Das erste Spiel der Seahawks ohne Russell Wilson als Starting Quarterback seit 2011 begann zäh - für beide Offenses. Die Partie begann mit sechs Punts auf beiden Seiten, ehe es den Hausherren gelang, den ersten längeren Drive hinzulegen.
Nach einem verunglückten Punt von Michael Dickson, der nur 24 Yards ging, übernahmen die Steelers an der eigenen 46-Yard-Linie. Befeuert durch einen 25-Yard-End-Around von Diontae Johnson fand Ben Roethlisberger schließlich Rookie-Running-Back Najee Harris für einen 6-Yard-Touchdown-Pass zum Beginn des zweiten Viertels.
Bei ihrem nächsten Ballbesitz ging es für Pittsburgh in sieben Minuten erneut übers ganze Feld bis zur Ein-Yard-Linie. Von dort vollendete Tight End Eric Ebron per End Around zum Touchdown. Mit 14:0 ging es auch in die Pause.
Die Seahawks kamen dann mit Schwung aus der Kabine. In zehn Spielzügen marschierten sie übers Feld und setzten dabei auf neun Laufspielzüge inklusive des 2-Yard-Touchdowns von Running Back Alex Collns, der acht der neun Carries im Drive selbst bekam.
Die Steelers antworteten mit einem langen Drive ihrerseits, begnügten sich jedoch mit einem Field Goal von Chris Boswell. Anschließend fokussierten sich die Hausherren mehr auf die Laufverteidigung, was es den Seahawks ermöglichte, nun aggreasiver im Passspiel zu werden. Smith warf nun auch mal tiefere Pässe und es eröffnete sich generell mehr Raum für Wide Receiver Tyler Lockett an der Seite oder Tight End Gerald Everett über die Mitte. Am Ende stand ein weiterer Seahawks-Touchdown - Smith zu Will Dissly. 17:14 Steelers mit noch knapp drei Minuten im dritten Viertel auf der Uhr.
Steelers vs. Seahawks: Pausenumstellung bringt mehr Schwung ins Spiel
Im Anschluss gelang Seattle ein Stopp, woraufhin die eigene Offense abermals - dieses Mal nach schwachem Punt von Steelers-Punter Pressley Harvin - mit Chunk-Plays marschierte. Am Ende gelang aber auch nur ein Field Goal aus 40 Yards, da Smith dieses Mal in der Red Zone unter heftigem Druck einen Sack kassierte.
In der Folge verlor Roethlisberger einen Fumble beim Versuch, einen Pump-Fake zu vollziehen. Die Seahawks eroberten den Ball, machten daraus aber herzlich wenig. Die Defense hielt und drängte Seattle sogar aus der Field-Goal-Reichweite für einen Punt rund zehn Minuten vor Spielende.
Die Schlussphase wurde überschattet durch eine potenziell schwere Wirbelverletzung von Seahawks-Linebacker Darrell Taylor, der nach einem Tackle auf dem Feld liegen blieb und kurze Zeit später immobilisiert und abtransportiert wurde. Eine Diagnose steht noch aus, laut NBC soll er jedoch alle seine Gliedmaßen bewegt haben, bevor er ins nächstgelegene Krankenhaus gebracht wurde.
Anschließend merkte man den Seahawks den Schock darüber förmlich an. Sie ließen ein paar Chunk-Plays zu, fingen sich jedoch wieder. Roethlisberger hatte dann Glück, dass sein Pass vom Helm von Jamal Adams abprallte, anstatt eine Interception wurde. Dank eines guten Plays von Harris gelangten die Steelers dann in Field-Goal-Reichweite und Boswell traf aus 52 Yards zur erneuten Führung - mit 1:30 Minuten zu spielen und zwei Timeouts für Seattle.
Steelers siegen dank T.J. Watt
Ultimativ erreichten die Gäste infolge eines Fumbles von DK Metcalf und einer Recovery durch Freddie Swain dann noch die 35-Yard-Linie, von der Kicker Jason Myers aus 43 Yards den Ausgleich mit auslaufender Uhr erzielte. Overtime!
Die Seahawks bekamen zuerst den Ball und fanden sich schnell an der Mittellinie wieder. Doch von dort ging es zweimal rückwärts - Cameron Heyward schaffte einen Stuff gegen DeeJay Dallas, anschließend gelang T.J. Watt ein Sack, der einen Punt erzwang. Die Steelers übernahmen an der eigenen 20, kamen jedoch auch nicht weit - bei 3rd Down stoppte Rookie-Cornerback Tre Brown Ray-Ray McCloud mit heftigem Tackle und erzwang seinerseits einen Punt. Der wiederum landete tief in der gegnerischen Hälfte und diente als Vorlage zur Entscheidung, denn kurz darauf schaffte Watt einen Strip-Sack gegen Smith, wobei Devin Bush den Fumble an der 16 eroberte.
