Welche Running Backs können in der heutigen NFL dem Spiel noch ihren Stempel aufdrücken? Wer ist so dominant, dass er Defenses zum Umdenken zwingt, wer so eine Bedrohung im Passspiel, dass er Mismatches kreiert? Die SPOX Offseason Position Rankings finden ihren Abschluss - mit den zehn besten Running Backs in der NFL.
Nicht berücksichtigt sind, wie auch beim individuellen Receiver-Ranking, die Rookies. Insbesondere ein Najee Harris dürfte in Pittsburgh eine immense Workload erhalten und auch im Passspiel eine ausgeprägte Rolle bekommen, bedenkt man seinen Draft-Status. Auch Javonte Williams in Denver ist ein Kandidat für eine frühe, prominente Rolle. Michael Carter bei den Jets könnte allein angesichts der mangelnden Konkurrenz in den Vordergrund rücken.
Doch wird auch einer aus dieser Gruppe direkt in die Top 10 klettern? Kann ein Back entweder als Runner so dominant auftreten, dass man an ihm nicht vorbei kommt, oder aber als Allrounder auch im Passspiel seinen Stempel aufdrücken?
NFL Position Ranking 2021: Die 10 besten Running Backs
Knapp die Liste verpasst:
- Joe Mixon, Cincinnati Bengals
- Ezekiel Elliott, Dallas Cowboys
- Miles Sanders, Philadelphia Eagles
- Jonathan Taylor, Indianapolis Colts
10. Chris Carson, Seattle Seahawks
Derrick Henry bekommt viel Lob für seine Fähigkeit, durch Kontakt zu laufen - Carson ist in der Disziplin nicht so weit vom amtierenden Rushing-Champion entfernt. Über die letzten drei Jahre verzeichnete er 3,3 (2018), 3,6 (2019) und in der vergangenen Saison 3,1 Yards nach Kontakt pro Run. Carson ist, was den physischen Laufstil angeht, nur eine knappe Stufe hinter Henry, was die Balance angeht, eine knappe Stufe hinter Chubb. Was die reinen Runner-Qualitäten angeht, gehört er in die absolute Liga-Spitze.
Interessant war dann zu sehen, was er im Passspiel letztes Jahr plötzlich zeigte: Carson hatte in den ersten drei Jahren seiner NFL-Karriere kein einziges Deep-Target (mindestens 20 Yards tief) gesehen - letztes Jahr fing er in diesem Bereich zwei Bälle, beide für Touchdowns. Er wurde generell mehr ins Passspiel eingebunden, nicht nur als reiner Screen-Receiver, und deutete in der Rolle mehr Potenzial an als ich ihm vor der Saison zugestanden hätte.
Ein Thema bei Carson sind immer die Verletzungen, doch in der vergangenen Saison hat er gezeigt, dass er ein kompletter Back sein kann.
9. Josh Jacobs, Las Vegas Raiders
Ein "kompletter Back sein" ist ein guter Übergang zu Jacobs, bei dem genau das vor seinem Draft 2019 das Argument war, warum er in Runde 1 gehen sollte. Bei Alabama hatte er gerade auch als Receiver vielversprechendes Talent gezeigt und er schien prädestiniert für eine 3-Down-Back-Rolle.
Die Raiders aber sehen das offensichtlich ganz anders. In zwei Jahren hat Jacobs zwar immerhin 67 Targets gesehen, die aber kamen mit einer durchschnittlichen Target-Tiefe von -0,3 Yards. Er wird primär für Dumpoffs und Screens eingesetzt, die Rolle der "echten" Receiving-Backs haben bei den Raiders andere.
Dass er dennoch in der Top 10 steht, unterstreicht, wie stark er in seinen ersten beiden Jahren als Runner war. Insbesondere seine Rookie-Saison war in dieser Hinsicht absolut eindrucksvoll, Jacobs kombiniert Power mit Agilität und guten Stop-Start-Qualitäten. Er ist kein Homerun-Hitter, aber unheimlich konstant in seinen Reads und in dem was er pro Play rausholt.
