Es ist knapp vier Wochen her, da sprachen wir über die Carolina Panthers als ein Team, das sich auf einem Höhenflug befand. Ein Team, das 3-0 stand und scheinbar mit der Mehrheit seiner Offseason-Moves richtig lag.
Am vergangenen Sonntag nun verloren die Panthers nicht nur blamabel 3:25 bei den am Stock gehenden New York Giants, sie verloren auch zum vierten Mal in Serie und haben nun offiziell ein Quarterback-Problem an der Hand.
Wie es dazu kommen konnte, wäre eine Frage, die nun zu stellen ist. In erster Linie muss das Fazit wohl lauten, dass Sam Darnold am Ende doch nicht die Lösung ist. Und hier muss fairerweise erwähnt werden, dass ihm besonders Running Back Christian McCaffrey fehlt, der aufgrund von Oberschenkelproblemen nun auch schon wieder seit Woche 3 ausfällt und derzeit auf IR steht - seine Rückkehr ist offen.
Darnold wirft den Ball in aller Regel nicht allzu tief - mit 7,9 Average Intended Air Yards (laut Next Gen Stats) zählt er zur unteren Hälfte der NFL-Quarterbacks und profitierte merklich von McCaffrey, der aus kurzen Zuspielen viel machen kann. Ohne ihn fällt dieses Element ebenso flach wie das von Head Coach Matt Rhule geliebte Run Game.
Ebenso offenbart die ersatzgeschwächte und ohnehin nicht bombensichere Offensive Line seit Wochen klare Defizite und erlaubt mittlerweile eine Adjusted Sack Rate von 7,7 Prozent (Rang 23) laut Football Outsiders. Gegen die Giants, deren Pass Rush bislang kaum jemanden störte, kassierten Darnold und Backup P.J. Walker insgesamt 6 Sacks.
Carolina Panthers: Darnold gegen Giants gebencht
Darnolds Leistungsabfall scheinen die Panthers und Rhule ebenfalls erkannt zu haben. Bestes Indiz dafür: Rhule nahm Darnold zu Beginn des vierten Viertels raus und brachte Walker - beim Stand von nur 3:15. Vorbei war das Spiel da noch keineswegs.
Der letztjährige XFL-Star war wenig überraschend auch nicht die Antwort und brachte nur 3 seiner 14 Pässe (33 YDS) an den Mann. Eigentlich verwaltete er nur noch den bisherigen Tiefpunkt der Saison. Zuvor kam Darnold auf 111 Passing Yards (16/25) und eine fatale Interception.
Rhule analysierte nach dem Spiel die Problemfelder seines Starting Quarterbacks - und ja, Darnold werde laut Rhule auch am kommenden Sonntag "und darüber hinaus" starten - erstaunlich offen: "Werfen zur rechten Zeit, den offenen Receiver nehmen, geduldig sein, auf den Football aufpassen, nicht von seinem Standfuß werfen - das sind denke ich ein paar der Dinge, die wir aktuell sehen", fasste es Rhule zusammen.
Allerdings betonte Rhule auch, dass die Verantwortung dafür nicht nur bei Darnold liege: "Ich verstehe, dass junge Quarterbacks solche Dinge durchleben, also coachen wir Sam nicht gut genug, es geht hier also nicht um Sam", sagte Rhule und merkte an: "Wir brauchten mehr von unserem Run Game. Wir brauchten ein paar explosive Plays. Wir brauchten ein paar Jungs, die wichtige Catches machen."
Die Einwechslung Walkers war für ihn daher so etwas wie ein verzweifelter Versuch, dem Team nochmal einen Schub zu geben. Ein Schub, der offenkundig ausblieb. Rhule betonte sogar, dass er sich auf dem Weg zu dieser Entscheidung Gedanken machte, welche Schlagzeilen er mit Blick auf Darnold auslösen würde. Gleichzeitig dürfte sein Hinweis aufs Run Game - Rhules Steckenpferd und Lieblingsthema seit seinem Amtsantritt im Jahr 2020 - aber auch eine Botschaft an Offensive Coordinator Joe Brady gewesen sein.
Carolina Panthers: Rhules öffentliche Kritik lässt tief blicken
Brady, der auch als Play-Caller agiert, hatte im Opening Drive in New York sieben Run Plays gecallt. Im weiteren Verlauf des Spiels dann jedoch nur noch neun weitere insgesamt. Das war nicht der Grund für die Niederlage, doch Rhule sah sich genötigt, am Montag in einem Pressegespräch zu erwähnen, dass er sich am Morgen mit Brady getroffen habe und darüber sprach, "einige Dinge besser zu machen". An eine Absetzung Bradys als Play-Caller allerdings denke er für den Moment nicht.
Rhules öffentliche, klare Fehleranalyse seines Quarterbacks lässt jedoch in jedem Fall tief blicken. Sie sieht aus wie ein klares Signal an wen auch immer, dass Darnold wohl nicht die Lösung für die Zukunft ist. Und das ist ein größeres Problem!
Zur Erinnerung: Die Panthers tradeten im Frühjahr für Darnold, der in seinen drei Jahren bei den New York Jets - sicherlich auch aufgrund von exorbitant schlechtem Coaching und abenteuerlichen Verhältnissen - nie die Erwartungen erfüllte, die in ihn als einstigen dritten Pick insgesamt im Draft 2018 gesetzt worden waren.
Und dieser Trade war nicht billig. Die Panthers schickten neben einem 2021er Sechstrundenpick auch ihre Picks der Runden 2 und 4 2022 nach New York. Hinzu kommt, dass mit diesem Schritt ultimativ auch die Draft-Strategie so ausfiel, dass auf einen womöglich besseren Quarterback zugunsten von Cornerback Jaycee Horn an Position 8 verzichtet wurde.
