, und insbesondere die Buccaneers, so exakt wie möglich quantifizieren und beantworten muss. Wie schwerwiegend sind die Turnover, verglichen mit einem Quarterback, der häufiger 3&Out geht?

Und dann lautet die entscheidende Anschlussfrage: Welche Entwicklung prognostizieren wir anhand der Daten, die wir haben?

Prognose für 2020: Winston bleibt in Tampa Bay

Natürlich hätte am liebsten jeder das Beste aus beiden Welten: Einen Quarterback, der Big Plays auflegt, der Plays kreiert und der gleichzeitig auch die Turnover minimiert. Da reden wir aber eben von den Elite-Quarterbacks der Liga, von Patrick Mahomes, von Lamar Jackson, von Russell Wilson. Und so einen Quarterback kann nun mal nicht jedes Team haben.

Im Vakuum gefragt also, wenn wir uns im Quarterback-Mittelmaß bewegen: Lieber einen "soliden" Game Manager mit hohem Floor und niedrigem Ceiling, oder einen Jameis Winston mit von Woche zu Woche und manchmal Snap zu Snap potenziell niedrigem Floor auf der einen sowie Top-8-QB-Ceiling auf der anderen Seite?

Etwas, das bei der Betrachtung von Winston definitiv zu beobachten ist, ist das Ignorieren der guten Plays. Die Turnover sind eine zu naheliegende (und nicht selten auch sehr unterhaltsame) Storyline - und dieses Jahr waren selbige auch wirklich extrem.

Extrem mit Blick auf einige von Winstons Fehlern, extrem aber auch schlicht statistisch gesprochen. PFF-Kollege Timo Riske hatte dazu am Sonntag einen guten Punkt geäußert: Es sind natürlich viel zu viele Turnover dieses Jahr. Und dennoch wird die Wahrnehmung Winston vermutlich nicht ganz gerecht. Sehen wir also wieder einen leichten Rückgang der Turnover? War es dieses Jahr in der Hinsicht der Tiefpunkt?

Winston wird zu einem gewissen Grad immer der Quarterback sein, der viele Risiken eingeht und manchmal belohnt, manchmal bestraft wird. Doch so wie sich die NFL entwickelt, glaube ich eher, dass eine Spielweise wie die von Winston wertvoller und eine Spielweise wie die von Carr weniger wertvoll werden wird. So deutlich wie Offense dominiert, mit einem Ende des Trends nicht in Sicht, können sich - ganz platt formuliert - Gunslinger mehr Fehler leisten, während konservative Quarterbacks weiter einen kleinen Spielraum für Fehler haben.

Das bedeutet nicht, dass die Bucs Winston 30 Millionen Dollar im Jahr zahlen sollen, und das werden sie auch nicht müssen. Es bedeutet aber, dass es sich für Tampa lohnen könnte, mit Winston unter Bruce Arians in eine weitere Saison zu gehen. Mit den Fehlern leben, und wissen, dass Winston sie aber auch aus einem Loch - ob selbst geschaufelt oder durch andere Umstände reingefallen - wieder raus feuern kann.

Stand heute rechne ich damit, dass Winston 2020 in Tampa Bay starten wird. Persönlich bin ich mehr und mehr an dem Punkt, an dem ich mit Winston als Spielertyp meinen Frieden geschlossen habe; inklusive Toleranzgrenze was eine gewisse Turnover-Zahl angeht.

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So explodierten Prescott, Zeke und Co. gegen die Rams

Wer einen Nachweis dafür brauchte, dass die NFL unvorhersehbar ist - das Spiel der Cowboys gegen die Rams wäre ein guter Ansatzpunkt. Die Cowboys wirkten gegen Chicago in der Vorwoche und auch schon im Spiel davor gegen Buffalo wie ein Team, das im oberen Liga-Drittel - von der Liga-Spitze gar nicht erst zu reden - nicht konkurrenzfähig ist.

Die Rams dagegen waren seit mehreren Wochen merklich im Aufwind, die Offensive Line spielte besser, in der Folge funktionierte die Offense besser und die Defense hatte sich zuletzt ebenfalls deutlich gesteigert. Umso mehr passte es ins Bild, dass Dak Prescott durch eine falsche Wortwahl scheinbar den Münzwurf vermasselt und den Rams den Ballbesitz zu Beginn beider Halbzeiten ermöglicht hatte. Ein Fehler der Refs, der im Laufe der ersten Hälfte korrigiert wurde.

