Mailbag nach Week 2: Nach der Verletzung - was wird jetzt aus Trey Lance?

Von Adrian Franke
21. September 202209:45
SPOX-Redakteur Adrian Franke beantwortet eure Fragen nach Week 2.getty
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Die Verletzung von Trey Lance torpediert die Pläne der 49ers - doch was macht das langfristig mit der Lance-Ära in San Francisco? Und was soll man nach einem komplett zweigeteilten Auftritt am Sonntag mit Tua Tagovailoa machen?

Außerdem: Sollten die Steelers Kenny Pickett starten lassen? Und bei welchen Teams gehen nach Woche 2 die Alarmglocken an?

SPOX-Redakteur Adrian Franke beantwortet eure Fragen nach Week 1, zusätzliche Fragen gibt es wie gewohnt im Video-Mailbag.

Mailbag: Wie geht es weiter für Trey Lance bei den 49ers?

Mucki, Marzio: Was machen die 49ers nach dieser Saison mit Garoppolo und Lance, wenn man wieder 10+ Siege in der Regular Season und einen tiefen Playoff-Run hinlegen würde?

Zunächst einmal muss man nur nochmal betonen, wie bitter diese Verletzung ist.

Nicht nur, weil jede schwere Verletzung bitter ist und weil die Verletzung des erhofften Franchise-Quarterbacks eine Franchise immer deutlich zurückwirft. Die Situation hier ist natürlich nochmals komplizierter. Trey Lance hat 2020 in seiner letzten College-Saison aufgrund der Corona-Pandemie nur ein Spiel absolviert. Lance hatte letztes Jahr als Rookie 86 Dropbacks als Backup hinter Jimmy Garoppolo. 35 Dropbacks hatte er in dieser Saison, ehe der Knöchelbruch seine Saison beendete.

Lance wird also in die kommende Saison als - gehen wir Stand heute mal davon aus - Starting-Quarterback, nachdem er in den drei Jahren davor zusammengerechnet 129 Pässe geworfen hat. Und ich sehe die in der Frage genannte These als alles andere als unwahrscheinlich: Ich fand den Preseason-Hype rund um die 49ers, inklusive bei den Buchmachern, bereits absolut erstaunlich, angesichts der Tatsache, dass die Quarterback-Position eine komplette Wildcard war.

Mit Garoppolo wissen wir ganz genau, was wir bekommen. Und deshalb kommt hier das Argument des Kaders für mich viel stärker ins Spiel: Wir wissen, dass Garoppolo mit diesem Team gewinnen kann; wir haben es gesehen! Mehrfach! Und ja, die Interior Offensive Line ist noch ein Thema, aber die Waffen sind exzellent, und Garoppolo war gegen die Seahawks überraschend aggressiv im Passspiel. Die Defense sieht mal wieder aus wie eine Top-5-Unit und wird der Offense Spielraum für Fehler geben.

Und: Die NFC ist komplett offen. Es ist noch früh, aber aktuell kann sich hier nicht nur kein Team absetzen, ich sehe eine reelle Chance, dass es auch aufs Jahr gesehen einfach kein wirklich dominantes Team geben wird - während die AFC gleich mehrere davon hat. Philadelphia könnte mit Blick auf den Schedule und die bisherigen Leistungen am Ende ganz oben stehen, doch auch die Eagles werden noch in unruhigere Gewässer kommen.

Wenn man all diese Faktoren zusammenrechnet, dann komme zumindest ich zu dem Schluss, dass eine erfolgreiche Saison mit einem weiteren Playoff-Run für die Niners mit Garoppolo absolut realistisch ist. Dann müssen wir über dieses Szenario sprechen. Und natürlich weiß jeder, wie viele Ressourcen die Niners in Trey Lance investiert haben. Aber schon vor einigen Wochen, als San Francisco Garoppolo gehalten hat, hatte ich mich gefragt, was das mit dem Locker Room macht, falls Lance wackelt. Mit einem Locker Room - und einem Head Coach! - der mit Garoppolo viele Spiele gewonnen hat.

Ich will hier noch keine feste Prognose abgeben für Dinge, die in einem halben Jahr dann auf der Agenda stehen. Aber falls San Francisco mit Garoppolo nochmal einen Playoff-Run hinlegt, falls sie vielleicht sogar bis ins Championship Game oder gar den Super Bowl kommen, halte ich es für wirklich unheimlich schwer, danach erneut die Zepterübergabe zu Lance durchzuführen.

Dann frage ich mich schon, ob, so bitter das ist, die Zeit für Lance abläuft, bevor sie überhaupt wirklich begonnen hat.

NilleSB, MurphysLawyer: Sollten die Steelers nun Pickett starten lassen?

Ich sehe hier immer zwei übergreifende Fragen, die ich stellen würde, wenn es darum geht, ob der Rookie-Quarterback starten soll oder nicht:

  1. Ist der Rookie bereit?
  2. Verhilft der aktuelle Veteran-Starter dem Team zu Siegen, die mit dem Rookie gefährdet wären?

Ersteres hätte ich vor zwei Monaten bei Kenny Pickett ehrlicherweise noch mit einem "Nein" beantwortet, da hat mich die Preseason zumindest positiver gestimmt. Pickett wirkte auch mental schnell in der Saisonvorbereitung, und auch wenn das in der Regular Season gegen reguläre Defenses dann ganz anders aussehen kann: Solange die Coaches im Training nicht ernsthafte rote Flaggen sehen, würde ich sagen: Pickett ist bereit, um reingeworfen zu werden.