8. Nick Chubb, Cleveland Browns
Chubb streitet sich mit Henry und Dalvin Cook um den Titel des derzeit besten reinen Runners in der NFL. Chubb wirkt dabei manchmal ein wenig wie eine Mischung aus den beiden, er kann über Power gewinnen, er ist aber auch ein explosiver Runner und seine vielleicht beste Qualität ist die Balance und dadurch das Laufen durch Kontakt. Seine 4,06 Yards nach Kontakt pro Run stellten letztes Jahr selbst Derrick Henry (3,94) in den Schatten - wenngleich auch bei fast 200 Runs weniger in der Regular Season (Chubb: 190 - Henry: 378).
Schon 2019, damals mit nahezu identischer Anzahl an Runs, rangierten Henry (4,18) und Chubb (3,77) direkt nacheinander im Ranking. Letztlich sind es dann auch Nuancen, die über die Platzierungen entscheiden.
Chubb ist als Runner ähnlich dominant wie Henry, hat es aber noch nicht im gleichen Umfang, was die langfristige Workload angeht, gezeigt - und gleichzeitig ist Chubb als Receiver ebenfalls quasi kein Faktor.
7. Austin Ekeler, Los Angeles Chargers
Ekeler hatte 2019 - letztes Jahr hat er weite Teile der Saison verletzt verpasst - mehr Yards nach Kontakt pro Run als unter anderem Alvin Kamara, Aaron Jones, Joe Mixon, Adrian Peterson und Sony Michel; er war ein Top-15-Runner in der Hinsicht. In jedem Jahr seiner bisherigen NFL-Karriere knackte er die Marke von 3,1 Yards pro Run nach Kontakt. Er ist nicht der Big Play Runner, wie ein Dalvin Cook oder wie ein Derrick Henry, aber man würde ihm nicht gerecht werden, wenn man Ekeler als reinen Receiving-Back abstempeln würde.
Als Runner gehört er für mich in die "Durchschnitt"-Kategorie - und das kombiniert mit seinen Qualitäten im Passspiel katapultiert ihn in die Top 10.
2019 war Ekeler neben McCaffrey der dominanteste Receiving-Back ligaweit, seine 2,74 Yards pro gelaufener Route waren sogar mit weitem Abstand auf Platz 1: Unter allen Backs mit mindestens 40 Targets knackte ansonsten niemand die Marke von 1,95 Yards pro gelaufener Route. Rund ein Viertel seiner Snaps verbrachte er im Slot oder Outside. Eine echte Mismatch-Waffe. Ekeler ist einer der drei, vier besten Receiving-Backs der Liga, und zusätzlich ein absolut akzeptabler und potenziell noch unterschätzter Runner.
6. Aaron Jones, Green Bay Packers
Mit der 2019er Saison hat sich Aaron Jones in der Running-Back-Spitze festgespielt. Seit er in der NFL ist, gehört er zu den besseren Runnern ligaweit, der insbesondere als Zone-Runner mit seiner Vision und seiner Balance effizient durch die Line of Scrimmage brechen und dann auch Yards durch Kontakt liefern kann. Er kann Verteidiger aussteigen lassen, er hat einen guten Grund-Speed.
Was sich 2019 neben der erhöhten Workload änderte, war seine Rolle - und seine gezeigte Qualität - im Passspiel. Plötzlich wurde er deutlich vertikaler und vielseitiger eingesetzt, und er glänzte in dieser Rolle. Seine 74 Targets mit durchschnittlicher Tiefe von 1,9 Yards sind sehr gute Werte für einen Running Back, genau wie 1,46 Yards pro gelaufener Route. Jones gehört klar in die Gruppe der besten Allround-Backs in der NFL.