Was eine Story des Spiels hätte werden können - in den sozialen Medien war der Spott gegenüber den Cowboys und Head Coach Jason Garrett bereits in vollem Gange - wurde so im Endeffekt zu einer Fußnote, die relativ bald in Vergessenheit geraten dürfte. Zu eindrucksvoll war der Auftritt der Cowboys, zu enttäuschend der Auftritt der Rams.

Doch woran lag das? Wieso entglitt dieses Spiel den Rams so dermaßen, und wieso brachte Dallas gegen diese Defense 44 Punkte aufs Scoreboard?

Dominanz dank des Run Games - oder?

Wer einen Blick auf die Total Stats nach diesem Spiel wirft, für den ist alles vermeintlich klar: Die Cowboys liefen für 263 Yards, die Rams für 22. Eine Differenz von 241 Yards - der größte Rushing-Yard-Abstand zugunsten der Cowboys seit Dezember 1980, als man ebenfalls gegen die Rams ein Rushing-Plus von 246 Yards aufs Scoreboard brachte.

"Ich weiß nicht, was die Offensive Line zum Frühstück hatte", staunte auch Ezekiel Elliott (4,9 Yards pro Run, 2 Rushing-Touchdowns) anschließend über die Räume, die er so in den vergangenen Wochen selten hatte, "aber sie haben das fantastisch gemacht und uns Backs die Arbeit enorm erleichter. Die großen Jungs, die waren voll im Rhythmus."

Elliott mit 4,33 Yards nach Kontakt pro Run sowie Backup Tony Pollard (10,33 Yards nach Kontakt pro Run) hatten auch individuell daran keinen geringen Anteil, Dallas verzeichnete im Run Game 16 Avoided Tackles und Center Travis Frederick hatte eines seiner besten Spiele dieses Jahr.

Wie so häufig erzählen die Total Stats aber nur einen Teil der Geschichte. Es besteht kein Zweifel daran, dass Dallas im Run Game dominierte und damit insbesondere in der zweiten Hälfte mit deutlicher Führung im Rücken diese verwalten und das Spiel so sicher über die Bühne bringen konnte.

Doch sind wir damit direkt beim Thema: Der Spielverlauf ist enorm wichtig, wenn es darum geht, Partien zu analysieren - die Total Stats können dem gar nicht gerecht werden.

So sah die Verteilung aus, als Dallas mit dem ersten Drive der zweiten Hälfte per Field Goal auf 31:7 erhöhte:

PassingRushing
19 Pässe, 171 YDS, 2 TD29 Runs, 157 YDS, 2 TD

Cowboys: Die Big Plays kommen durch die Luft

Was zweifellos stimmt, ist, dass die Cowboys keinen guten Rhythmus im Passspiel hatten. Prescott hatte zu dem Zeitpunkt bei 19 Pässen neun Incompletions geworfen. Zwölf der 29 Runs derweil hatten jeweils mindestens fünf Yards Raumgewinn erzielt.

Doch die andere Seite der Medaille? Selbst wenn man die beiden kurzen Touchdown-Runs über ein beziehungsweise drei Yards ausklammert, hatten auch zehn der 29 Runs weniger als vier Yards Raumgewinn erzielt.

SPOXNFL Gamepass

Und vor allem kamen die Big Plays über das Passspiel: Prescott hatte nach jenem ersten Drive der zweiten Hälfte fünf Pässe über je mindestens 19 Yards auf dem Konto. Genau ein Run der Cowboys knackte diese Marke in dem Moment, ein 25-Yarder von Pollard. Die hier dargestellte Szene zeigt den 59-Yard-Touchdown von Tavon Austin, eines jener Big Plays im Passspiel.

Die Cowboys laufen hier ein Pick-Play, die beiden Crossing-Routes gehen direkt aneinander vorbei, sodass die Rams-Verteidiger in Man Coverage umeinander herum navigieren müssen. Das geht in dem Fall schief und sie knocken sich aus, und weil der freie tiefe Safety in der Cover-1 sich nach dem Snap auf die andere Seite, wo die beiden Wide Receiver postiert waren, orientiert, gibt es auch keine tiefe Absicherung und der schnelle Tavon Austin ist erst komplett offen und dann auf und davon.