Die Steelers legten sich dann nur noch den Ball zurecht für Boswell, der das Leder aus 37 Yards durch die Stangen trat. Der Sieg für die Hausherren!
Pittsburgh Steelers (3-3) - Seattle Seahawks (2-4)
Ergebnis: 23:20 OT (0:0, 14:0, 3:14, 3:6, 3:0) BOXSCORE
Seahawks vs. Steelers - die wichtigsten Statistiken
- Ebrons Touchdown am Ende der ersten Hälfte war sein dritter Rushing Touchdown in der NFL. Zuvor erzielte er bereits einen in Diensten der Lions (2016) und einen für die Colts (2019).
- Beide Quarterbacks sahen sich 9 Pressures im Spiel gegenüber. Doch während die Steelers Smith in 27 Prozent seiner Passspielzüge blitzten, waren es auf der anderen Seite nur 12,9 Prozent. Das heißt, dass der 4-Men-Rush der Seahawks unterm Strich effektiver war als der 4-Men-Rush der Steelers in deren Grundformation.
- Geno Smith kam über das gesamte Spiel auf eine average Depth of Target (aDoT) von 3,4 Yards, was im 1. Perzentil der Liga liegt. Das heißt, es war einer der niedrigsten aDoT-Werte überhaupt in der NFL.
Der Star des Spiels: T.J. Watt (Edge Rusher Steelers)
Große Spiele werden von großen Spielern entschieden. Nun war dies zwar kein sonderlich großes Spiel, doch Watt ist ein großer Spieler, der dann erwachte, als es ernst wurde. Er schaffte zwei Sacks in der Overtime und kam insgesamt auf 4 Pressures und 3 Stuffs. Er übernahm das Spiel in seiner entscheidenden Phase und hatte damit maßgeblichen Anteil am Sieg.
Der Flop des Spiels: Der frühe Gameplan der Seahawks
Man muss den Seahawks zugute halten, dass sie in der zweiten Hälfte ihren Gameplan anpassten und plötzlich gefährlich wurden. Doch das gelang ihnen letztlich zu spät. In der ersten Hälfte sahen sie im Grunde kein Land und spielten übervorsichtig. Geno Smith hatte zeitweise 0,8 Yards aDoT, was man so nicht alle Tage sieht. Und die komplette Abkehr vom Run Game vor der Pause hielt sie offenkundig auch deutlich zurück.
Analyse: Steelers vs. Seahawks - die Taktiktafel
Beide Seiten setzten als Hauptstilmittel auf kurze Pässe - Dump-Offs, Screens, Swing-Pässe. Die Frage war also nur, wem es besser gelang, Yards nach dem Catch zu erzielen.
Es war aufseiten der Steelers eine Reaktion auf die Herangehensweise der Seahawks-Defense, die anfangs viel blitzte und immer wieder mit heavy Boxes spielte - Seahawks-Safety Jamal Adams war eigentlich permanent an der Line zu finden. Entsprechend war an herkömmliches Run Game kaum zu denken.
- Was die Steelers-Defense betraf, wurde eher auf Pass-Verteidigung mit Zone Coverage und einer hohen Blitz-Rate gesetzt. Smith stand stets unter Druck und bekam so auch wenig zustande - die für Seattle sonst üblichen Deep Balls blieben dadurch aus. Nach der Pause nahmen die Gäste dann eine wichtige Anpassung vor und setzten betont aufs Run Game, was funktionierte, weil die Steelers mit leichten Boxes spielte.
- Die Reaktion der Steelers-Defense war es dann, mehr Spieler gegen den Run vorzuziehen, was wiederum Pass-Räume Downfield nach Play Action eröffnete. Räume, die Smith nach der Pause nutzte.
Bei Pittsburgh wurde der Ausfall von JuJu Smith-Schuster mit Chase Claypool und Diontae Johnson aufgefangen. Claypool war meist im Slot anzutreffen, während Johnson kreativ auch mal im Backfield oder als H-Back aufgestellt wurde - so auch bei einem 25-Yard-Run nach einem Jet-Sweep in der ersten Hälfte.