5. Saquon Barkley, New York Giants
Barkley gehört vom Talent her in die Top 3 und sofern er - nachdem er die vergangene Spielzeit nahezu komplett verletzt verpasst hatte - in der kommenden Saison fit bleibt, kann ich mir vorstellen, dass er wieder in diese Region klettert. Die enorme Athletik, das Big-Play-Potenzial und natürlich auch die Qualitäten als Receiver sollten ihn zu einem der komplettesten, gefährlichsten Backs der Liga machen.
Aber hinter dieser Aussage stehen inzwischen deutlich größere Fragezeichen und das macht ihn hier zu einer großen Projection. Nicht nur, weil er nach der langen Pause erst einmal wieder zurückkommen muss, sondern auch, weil Barkley schon 2019 nicht auf diesem ganz hohen Level gespielt hat. Sein sehr auf Big Plays ausgelegter Stil führt auch zu negativen Plays, und die Konsequenzen daraus sah man bereits in seiner zweiten Saison hinter einer schwachen Giants-Line.
Umso wichtiger für Barkley wird es sein, dass er dem Passspiel seinen Stempel aufdrücken kann, denn in dieser Vielseitigkeit steckt ein großer Teil seines Values. Gelingt ihm das nicht, würde ich umgekehrt auch nicht ausschließen, dass Barkley trotz "fitter" Saison und trotz seines unbestreitbaren Potenzials aus der Top 5 fällt.
4. Derrick Henry, Tennessee Titans
Rein unter den Runnern kommt man an Henry nicht vorbei, das steht völlig außer Frage. Henry hat über die letzten beiden Jahre, inklusive Playoffs, mit 386 und 396 Runs eine enorme Workload geschultert, weit über jedem anderen Back in der Liga über diesen Zeitraum. Der Arbeitsnachweis waren 1.985 und 2.067 Rushing-Yards, oder auch 5,1 und 5,2 Yards pro Run, oder auch 1.605 und 1.525 Yards nach Kontakt.
Das sind irre Werte in der heutigen NFL, in zweierlei Hinsicht. Einmal was die schiere Volume angeht - kein Back hatte letztes Jahr, inklusive Playoffs, mehr als 320 Carries und 2019 kam kein Back über 305. Henrys 386 und 396 Runs wirken dagegen wie aus einer anderen Zeit.
Aber es ist auch die Production nach Kontakt mit seiner Physis und Explosivität, und diese beiden Aspekte fassen Henrys Qualität und damit auch seinen Value für die Offense gut zusammen: Er kann nicht nur diese immense Workload schultern, er kreiert darüber hinaus auch Yards am Boden selbst. Und das obwohl er über diese beiden Jahre rund ein Drittel seiner Runs gegen acht oder mehr Verteidiger in der Box absolvieren musste.
Henry hat eben keinerlei Rolle im Passspiel, abgesehen von einigen Screens, die man aber von jedem Running Back erwarten muss, und das wird sich vermutlich auch nicht mehr ändern. Immer wieder steht er bei kritischen Third Downs in der Folge gar nicht auf dem Feld. Als Runner aber ist er schlicht zu dominant.
3. Dalvin Cook, Minnesota Vikings
Cook ist der eine Back, der es in seiner Production als Runner halbwegs mit Henry aufnehmen kann. Er war auch letztes Jahr - trotz dreier Spiele weniger als Henry - der einzige Running Back, der ebenfalls über 300 Carries (312), über 1.300 Rushing-Yards (1.557) und über 1.000 Yards nach Kontakt (1.039) hatte. Cook knackte ebenfalls die Marke von 40 Runs über mindestens zehn Yards und verfehlte Henrys Liga-Bestmarke von 48 Runs nur um zwei Runs - bei über 80 Carries weniger.
Dabei könnten beide als Runner-Typen kaum unterschiedlicher sein. Henry kommt über die Power und baut durch die Line of Scrimmage Tempo auf, um das dann idealerweise auf dem zweiten und dritten Level der Defense ausspielen zu können. Cook bringt deutlich mehr Explosivität mit, er ist nochmal eine andere Kategorie Big-Play-Runner, und das hinter einer über die letzten Jahre alles andere als stabilen Vikings-Line.