Dallas führte nach diesem Touchdown mit 14:7 früh im zweiten Viertel, ein komplett offenes Spiel zu diesem Zeitpunkt also. Es war der anschließende Touchdown-Drive, geprägt durch zwei 20-Yard-Pässe sowie Pollards 25-Yard-Run nach einem 3-and-Out der Rams-Offense, sowie anschließend die Interception von Goff mit einem weiteren, kurzen Cowboys-Touchdown unmittelbar vor der Halbzeitpause, die dieses Spiel kippen ließen.

Pass- und Laufspiel sowie Defense im Einklang

Big Plays durch die Luft, eine dominante Offensive Line, Goffs Interception und ein relativ konstantes Run Game - das waren die kombinierten Schlüssel zum Sieg für Dallas.

Dazu gehörte auch, dass Dallas wenige lange Second oder gar Third Downs hatte; die Tabelle hier zeigt die First-Down-Plays der Cowboys bis zum 37:7 mit dem Drive Anfang des vierten Viertels:

Run+7 (Zone Read)+1+8+15+1+4+8+25+2
Pass+6INC+2+9INC+20INC+11+26
Run+9+12+4-2+4+1+6+5+5
Pass

Das Run Game spielte insbesondere in der zweiten Hälfte eine Rolle, als die Cowboys mit deutlicher Führung im Rücken spielten. Das ist nicht als Kritik am Run Game zu verstehen, sondern schlicht eine Illustration dessen, wo das Run Game in der heutigen NFL einen Wert hat. In Führung zu gehen mit Big Plays sowie defensiven Turnovern, dann diese Führung am Boden verwalten. So kann man viele Spiele gewinnen, auch heute.

Und was genau machte Dallas im Run Game? Zunächst einmal, und das ist einer von vielen alarmierenden Parts für die Rams in dieser Partie, nichts sonderlich Ungewöhnliches - was die Aussage von Aaron Donald ("Wir wurden heute blamiert!") durchaus zutreffend macht.

SPOXNFL Gamepass

Dallas hatte genau einen Zone Read von Prescott und blieb ansonsten weitestgehend innerhalb der Strukturen der eigenen Outside-Zone-Offense - mit ein paar Zusätzen.

Die Szene hier zeigt den bereits angesprochenen 25-Yard-Run von Pollard beim Touchdown-Drive vor Goffs Interception. Die Cowboys spielen hier auf der rechten Seite der Offensive Line einen Fold Block, bedeutet: Der außen postierte Spieler blockt nach innen, um so den neben ihm platzierten Spieler die Freiheit zu geben, nach außen zu blocken.

Normalerweise ist es ein Fold Block eine "vertauschte" Zuteilung zwischen zwei Spielern; die Cowboys fügen hier einen zusätzlichen Pull-Blocker hinzu. Pollard, der in diesem Spiel abermals explosiver aussah als Elliott, muss nur den beiden nach außen kickenden Blockern folgen und hat vor sich Platz.

Die Cowboys liefen mehrfach gezielt weg von Donald oder nutzten Donalds Explosivität gegen ihn, indem sie ihn ins Backfield kommen ließen, um ihn dann verspätet abzuschirmen. Auch konnte All-Pro-Guard Zack Martin Donald mehrfach ausschalten.

Was mit den "Strukturen der Outside-Zone-Offense" gemeint ist, zeigt dieser 44-Yard-Touchdown-Run von Pollard drei Minuten vor dem Ende:

SPOXNFL Gamepass

Es ist ein Musterbeispiel für einen Outside Zone Run aus einem One-Back-Set. Die gesamte Line inklusive der beiden Tight Ends auf der linken Seite macht einheitlich einen Schritt zur Seite, während der Receiver (Nummer 10) nur einen kurzen Backside-Block setzen muss, um den Verteidiger nicht ins Backfield zu lassen.

