Am Draft-Tag platzte wenige Stunden vor der lange erwarteten ersten Runde eine mittelschwere News-Bombe: Adam Schefter von ESPN berichtete, dass es gewaltig krachte zwischen den Green Bay Packers und ihrem Superstar-Quarterback Aaron Rodgers (38).
Rodgers sei sogar derart verärgert über die Packers-Organisation, dass er nicht zum Team zurückkehren wolle.
NFL-Insider Jay Glazer bestätigte wenig später Schefters Informationen und sprach davon, dass Rodgers aus seiner Sicht "stark davon überzeugt sei", die Packers zu verlassen. Doch wie konnte es soweit überhaupt kommen?
Rodgers spielt nun 16 Jahre für Green Bay, gewann dort den Super Bowl und drei MVP Awards, den letzten just in der gerade abgelaufenen Saison. Objektiv betrachtet kann man also als externer Beobachter von einer durchaus erfolgreichen Zeit zwischen QB und Franchise sprechen, auch wenn der Hinweis auf "nur" einen Titel trotz Rodgers' Talents immer irgendwo im Raum steht.
Sicherlich gab es hin und wieder auch ein paar Meinungsverschiedenheiten, etwa mit Head Coach Mike McCarthy, dessen Play-Calling Rodgers ab einem gewissen Punkt dem Vernehmen nach schlicht ignorierte. Auch das mag letztlich zur Entlassung des heutigen Cowboys-Coachs geführt haben. Dass die Packers an McCarthy ein, zwei Jahre zu lange festgehalten haben, ist eine valide Kritik.
Aaron Rodgers: Probleme mit Packers-GM
Doch seit der Ankunft von Matt LaFleur als neuem Coach hatte Rodgers nach anfänglichen Fragezeichen stets betont, mit jenem auf einer Wellenlänge zu funken. Die Ergebnisse und auch die Spielweise auf dem Platz bestätigten diese Aussage. Und glaubt man den Gerüchten, die seit Donnerstag kursieren, dann ist LaFleur auch nicht das Problem.
Vielmehr scheint Rodgers genug von General Manager Brian Gutekunst zu haben.
Gutekunst hatte 2018 die Nachfolge des langjährigen GMs Ted Thompson angetreten, der Rodgers 2005 als seinen ersten Draft-Pick im Amt gezogen hatte.
Und Gutekunst war es auch, der es offenbar nicht schaffte, sich in den Wochen vor dem Draft mit Rodgers' Agenten David Dunn auf einen neuen Vertrag für den QB zu einigen. Rodgers hatte Dunn extra zu Verhandlungen nach Green Bay beordert.
Das soll für Rodgers das Fass zum Überlaufen gebracht haben, denn Stand jetzt läuft sein Vertrag noch bis Ende 2023, jedoch ist fortan nichts mehr davon garantiert.
Jedoch - so betonen auch Schefter und Glazer - geht es hier um mehr als nur einen Vertragsdisput. Rodgers will mehr Geld, aber er scheint sich darüber hinaus schlicht im Stich gelassen zu fühlen. Das Vertrauen scheint nicht mehr da zu sein zwischen ihm und dem Front Office.
Aaron Rodgers: Probleme begannen mit Jordan Love
Und diese Entwicklung kam schrittweise über die letzten Jahre, mit einem großen "Highlight" im Draft des Vorjahres. Bekanntermaßen hatten die Packers 2019 das NFC Championship Game nach einigen Jahren Abstinenz erreicht, wurden dann jedoch von den San Francisco 49ers beim 20:37 regelrecht überrannt.
Die allgemeine Schlussfolgerung damals war, dass als Reaktion darauf sowohl das Receiving Corps als auch die Defense verbessert werden mussten. In der ersten Runde des Drafts tradeten die Packers dann sogar hoch - jedoch um Quarterback Jordan Love zu ziehen. Ein Spieler, der im Idealfall das Feld in absehbarer Zeit nicht mal betreten würde.
Ein Schlag ins Gesicht für Rodgers, der sich auf einen neuen brauchbaren Receiver gefreut hatte und stattdessen bestenfalls seinen letztendlichen Nachfolger bekam. Und wie in den vergangenen Tagen herauskam, war dies eine Personalie, über die Gutekunst und Co. Rodgers nicht mal unterrichteten. Er soll von dem Pick live im TV erfahren haben.
Keine gute Kommunikation in Green Bay
Nun muss dies auch keineswegs gemacht werden, schließlich sind Spieler nicht für Personalentscheidungen zuständig. Doch in aller Regel haben Teamverantwortliche und (Head) Coaches durchaus einen guten Draht und eine offene Kommunikation mit ihren Starspielern - eben um diese bei Laune zu halten. Wer will schon einen verärgerten Superstar, noch dazu Quarterback, der das Gesicht seiner Franchise ist?
