NFL - New Orleans Saints mit über 250 Millionen Dollar Gehaltskosten: So kommt das Team wieder aus der Cap-Hölle

Jan Dafeld
25. Februar 202113:15
SPOXgetty
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Die New Orleans Saints liegen nur wenige Wochen vor dem Start der Free Agency deutlich über der erlaubten Gehaltsgrenze. Welche Optionen hat General Manager Mickey Loomis nun? Und was bedeutet all das für die langfristige Zukunft der Franchise? SPOX gibt einen Überblick.

Mickey Loomis steht vor einem großen Problem. Genauer ausgedrückt steht seine Franchise sogar vor 252.342.363 Problemen.

So viele Dollar beträgt nämlich der Cap Hit des Kaders der Saints in der kommenden Saison. Deutlich mehr als in der vergangenen Spielzeit. Und deutlich mehr als erlaubt sein wird.

Noch ist der exakte Salary Cap für die Saison 2021 noch nicht bekannt gegeben worden, aufgrund fehlender Einnahmen durch die Coronapandemie wird die Gehaltsgrenze in diesem Jahr jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erstmals seit Jahren sinken und nicht weiter ansteigen.

Im Jahr 2020 betrug der Salary Cap in der NFL 198,2 Millionen Dollar, mit einer ähnlichen Entwicklung wie in den vergangenen Jahren wäre die Gehaltsobergrenze wohl auf rund 210 Millionen Dollar angestiegen. Mindestens. Von solchen Summen werden die General Manager in der NFL in der nahen Zukunft aber nur träumen können.

Die NFL und die Spielergewerkschaft NFLPA hatten sich im vergangenen Sommer auf eine minimale Cap-Untergrenze von 175 Millionen Dollar geeinigt, um den Teams eine gewisse Planungssicherheit zu ermöglichen. Diese wurde mittlerweile auf 180 Millionen Dollar erhöht, Informationen des NFL Networks zufolge könnten jeder Franchise schlussendlich immerhin 185 Millionen Dollar zur Verfügung stehen.

Angesichts der Horrorszenarien, die vor Beginn der coronageplagten Spielzeit 2020 durch die Medien gegeistert waren, ist das eine gute Nachricht für jedes NFL-Team. Die Saints stehen dennoch vor einer Mammutaufgabe.

Salary Cap, Base Salary, Cap Hit: Das Gehaltssystem der NFL erklärt

New Orleans Saints: "Überhaupt keinen Handlungsspielraum"

New Orleans hätte selbst bei einer konstanten Cap-Entwicklung ohne Corona gehörig Gehalt einsparen müssen. Aufgrund zahlreicher, teurer Vertragsverlängerungen - insbesondere mit Quarterback Drew Brees -, bei denen ein Teil der Cap-Belastung immer in zukünftige Saisons geschoben wurde, war bereits länger absehbar, dass die Saints irgendwann enorme Cap-Einsparungen vornehmen müssen würden. Diese Entwicklung wurde durch die Pandemie weiter beschleunigt und verschlimmert.

"Das ist ein Fall, in dem du vielleicht weiter Gehalt in die Zukunft schieben wollen würdest, weil du einen guten Kader hast. Aber jetzt steigt der Cap nicht mehr", erklärte ein anonym bleibender Cap-Manager gegenüber CBS. "Damit verschlimmerst du deine Probleme vielleicht nur noch weiter." Und ein anderer Experte stellt fest: "Mann, ich weiß nicht, was sie jetzt machen. So schlimm habe ich das noch nie erlebt. Sie haben überhaupt keinen Handlungsspielraum."

Ganz so aussichtslos scheint die Situation der Saints zwar nicht, das Team hat bereits erste Schritte zur Reduktion unternommen: Offensive Lineman Nick Easton wurde entlassen, der Vertrag von Brees wurde obendrein einmal mehr umstrukturiert, sodass das Team Geld in die kommenden Jahre schiebt.

Diese beiden Moves schaffen rund 6,5 und 24 Millionen Dollar Cap Space. Eine enorme Entlastung, doch selbst damit liegen die Saints immer noch mehr als 60 Millionen Dollar über der erlaubten Cap-Grenze (in diesem Fall gehen wir von einem Salary Cap von 185 Millionen Dollar in der kommenden Saison aus, mutmaßlich der Best Case).

Welche Optionen bleiben dem Team jetzt noch? Wir geben einen Überblick.