Alles, was Pollard dann machen muss, ist die Lücke zu finden - in der Regel hat der Running Back hier drei Optionen, er kann zurück Richtung Mitte cutten, nach ganz außen laufen oder aber in die sich in dem Fall öffnende Lücke zwischen dem Zentrum und den äußeren Blocks stoßen. Die Linebacker müssen dabei etwas abwartend agieren, um Pollards Entscheidung richtig zu erkennen, und weil der dann durch einen Arm-Tackling-Versuch hindurchläuft, gibt es kein Halten mehr.

Und ja, es gab sie auch - die Szenen, in denen Dallas einfach Eins-gegen-Eins die Rams dominierte und aus dem Weg räumte.

SPOXNFL Gamepass

Das hier ist der Touchdown-Run von Elliott nach Goffs Interception, unmittelbar vor der Halbzeitpause. Simples Blocking, viel Eins-gegen-Eins - und deutlich mehr Raum, als irgendeine Defense ganz besonders innerhalb der eigenen 5-Yard-Line zulassen will.

Was bedeutet dieses Spiel jetzt für die Cowboys - außer eben der Tatsache, dass die NFL Woche für Woche eine Wundertüte ist? Nächste Woche gegen die Eagles könnte Dallas mit einem Sieg die Division-Krone perfekt machen. Philadelphia hat, wie eigentlich auch die Rams, eine gute Run-Defense - und ist in der Secondary um ein Vielfaches verwundbarer.

Bedeutet: Dallas sollte, wie wir es gerade in der ersten Saisonhälfte eigentlich so häufig von dieser Offense gesehen haben, auch in diesem Spiel wieder Big Plays durch die Luft auflegen können. Und wenn das Zusammenspiel mit dem eigenen Run Game dann so klappt wie gegen die Rams, ist der Weg für den Division-Titel eigentlich frei.

Eigentlich.

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Cowboys, DPOY, Eagles, Chiefs - eure Fragen

Higgens64: Wie siehst du die Zukunft der Cowboys? Ein neuer Coach wird ja kommen, aber wie sollte die Kaderplanung aussehen mit Blick auf den Cap Space, ohne groß an Konkurrenzfähigkeit einzubüßen?

Einige zentrale Gedanken:

  • Dallas steht zunächst einmal für 2020 finanziell nicht schlecht da: Über 80 Millionen Dollar an Cap Space, relativ wenige wirklich teure Verträge. DeMarcus Lawrence (Cap Hit 2020: 21,9 Mio. Dollar), Zack Martin (15 Mio.), Tyron Smith (13,5 Mio.) und Travis Frederick (11,9 Mio.) sind die vier größten "Belastungen", all das sind aber Säulen dieses Teams - wenngleich angesichts der Leistungen dieses Jahr womöglich bei Frederick und vielleicht auch bei Smith sogar Umstrukturierungen, beziehungsweise Gehaltskürzungen versucht werden könnten.
  • Ezekiel Elliott (10,9 Mio.) ist mit Abstand das größte "Problem", wenn man sich die Cowboys-Bücher mit Blick auf Kosten und Ertrag anschaut. Hier müssen wir uns aber nicht lange aufhalten, das Kind ist in den Brunnen gefallen.
  • Zwei Verträge kommen da natürlich noch mit dazu, und sind auch nicht wirklich verhandelbar in meinen Augen: Dallas muss mit Dak Prescott und mit Amari Cooper verlängern. Hier hat man sich selbst schon jetzt gerade bei Prescott in eine schlechte Situation gebracht, aber auch hier gilt: Kind, Brunnen. Beide sind absolut elementare Bausteine für die Zukunft dieser Offense, davon bin ich überzeugt.
  • Die Frage ist dann, wie clever man die Verträge strukturieren kann oder ob man bei einem der beiden auf den Franchise Tag zurückgreifen muss. Die Garantien in Coopers Vertrag etwa könnte man stark nach vorne schieben und so den Cap Space nutzen; Prescott dürfte dafür zu teuer werden. Dallas könnte auch weiteren Cap Space kreieren, beispielsweise falls man sich von Tyrone Crawford trennt. Das alleine würde acht Millionen Dollar an neuem Cap Space schaffen.
  • Der Knackpunkt-Vertrag wird am ehesten der von Byron Jones sein. Der hatte letztes Jahr eine fantastische Saison, konnte aber nicht zu 100 Prozent daran anknüpfen. Trotzdem ist er der beste Cornerback, den Dallas aktuell hat und da sprechen wir nun mal ebenfalls von einer Premium-Position in der heutigen NFL.
  • Man kann nicht alle seine Stars halten, und der Elliott-Vertrag hat Dallas in eine schwierige Position gebracht. Vielleicht ist es an der Zeit, in der Offensive Line einen Umbruch einzuleiten: Bei Frederick muss Dallas eine Entscheidung treffen, ob man denkt, dass der 28-Jährige nach seiner Nervenerkrankung wieder zurück zu alter Stärke findet. Ansonsten würde ich hier zumindest eine Umstrukturierung oder auch eine Gehaltskürzung wie gesagt nicht ausschließen.
  • Spieler mit auslaufenden Verträgen, die ich gehen lassen würde: Sean Lee, Tavon Austin, Jason Witten. Michael Bennett oder Robert Quinn würde ich versuchen, kurzfristig zu halten. Vielleicht auch beide, wenn möglich; gerade Bennett sollte nicht die Welt kosten. Nochmal: Der Cap Space für 2020 ist da, selbst mit teuren Verträgen von Prescott und Cooper. Das wird ein Top-Heavy Kader sein, wie Dallas ihn auch schon zu besten Romo-Zeiten hatte. Das per se ist allerdings nichts, was einen Titel-Run verhindert.

