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Top 10: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 9 in der NFL

SPOX-Redakteur Adrian Franke liefert euch an jedem Montagmorgen seine wichtigsten Takeaways zum vergangenen NFL-Sonntag.
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6. Die NFC East in Fumble-Recovery-Form

Würde man die groteskeste Division dieser Saison, die NFC East, sinnbildlich als eine versuchte Fumble-Recovery darstellen wollen - der Slapstick-Versuch im Division-Duell zwischen Washington und den Giants ist schon sehr nahe dran an der perfekten Umsetzung.

Was soll man mit dieser Division anfangen? Die Cowboys verkaufen sich mit Garrett Gilbert plötzlich teuer gegen die Steelers und zeigen, dass sie ihre Waffen trotz all der Probleme anderswo doch noch einsetzen können. Washington verlor derweil gegen die Giants Quarterback Kyle Allen mit einer offensichtlich schweren Knöchelverletzung, und es ist schwer vorstellbar, dass Ron Rivera plötzlich Dwayne Haskins wieder vertraut.

Somit dürfte es Alex Smith bis auf weiteres sein. Und der hatte einige durchaus positive Momente, Smith legte sein erstes 300-Passing-Yard-Spiel seit Woche 9 der 2018er Saison hin. Wer weiß schon, was man realistisch von Smith erwarten kann, sollte er den Rest der Saison als Starter bestreiten. In dieser Partie verhinderten seine beiden späten Picks eine mögliche Hollywood-Bilderbuch-Aufholjagd. Bei der ersten seiner insgesamt drei Interceptions war sein Target ausgerutscht. Gleichzeitig ist die Defensive Line für Washington gut genug, um wacklige Offenses zu ersticken.

Und dann sind da die Giants, die dieses Spiel zwar gewannen, weil parallel Daniel Jones zum zweiten Mal in seiner NFL-Karriere ohne Turnover blieb. Seine NFL-Bilanz ist jetzt 4-0 gegen Washington - und 1-16 gegen den Rest der NFL. Die Giants haben defensiv definitiv einen Puls, aber die Offense ist viel zu inkonstant, um in der zweiten Saisonhälfte fünf oder gar mehr Siege zu prognostizieren.

Die in dieser Woche spielfreien Philadelphia Eagles bleiben der Favorit in einer grotesken Division. Aber mit dem Auftritt der Cowboys und dem erzwungenen Quarterback-Tausch in Washington sind beide Teams ein Stück weit größere Wundertüten geworden.

7. Realitäts-Check für die Pittsburgh Steelers

Vielleicht hätte man gewarnt sein müssen. So mancher Steelers-Fan dürfte bereits ein ungutes Gefühl gehabt haben: Pittsburgh hat diese Spiele fast jedes Jahr, wo man vermeintlich klarer Favorit ist - und dann den auf dem Papier als klaren Underdog ausgemachten Gegner nicht nur nicht dominieren kann, sondern häufig sogar verliert.

Mike Tomlin wird in seiner Head-Coach-Karriere auch im 14. Jahr keinen negativen Record haben, das hat der Sieg am Sonntag sichergestellt - eine unglaubliche Bilanz, die in vielerlei Hinsicht für Tomlin spricht. Gleichzeitig aber hat er in seiner Head-Coach-Karriere auch einen 1-9-Record gegen den Spread, wenn er auswärts auf zweistellige Underdogs trifft. Will sagen: Diese Art Aussetzer gibt es immer wieder in Steel City.

Dieses Mal in Dallas war es eben die Tatsache, dass Pittsburgh das vermeintlich krasse Mismatch an der Line of Scrimmage nicht ansatzweise so gewinnen konnte wie gedacht. Ja, die Defensive Front setzte den überraschend guten Garrett Gilbert deutlich mehr unter Druck, als die Total Stats nahelegen - aber gerade im Run-Blocking riss die dezimierte Cowboys-Line immer wieder große Löcher. Hier hatte Pittsburgh zuletzt auch gegen die Ravens ziemlich gewackelt.

