"Punt God" Matt Araiza wurde von den Buffalo Bills entlassen, nachdem ihm in einer unter der Woche eingereichten Zivilklage eine Gruppenvergewaltigung einer Minderjährigen vorgeworfen wurde. Was auf den ersten Blick wie die richtige Reaktion wirkt, war letztlich aber doch wieder nur dem öffentlichen Druck geschuldet. Ein Kommentar von SPOX-Redakteur Marcus Blumberg.
Natürlich gab es für die Buffalo Bills am Ende keinen anderen Ausweg, als Matt Araiza (22) zu entlassen. Nach den schweren Vorwürfen gegen Deshaun Watson, die letztlich zu seiner immer noch zu milden Sperre von elf Spielen geführt haben, kann sich die NFL als Ganzes keinen weiteren derartigen Fehltritt leisten.
Das Problem ist jedoch, wie es zu dieser Entlassung kam. Die Bills reagierten hier nicht etwa aus Überzeugung auf die Situation. Vielmehr sieht es so aus, dass sie rund einen Monat auf dieser Information, die sie vom Anwalt der Klägerin bekommen hatten, saßen und wohl darauf hofften, dass die Sache schon irgendwie geräuschlos über die Bühne geht.
In einem Statement am Donnerstag hieß es noch, die Bills hätten eine "gründliche Untersuchung" durchgeführt. Dann jedoch kam heraus, dass lediglich Araiza selbst befragt wurde. Zudem gab es wohl eine Unterredung zwischen einer Assistentin des Hauptanwalts der Bills (!) mit dem Anwalt der Klägerin. Die Klägerin selbst wurde nicht kontaktiert.
Entsprechend ruderte Bills-General-Manager Brandon Beane am Samstag zurück und sprach von einer unglücklichen Formulierung. Es hätte vielmehr heißen müssen, die Untersuchung sei fortlaufend. Da kann man sich ja schon mal vertun, oder?
Buffalo Bills feuern Matt Araiza mit Verzögerung
Da Zivilklagen in aller Regel öffentlich sind in den USA, kam die Sache aber natürlich doch ans Licht und die Bills mussten reagieren. Aber auch das erst, nachdem der öffentliche Druck größer wurde und nicht etwa direkt danach. Es vergingen vielmehr noch ein paar Tage bis zur Entlassung. Am Freitag erst wurde nach der Anreise vorm Panthers-Spiel beschlossen, Araiza nicht spielen zu lassen. Und erst am Samstag kam die Entlassung.
Die Bills, die bekanntlich "gründlich" untersuchen, waren sogar so sehr von Araiza überzeugt, dass sie einige Tage zuvor noch Matt Haack, ihren bisherigen Punter, entließen. Araiza war also der Mann für die Saison. Trotz der schweren Anschuldigungen.
Beane betonte, dass man "rücksichtsvoll" mit der Situation umgehen und vor allem keine Vorverurteilungen riskieren wolle. Und grundsätzlich gilt auch für Araiza die Unschuldsvermutung, keine Frage! Doch wer nimmt Rücksicht auf das vermeintliche Opfer? Die Bills mit ihrem Verhalten offenbar nicht.
Wenn Euch all das bekannt vorkommt, ist das kein Zufall. Die New York Giants hatten vor Jahren einen Fall, dass Kicker Josh Brown seine Frau über einen langen Zeitraum psychisch missbraucht haben soll. Die Informationen dazu waren dem Team bekannt und es passierte nichts. Erst als eine Reporterin (!) per Presseanfrage Akteneinsicht der Polizei in Seattle, wo das Ehepaar lebte, bekam und der Fall öffentlich wurde, reagierte das Team mit einer Entlassung. Zuvor sperrte ihn die NFL lediglich für ein Spiel, weil auch sie nur oberflächlich auf die Sache eingegangen war - wie so oft.
gettyMatt Araiza: Parallelen zu Deshaun Watson
Und zum Fall Watson wurde bekanntlich schon alles gesagt, doch auch dort wussten die Browns - und diverse andere Teams, die sich einen Bieterwettbewerb um ihn leisteten - Bescheid und setzten trotzdem Himmel und Hölle in Bewegung, ihn zu bekommen.
Die NFL will für Diversität, Offenheit und Toleranz stehen und findet Frauen seit kurzem auch ganz toll - seht her, Sarah Thomas darf als Schiedsrichterin mitwirken und es gibt vereinzelt auch Trainerinnen und mit Sandra Douglass Morgan nun auch eine Teampräsidentin bei den Las Vegas Raiders. Doch letztlich erwecken all diese Fälle - natürlich könnte man jetzt noch mehr nennen - den Eindruck, dass das alles nur Schönfärberei ist.
Denn eigentlich scheinen ihnen am Ende die Frauen, die hier die Opfer sind - sei es "Jane Doe", die 30 Watson-Klägerinnen oder auch Molly Brown - komplett egal zu sein, solange die betreffenden Spieler ihre Leistung und dem Team damit sportlich und finanziell Wert bringen. Und solange deren Fehltritte nicht an die Öffentlichkeit kommen, versteht sich.