Gefahr zu laufen, dass man Prescott verliert oder Cooper ziehen zu lassen wären die Worst-Case-Szenarien für Dallas. Man kann die Cap-Struktur in Dallas mit der bei Division-Rivale Philadelphia vergleichen, die Eagles haben einige weitere Top-Heavy-Verträge, da sie ihren Quarterback bereits bezahlt und zusätzlich zwei teure Spieler in der Defensive Line haben. Und auch Philly liegt noch im unteren Mittelfeld was Cap Space für 2020 angeht.

Dallas hätte Stand heute mit seinen Top-5-Verträgen 33,18 Prozent des Cap Space aufgebraucht. Philadelphia, um bei diesem Vergleich zu bleiben, verbraucht für 2020 mit den Top-5-Verträgen 37,18 Prozent des Caps, und hat dann noch drei weitere Verträge zwischen je 4,3 und 5,3 Prozent dahinter - die hat Dallas noch nicht. Mit Prescott und Cooper sähe das natürlich anders aus, aber wie gesagt: Beide Cap-Strukturen sind durchaus vergleichbar.

Es wird natürlich nicht leichter, seinen Kader dann aufzubauen. Doch der Salary Cap steigt permanent, und mit dem neuen CBA - das im Idealfall noch vor der kommenden Saison feststeht, spätestens aber danach festgemacht werden muss - erwarte ich hier einen gewaltigen Sprung. Ich bin kein Freund davon, wenn Leute so generalisierende Aussagen treffen wie "der Salary Cap ist nur ein Mythos"; trotzdem sollte man den Salary Cap nicht als starre Zahl betrachten.

Lange Rede, kurzer Sinn: Die Cowboys müssen mit Prescott und Cooper verlängern. Und das können sie auch, ohne sich damit gleich so einzuschränken, dass sie kein Contender-Team zusammenstellen können. Wenn ich einen der drei "opfern" würde, dann wäre das Jones, und ich vermute, dass es im Endeffekt auch so kommt und Dallas im Draft auf Cornerback-Suche geht.

pascalschanz_ und Amh2411: Hat Stephon Gilmore heute endgültig seinen Weg zum "Defensive Player of the Year"-Award geebnet? Gibt es überhaupt noch einen Spieler, der ihm da gefährlich werden kann?

Fair ist es natürlich nicht, aber wir alle wissen, dass Total Stats am Ende eine Rolle spielen; ein Cornerback, der nicht auch mit Interceptions auffällt, wird höchstwahrscheinlich bei den Stimmberechtigten keine größere Rolle in diesen Überlegungen spielen.

Die beiden Picks gegen Cincinnati helfen Gilmore in der Hinsicht, sie katapultieren ihn an die, mit Tre'Davious White geteilte, NFL-Spitze; und das ist umso eindrucksvoller, da eine Man-lastige Coverage wie die der Patriots Interceptions eher erschwert, verglichen mit primär Zone-basierten Schemes.