Und auf der anderen Seite schlugen die Steelers eben kein Kapital daraus, dass Dallas vor diesem Spieltag mit weitem Abstand ligaweit die meisten Rushing-Yards vor Kontakt zugelassen hatte - über 600 an der Zahl. Die Steelers selbst konnten den Ball nicht gut laufen. Kombiniert mit mehreren Aussetzern des eigenen Special Teams hatte man die Zutaten für eine dieser unglaublich ärgerlichen Steelers-Patzer beisammen.

Es spricht für Pittsburgh, dass man die komplette Blamage am Ende verhinderte. Und doch war das Spiel auch ein Reminder dahingehend, dass die Steelers zwar gefährlich sind, der 8-0-Record aber doch etwas über die wahre Qualität dieses Teams hinwegtäuscht. Die Offense ist solide bis gut, nicht mehr, und wenn die Defense an der Line of Scrimmage nicht gewinnt, gibt es schnell Probleme.

Man hätte vielleicht nur nicht gedacht, dass diese Realität gegen dieses Cowboys-Team sichtbar wird - und gleichzeitig wird so mancher Steelers-Fan sagen, dass man genau das erwarten musste.

8. Vikings und Lions: 2 Umbrüche - nur ein Weg ist klar

Aus dem Duell der Enttäuschten in der NFC North geht ganz klar ein mehr enttäuschtes Team hervor - und das nicht nur, weil die Detroit Lions am Ende deutlich den Kürzeren zogen. Man kann sich bei den Lions nur wiederholen: Die defensive Weiterentwicklung fehlt komplett, Matt Patricia würde gerne Man Coverage spielen, was aber meist in die Hose geht und alternative Ideen, um Druck auf den Quarterback zu kreieren oder auch was die Run-Defense angeht, hat er einfach nicht.

Die Partie gegen Minnesota war der nächste klare Fingerzeig darauf, dass Detroit auf einen krassen Umbruch zusteuert - und wie eklatant auch der Coaching-Unterschied zwischen diesen beiden Teams ist. Denn von der Vikings-Defense, die individuell nicht ansatzweise die Qualität der Lions hat, hat Mike Zimmer einen kleinen Aufwärtstrend hingelegt: Nach dem überraschenden Auftritt in Green Bay ließ Minnesota auch gegen die Lions relativ wenig zu und kreierte vor allem Turnover, die am Ende auf der Seite des Balls den Unterschied ausmachten.

Dass die Vikings wie schon gegen die Packers auch gegen Detroit am Boden nach Belieben schalten und walten konnten, wirft eine übergreifende Frage auf: Was wäre für die Vikings mit etwas mehr Glück in der frühen Saisonphase dieses Jahr möglich gewesen - und was sagen die Trends aktuell über die weitere Entwicklung aus?

Dass Mike Zimmer und Rick Spielman relativ sicher im Sattel sitzen, dürfte der Ngakoue-Trade nochmal unterstrichen haben. Und dass die Vikings offensiv scheinbar "einfacher" als jedes andere Team punkten, wenn sie schlicht über Screens, Play Action und ihr (Outside Zone) Run Game kommen, bestätigte sich über die letzten beiden Spiele auch einmal mehr. Dalvin Cook ist schlicht der perfekte Back für diese Offense und hat ein gutes Argument, neben Alvin Kamara aktuell der wertvollste Running Back in der NFL zu sein.

Doch all das brauchen sie auch. Denn Shootouts, genauso wenig wie Spiele, in denen die eigene Offense einen hohen Rückstand aufholt, traut man diesem Vikings-Team auch weiterhin nicht zu. Was dann vielleicht auch die simple Antwort auf die Frage ist, was in diesem Jahr vielleicht möglich war. Diese beiden Teams stehen vor einem Umbruch. Doch nur bei den Vikings scheint der Weg einigermaßen klar. Bei den Lions ist alles auf dem Tisch.

