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Top 10: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 11 in der NFL

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt zurück auf Woche 11 in der NFL.
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6. Raiders: "Best of the Rest"?

Zum Sweep gegen die Chiefs hat es am Ende für die Las Vegas zwar knapp nicht gereicht, nach 40 Punkten beim Sieg in Kansas City reichten dieses Mal 31 eigene Punkte gegen eine schwach aufspielende Chiefs-Defense nicht - dieses Mal nutzte Patrick Mahomes seine letzte Possession.

Doch es ist nicht einfach nur die Mahomes-Magie, die am Ende hier in Erinnerung bleiben sollte; das war vielmehr eines der besten Quarterback-Duelle dieser Saison, wenn man die Leistungen beider Quarterbacks zusammennimmt. Und das lag ganz ausdrücklich eben auch an Derek Carr, der wie schon in Woche 5 bis zum Schluss Schritt für Schritt mit Mahomes ging. Und das dieses Mal auch ohne ein funktionierendes Run Game.

Carr attackierte wieder vertikal, wenn auch nicht ganz so aggressiv wie beim Sieg in Arrowhead, er war unheimlich effizient in der Mitte des Feldes. Nelson Agholor bleibt eine veritable vertikale Waffe in dieser Offense, und Darren Waller ist längst in der Tight-End-Elite etabliert. Gegen die Chiefs war auffällig, wie vielseitig die Raiders ihn einsetzen können; eben nicht einfach nur über die Mitte des Feldes, sondern auch bei Routes nach außen, um seinen Speed bei vertikalen Cuts und nach dem Catch zu nutzen.

Eine nach wie vor extrem löchrige Raiders-Defense zwingt die Offense ultimativ in diesen Topspielen auch dazu, viel zu punkten. Aber die Erkenntnis dieser Saison ist längst: Gruden und Carr im Verbund, mit einem Waffenarsenal, das Carr zusätzlich besser aussehen lässt, können das eben auch.

Trotz der Niederlage muss man die Raiders mehr und mehr als stärkstes Team unter den Wildcard-Anwärtern in der AFC einstufen, mit aber einem Zusatz: Las Vegas sieht aktuell aus wie die etwas schlechtere Version der Chiefs. Wie weit das die Raiders ultimativ bringen kann, bleibt abzuwarten.

7. Ravens taumeln Richtung Mittelmaß

Das Duell zwischen den Baltimore Ravens und den Tennessee Titans hatte mehr Brisanz als man auf den ersten Blick vermuten könnte. Das galt auf dem Platz, wo beide Seiten sich schon vor dem Spiel hitzige Wortgefechte lieferten, aber auch ganz nüchtern mit Blick auf die Standings: Beide rennen in ihrer jeweiligen Division nur hinterher, beide könnten letztlich direkte Konkurrenten im Kampf um ein Wildcard-Ticket beziehungsweise eine Wildcard-Platzierung sein.

Am Ende steht ein Overtime-Sieg für die Titans, und aus Ravens-Sicht fühlt sich die Saison mehr und mehr wie der immer gleiche Sonntag an. Man kann den Ball ganz gut laufen, das Outside Passing Game ist viel zu harmlos - an dieser Stelle: Willkommen zurück, Dez Bryant! - und im Endeffekt brauchen die Ravens vier sehr gute bis dominante Viertel der eigenen Defense, damit der Beitrag der Offense reicht. Ich hatte letzte Woche ja erst zum wiederholten Male ausführlicher darüber geschrieben.

Gegen Tennessee wirkte es so, als könnte die Defense das Team tatsächlich tragen. Derrick Henry war in der ersten Halbzeit komplett abgemeldet, die Ausfälle von Brandon Williams und Calais Campbell machten sich bis dato nicht bemerkbar. Doch ganz langsam öffneten sich Löcher in der Ravens-Defense. Nicht nur über Henry, sondern über den extrem physischen A.J. Brown, Tannehill hatte einige gute Pässe und die Titans punkteten zum Ende des Spiels bei vier aufeinanderfolgenden Drives.

Das reicht dann schon, um den Ravens ernsthafte Probleme zu bereiten. Weil es eben auch wieder Drops in der Offense gab, weil Jackson einige Würfe liegen ließ und weil die explosiven Big Plays, die diese Ravens-Offense im Vorjahr noch ausgezeichnet haben, wieder nur sehr einzeln vorkamen.

Was sagt das ultimativ über beide Teams? Beide setzen sich mehr und mehr im oberen Mittelmaß der Liga fest: gut genug, um Playoffs zu spielen, aber nicht gut genug, um ganz oben anzugreifen. Denn Tennessees Defense, nicht dass dabei ein falscher Eindruck entsteht, war auch in dieser Partie nicht sonderlich gut.

An diesem Punkt scheint das die schlichte Realität für die Titans und Ravens zu sein. Wenn alles gut läuft, kann man jedem Gegner Probleme bereiten. Doch wo beide Teams letztes Jahr phasenweise geradezu beflügelt durch die Saison marschierten, stehen jetzt deutlich mehr Baustellen und deutlich mehr harte Arbeit.

8. Vikings: Optimismus trotz Cowboys-Patzer

Die überraschende Niederlage der Minnesota Vikings gegen Dallas könnte nach einem kurzen Hoffnungsschimmer schon wieder alle Playoff-Träume begraben: Die Vikings müssten jetzt fast schon alle ausstehenden Spiele gewinnen, um eine Chance im Wildcard-Rennen zu haben.

