Nach dem Quarterback-Karussell werfen wir einen genauen Blick auf den Receiver-Markt in der Free Agency.
Noch können Teams den Franchise Tag für Spieler verwenden - durch den infolge der Corona-Pandemie schrumpfenden Salary Cap Space könnte der Liga allerdings eine ungewöhnlich aktive Free Agency auch mit mehr prestigeträchtigen Wechseln bevorstehen.
NFL Free Agency - Wide Receiver: Die Superstars
Allen Robinson (Chicago Bears)
Robinson zählt zu den besten Receivern in der gesamten NFL. In den vergangenen zwei Jahren verbuchte er 2700 Receiving Yards - und das mit Mitchell Trubisky und Nick Foles under Center. 2015 legte er obendrein 1400 Yards und 14 Touchdowns mit Blake Bortles auf. Robinson ist ein echter Nummer-eins-Receiver, der das volle Paket von Route-Running über Contested Catches bis hin zu exzellenten Händen mitbringt. Und er ist erst 27 Jahre alt.
2018 wurde Robinson nach einer verletzungsgebeutelten Saison auf dem offenen Markt ein absolutes Schnäppchen, das wird sich in diesem Jahr mit Sicherheit nicht wiederholen. Voraussichtlich werden die Bears ihren besten Offensivspieler mit dem Franchise Tag halten. Ist diese Option allerdings zu teuer - die Bears liegen aktuell über dem Salary Cap und der sinkende Cap könnte die Nutzung des Franchise Tags in diesem Jahr für die Teams deutlich erschweren -, könnte Robinson in der Free Agency zum bestbezahlten Receiver der NFL aufsteigen.
Chris Godwin (Tampa Bay Buccaneers)
Auch Godwin stellte seinen Status als einer der besten Receiver der NFL über die vergangenen zwei Jahre unter Beweis. 2019 sammelte er in nur 14 Spielen 1333 Receiving Yards und neun Touchdowns. Godwin ist kein klassischer X-Receiver wie Robinson, bringt aber eine enorme Variabilität mit, er kann im Slot und auch außen spielen. Zudem ist er erst 25 Jahre alt, seine besten Jahre könnten noch vor ihm liegen.
Die Bucs würden Godwin sicherlich gerne halten, müssen bei ihren zahlreichen Free Agents (unter anderem Pass-Rusher Shaquil Barrett und Linebacker Lavonte David) aber vermutlich irgendwo Abstriche machen. Kommt Godwin tatsächlich auf den offenen Markt, wird interessant zu beobachten sein, wie sehr die vergangene Saison mit ein paar Verletzungsproblemen sowie einigen Drops in den Playoffs seinem Marktwert geschadet hat. Auch er könnte einen Vertrag über mehr als 20 Millionen Dollar pro Jahr abstauben.
Kenny Golladay (Detroit Lions)
Der dritte Receiver, der in seinem neuen Team nahezu garantiert die Rolle als Nummer-Eins-Receiver einnehmen würde. Golladay knackte in seinem zweiten und dritten Jahr bereits die 1000-Yard-Marke, ehe ihn im vergangenen Jahr Verletzungen bremsten. Als Receiver mit Gardemaß, der insbesondere bei Contested Catches und tiefen Pässen dominiert, dürfte Golladay für praktisch jedes Team mit Cap Space interessant sein.
Die Lions verfügen über keinen Gehaltspielraum und scheinen obendrein einen langfristig angelegten Rebuild aufzubauen. Gut möglich also, dass Golladay tatsächlich auf den Markt kommt. Dort dürfte der 27-Jährige trotz des coronabedingt angespannten Marktes ebenfalls einen hohen Vertrag abstauben - unabhängig davon, ob auch Robinson und Godwin Free Agents werden oder nicht.
NFL Free Agency - Wide Receiver: Die zweite Kategorie
Will Fuller (Houston Texans)
Fullers Talent ist unbestritten. Der (Noch-)Texaner bringt absoluten Top-Speed mit, seine Yards pro Spiel bewegten sich in der vergangenen Saison in ähnlichen Sphären wie die von Robinson, Godwin und Golladay. Er ist die Art Receiver, der eine Offense öffnen kann. Das größte Problem des 26-Jährigen war und ist seine Beständigkeit: Über die letzten vier Saisons verpasste er insgesamt 26 Spiele und absolvierte in keinem Jahr mehr als elf Matches. Auch 2021 wird er das erste Saisonspiel gesperrt verpassen.
Wie das seinen Markt beeinflussen wird, ist fraglich. Fuller könnte ebenfalls einen hoch dotierten Vertrag einstreichen, aufgrund der angespannten Cap-Situation eventuell aber auch auf einen Einjahresvertrag setzen müssen.
Corey Davis (Tennessee Titans)
Einst als potenzieller Star-Receiver gedraftet, enttäuschte Davis in seinen ersten drei Jahren bei den Titans weitestgehend - bis er im Vorjahr mit gerade mal zwei Dritteln aller Snaps beinahe die 1000-Yard-Marke knackte. Davis ist kein klassischer X-Receiver, als guter Route-Runner mit sicheren Händen, der auch vertikal stark attackieren kann, aber variabel einsetzbar.
Die große Frage in der Free Agency dürfte sein, inwieweit ein Team Davis als echte Nummer eins sieht und nicht nur als (sehr) gute Nummer zwei. Günstig dürfte der 26-Jährige angesichts seines Alters, seines ursprünglichen Draft-Status und seiner starken Saison im Rückspiegel aber so oder so nicht werden. Das könnte den Markt für ihn definieren, denn einen Receiver, der eher eine Nummer 2 ist, womöglich aber in Nummer-1-Regionen bezahlt werden wird, können sich in diesem Jahr nicht viele Teams leisten.
