Die Offseason der New York Jets verlief größtenteils produktiv und - geradezu untypisch für diese Organisation - größtenteils sogar recht schlüssig. Es wurden klare Needs beackert, wie etwa mit Offensive Tackle Mekhi Becton oder Wide Receiver Denzel Mims in den ersten zwei Draftrunden. Via Free Agency kamen zudem mit Center Connor McGovern und Wide Receiver Breshad Perriman zwei weitere Starter nach New Jersey.
Doch eine Personalie hängt immer noch über den Köpfen von Gang Green: Jamal Adams und seine Vertragssituation.
Wobei eben jene nüchtern betrachtet ziemlich klar aussieht: Adams steht bis 2021 bei den Jets unter Vertrag. Diese zogen erwartungsgemäß die Option für das fünfte Jahr in seinem Rookie-Vertrag, schließlich hatten sie dieses Recht, weil die Jets Adams in Runde 1 des Drafts 2017 gezogen hatten. Konkret bedeutet dies, dass er 2020 3,5 Millionen Dollar und 2021 knapp 10 Millionen Dollar verdienen wird - dank des neuen Collective Bargaining Agreements sogar voll garantiert.
Alles im Lot also? Keineswegs! Adams nämlich will mehr Geld, vielmehr Geld, speziell 2020. Er sieht sich - sicherlich zu Recht - als einen der besten, wenn nicht sogar als den besten Safety, dieser Liga. Und mit 3,5 Millionen Dollar ist der zweifache Pro Bowler und amtierende All-Pro aus dieser Perspektive deutlich unterbezahlt. Der bestverdienende Safety der Liga, Chicagos Eddie Jackson, verdient im Schnitt 14,6 Millionen Dollar.
Erschwerend hinzu kommt für Adams und die Jets, dass beide Seiten nicht unbedingt das beste Verhältnis zueinander haben. Bereits in der Vorsaison krachte es gewaltig, weil die Jets offenbar über einen Trade von Adams verhandelt hatten. Adams bekam Wind davon und kochte vor Wut, was er auch öffentlich kundtat.
Jamal Adams und New York Jets: Querelen seit Trade Deadline 2019
Das Problem kurz vor der Trade Deadline Ende Oktober schien eine unterschiedliche Wahrnehmung der Vorgänge gewesen zu sein. Leute im Umfeld von Adams sollen jenem gesagt haben, dass die Jets versucht hätten, den Safety anderen Teams schmackhaft zu machen. Zahlreiche Medien jedoch berichteten, dass sich die Jets lediglich Angebote anderer Teams angehört hätten. "Wir haben ihn nirgends angeboten", sagte damals General Manager Joe Douglas und erklärte: "Wo ich aufgewachsen bin, hört man sich Telefonanrufe an. Sie hören sich an, was Leute, die Sie anrufen, zu sagen haben."
Adams aber fiel es schwer, dies zu glauben. Es habe ihm "wehgetan", ließ er wissen. "Ich habe das nicht auf die leichte Schulter genommen", erklärte Adams seinerzeit und legte nach: "Die Rams hören sich keine Angebote für Aaron Donald an. Die Patriots antworten nicht auf Anfragen für Tom Brady." Adams ergänzte: "Ich schätze mich so hoch ein. Ich sehe mich auf einer Stufe mit denen."
Die Frage für die Jets ist nun also vor allem diese: Sollten sie Jamal Adams wie gewünscht den Vertrag verlängern und das noch in diesem Jahr? Oder wäre es sinnvoller, Adams sogar zu traden?
Grundsätzlich gibt es viele Gründe, die dagegen sprechen, seinen Vertrag zu verlängern oder ihn zu traden. In erster Linie bleibt die Tatsache, dass Adams im Grunde keinerlei Druckmittel hat. Er kann den aktuell virtuellen Teammeetings fernbleiben, doch die sind ohnehin freiwillig. Und sollte es ein Pflicht-Mini-Camp in dieser Offseason geben - eher unwahrscheinlich - könnte er von dem ebenso fernbleiben wie vom letztlich wohl irgendwie stattfindenden Training Camp ab Ende Juli.
Sollte er aber die letzten beiden Events schwänzen, fällt der Hebel exklusiv in die Hände der Jets. Sie könnten ihm Geldstrafen für jeden verpassten Tag in Höhe von 40.000 Dollar pro Tag auferlegen. Angesichts seines verhältnismäßig überschaubaren Gehalts von 3,5 Millionen Dollar könnte dies für ihn durchaus schmerzhaft werden.
Jamal Adams: Drohen Franchise Tags bis 2022?
Hinzu kommt, dass Adams eben bis 2021 unter Vertrag steht. Und selbst danach hört die Teamkontrolle nicht auf - der Franchise Tag wäre die nächste Möglichkeit, Adams auch darüber hinaus zu halten. Selbst 2022 wäre das noch eine brauchbare Option, denn Safetys verdienen in aller Regel nicht so viel, dass ein solcher Franchise Tag zu prohibitiv für Teams wäre.
Adams hat somit kein wirkliches Druckmittel, was einen neuen Vertrag angeht.
Die Jets allerdings sind durchaus gewillt, den Safety zu halten und dem Vernehmen nach auch bereit, ihn langfristig zu binden und gar zum bestbezahlten Safety der NFL zu machen. Ob Adams das aber reicht, ist eine andere Frage. Schließlich vergleicht er sich bekanntlich mit Donald und Brady.