Der Tie-Breaker zwischen den beiden sind die Qualitäten im Passspiel. Auch bei Cook wäre hier eine noch vielseitigere Rolle wünschenswert, aber zumindest lassen die Vikings ihn einige Routes aus dem Slot und außen laufen. Und im Screen Game ist seine Explosivität ebenfalls ein Faktor, Cooks 1,37 Yards pro gelaufener Route stellen Henry (0,52) deutlich in den Schatten.
2. Christian McCaffrey, Carolina Panthers
2020 war für McCaffrey letztlich verletzungsbedingt ein Jahr zum Vergessen, doch im Gegensatz zu Saquon Barkley hatte McCaffrey davor bereits mehrere NFL-Saisons auf Elite-Level - als Runner, und als Receiver. 2019 mit über 1.000 Rushing- und über 1.000 Receiving-Yards war hier das bisherige Highlight. Der 25-Jährige hat die Physis, um als "klassischer" Runner zu fungieren, er kann auch durch Kontakt arbeiten, er kreiert Yards mit seiner Agilität und hat auch ein gewisses Big-Play-Potenzial als Runner.
Aber bei McCaffrey ist es die Qualität als Mismatch-Waffe, die ihn ganz nach oben katapultiert, und in dieser Hinsicht liegt er aktuell für mich mit Alvin Kamara in einer eigenen Klasse. Es gibt Backs, die dieses Potenzial auch haben, aber es eben noch konstanter oder in noch größerer Sample Size zeigen müssen, wie Saquon Barkley, wie Aaron Jones.
Bei McCaffrey würde ich gerne sehen, dass er noch mehr auch wirklich in Receiver-Spots eingesetzt wird; etwas über 100 Snaps verbrachte er 2019 zusammengerechnet im Slot und Outside und seine durchschnittliche Target-Tiefe ging von 2018 (0,9) zu 2019 (0,4) auch um ein halbes Yard runter. In der ersten richtigen Saison unter Joe Brady würde ich absolut nicht ausschließen, dass McCaffrey mit seinen Qualitäten als Runner und als Receiver heute in einem Jahr Alvin Kamara entthront.
1. Alvin Kamara, New Orleans Saints
Kamara ist und bleibt für mich der goldene Standard für einen modernen Running Back in der heutigen NFL.
Seine knapp drei Yards nach Kontakt pro Run sind ein solider Wert, seine 47 Forced Missed Tackles laut PFF in der Top 8 und seine 31 Runs über mindestens zehn Yards waren der sechsthöchste Wert der vergangenen Saison. Kamara kreiert am Boden mit seiner Agilität und Explosivität, er legt Big Plays auf und er kann auch zwischen den Tackles laufen - und das kombiniert mit seinen Fähigkeiten im Passspiel macht ihn zu einer echten Matchup-Waffe.
Seine 2,19 Yards pro gelaufener Route waren mit weitem Abstand der beste Wert unter Running Backs letztes Jahr, einzig James White (2,04) kam ansonsten überhaupt über die Marke von 1,9 Yards pro gelaufener Route. Kamara war als Receiver absolut spektakulär, auch weil seine 756 Receiving-Yards aus einer vielseitigen Einsatzweise resultierten: 81 Snaps erhielt er 2020 aus dem Slot, 83 sogar Outside - zum Vergleich: Derrick Henry stand elf Mal im Slot und fünf Mal Outside.
Das spiegelt sich auch in der Target-Tiefe wider, Kamara wurde im Schnitt mit einer Tiefe von 0,8 Yards angespielt, unter allen Backs mit mindestens 40 Targets Platz 12. Cook beendete die Saison mit einem aDOT (Average Depth of Target) von -1,9 Yards, White stand bei -0,6 und Zeke Elliott etwa bei -0,2. Kamara ist nicht der dominante Runner, aber er ist der beste Allround-Back in der NFL aktuell.