Außerdem: Welche Undrafted Free Agents könnten einen überraschenden Impact haben?
SPOX-Redakteur Adrian Franke beantwortet eure Fragen zum Start der Preseason.
NFL Mailbag zum Start der Preseason
Nico: Welches sind die spannendsten Position-Battles in der Preseason?
Die Quarterback-Fragen sind hier naturgemäß die Positionsduelle mit den größten potenziellen Auswirkungen. Hier spielt nur ein Spieler auf einmal - der vierte Wide Receiver oder der dritte Edge-Rusher rotiert ja durchaus trotzdem rein - und es ist die Position mit dem für sich betrachtet größten Impact.
Das Problem dabei ist, dass - und das sage ich mit maximalem Respekt - ich die Quarterback-Duelle dieser Off- und Preseason für ziemlich uninteressant halte.
Carolina? Baker Mayfield ist der deutlich bessere Quarterback, das sollte keine Competition sein.
Seattle? Ich denke, dass Geno Smith der Offense eine höhere Stabilität gibt, insgesamt leistungstechnisch sehe ich den Unterschied zu Drew Lock im Kontext der Gesamt-Qualität des Kaders für zu klein als dass es für die Seahawks unter dem Strich einen gravierenden Unterschied machen sollte.
Atlanta? Ich würde Desmond Ridder gerne sehen und denke auch, dass er im Laufe der Saison zum Einsatz kommen wird. Aber bereits am ersten Tag des Training Camps erklärte Quarterbacks-Coach Charles London: "Wir haben einen Plan für beide. Marcus ist der Starter." Klingt nicht so, als wäre hier in der Preseason viel Wettbewerb zu erwarten. Aber beide sollen in der Preseason zum Einsatz kommen.
Am interessantesten finde ich die Situation in Pittsburgh. Die Steelers haben ein gutes Team, doch die Offensive Line wird eine Herausforderung sein. Trubisky, Pickett, Rudolph - sportlich überzeugt mich keine dieser Optionen, aber hier bin ich gespannt, zu sehen, welcher Quarterback mit dem durchaus talentierten Waffenarsenal am ehesten harmoniert. Sollten die Steelers unerwartet gutes Quarterback-Play bekommen, wird das ein Team sein, das um die Playoffs mitspielt. Das macht die Situation zusätzlich interessant.
Außerhalb der Quarterbacks bin ich gespannt darauf, welche Receiver-Hierarchie sich in Green Bay und in Kansas City erkennen lässt. Wie die Jaguars ihre diversen Waffen für die Mitte des Feldes (Kirk, Engram, Shenault, Etienne) einsetzen. Wie sich die Interior Offensive Line bei den 49ers formt. Und auch ob in Tennessees Receiving Corps Kyle Philips bei den Startern festsetzt, sowie in welcher Verfassung sich Treylon Burks präsentiert.
MartaMunkel: Bei welchem Team siehst du die größte mögliche Differenz zwischen Floor und Ceiling?
Bei dieser Frage wende ich gerne ein relativ klar definiertes Raster an: Die Teams mit einem sehr guten oder gar Elite-Quarterback haben selten diese große Bandbreite an Möglichkeiten; der Quarterback ist da in aller Regel der stabilisierende Faktor, der dafür sorgt, dass der Floor hoch genug bleibt.
Wenn man sich vor der kommenden Saison also fragt, welche Teams mit Blick auf die Umstände - Waffenarsenal, Defense, Offensive Line, Coaching - hohes Potenzial mitbringen, der Quarterback aber noch nicht ganz klar zu greifen ist und vergleichsweise drastisch in die eine oder andere Richtung ausschlagen könnte, komme ich bei zwei Teams heraus: Die Miami Dolphins und die Philadelphia Eagles.
Beide Teams haben in dieser Offseason gehörig aufgerüstet, beide haben sich mit Tyreek Hill, beziehungsweise A.J. Brown, einen Nummer-1-Receiver via Trade eingekauft. Beide sollten eine gute Defense haben - und beide geben ihren Quarterbacks in diesen guten Umständen jetzt ein Jahr Zeit, um zu zeigen, dass sie echte Franchise-Quarterbacks werden können. Gelingt der Breakout? Dann ist nach oben einiges möglich.
Das ist eine veritable Strategie, zumal sich beide Teams mit dem nötigen Draft-Kapital ausgestattet haben, um gegebenenfalls in der nächsten Offseason reagieren und aggressiv auf Quarterback-Suche gehen zu können. Für Miami hat sich das infolge des Tampering-Eklats wieder etwas relativiert, doch die grundlegende Idee für 2022 steht. Und es ist diese Strategie, die Teams eine riesige Bandbreite gibt.
Hello Kittle: Teams bauen ihre Defenses immer "leichter" auf. Ergibt das jetzt Lücken, indem jetzt mehr Teams versuchen ein Team eher physischer offensiv über YAC auszurichten wie die 49ers (Deebo, Aiyuk) oder die Giants (Toney, Robinson) es machen?