JuJu Smith-Schuster (Pittsburgh Steelers)
Mit einer 1400-Yard-Saison (in seiner zweiten Saison wohlgemerkt) in seinem Resümee dürfte auch Smith-Schuster in der Free Agency für gehöriges Interesse sorgen. Dass der Social-Media-Star erst während der kommenden Saison seinen 25. Geburtstag feiern wird, steigert seinen Marktwert obendrein.
Ein Fragezeichen in der Free Agency dürfte allerdings Smith-Schusters Rolle in der Offense werden. Bei den Steelers spielte der Youngster nahezu ausschließlich im Slot, zunächst als Nummer zwei hinter Antonio Brown, später dann an der Seite von Diontae Johnson und Chase Claypool. Teams könnten ihn in seiner Rolle noch limitierter sehen als Davis, und sollte das der Fall sein, dürfte das seinen Marktwert etwas schmälern.
Curtis Samuel (Carolina Panthers)
Samuel, einst zu Beginn der 2. Runde gedraftet, sah in Carolina bereits wie ein Draft-Bust aus, ehe Offensive Coordinator Joe Brady die Rolle des Receivers 2020 fundamental veränderte. Der Youngster rückte von außen in den Slot, statt als Deep Threat wurde er fortan eher bei kurzen Routen und teilweise sogar als Running Back eingesetzt - und überzeugte in dieser Rolle.
Samuel bringt tollen Speed und hervorragende Fertigkeiten nach dem Catch mit, auch er ist zudem erst 24 Jahre alt. Samuel braucht eine Offense, in der seine Fähigkeiten optimal eingesetzt werden. Kommt er in eine solche Situation, könnte er in diesem Jahr aber ein echtes Schnäppchen werden.
Antonio Brown (Tampa Bay Buccaneers)
Browns Talent ist über jeden Zweifel erhaben und wahrscheinlich sogar über dem von Spielern wie Robinson oder Godwin anzusiedeln. Zwischen 2013 und 2018 knackte Brown sechsmal in Folge die 1200-Yard-Marke und war der vielleicht beste Receiver der NFL. Dann provozierte er allerdings seinen Rauswurf bei den Raiders, flog aufgrund von Vergewaltigungs-Anschuldigungen bei den Patriots und fiel auch privat mehrfach sehr negativ auf.
Bei den Bucs durfte Brown sein Comeback feiern, war dort allerdings nicht mehr als die Nummer drei hinter Godwin und Mike Evans. Kann er mit 33 Jahren immer noch mehr als das sein? Und welche Teams geben ihm anhand seiner Skandalakte überhaupt noch eine Chance? Falls Tampa Bay Godwin ziehen lassen muss, könnte Brown als günstigere Alternative mit Tom Brady als Nummer-1-Verkaufsargument gehalten werden.
Sammy Watkins (Kansas City Chiefs)
Einst als Riesentalent im Draft ausgewählt, konnte Watkins sein Potenzial in der NFL, auch aufgrund von Verletzungen, nie voll abrufen. In den vergangenen fünf Jahren absolvierte Watkins nie alle Saisonspiele und kam kein einziges Mal auf mehr als 700 Receiving-Yards. Mit exzellentem Speed und gutem Route-Running kann der 27-Jährige aber immerhin noch ein guter Komplementär-Receiver sein.
Watkins' Krankenakte dürfte so manches Team abschrecken. Im Super-Bowl-Jahr füllte er die besagte Rolle innerhalb der Chiefs-Offense exzellent aus, in der vergangenen Saison war er dazu nicht in der Lage. Ob er auf dem angespannten Markt einen langfristigen und obendrein hoch dotierten Vertrag abstauben können wird, darf bezweifelt werden. Eher ein Kandidat für einen kurzfristigen Vertrag zu überschaubaren Konditionen.
T.Y. Hilton (Indianapolis Colts)
Hilton ist bereits 31 Jahre alt, seine Zeit als einer der besten Deep Threats der NFL ist vorbei, Hiltons Yards pro Catch gingen über die vergangenen beiden Jahre deutlich zurück. Hatte insbesondere in der vergangenen Saison ein unbestreitbares Tief. Als sehr erfahrener Receiver mit gutem Route-Running bringt Hilton jedoch immer noch Wert mit - wenn auch in einer neuen Rolle.
Der Colts-Star dürfte im Herbst seiner Karriere vor allem bei mittellangen Pässen, womöglich zudem primär aus dem Slot heraus, eingesetzt werden. Eine solche Rolle ist in der NFL von Wert. Einen allzu fetten Zahltag sollte Hilton in den kommenden Wochen allerdings nicht erwarten.
Marvin Jones (Detroit Lions)
In seinen fünf Jahren in Detroit konnte Jones nur drei Saisons voll absolvieren, dreimal knackte er die 900-Yard-Marke, dreimal kam er auf neun Touchdowns. Jones ist kein Nummer-Eins-Receiver, in einer untergeordneten Rolle kann er aber enorm gefährlich und wertvoll sein. Er ist die klassische Nummer 2, seine Zahlen unterstreichen dies.
Jones wird bereits 31 Jahre alt, auch er wird in den kommenden Saisons vermutlich mehr Snaps im Slot sehen (müssen). Seine Kombination aus nach wie vor gutem Speed, sicheren Händen und obendrein Fähigkeiten nach dem Catch macht ihn jedoch zu einem interessanten Free Agent. Einen allzu langen Vertrag wird Jones aller Voraussicht nach nicht mehr bekommen, für ein oder zwei Jahre als Komplementär-Receiver könnte er für ein Spitzenteam jedoch enorm wertvoll werden.