Anschließend wurden auch noch ein Running Back und ein Fullback mit den folgenden Picks gezogen, die beide Rodgers nicht direkt weiterhalfen und vielleicht auch gar nicht notwendig gewesen wären, wenn man betrachtet, wie Pass-lastig die Packers letztlich dann doch 2020 auftraten. Zudem wurde letztlich doch mit Nummer-1-Back Aaron Jones verlängert.
Und es gibt weitere kleine Vorfälle, die sich für Rodgers - so die Berichte stimmen - summieren. Da war die Entlassung von Quarterback-Coach Alex Van Pelt 2018, die Rodgers sauer aufgestoßen sein soll. Die Entlassung von Jordy Nelson, einem engen Freund und seinem jahrelangen Nummer-1-Receiver. Oder die Entlassung von Receiver Jake Kumerow, den Rodgers öffentlich deutlich gelobt hatte - und einen Tag später entließen die Packers Kumerow.
All das sind Kleinigkeiten, all das sind Entscheidungen, die allein beim Team liegen und liegen sollten. Aber all das sind auch Entscheidungen, die Rodgers offensichtlich auf einer professionellen, genau wie einer persönlichen Ebene getroffen haben, und im Sinne einer gesunden internen Hygiene wäre es im besten Sinne der Packers gewesen, Rodgers zumindest für den Entscheidungsprozess mit ins Boot zu holen um keine verhärteten Fronten zu kreieren.
Aaron Rodgers und seine ereignisreiche Offseason
Dass die Packers auch 2021 im Draft keine allzu großen Anstrengungen unternahmen, nach einer weiteren Pleite im Championship Game das Receiving Corps zu verbessern - Slot-Back-Hybrid Amari Rodgers kam in Runde 3 -, dürfte Rodgers zwar auch nicht gefallen. Doch im Prinzip ist ihm dieser Umstand wohl weitestgehend ohnehin schon egal.
Rodgers, der seine Offseason mit der Moderation der Kult-Quizshow "Jeopardy" verbrachte, sich mit der Schauspielerin Shailene Woodley verlobte und das vergangene Wochenende beim Kentucky Derby verbrachte, bleibt indes in der Öffentlichkeit betont entspannt.
Das Angebot, sich gegenüber NBC zu seiner Situation zu äußern, schlug er zwar aus, abseits der Kamera verriet er jedoch Derby- und NFL-Broadcaster Mike Tirico, dass er enttäuscht sei, dass die Nachricht über sein Zerwürfnis mit den Packers an die Öffentlichkeit kam. "Er brachte ein paar Mal zum Ausdruck, wie sehr er Green Bay, die Fans und die Franchise liebe. Es gibt eine Kluft zwischen dem Management und dem amtierenden NFL MVP. Wir sind uns aber einfach nicht sicher, wie das ausgehen wird", berichtete Tirico.
Derweil machte ein Gerücht die Runde, dass Rodgers die Entlassung von Gutekunst fordere, um doch noch in Green Bay weiterzumachen. Ein Szenario, dass äußerst unwahrscheinlich erscheint, zumal während Gutekunsts drei Jahren im Amt zweimal recht souverän Championship Games erreicht wurden, jeweils mit der besten Bilanz der Conference (13-3).
Ansonsten soll Rodgers einen Trade bevorzugen, mit den Denver Broncos und Las Vegas Raiders als präferierten Zielen. Letzteres würde zumindest halbwegs erklären, warum um alles in der Welt die Broncos die Chance verstreichen ließen, an Position 9 im Draft Quarterback Justin Fields auszuwählen.
Derweil berichtete im Übrigen Ian Rapoport vom NFL Network, dass Rodgers sogar dazu bereit wäre, seinen Rücktritt von der NFL zu erklären. Dass er dann bereits gezahlte Bonus-Gelder in Höhe von jeweils mehr als elf Millionen Dollar in diesem und im nächsten Jahr zurückerstatten müsste, sei dabei kein Hindernis.
Aaron Rodgers: Packers stehen zu ihrem Quarterback
Gutekunst betonte derweil bereits kurz nach Veröffentlichung des Berichts am Donnerstag gegenüber ESPN: "Wir stehen zu Aaron für 2021 und darüber hinaus." Zudem sagte er: "Wir werden Aaron Rodgers nicht traden."
Was wir nicht wissen, ist, wie diese Geschichte weitergehen wird.
Doch ernst scheint es Rodgers in der Tat zu sein, wenn es um einen Abgang aus Green Bay geht.
Aaron Rodgers: Seine Karriere-Statistiken in Green Bay
Spiele | Passquote (Prozent) | Yards | Touchdowns | Interceptions | Rushing Yards | Rushing Touchdowns |
197 | 65,1 | 51245 | 412 | 89 | 3271 | 31 |