9. Die Chiefs und der enorme Spielraum

Der finale Drive war merkwürdig, und das ist freundlich gesagt. Checkdowns, Pässe, die nicht über die Line of Scrimmage flogen - und all das mit minimaler Zeit auf der Uhr, als Carolina mit einem späten Field Goal das Spiel sogar hätte gewinnen können. Es war in gewisser Weise auch eine Versinnbildlichung der immer wieder mal sichtbaren Limitierungen dieser Offense mit Teddy Bridgewater - aber dieser Satz wird dem Auftritt der Panthers in dieser Partie ansonsten absolut nicht gerecht.

Carolina nämlich spielte genau so, wie ein Underdog bei einem klaren Favoriten auftreten muss: mutig. Beim ersten Touchdown spielte Rhule Fourth-and-Three aus, die Panthers spielten einen Fake Punt, insgesamt drei Fourth-Down-Conversions gelangen Carolina. Das war ein maßgeblicher Grund dafür, dass diese Partie eng blieb, und sollte für Teams in vergleichbarer Situation in dieser Hinsicht als Blaupause dienen.

Eindrucksvoll ist aber auch, wie groß der Spielraum für Fehler und für offensive Durchhänger bei den Chiefs ist - hier ist ein krasser Kontrast etwa zu den eingangs besprochenen Ravens. Zwei Field Goals nur zum Start, auf die 2-Point-Conversion zum möglichen 14:14-Ausgleich nach dem ersten Touchdown verzichtet, ein Fumble beim nächsten Drive, ein Field-Goal-Fehlschuss zum Start in die zweite Hälfte - und dennoch hat man bei den Chiefs keine Bedenken, dass sie deshalb womöglich nicht Richtung 30 Punkte gehen könnten.

Als die Chiefs-Offense in der zweiten Hälfte loslegte, waren es auch einmal mehr die Big Plays gerade bei Third Down, die Carolina zum Verhängnis wurden. Dabei konnten die Panthers der angeschlagenen Chiefs-O-Line einige Probleme bereiten, doch bei all den Big Plays und all den Highlights war in diesem Spiel eine andere, weitaus subtilere Qualität von Patrick Mahomes ebenfalls zu sehen: Sein Pocket-Verhalten. Die Chiefs sind und bleiben das furchteinflößendste Team in der NFL.

10. Gewohnter Chargers-Wahnsinn - Raiders machen Spaß

Chargers-Fan zu sein muss schlicht unglaublich sein, und immer wenn es gefühlt kaum noch grausamer geht, wird noch einer drauf gepackt. Gegen die Raiders war es der vermeintliche Game-Winner, der zuerst gefeiert, und dann nach Replay-Analyse (zu Recht) wieder zurückgenommen wurde.

Was bleibt aus diesem Spiel für L.A.? Die Erkenntnis, dass diese Offense nach wie vor extrem explosiv und unterhaltsam ist. Dass Justin Herbert viel Spaß macht. Aber eben auch, dass die eigene Defense weiterhin eine ziemlich große Enttäuschung ist, wenngleich Verletzungen hier eine unbestreitbare Rolle spielen. Joey Bosa fehlte gegen die Raiders an allen Ecken und Enden.

Allerdings sollte dabei nicht untergehen, wie sensationell unterhaltsam die Raiders-Offense ihrerseits sein kann. Das haben wir nicht zum ersten Mal in dieser Saison gesehen. Wenn sie das Playbook öffnen, wenn Carr vertikal geht (gehen soll? muss? darf?). Der tiefe Pass auf Agholor zum Touchdown, der Ball beim Rollout nach rechts aus der Pocket, der Scramble zum First Down tief in der gegnerischen Hälfte.

Man weiß vorher nie genau, welche Version von Derek Carr man bekommt. Aber die unterhaltsame, risikofreudige Variante ist in diesem Jahr auffallend häufig zu beobachten. Das mag damit zusammenhängen, dass man das Waffenarsenal in der Offseason entsprechend neu bestückt hat - vielleicht will Gruden auch schlicht testen, was er aus Carr herauskitzeln kann. Aber wenn die Raiders so weiter spielen, sind sie ein Playoff-Team.

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