Ich weiß gar nicht, ob ich mittlerweile noch mit der Ausgangsprämisse mitgehen würde. "Leichter" im Sinne von "leichtere Box", also weniger Verteidiger in der unmittelbaren Nähe der Line of Scrimmage gegenüber der Offensive Line, das sicherlich. Aber Hand in Hand damit geht ja die Idee einer veränderten Defensive Line - vor allem wenn wir von den Teams sprechen, die primär aus einer 3-4-Base heraus agieren. Eben mit Fokus auf Spieler, die mehr als eine Gap verteidigen können, mit Spielern, die mehrere Blocker beschäftigen können.
"Leichter" ist damit also relativ, aber was wir auf jeden Fall sehen, ist, dass der Slot-Verteidiger immer wichtiger wird. Denn ein Ziel aus offensiver Perspektive ist es, Defenses im Sub Package - also mit fünf Defensive Backs auf dem Feld - in die leichte Box zu bekommen. Dafür braucht es idealerweise 3-Receiver-Sets, und um dann die Überzahl in der Box so richtig auch im Run Game zu nutzen, braucht es Slot-Receiver, die blocken können und so Run-Konzepte ermöglichen, die sonst nur mit zwei Tight Ends oder einem Fullback auf dem Feld möglich wären.
Hier liegt der strukturelle Value für die Offense von Cooper Kupp. Die Packers haben Allen Lazard für diese Rolle, die Colts hatten letztes Jahr Zach Paschal dafür, die Titans haben Robert Woods dafür aus Los Angeles geholt, die Falcons werden Drake London so einsetzen, die Broncos hatten Tim Patrick vermutlich für diese Rolle vorgesehen und in Pittsburgh könnte Chase Claypool vermehrt nach innen rücken.
Das ist aus offensiver Perspektive der Trend, den ich mit am intensivsten verfolgen werde. Und ja, Receiver in Running-Back-Rollen zu packen, kann auch ein Weg sein, um leichte Boxes zu attackieren. Ich denke, dass wir das neben den beiden angesprochenen Teams etwa auch von Kansas City mit Skyy Moore und von Buffalo mit Isaiah McKenzie sehen könnten. Arizona hatte Rondale Moore letztes Jahr bereits vereinzelt in dieser Richtung eingesetzt.
Samuel mit seinen 86 Runs inklusive Playoffs war in meinen Augen ein Outlier. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Receiver diese Sphären in der kommenden Saison wieder erreicht. Aber Teams werden nach Wegen suchen, um nicht nur Überzahlsituationen in der Box, sondern auch potenzielle Slot-Matchups gezielt auszunutzen - und in manchen Fällen mehr am Boden als durch die Luft.
Niklas: Viel zu früher Take: Wer wird das Überraschungsteam des Jahres?
Allein bei der Definition von "Überraschung" wird es unweigerlich sehr subjektiv. Die Eagles zählen hier vermutlich nicht mehr rein, nach dem Hype rund um diese Offseason. Gleiches gilt in meinen Augen für ein Team wie Miami, bei dem eine Playoff-Teilnahme nach den Investitionen dieser Offseason kaum als Überraschung zählen dürfte.
Ich halte die New Orleans Saints für eine treffende Besetzung dieser Kategorie. Die Saints haben einerseits genügend offene Fragen - Sean Payton weg, Terron Armstead weg, Jameis Winston als Wundertüte -, um die realistische Erwartungshaltung ein wenig einzudämmen. Auf der anderen Seite haben sie genügend Potenzial und genügend Win-Now-Moves getätigt, um, falls alle Rädchen ineinander greifen, nicht nur Playoffs zu spielen, sondern dort potenziell sogar einen Run hinzulegen.
Wie die Verpflichtungen von Tyrann Mathieu und Jarvis Landry. Wie den aggressiven Draft-Trade für Chris Olave. Michael Thomas kommt zurück, Winston ist wieder fit - man kann ein klares Szenario entwerfen, wie die Saints eine zweistellige Anzahl an Spielen in der kommenden Saison gewinnen.
Nicht zuletzt weil New Orleans einerseits eine starke Defensive Line hat - und generell eine Defense mit Top-5-Potenzial -, um insbesondere wackligere Offenses vor gravierende Probleme zu stellen; andererseits aber, insbesondere im Vergleich zum letzten Jahr, ein Receiver-Trio, das die Offense mal tragen kann.
Winston muss fit bleiben und auch ohne Paytons Führung funktionieren, die Line muss halten, die Receiver bringen alle ihre eigenen Fragezeichen mit. Aber die Saints könnten absolut das Team sein, das in einer vergleichsweise offenen NFC am Ende einen unerwarteten Playoff-Run hinlegen.