Gilmore bekommt regelmäßig den gegnerischen Nummer-1-Receiver, schaltet den aus - Gilmore hat noch immer keinen Touchdown zugelassen, unter Cornerbacks mit mindestens 450 Coverage-Snaps dieses Jahr kann das ansonsten nur Tre'Davious White von sich behaupten - und ist zusätzlich regelmäßig so eng in Coverage, dass er auch ein Faktor bei Interceptions ist.

Das alleine ist schon viel wert, wenn man es im Gesamt-Kontext der Patriots-Defense betrachtet, umso mehr. Diese Defense baut darauf, dass sie in Coverage extrem flexibel auftreten und verschiedene Receiver-Typen individuell ausschalten kann, um so Pressure über das Scheme erzeugen zu können. In vielerlei Hinsicht ist Gilmore einer der absoluten Schlüssel zu dieser Defense.

Was vielleicht - ob fair oder nicht - gegen ihn spricht, ist die Tatsache, dass es eben weitere kritische Säulen gibt; Devin McCourty wäre hier zuerst zu nennen. Ich könnte mir vorstellen, dass einige beim Ausfüllen ihres Stimmzettels Gilmore trotz der herausragenden individuellen Leistungen mehr als "Teil eines Ganzen" einstufen, verglichen mit den anderen Kandidaten.

Vier Spieler wären da für mich ganz oben zu nennen: Pittsburghs T.J. Watt, Minnesotas Danielle Hunter, Green Bays Za'Darius Smith und Cam Jordan für die Saints. Für mich sind das die vier besten, gefährlichsten und "wertvollsten" Edge-Rusher dieser Saison, und die vier haben, in einem Jahr ohne klaren Topfavoriten, alle eine Chance, sich diesen Titel noch zu sichern. Auch einen Shaq Barrett könnte man hier noch nennen.

Hätte ich heute eine Stimme, ich würde sie Gilmore geben.

Advocatus Diaboli: Wie können die Eagles ihre Defense wieder in den Griff bekommen und was sind die Ursachen für diese unterdurchschnittliche Saison?

Cornerbacks, Cornerbacks, Cornerbacks. Die Eagles sind dieses Jahr ein Musterbeispiel dafür, dass ein starker Pass-Rush natürlich hilft - aber wenn die Coverage dahinter so wacklig ist wie die der Eagles, reicht das einfach nicht. Es lässt der gegnerischen Offense zu viele Ansatzpunkte.

Das wird ein spannender Teil in der sehr interessanten "Pass-Rush vs. Coverage"-Debatte werden, die in der vergangenen Offseason angefangen hatte. Für diesen Fall kurz zusammengefasst: Wenn eine Secondary durch die Bank weg wackelt, gibt es für eine Offense viele Möglichkeiten, den Ball schnell loszuwerden oder via Design dann eben auch gezielte Punkte vertikal zu attackieren und dabei in der Protection auszuhelfen.

Und das weiter gedacht: Mit schlechten Spielern Coverage "kreieren" ist auch mit einem guten Pass-Rush schwierig; ohne individuell gefährliche Pass-Rusher dagegen auf dem Rücken einer starken Secondary einen guten Pass-Rush über Scheme und Play-Designs zu kreieren, ist deutlich eher machbar. Die Ravens und Patriots wären die besten Beispiele dafür.

Das bedeutet nicht, dass man eine Defense nicht mehr über die Defensive Line aufbauen kann. Aber auch dann ist eine zumindest individuell solide Coverage Pflicht, und von der ist Philly aktuell meilenweit entfernt. Man kann - eher: muss - dann im nächsten Schritt auch über Jim Schwartz sprechen und darüber, ob es andere defensive Einflüsse braucht. Vielleicht auch in Ergänzung zu Schwartz. Aber Cornerback und Wide Receiver müssen in puncto Offseason-Prioritäten bei den Eagles grob gesagt die Plätze eins bis fünf belegen.

Scrappy Coco: Sind die Chiefs in deinen Augen ein Super-Bowl-Contender?