New Orleans Saints - Option Nummer eins: Entlassungen

New Orleans wird in den kommenden Wochen zahlreiche Spieler entlassen müssen, daran wird kein Weg dran vorbei führen. Immerhin: Auch nach Eastons Entlassung befinden sich immer noch eine Handvoll Spieler im Kader, bei denen eine Entlassung ordentlich Cap-Einsparungen einbringen würde.

Der offensichtlichste Kandidat ist dabei Kwon Alexander. Der Linebacker kam in der vergangenen Saison per Trade aus San Francisco und zählt aktuell mit 13,4 Millionen Dollar gegen den Cap, kein Cent dieser Summe ist garantiert. Alexander ist ein guter Spieler, angesichts der Cap-Einsparungen ist dieser Move allerdings ein No-Brainer.

Gleiches gilt für die Entlassung von Malcolm Brown. Der Defensive Tackle spielte im Vorjahr nur ein Drittel aller Snaps, würde im Falle einer Entlassung aber weitere fünf Millionen Dollar Cap Space bringen. Auch sein Abgang dürfte somit nur Formsache sein.

Ein weiterer möglicher Cut-Kandidat ist Janoris Jenkins. Der Cornerback zeigte im Saints-Dress zwar solide Leistungen, sieben Millionen Dollar Cap-Einsparungen im Falle einer Entlassung dürften im Falle der Saints aber schlicht zu viel sein, um ihn zu halten. Emmanuel Sanders würde bei einem Cut vier Millionen Dollar Cap Space einbringen, auch er könnte das Team verlassen müssen.

Mit diesen Entlassungen könnten die Saints also knapp 30 Millionen Dollar Cap Space schaffen. Genug, um unter die erlaubte Grenze zu rutschen, wäre dies allerdings noch nicht.

Option Nummer zwei: Vertragsumstrukturierungen

Das zweite wichtige Werkzeug in den Händen der Saints sind Umstrukturierungen von Verträgen, ein Mittel, das die Franchise kürzlich bereits bei Brees angewandt hatte. Bei einer Umstrukturierung wird in der Regel ein Teil des Gehalts im anstehenden Jahr (Base Salary) reduziert und gleichmäßig auf die verbleibenden Vertragsjahre eines Spieler aufgeteilt.

Neustrukturierungen von Verträgen machen also bei Spielern Sinn, die über ein hohes Base Salary verfügen und noch viele Jahre unter Vertrag stehen. Doch Vorsicht ist geboten: Im Falle einer Entlassung des Spielers würde der Dead Cap in den kommenden Jahren drastisch ansteigen. Teams sollten somit eigentlich nur Verträge von Spielern neu strukturieren, die noch lange im Team verbleiben sollen.

Bei den Saints entsprechen vier Spieler diesen Anforderungen: Edge Defender Cameron Jordan (bis zu 8,1 Millionen Dollar Cap-Einsparungen 2021, 2,7 Millionen Dollar Cap-Erhöhung in 2022, 2023 und 2024), Wide Receiver Michael Thomas (8,6 Mio. und 2,9 Mio.), Left Tackle Terron Armstead (6 Mio. und 3 Mio.) und Guard Andrus Peat (5,9 Mio. und 1,9 Mio.).

Loomis könnte durch Vertragsumstrukturierungen bei diesen vier Spielern also rund 28 Millionen Dollar an Cap Space einsparen. Aufgrund der bereits angesprochenen Belastung in den kommenden Jahren erscheint es jedoch unwahrscheinlich, dass New Orleans tatsächlich alle vier Verträge umstrukturieren wird.

Option Nummer drei: Vertragsverlängerungen und Trades

Die letzten verbliebenen Optionen der Saints sind etwas komplizierter anzuwenden als die ersten beiden. Für diese bräuchten die Saints nämlich die Zustimmung eines Verhandlungspartners, entweder eines Spielers (bei einer Vertragsverlängerung) oder eines Teams (bei einem Trade).

Die zwei Spieler, die in diesem Zusammenhang in den Fokus rücken, sind Marshon Lattimore und Ryan Ramczyk. Beide wurden 2017 von den Saints in der ersten Runde des Drafts ausgewählt und spielen 2021 daher unter der Option im fünften Vertragsjahr. Zudem stehen beide mit mehr als zehn Millionen Dollar Gehalt in den Büchern des Teams.

