"Ich bin als Head Coach der Las Vegas Raiders zurückgetreten. Ich liebe die Raiders und möchte keine Ablenkung sein. Danke an alle Spieler, Coaches, den Trainerstab und die Fans der Raider Nation. Es tut mir leid, ich wollte nie jemandem weh tun."
Mit diesen Worten verabschiedete sich Jon Gruden von seinem Job als Raiders-Coach. Worte, die suggerieren, dass der 58-Jährige sicherlich nicht verstanden hat, warum er nicht länger in der NFL tätig ist und es wohl auch nie mehr sein wird.
Der Bericht der New York Times ist schockierend und fasst sieben Jahre an abartigen Kommentaren von Gruden und seinen Kumpels in E-Mail-Konversationen zusammen, in denen es Gruden sicherlich geschafft hat, alle erdenklichen Bevölkerungsgruppen nicht nur zu beleidigen, sondern auch zu diskriminieren. Frauen, Schwarze, die LGBTQ-Community, ... es fehlten eigentlich nur Ausländer und Gläubige jeglicher Art - zumindest ist davon im Bericht der NY Times nicht die Rede - und, ach ja, (alte) weiße Männer.
Gruden, der sich in der Zeit dieser E-Mails an jedem Montagabend auf ESPN in die Herzen der Footballfans geredet hat mit seiner demonstrativen und irgendwo auch witzigen Art, offenbarte hinter den Kulissen ein ganz anderes Bild. Das eines Mannes, der keinerlei Respekt für Menschen hat, die nicht genau sind und denken wie er. Ein Maulheld, der sich dann stark fühlt, wenn er hinter dem Rücken und auf Kosten anderer Sprüche klopfen kann, um sich bei seinesgleichen beliebt zu machen.
"Ich hatte nie rassistische Gedanken bei meiner Wortwahl", hatte Gruden noch am Wochenende als Reaktion auf die geleakte Mail über NFLPA-Boss DeMaurice Smith gegenüber ESPN erklärt. Und zu dem Zeitpunkt durfte man zumindest wohlwollend noch von einem vereinzelten Ausrutscher ausgehen, wenn man es mit Gruden hielt. Was er anschließend nachschob, ließ dann aber doch Schlimmeres vermuten: "Ich wollte sicherlich nie, dass es sich so schlimm anhört." Beleidigen sicherlich, aber "das kam jetzt doch unglücklich rüber", könnte man daraus schließen. Und das macht die Sache nicht besser.
Jon Grudens Wortwahl ist verstörend
Dass er Commissioner Roger Goodell und ein paar Klub-Eigner beleidigte - geschenkt. Aber die Art und Weise, seine Wortwahl, ist verstörend. Und auch der Grund für sein Aus. Sein Aus auf jeglicher - professioneller wie gesellschaftlicher - Ebene.
Denn wo ist er mit seinen Worten jetzt noch vermittelbar? Gruden hat sich vollumfänglich disqualifiziert. Er war der hochbezahlte Head Coach eines NFL-Teams, das nicht nur afro-amerikanische Spieler umfasst, sondern auch noch den ersten offen homosexuellen Spieler der Liga in Carl Nassib. Wie konnte Gruden all diesen Spielern eigentlich täglich gegenübertreten, wenn er sich über solche Menschen jahrelang lustig gemacht hat? Und wer glaubt schon, dass er damit pünktlich zum Dienstantritt bei den Raiders aufgehört hat?
Gruden ist nun enttarnt und raus. Doch er dürfte nur die Spitze des Eisbergs sein. Die vielzitierte "Toxic Masculinity", die Gruden verkörpert, dürfte in der NFL - und ganz sicher auch andernorts - weiterhin vorherrschen. Nicht alle Gleichgesinnten werden ihre Einstellungen schriftlich für die Nachwelt verewigt haben, aber das heißt nicht, dass Gruden ein Einzelfall ist. Und die Tatsache, dass Gruden nicht mal Reue zeigt, unterstreicht das nur. Es tut ihm leid. Aber vermutlich nur, dass er erwischt wurde.