Buccaneers: Fehlendes Offseason-Training als Nachteil
Arians jedenfalls verweist auf die Trainingsleistungen und betont, dass Brady auf dem Übungsplatz stets die Pässe anbringt und nur im Spiel Probleme aufweist. Dann sind es vielleicht doch die verwirrenden Coverages?
Arians sieht derweil fehlende Kontinuität als Schwierigkeit für Brady. Nachdem jener 20 Jahre in einem System, einer Philosophie unterwegs war, muss er nun etwas komplett neues lernen. "Ich denke nicht, dass es mangelndes Selbstvertrauen ist. Und es ist auch kein Mangel an Vertrauen in das, was wir tun - ihm fehlt einfach die Kontinuität in dieser Offense und insgesamt bei uns", sagte Arians.
Was er damit meint, ist die fehlende Trainingszeit aus dem Frühjahr. Durch Covid-19 waren alle Offseason-Trainings virtuell und keine wirklichen Trainings, sondern Besprechungen. Erst im Training Camp ging es für Brady mit den neuen Kollegen erstmals strukturiert auf den Platz. Vollstes Vertrauen könnte also durchaus noch fehlen. Und auch wenn Brady "viele seiner eigenen Plays ansagt oder aus dem Gameplan an der Seitenlinie selbst auswählt", wie Arians betont, ist es für ihn eine insgesamt neue Offense.
Die Deep-Ball-Frequenz ist einfach deutlich höher als bei den Patriots, was allerdings auch zuletzt daran lag, dass die Patriots schlicht keine Deep Threats hatten. Die Bucs verfügen mit Mike Evans, Chris Godwin, Scotty Miller und nun eben auch Brown über diverse schnelle Receiver, die für diese Grundidee ideal erscheinen. Und zumindest mit Evans scheint das Zusammenspiel gut zu funktionieren: Evans erzielte bereits acht Red-Zone-Touchdowns in diesem Jahr, die meisten der Liga.
Aber es fehlen eben auch für Brady wichtige Elemente aus seiner Patriots-Zeit. Allen voran gehen ihm merklich die kurzen, sicheren Pässe auf die Running Backs und einen zuverlässigen Slot-Receiver ab.
Nicht, dass es solche Pässe nicht im Playbook der Bucs gäbe. Doch die vorhandenen Running Backs wie Ronald Jones und Leonard Fournette lassen eben häufig Pässe fallen und sind weit von den Qualitäten eines James White zum Beispiel entfernt. Und Slot-Guy Godwin ist auch eher ein vertikaler Spieler als ein Underneath-Typ. Dadurch kommt die Offense eben auch des Öfteren ins Stocken.
Buccaneers: Zu viele Läufe als Problem?
Und das wiederum ist ein Faktor, der nicht von Brady ausgeht: Das Play-Calling der Bucs lässt häufig zu wünschen übrig und sorgt des Öfteren für Stirnrunzeln. Da wären die vielen Runs bei Early Downs, die zuletzt häufig nicht funktionierten. Doch anstatt sie zu verringern, hält Arians gerne stur daran fest. Das bringt dann die Offense immer wieder in schwierige Third-and-Long-Situationen, die für niemanden leicht sind.
Was bei den Bucs jedoch bemerkenswert ist, ist die Tatsache, dass sie erstaunlicherweise sogar die achthöchste Pass-Rate in der Liga in Early Downs aufweisen (bei einer Siegwahrscheinlichkeit von nicht weniger als 20 Prozent und außerhalb der finalen zwei Minuten einer Halbzeit). Das klingt modern, doch ist es in diesem Fall nicht sonderlich effektiv. Ihre frühen Pässe bringen zu selten Erfolg (Dropback EPA: 0,100) und jener moderate Erfolg wird dann wiederum durch ihre frühen Laufspielzüge effektiv neutralisiert (Rush EPA/Play: -0,083).
Insgesamt betrachtet belegen die Bucs mit 0,025 EPA/Play in Early Downs gerade mal Rang 21 der NFL, was eben zur Folge hat, dass sie sich immer wieder selbst das Leben schwer machen bei Third Down.
Mehr zum Thema EPA/Play und weiteren Advanced Stats erfahrt Ihr hier!
Die Bucs zeigen damit immerhin ganz gut, dass Pässe allein nicht das Allheilmittel sind in frühen Downs. Es müssen eben auch effiziente Passspielzüge her. Bei den Bucs jedoch ist es meist so, dass sie bei Early Downs - wenn sie den Ball werfen - vielleicht zu viel Risiko gehen, statt mit einem präzisen Kurzpassspiel die Chains zu bewegen und einen Drive am Leben zu halten. Hier kommt eben Arians' Motto "No risk it, no biscuit" zum Tragen.
Er will riskant spielen, weil er sich davon größeren Ertrag verspricht. Wird das Risiko aber nicht belohnt, gehen Angriffsserien eben schon früher als gewünscht zu Ende, was einen ganzen Rattenschwanz an weiteren Problemen mit sich bringt - allen voran sicherlich mehr Chancen für den Gegner und mehr Einsatzzeit und Belastung für die eigene Defense, die ebenfalls größtenteils riskant und aggressiv blitzt, was eben Kraft kostet.
Bucs: Was ist der offensive Plan?
Längere Drives sind wünschenswert, sind aber gerade nicht die Regel in Tampa. Auch hier kann man wieder fehlende Konstanz und Kontinuität anführen.
Und überhaupt scheint nicht so ganz klar, wohin die Reise offensiv eigentlich gehen soll. Ja, die Bucs laufen im Prinzip zu häufig - zur Unzeit - mit dem Ball. Doch sind sie darin eben auch nicht konsequent. Im zweiten Spiel gegen die Saints liefen sie ganze fünfmal. Gegen die Rams 18 Mal und gegen die Bears sogar 20 Mal. Gegen die Panthers (46:23) dagegen waren es 37 Carries für 210 Yards.
Doch das war freilich eine Anomalie. Aber dennoch bemerkenswert, da die Panthers früh mithielten und sogar zweimal in Führung gingen. Dennoch hielt Arians am Run Game fest. Es war die Woche nach der Saints-Klatsche und wohl eine Art Trotzreaktion.
Sie unterstrich allerdings, dass auch Arians nicht so recht weiß, wie seine Offense nun auszusehen hat. Keine klare Identität in der eigenen Offensive zu haben, ist nicht per se schlecht - Brady selbst spielte 20 Jahre in einer Organisation, die dafür bekannt ist, Woche für Woche den eigenen Gameplan extrem am kommenden Gegner auszurichten. Dennoch blieb immer die Grundidee erhalten.
Bei den Bucs hingegen ist eine funktionierende Grundidee zumindest konstant nicht zu erkennen.
Buccaneers: Offense in Early Downs 2020
Buccaneers | Wert | Liga-Rang |
Pass-Rate | 55,8 Prozent | 8. |
Dropback EPA | 0,100 | 22. |
Rush EPA | -0,083 | 18. |
EPA/Play | 0,025 | 21. |