Definitiv, ja! Ich hatte die Chiefs in meinem Power Ranking vor zwei Wochen als zweitbestes Team der AFC, und an der Einschätzung hat sich von meiner Seite aus nichts geändert. Für mich gibt es nach wie vor kein Passspiel, vor dem ich als potenzieller Playoff-Gegner mehr Angst hätte. Auf beide Conferences betrachtet.

Auch wenn KC aktuell immer wieder mal Sand im Getriebe hat und Mahomes schlicht und ergreifend mehr Würfe verfehlt als letztes Jahr - insbesondere in der Mid-Range (etwa zehn bis 20 Yards nach der Line of Scrimmage), wo viele Big Plays entstehen -, gilt immer noch: Die Chiefs haben ein unfassbar gefährliches Waffenarsenal mit spektakulärer Explosivität, sie haben einen der besten Play-Caller der Liga, die Line ist in Ordnung und Mahomes kann selbst mit einer "Phase" in einem Spiel eine Partie komplett kippen lassen.

Kansas City ist ein unfassbar gefährliches Team, und Ravens gegen Chiefs kann ich mir sehr gut als AFC Championship Game vorstellen. Dazu muss man bei KC auch immer wieder betonen, dass sich die Defense wirklich stabilisiert hat, zumindest gegen den Pass. Vor allem die Secondary spielt jetzt schon seit Wochen relativ konstant auf einem guten Level, hier kann man förmlich sehen, dass die Spieler im Scheme sicher sind. Das hilft. Vielleicht reicht es ja sogar für einen Nummer-2-Seed.

sterniLE: Vielleicht nichts, was aktuell besprochen werden muss - aber möglicherweise eine kleine Erklärung zu Pressures als Quarterback-Statistik?

Mit Blick darauf, dass jetzt die entscheidenden Wochen in der Saison anstehen - und wir bald wieder darüber sprechen werden, warum es für Team X nicht gereicht hat oder darüber, dass Quarterback Z zu viel unter Druck stand -, fand ich es ein gutes Thema, um das nochmal anzuschneiden. Zumal es sich im Kern relativ simpel erklären lässt.

Zu häufig werden Total Stats (Sacks, in dem Fall konkret) oder selbst auch totale Pressure-Stats als Maßstab verwendet. Musste ein Quarterback viele Sacks oder Pressures einstecken, war die Offensive Line schlecht - so die simple Rechnung. Daran ist auch häufig etwas dran, doch es ist nicht das Alleinstellungsmerkmal.

Wir können inzwischen sehr sicher festmachen, dass Quarterbacks ein gewisses Pressure-Level mitbringen, das sie auch über ihre Karriere begleitet - egal, ob sie in einem jeweiligen Jahr hinter einer guten oder einer schlechten Offensive Line spielen. Und das kann man primär direkt mit der Spielweise des Quarterbacks zusammenbringen.

Manche Quarterbacks halten den Ball länger, weil sie versuchen, Plays hinter der Line of Scrimmage auszudehnen - Russell Wilson und Deshaun Watson wären zwei primäre Beispiele hierfür. Andere haben Probleme damit, schnell durch Reads zu gehen oder halten den Ball länger als notwendig oder auch ratsam wäre. Sam Darnold, Daniel Jones oder auch Derek Carr wären hier Optionen. Und manche Quarterbacks laufen auch zu häufig in den Pressure, statt in den "richtigen" Bereich der Pocket zu treten.

Diese Tendenzen von Quarterbacks sind einerseits häufig konstant über mehrere Jahre (wenngleich sich bei jungen Quarterbacks wie Darnold und Jones hier auch Dinge noch verändern können, wenn das Spiel für sie langsamer wird), und andererseits spielen sie natürlich eine Rolle darin, wie viel Druck ein Quarterback in den totalen Zahlen bekommt.

Ein Beispiel, um das ein wenig auf den Punkt zu bringen: Ist ein Play als kurzer 3-Step-Dropback designed, blockt die Offensive Line das dementsprechend. Zögert der Quarterback aber und hält den Ball eben länger, ist es oftmals nicht die Schuld der Line, dass der Druck durchkommt. Wie der Quarterback spielt, wie schnell er durch seine Reads geht, wie zuverlässig er Druck Pre-Snap erkennt, wie er sich in der Pocket bewegt - das sind Quarterback-Faktoren, die maßgeblich über Pressure entscheiden.