Doch selbst mit dieser Niederlage, in welcher die Cowboys irgendwo schlicht auch die nach wie vor die aufgrund mangelnder individueller Qualität vorhandenen Löcher in der Vikings-Defense ausnutzen konnte, darf es Grund für Optimismus in Minnesota geben.

Die Passing-Offense sieht fantastisch aus, genau wie Rookie-Receiver Justin Jefferson. Adam Thielen präsentierte sich am Sonntag in bester All-Pro-Form. Und: Kirk Cousins ist einfach ein guter Quarterback! Er mag keiner sein, der eine schwache Offense trägt, aber wenn wir in die Riege der Game Manager schauen, in die Quarterback-Kategorie Jimmy Garoppolo, Ryan Tannehill und Co. - dann muss sich Cousins hier nicht nur vor niemandem verstecken, sondern er ist vermutlich die Spitze dieser Gruppe.

Was bringt das den Vikings? Minnesota darf optimistischer schon auf die kommende Saison blicken. Ein gewisser Umbruch ist nach wie vor unabdingbar, insbesondere auf der defensiven Seite des Balls. Aber das, was wir von Cousins und der Passing-Offense gerade sehen, darf Vikings-Fans Hoffnung geben, dass die positive Seite des Umbruchs schnell erreicht werden kann.

9. Saisonaus für Joe Burrow - mit Ansage?

Die traurigste Headline des Spieltags geht definitiv nach Cincinnati: Die Verletzung von Joe Burrow - mutmaßlich ein Kreuzbandriss - beendet die Saison für den First-Overall-Pick im vergangenen Draft. Burrow war auf bestem Wege, sich mit Justin Herbert bis zum Saisonende ein Duell um die Auszeichnung für den Offensive Rookie des Jahres zu liefern; dieser Award dürfte jetzt nur über Herbert laufen.

Aber natürlich ist es vor allem rein sportlich bitter, auch für Burrows Entwicklung. Zwar ist bis zum Saisonstart 2021 noch viel Zeit, doch erwartet Burrow jetzt vermutlich eine Operation, gefolgt vom langen Reha-Prozess und auf die eine oder andere Art und Weise wird seine Vorbereitung auf die kommende Saison davon noch beeinflusst werden.

Unbestreitbar ist, dass Cincinnati in der Offensive Line jede Menge Arbeit vor sich hat. Das war schon in der Offseason und dann im Prinzip nach jedem Bengals-Spiel ein Thema: Burrow stand enorm viel unter Druck, obwohl er den Ball bereits schnell loswurde. Die Offensive Line benötigt mindestens drei Upgrades, und zwar dringend. Das müssen die Prioritäten eins bis drei in der kommenden Bengals-Offseason sein.

Natürlich haben die Bengals Burrow mit dieser Line das Rookie-Leben überaus schwer gemacht, in manchen Spielen musste man sich Sorgen machen, dass Burrow zu viel Druck wittert, wo noch gar kein Druck ist. Doch die Verletzung sollte man getrennt davon betrachten. Das größte Gegenbeispiel ist hier Derek Carr, der in der Raiders-Playoff-Saison vor einigen Jahren hinter einer exzellenten Line spielte, kaum unter Druck stand - und der einzige Sack, den Left Tackle Donald Penn in der Saison zuließ, zu Cars Verletzung und Saisonaus führte. Mehr Druck ist nie gut, ich würde die Verletzung allerdings nicht primär der schlechten Kaderplanung in der Line zuschreiben.

Cincinnati darf dennoch für die Zukunft hoffen. Burrows Arm hat seine Limitierungen, aber wie weit er als Quarterback schon ist, war absolut beeindruckend zu sehen. Washington auf der anderen Seite sucht auf der wichtigsten Position noch seine langfristige Antwort - und bleibt dank der Defensive Line und einer Offense, die mit Alex Smith, McLaurin und den Backs zumindest eine gewisse Baseline hat, inmitten des Playoff-"Rennens" in der NFC East.

10. Lions-Argumente, die niemand braucht

Nicht, dass die Lions noch weitere Argumente bräuchten, um die Matt-Patricia-Ära zeitnah zu beenden - aber die Vorstellung gegen die mit dem Backup-Quarterback angetretenen Carolina Panthers wäre ein solches Argument.

Nicht nur, weil man sich von Teddy Bridgewaters Vertreter P.J. Walker Big Plays einschenken ließ. Nicht nur, weil die Offense gegen eine definitiv schlagbare Panthers-Defense eine unter dem Strich desolate, peinliche Vorstellung ablieferte. Und nicht nur, weil die Lions in der ersten Hälfte bei aufeinanderfolgenden Drives drei Mal in der gegnerischen Hälfte punteten, bei fünf, sechs und drei Yards bis zum First Down.

Die Summe all dieser Dinge ergibt dann aber eben doch ein ziemlich vernichtendes Urteil. Die Lions sind eines der inkonstantesten Teams der Liga, ohne eine klar erkennbare Handschrift, ohne einen funktionierenden Plan A - geschweige denn Plan B -, und wenn sie dieses Jahr besser aussahen, war es meist der individuellen Qualität in der Offense zu verdanken.

Und es hätte noch deutlich übler verlaufen können, hätte Walker nicht zwei Picks in der Red Zone geworfen. Der Ex-XFL-Star gab Carolina hier und da ein erhöhtes Ceiling, weil er außerhalb der Pocket arbeiten und gefährlicher vertikal gehen kann als Bridgewater. Doch man kann davon ausgehen, dass diese Pleite für die Lions mit der hohen Bridgewater-Baseline noch deutlich höher ausgefallen wäre.

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