Das Theater hat ein Ende! Die New York Jets haben All-Pro-Safety Jamal Adams (24) nun doch getradet. Die Seattle Seahawks hatten Gang Green ein Angebot gemacht, das sie definitiv nicht ablehnen konnten. Während die Jets damit ihre Zukunftsperspektiven deutlich verbesserten, muss man fragen, ob dieser Transfer aus Seahawks-Sicht nicht sogar ein großer Fehler war. Ein Kommentar von SPOX-Redakteur Marcus Blumberg.
Das Thema Jamal Adams zog sich wie ein lange schon durchgekauter Kaugummi durch die vergangenen zwölf Monate. Stets hatte der Safety für Unruhe gesorgt mit teils übertriebener Eitelkeit und zuletzt massiven Gehaltsforderungen, die in dieser Form kaum Sinn ergaben.
Die Sachlage war klar: Adams steht noch bis Ende 2021 unter Vertrag und auch danach via Franchise Tag unter Teamkontrolle. Auch klar: Er gehört zu den besten Safetys der NFL, 2019 wurde er erstmals ins All-Pro-First-Team gewählt. Er zählt damit zur Creme de la Creme auf seiner Position - und war sicherlich der beste Spieler der New York Jets (7-9 in der letzten Saison).
Nachdem Adams zuletzt aber via Social Media seinem Head Coach Adam Gase die Leader-Qualitäten abgesprochen hatte, dürfte auch dem Letzten klargeworden sein, dass eine Trennung von Gase oder Adams kaum noch zu verhindern war.
Die Jets standen somit gehörig unter Druck und mussten eine zeitnahe Lösung herbeiführen - und doch waren es am Ende die Seahawks, die sich über den Tisch ziehen ließen.
Seahawks: Jamal-Adams-Trade schränkt finanziellen Spielraum ein
Die Jets erzielten einen schier unglaublichen Preis für Adams: Zwei Erstrundenpicks, einen Drittrundenpick und Safety Bradley McDougald. Genug also, um eine der Kronjuwelen des Teams abzugeben, zumal die Jets weiterhin kein fertiges Team sind und nun schon zwei Erstrundenpicks im kommenden Frühjahr vorweisen können.
Die Seahawks (11-5 in der Saison 2019) auf der anderen Seite bekommen zwei Jahre von Adams in dessen Prime. Allerdings werden sie somit vor 2023 auch nicht mehr in Runde 1 des Drafts picken dürfen. Schlimmer noch: Mit aktuell 154 Millionen Dollar an Cap Hits für 2021 bleibt dann nicht mehr viel Spielraum, wenn man bedenkt, dass die Gehaltsobergrenze aufgrund der zu erwartenden Einnahmeverluste durch die Coronavirus-Pandemie drastisch gesenkt werden könnte.
Liga und Spielergewerkschaft einigten sich auf eine Untergrenze von 175 Millionen Dollar in den kommenden Jahren, doch Adams dürfte wie schon im Big Apple weiterhin eine massive Gehaltserhöhung samt langjähriger Vertragsverlängerung fordern.
imago images / Cory RoysterNFL: Der Trade von Jamal Adams im Überblick
Teams | Erhaltene Draftpicks | Erhaltene Spieler |
New York Jets | Erstrundenpick 2021 Erstrundenpick 2022 Drittrundenpick 2021 | Safety Jamal Adams |
Seattle Seahawks | Viertrundenpick 2022 | Safety Bradley McDougald |
Viel gravierender jedoch fällt die Bewertung des Deals an sich aus: Adams mag zwar einer der besten Safetys der Liga sein, aber Safety ist in der heutigen NFL keine Premium-Position. Die Defensiv-Positionen, in die heutzutage das große Geld - oder Draftkapital - gesteckt werden, sind Edge, Defensive Tackle und Cornerback.
Zudem könnte man meinen, die Seahawks hätten mit Adams den Erben von Earl Thomas, der Kopf der legendären "Legion of Boom", verpflichtet. Doch der ist ein komplett anderer Spielertyp. Thomas ist der Center Fielder, der in Coverage groß aufspielt, viel Raum beackert und im Prinzip überall ist, wo der Ball sein könnte. Einer, der auch durch seine Interceptions Gefahr ausstrahlt.
Adams (2 INT in 3 Jahren) dagegen ist - so imposant er auch auftritt - in erster Linie ein Box-Safety, der nahe an der Line of Scrimmage agiert und Gegenspieler umnietet. Er hilft zuvorderst gegen den Lauf, der aber nicht mehr die primäre Angriffsoption ist - außer vielleicht bei eher altmodischen Teams wie den Seahawks selbst. Das macht Adams besser als viele andere, doch ist das in der modernen NFL eben nicht mehr so sehr gefragt.
Seahawks: Exorbitanter Preis für Chancellor 2.0
Im Endeffekt haben die Seahawks Haus und Hof für "Kam Chancellor 2.0" verpfändet: Chancellor war ein großartiger Spieler, aber sicherlich in der internen Rangliste der damaligen Secondary höchstens der dritt- oder viertwichtigste Part.
Adams wird dem Team helfen, keine Frage, aber er wird nicht annähernd den Wert rechtfertigen, der ihm durch diesen Trade beigemessen wird. Vielmehr halfen die Seahawks den Jets dabei, ihren Neuaufbau im Idealfall merklich zu beschleunigen.
Aus Sicht der Seahawks dagegen war der Preis für diese Verpflichtung ohnehin schon hoch. Er könnte sich am Ende als noch viel gravierender erweisen und schlimmstenfalls sogar den sportlichen Erfolg der verbleibenden Russell-Wilson-Ära gefährden. Die Seahawks mögen jetzt jubeln, doch am Ende ist dies ein Deal, der noch lange hinterfragt werden könnte.