Weil sowohl Lattimore als auch Ramczyk in ihr letztes Vertragsjahr gehen, ist eine Umstrukturierung keine Option. Bei einer Verlängerung könnte das Gehalt in diesem Jahr - mal wieder auf Kosten der Folgejahre - deutlich nach unten gedrückt werden. Im Fall eines Trades würde New Orleans das gesamte Gehalt des Spielers streichen können und vermutlich gleichzeitig einen hohen Draft-Pick im Gegenzug erhalten, und auch Draft-Kapital ist eher rar gesät im Big Easy.

Sowohl Lattimore als auch Ramczyk sind eigentlich auch perspektivisch wichtige Bestandteile des Kaders. Allerdings ist durchaus denkbar, dass sich die Saints den Luxus, beide zu halten, schlicht nicht leisten können und sie zumindest einen der beiden abgeben müssen. Einen Trade-Markt zumindest sollte es geben.

New Orleans Saints - Der Sonderfall: Taysom Hill

Ein für sich stehendes Fragezeichen in den Planungen der Saints ist Quarterback Taysom Hill. Der 30-Jährige unterschrieb erst im vergangenen Jahr eine Vertragsverlängerung in New Orleans, dank der er seine Franchise 2021 16 Millionen Dollar Cap Space kostet. Dies ist eine überschaubare Summe für einen Starting Quarterback. Doch ist Hill ein Starting Quarterback?

Die Gerüchte, dass die Saints nach dem wahrscheinlichen Karriereende von Brees mit einem anderen Starter - vermutlich sogar mit Jameis Winston, der 2020 bereits der Backup in New Orleans war - in die kommende Saison gehen wollen, halten sich hartnäckig. In diesem Fall wäre Hills Cap-Nummer deutlich zu hoch - trotz seiner unbestreitbaren Vielseitigkeit.

Eine Entlassung von Hill würde den Saints allerdings gerade mal fünf Millionen Dollar Cap-Einsparungen einbringen. Vermutlich zu wenig, um sich in den Augen von Loomis und Co. zu lohnen. Eine Verlängerung von Hills Vertrag verspricht mehr Einsparungen in der kommenden Saison, sie würde den Quarterback allerdings noch länger an die Franchise binden - und das vermutlich nicht zum Schnäppchenpreis.

Ob, und wenn ja, wie die Saints Hills Vertrag in den kommenden Wochen adressieren, dürfte somit bereits Aufschluss darüber geben, ob New Orleans mit ihm als Starter plant - oder ob ein Quarterback-Wechsel wahrscheinlich ist. Die Idee liegt nahe, dass man auf Winston hofft. Doch auch der muss erst bezahlt werden.

New Orleans Saints: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben

Die Cap-Situation der Saints ist somit ohne jede Frage schlecht, ausweglos ist sie allerdings nicht. Mit Entlassungen, Vertragsumstrukturierungen und Vertragsverlängerungen wird Loomis in den kommenden Wochen genug Cap Space schaffen können, um auch 2021 konkurrenzfähig zu bleiben. Gerade die Offense sollte, sofern die Quarterback-Frage geklärt ist, trotz allem auch 2021 schlagkräftig daherkommen. Mit einer guten Offensive Line, mit mehreren exzellenten Waffen.

Gelöst sind die Probleme des Teams damit allerdings noch lange nicht. Zum einen wird New Orleans Leistungsträger wie Safety Marcus Williams oder Edge Defender Trey Hendrickson gehen lassen müssen, zum anderen ist an teure Neuverpflichtungen nicht zu denken. In der kommenden Spielzeit auf dem gleichen Niveau wie 2020 spielen zu können, wird also eine echte Herausforderung werden.

Darüber hinaus droht den Saints im Frühjahr 2022 eine ähnliche Situation. Ob, und wenn ja, wie stark der Salary Cap im kommenden Jahr wieder steigt, steht noch in den Sternen. Die wohl notwendigen zahlreichen Umstrukturierungen werden die Cap-Belastung in New Orleans über die kommenden Jahren schon jetzt hochschrauben. Insbesondere die neue Vertragsstruktur von Brees wird die Franchise noch auf Jahre hinweg belasten.

New Orleans hat über Jahre sein Titelfenster offen gehalten und die Cap Hits immer wieder in die Zukunft geschoben - jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem die Rechnung fällig ist. Der Salary-Cap-Rückgang macht diese Rechnung eben noch deutlich unangenehmer. Aufgeschoben, so viel lässt sich mit Blick auf Salary-Cap-Entscheidungen der Teams grundsätzlich festhalten, ist letztlich nicht aufgehoben.