Anschließend gingen die Panthers im Grunde all-in und zogen kurzerhand Darnolds Option für ein fünftes Vertragsjahr seines Rookie-Deals - das garantiert ihm für die Saison 2022 rund 18,9 Millionen Dollar. Für einen Spieler, der nun offenbar nicht die Zukunft des Teams ist.
Carolina Panthers: Wer ist der Quarterback der Zukunft?
Doch wer ist dann die Zukunft? Wie auch die Eagles und andere Teams in ähnlicher Lage schon bemerkt haben dürften, wird wohl der Draft im kommenden Jahr nicht die erhoffte Antwort auf der Quarterback-Position liefern. Und so kommt unzweifelhaft der Trade-Markt und ein Name ins Spiel: Deshaun Watson, derzeit bei den Houston Texans im Exil. Medienberichten zufolge sollen die Miami Dolphins einem Trade für den Quarterback am nächsten sein.
Ian Rapoport vom NFL Network berichtete jedoch am Sonntag, dass auch die Panthers, Broncos, Eagles und noch ein paar andere Teams dran sein sollen. Und sportlich wäre Watson unzweifelhaft ein großes Upgrade. Wenn da nicht seine rechtlichen Probleme wie ein Damoklesschwert über ihm schweben würden. Watson wird mittlerweile von 22 Frauen sexuelle Belästigung vorgeworfen. Die Polizei in Houston ermittelt und auch das FBI soll involviert sein. Bislang kam es jedoch noch zu keiner Anklage.
Carolina Panthers: Draftkapital 2022
Runde | Anzahl Picks |
1 | 1 (CAR) |
2 | - |
3 | - |
4 | 1 (HOU) |
5 | 2 (CAR, JAX) |
6 | 2 (CAR, LV) |
7 | 1 (TEN) |
Gesamt | 7 |
Eine solche allerdings kann jederzeit erfolgen. Daraus resultierend kann auch eine Versetzung Watsons auf die Commissioner's Exempt List erfolgen, was so viel heißt wie eine Suspendierung mit Lohnfortzahlung. Jedoch berichtete Rapoport weiter, dass er aus Liga-Quellen nicht vernommen habe, dass Watson, der bereits im Januar einen Trade von den Texans gefordert hatte, auch nach einem Trade nicht automatisch auf dieser Liste landen würde. Der Reporter verwies auf die aktuelle Version der Personal Conduct Policy, die besagt, dass ein Spieler dann auf die Exempt List gesetzt werden könne, wenn er wegen einer Straftat angeklagt worden sei.
Allerdings muss man an dieser Stelle bedenken, dass bei einem Trade für Watson - zu welchem Team auch immer - vor allem die Zukunft im Fokus stünde. Keiner der kolportierten Interessenten befindet sich in der Situation, unbedingt noch in dieser Saison gewinnen zu müssen. Selbst wenn ein Trade bis zur Trade Deadline am 2. November gelänge, wäre es kein Weltuntergang für Watsons neues Team, sollte er doch für den Rest des Jahres gesperrt werden. Watsons Vertrag läuft noch bis zum Ende der Saison 2025.
Carolina Panthers: Das spricht gegen einen Trade für Deshaun Watson
Entsprechend hoch ist auch der Preis, den die Texans aufrufen. Vor der Saison noch soll dieser bei mindestens drei Erstrundenpicks und ein paar Spielern gelegen haben. Die gezeigten Leistungen von QBs wie Darnold, Tua Tagovailoa in Miami oder Ex-Panther Teddy Bridgewater in Denver dürften den Preis jetzt auch nicht sonderlich gesenkt haben. Hinzu kommt, dass Watson über eine No-Trade-Klausel verfügt und letztlich selbst entscheidet, wohin die Reise geht. Bislang ist der Konsens, dass er lediglich die Dolphins als Trade-Ziel genehmigt habe.
Bei den Panthers allerdings kommt noch ein weiterer Faktor dazu: Wir wissen aus diversen Berichten der vergangenen Jahre, dass Panthers-Eigner David Tepper Watson sehr gerne hätte und schon lange ein großer Bewunderer des früheren Stars von Clemson ist. Tepper würde ihn sehr gerne in die Carolinas zurückholen.
Teppers eigene Worte nach der Übernahme der Panthers 2018 allerdings sprechen eigentlich dagegen. Tepper hatte die Franchise für die Rekordsumme von rund 2,3 Milliarden Dollar von Jerry Richardson bekanntlich nur deshalb gekauft, weil die NFL Richardson nach Vorwürfen sexuellen und rassistischen Verhaltens am Arbeitsplatz zum Verkauf gedrängt hatte. Tepper hatte daraufhin erklärt, die Kultur in der Franchise grundlegend ändern zu wollen. Wie also passt da Watson ins Bild, dem sexuelle Übergriffe vorgeworfen werden? Kann es sich Tepper leisten, seine damaligen Ankündigungen zu ignorieren, solange Watsons Name nicht reingewaschen ist?
Es sind sehr viele Wenns und Abers, wenn es um einen möglichen Trade für Watson nach Carolina geht. Klar scheint derweil nur eines in Charlotte: Sam Darnold ist nicht die langfristige Lösung, sondern sehr wahrscheinlich noch teures Missverständnis. Doch aufgrund des Ballasts, den ein Watson-Deal mit sich brächte, scheint auch eine kurzfristige deutliche Verbesserung nicht in Sicht.