Nach einem völlig verrückten Spiel, in dem die Bucs nach ganz schwachem Start und großem Rückstand am Ende doch noch zum Ausgleich kamen, waren es letztlich doch die Rams, die den längeren Atem hatten. Kicker Matt Gay versenkte schließlich mit auslaufender Uhr ein 30-Yard-Field-Goal zum Sieg, der den Rams ein Heimspiel im NFC Championship Game am kommenden Sonntag in L.A. beschert.
Beide Teams hatten Leistungsträger zu ersetzen, die Rams mussten ohne Left Tackle Andrew Whitworth und Safety Taylor Rapp auskommen, die Bucs ohne Right Tackle Tristan Wirfs und Running Back Ronald Jones. Und schon früh im Spiel wurde deutlich, wer dies besser kompensierte.
Die Bucs schafften in ihren ersten zwei Drives kaum Raumgewinn und Tom Brady (30/54, 329 YDS, TD, INT) brachte unter heftigem Druck der Rams-Front keinen einzigen Pass an den Mann. Die Rams dagegen marschierten zweimal übers Feld. Im ersten Drive begnügten sie sich mit einem 26-Yard-Field-Goal von Matt Gay, im zweiten Anlauf dann fand Matthew Stafford (28/38, 366 YDS, 2 TD) Tight End Kendall Blanton für einen 7-Yard-Touchdown nach Play Action. Begünstigt wurde dieser Drive allerdings durch eine fragwürdige Strafe für Unsportsmanlike Conduct gegen Defensive Tackle Ndamukong Suh, der nach Pressure gegen Stafford ein paar warme Worte für den QB hatte und gestikulierte.
Danach fingen sich die Bucs ein wenig und bewegten endlich auch den Ball durch die Luft, mehr als ein 34-Yard-Field-Goal sprang jedoch dabei nicht heraus. Und große Euphorie kam danach auch nicht auf, denn die Rams legten direkt nach - unter Mithilfe der Bucs-Secondary.
Stafford warf unter Druck einen Pass, der einem Punt glich, der aber genau in den Armen eines völlig offenen Cooper Kupp landete, der daraus dann einen 70-Yard-Touchdown machte. Cornerback Carlton Davis war sein direkter Gegenspieler, der ihn jedoch im Wissen, dass er einen Safety over the top hatte, laufen ließ. Besagter Safety, Mike Edwards, konzentrierte sich jedoch auf Slot-Receiver Van Jefferson, sodass niemand mehr für Kupp zuständig war. Ein klares Missverständnis zur Unzeit. 17:3 Rams.
Damit war die erste Hälfte aber noch nicht vorbei, denn die Bucs schafften es einmal mehr in Field-Goal-Reichweite, doch Kicker Ryan Succop vergab dieses Mal aus 48 Yards deutlich. Im Gegenzug gelang L.A. noch ein Field Goal und Brady warf beim Versuch, Rob Gronkowski auf einer tiefen Corner Route zu finden, eine Interception zu Safety Nick Scott. Und die Rams hätten das Spiel dann schon vorentscheiden können, doch Sekunden vor der Pause erzwang Bucs-Safety Antoine Winfield einen Fumble an der 1-Yard-Linie gegen Cam Akers und verhinderte damit weitere Punte in der ersten Hälfte. Pausenstand: 20:3 Rams.
Buccaneers vs. Rams: Tampa Bay zeigt Lebenszeichen nach der Pause
In der zweiten Hälfte legten die Gäste nach anfänglichen Problemen einen weiteren langen Drive bis in die Red Zone hin und vollendeten dieses Mal per Touchdown - Stafford mit einem QB-Sneak von der 1. Dieser Schock entmutigte die Bucs aber nicht. Sie marschierten und verkürzten schließlich den Rückstand durch ein 31-Yard-Field-Goal bei 4th and 11. Im Gegenzug kickte Punter Bradley Pinion den folgenden Kick-Off ins Aus - zum zweiten Mal im Spiel bereits.
Das allerdings wurde nicht zum Nachteil der Hausherren, denn kurz darauf verlor auch Kupp einen Fumble nach Tackle von Cornerback Jamel Dean, der den Bucs den Ball an der gegnerischen 30 bescherte. Brady verwertete in der Folge einen 4th and 9 und wenig später lief Rückkehrer Leonard Fournette von der 1 zum Touchdown. 27:13 Rams zum Ende des dritten Viertels.
Zum Start des vierten Viertels gelang den Bucs auch direkt der nächste Stopp, doch schon beim ersten Play nach dem Punt verlor Brady einen Fumble nach Sack von Von Miller an der Bucs-25. Die Rams gaben den Ball jedoch umgehend zurück - der Shotgun-Snap segelte an Stafford vorbei und die Bucs eroberten den Ball an der 45 der Rams. Aber auch die Bucs machten aus diesem Geschenk nichts, stattdessen schaffte Leonard Floyd einen Sack bei 3rd Down und Bradys Pass bei 4th Down war incomplete Richtung Mike Evans.
Das gab den Rams den Ball zurück und die Chance, Zeit von der Uhr zu nehmen. Das gelang, doch ein Field-Goal-Versuch von Gay aus 47 Yards misslang, sodass den Bucs immer noch 6:31 Minuten blieben, um zwei Touchdowns aufzuholen. Im ersten Anlauf gelang dies nicht, im zweiten dann aber schon: Brady feuerte einen 55-Yard-Touchdown-Pass über Jalen Ramsey und brachte die Hausherren wieder bis auf einen Touchdown heran - mit noch 3:20 Minuten zu spielen und keiner Timeout.