Noch so ein Wahrnehmungsunterschied zwischen Adams und dem Team - oder gar der ganzen NFL? Aktuell ist C.J. Mosley mit rund 17 Millionen Dollar pro Saison Topverdiener der Jets. Das allein ist schon problematisch, da Mosley als Inside Linebacker nicht annähernd den Impact hat wie Spieler auf den Premium-Positionen der Defense - Interior Defensive Lineman, Edge Rusher und Cornerback. Mosleys Deal geht aber noch auf den seither geschassten GM Mike Maccagnan zurück. Und Safety ist eben auch keine Premium-Position.
Jamal Adams: Gut, aber nicht legendär
Man kann auf dieser Position Einfluss nehmen, aber das geht eigentlich nur mit herausragenden Coverage-Skills, die Adams nicht vollends ausspielen kann. Adams ist ein Box-Safety, der nahe der Line spielt und als gefürchteter Hard-Hitter gilt. In Coverage kam er in drei Spielzeiten gerade mal auf zwei Interceptions. Kein Vergleich zu legendären Safetys wie Ed Reed, Rod Woodson oder Troy Polamalu etwa. Adams ist vielleicht aktuell der beste Safety der NFL, aber ist dies ein Grund, ihn zum Topverdiener zu machen? Nicht in der aktuellen NFL.
Ein weiterer Aspekt, der dagegen spricht, Adams jetzt schon zu verlängern, ist die Tatsache, dass es nicht üblich ist, Non-Quarterbacks so früh in ihrer Karriere langfristig unter Vertrag zu nehmen. ESPN hat kürzlich herausgearbeitet, dass seit 2011 nur 16 von 223 Erstrundenpicks eine Vertragsverlängerung nach ihrem dritten Jahr in der NFL erhalten haben. Und in den vergangenen paar Jahren zählten nur drei Non-Quarterbacks dazu: die Running Backs Christian McCaffrey, Ezekiel Elliott und Todd Gurley. Und sonderlich weise waren die Deals bei den Letzteren eher nicht, bei McCaffrey, der den Deal erst in dieser Offseason unterschrieben hat, ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Zum Vergleich: Top-Cornerbacks wie Marshon Lattimore oder Jalen Ramsey sowie Adams' Vergleichsonjekt Aaron Donald oder auch Khalil Mack haben zu dem Zeitpunkt noch keine Verlängerung bekommen.
Jamals Adams: Statistiken bei den New York Jets
Saison | Spiele | Tackles | Sacks | Interceptions | Passes Defensed | Forced Fumbles |
2017 | 16 | 83 | 2 | 0 | 6 | 1 |
2018 | 16 | 115 | 3,5 | 1 | 12 | 3 |
2019 | 14 | 75 | 6,5 | 1 | 7 | 2 |
Sollte das nicht reichen, kommt als weiterer Contra-Punkt für Adams hinzu, dass die aktuelle Lage nicht unbedingt fruchtbaren Boden für lukrative Verlängerungen bietet: Die Coronakrise dürfte auch die NFL früher oder später treffen. Die drohenden Geisterspiele würden massive Einnahmeverluste mit sich bringen, es droht eine Reduktion der Salary Cap für 2021 um bis zu 80 Millionen Dollar. Wer kann, schließt in dieser Offseason also besser keine teuren Verträge mehr ab. Zu unsicher ist die nahe Zukunft.
Dieses Problem haben nicht nur die Jets, sondern alle Teams der NFL. Ein potenzieller Trade gestaltet sich damit umso schwieriger. Wer ist zum einen bereit dazu, einen hohen Preis in Form von Draftpicks - die Jets sollen mindestens einen Erst- und mehrere Zweitrundenpicks für Adams fordern, um überhaupt über einen Trade nachzudenken -, zum anderen, dann auch noch den Spieler zu bezahlen, der auch von einem anderen Team sicherlich einen Rekordvertrag erwarten würde?
Jamal Adams: Zu wenig Einfluss für Rekordvertrag
Adams ist ein herausragender Spieler, aktuell sicherlich der beste der Jets. Aber er hat nicht annähernd den Einfluss auf das Spiel wie andere Topspieler dieser Liga oder gar im Team der Jets, wo der Fokus 2020 ganz klar darauf liegt, Quarterback Sam Darnold die bestmögliche Situation zu verschaffen, zumal er der wichtigste Mann im ganzen Konstrukt ist. Adams fehlt als (Box-)Safety eben jener Einfluss.
Insgesamt sollten die Jets eine Verlängerung mit Adams in Angriff nehmen, aufgrund seiner eigentlich klaren Vertragssituation und der aktuellen Lage hat eine solche aber keine Priorität. Ein Trade wiederum scheint nur bei einem unglaublichen Angebot möglich, was vom Komplettpaket ausgehend eher unwahrscheinlich erscheint. Aber auch dann stellt sich die Frage, ob dies für die Jets lohnenswert wäre, schließlich bleibt Adams einer der besten Safetys der Liga und ihr aktuell bester Spieler.
Daher liegt es nun in erster Linie an Adams selbst, wie es weitergeht. Er kann die Situation bei den Jets schwierig gestalten, wenn er dem Team auch noch im Camp und darüber hinaus fernbleibt. Letztlich schadet er sich selbst damit jedoch am meisten.