Dennoch entschlossen sich die Bucs zu einem normalen Kick-Off. Und das sollte sich auszahlen, den bei 2nd Down erzwang Suh einen Fumble - den vierten der Rams - gegen Running Back Akers und gab den Bucs den Ball damit tatsächlich vor der 2-Minute Warning noch einmal an der 30-Yard-Linie der Rams zurück.
Die Bucs nutzten auch dieses Geschenk und glichen 42 Sekunden vor Ende doch noch durch einen Touchdown-Run durch Fournette bei 4th Down aus. Das war jedoch noch genug Zeit für die Gäste, die die entscheidende Antwort nach zwei Completions von Stafford zu Kupp über 20 und dann 44 Yards bis in die Red Zone fanden.
NFL Divisional Playoffs: Tampa Bay Buccaneers vs. Los Angeles Rams
Ergebnis: 27:30 (3:10, 0:10, 10:7, 14:3) BOXSCORE
Buccaneers vs. Rams - die wichtigsten Statistiken
Tom Brady kassierte eine Taunting-Strafe (15 Yards), weil er sich lautstark bei Referee Shawn Hochuli für eine fehlende Flagge gegen Von Miller für Roughing the Passer beschwerte. Dies war das erste Mal in Bradys gesamter NFL-Karriere, dass er für Taunting bestraft wurde.
Cooper Kupps 70-Yard-Touchdown-Reception war die längste für die Rams in der Postseason seit Isaac Bruces 73-Yard-Touchdown in Super Bowl XXXIV gegen die Titans nach der Saison 1999.
Brady begann das Spiel ohne Completion in den ersten zwei Drives der Bucs. Das war ihm zuvor noch nie in 47 Playoff-Starts passiert.
- Kupp durchbrach in diesem Spiel zum zwölften Mal in dieser Saison die 100-Yard-Marke in einem Spiel. Er zog damit mit Hall-of-Famer Michael Irvin (Cowboys) gleich, der dies 1995 in Regular Season und Playoffs geschafft hatte.
Die Stars des Spiels: Cooper Kupp (Wide Receiver, Rams)
Nach all dem Chaos am Ende bleibt eine Konstante: Cooper Kupp ist der beste Spieler der Rams-Offense. Sein 70-Yard-Touchdown brachte sein Team auf Kurs und seine zwei späten Receptions ganz am Ende gaben den Rams dann doch noch den Sieg zurück. Kupp kam letztlich auf 9 Receptions für 183 Yards und einen Touchdown. Defensiv überragten derweil die Edge Rusher Von Miller (9 Pressures, Sack, Forced Fumble) und Aarond Donald (7 Pressures, Sack).
Der Flop des Spiels: Offensive Line (Buccaneers)
Es war von vorne herein klar, dass die Offensive Line der Bucs gegen den mächtigen Pass Rush der Rams Probleme bekommen würde, das galt vor allem für die rechte Seite und Offensive Tackle Josh Wells. Doch die Probleme waren letztlich noch viel schlimmer, weil Wells gar nicht mal der schwächste Part dieser Line war. Er bekam zwar auch meist Hilfe durch einen Extra-Blocker, doch Left Tackle Donovan Smith war ebenfalls meist überfordert und wurde wieder und wieder geschlagen. Zudem war auch die Mitte nicht sonderlich stabil, was die Offense der Bucs extrem limitierte.
Analyse: Buccaneers vs. Rams - die Taktiktafel
Grundsätzlich muss man Rams-Head-Coach Sean McVay für seinen Game Plan zum Start des Spiels loben: Im Wissen, dass die Bucs mit einer angeschlagenen Offensive Line und einem angeschlagenen Receiving Corps lieber erstmals auf Laufspiel setzen und es damit eher konservativ angehen würden, fand er das perfekte Gegenmittel mit der eigenen Offense: Aggressives frühes Passspiel. Die Rams, die sonst auch eher konservativ und mit ihrem Outside-Zone Run Game beginnen, gingen dieses Mal früh durch die Luft mit Play Action sowie Pässen in alle Passtiefen zur Seitenlinie und über die Mitte. So gelang es ihnen früh, eine große Führung herauszuspielen und die Bucs damit zu zwingen, doch eher auf den Pass zu setzen und damit den Rams in die Karten zu spielen.
Die Bucs begannen defensiv aggressiv wie eh und je, hatten damit aber keinen Erfolg. Im Gegenteil, Stafford begann das Spiel 6/7 gegen den Blitz, sodass Defensive Coordinator Todd Bowles entsprechend schnell den Fuß vom Gas nahm und nur noch bei etwas mehr als 10 Prozent der Dropbacks blitzte.
Generell variierten die Bucs ihre Coverages gegen das übliche 11-Personnel der Rams. Immer wieder wechselten sie zwischen Cover-2 und Cover-3, leisteten sich jedoch immer wieder Fehler in der Coverage, die unter anderem zum 70-Yard-Touchdown von Kupp führten.
Die Rams wiederum spielten meist Quarters-Coverage und schoben "Star" Jalen Ramsey variabel übers Feld. Entgegen der Erwartungen war jener nicht exklusiv auf X-Receiver Mike Evans abgestellt sondern half auch im Slot aus und ging zum Beispiel auch mit Running Back Leonard Fournette mit, wenn dieser außen aufgestellt war.
- Die Bucs versuchten nach der Pause die Probleme in der eigenen Pass-Protection dadurch zu lindern, dass Tight Ends, allen voran Gronkowski, im Pass Blocking aushalfen, um allen voran Right Tackle Josh Wells nicht mehr ins direkte Duell gegen Donald, Floyd oder Miller zu schicken. Die Rams reagierten darauf unter anderem damit, dass sie Donald dann eben auf die jeweils andere Seite stellten, um eben doch wieder Eins-gegen-Eins-Matchups zu kreieren.