Bei der zweiten Frage ist die Antwort einfacher. Ich hatte schon nach dem unerwarteten Sieg zum Auftakt gegen Cincinnati darüber geschrieben, dass die Steelers mehr von ihrer Offense brauchen, wenn es schon an einem Tag, an dem die Defense Turnover auf Turnover sammelt, beinahe eine Niederlage gesetzt hätte.

Das Spiel gegen die Patriots knüpfte daran an. Und es ist nicht so, als hätte Trubisky keine guten Plays gehabt. Insbesondere ein paar Out-Routes fielen mir positiv auf, bei denen man seine Armstärke sehen konnte. Aber der primäre Takeaway für mich ist: Nichts von dem, das Trubisky macht, bringt ihn in eine Position, in der er der Offense etwas geben würde, das Pickett ihr nicht geben kann.

Und auch mit Pickett werden die Probleme dieser Offense nicht plötzlich magisch verschwinden. Die Offensive Line ist immer noch schwach, Pittsburgh hat nach wie vor große Probleme damit, den Ball zu laufen und wenn es bei Third-and-Long Big Plays braucht, sind die wahnsinnig schwer und im Zweifelsfall kommt dann zu häufig der Checkdown aktuell.

Wenn man aktuell drauf schaut, sehe ich nicht, inwieweit Trubisky genug gezeigt hätte, um den Startplatz zu rechtfertigen gegenüber Pickett, dem ohnehin die Zukunft dieser Franchise gehören soll und in den man im Zweifelsfall eher investieren sollte. Die Steelers spielen diese Woche am Donnerstagabend, ein schwacher Auftritt von Trubisky kombiniert mit der anschließenden Mini-Bye könnte den Weg für diesen Tausch ebnen.

Video-Mailbag: Was machen mit Tua nach dem irren Comeback?

Eine schwache erste Halbzeit, ein sensationelles Comeback im vierten Viertel gegen Baltimore - was genau verrät uns das über Dolphins-Quarterback Tua Tagovailoa? Wie sieht der erste Eindruck der Top-5-Pick aus dem vergangenen Draft aus?

Außerdem: Hält Panthers-Coach Matt Rhule überhaupt bis zum Saisonende durch? Ist Jameis Winston noch die Lösung für die Saints? Und wohin kann die Reise für Jalen Hurts in dieser Saison gehen?

Die Antworten gibt's im Week-2-Video-Mailbag.

Mailbag: Bei welchem Team schrillen die Alarmglocken?

Almigurd von Ehrenmann: Bei welchem sieglosen Team schrillen die Alarmglocken?

Über die Cincinnati Bengals hatte ich am Montag schon ausführlich geschrieben. Im Prinzip werden hier alle meine Offseason-Bedenken wahr: Cincinnatis Offense war schon letztes Jahr geprägt von Playmakern und davon abhängig, dass insbesondere Burrow und Ja'Marr Chase Plays machen. Und schon letztes Jahr waren klare Schwankungen in der Offense sichtbar, wenn Defenses sie anders gespielt und ihnen nicht die Shot-Plays gegeben haben.

Das setzt sich bisher fort, und Zac Taylor hat eben keine Antworten. Chase läuft viele Slants und Screens, der Offense ist das explosive Element komplett abhandengekommen und Burrow kassiert Sacks, weil er den Ball zu lange hält und keine Receiver findet. Das ist vor allem deshalb besorgniserregend, weil ich keinen schnellen Fix dafür sehe und befürchte, dass die Bengals, selbst wenn sie sich ein wenig fangen, eine enttäuschende Saison gemessen an den Erwartungen spielen werden.

Ich weiß nicht, worauf genau die Alarmglocken in Houston, Carolina oder Atlanta programmiert sind, aber bei diesen Teams sollten die Erwartungen halbwegs überschaubar gewesen sein, sodass ich auch nach diesem Start nicht zu den Alarmglocken greife. Ich hatte diese Woche viele Fragen bezüglich Matt Rhule erhalten, ich denke nicht, dass er in der kommenden Saison noch der Head Coach in Carolina sein wird. Und die Falcons und Texans haben mir bisher sogar besser gefallen als ich das erwartet hatte.

Auch über die Colts und deren rätselhafte, scheinbar auf Mittelmaß ausgelegte Kaderplanung hatte ich ebenfalls am Montag geschrieben - zwei weitere Teams stechen also noch hervor: Die Titans und die Raiders.

Bei Tennessee waren zumindest meine Erwartungen nach dem Trade von A.J. Brown überschaubar. Ich hatte die Titans nicht als Playoff-Team getippt, auch wenn ich die Defense nach wie vor mag. Woche 1 hätte man trotzdem gewinnen müssen, auch von der Art und Weise, wie dieses Spiel lief. Dass es gegen Buffalo eine Pleite setzt, dürfte nicht wirklich überraschend kommen - wie deutlich es dann in der zweiten Hälfte wurde, unterstreicht, wie weit Tennessee von der Spitze aktuell weg ist. Ich sehe die Titans unter dem Strich als ein 7- bis 8-Siege-Team, jetzt genau wie vor Saisonstart.

Bei den Raiders ist die Situation ohne Frage anders. Das ist ein Team, das mit dem Trade für Davante Adams und der Verpflichtung von Chandler Jones ganz klar jetzt All-In gegangen ist. Und nach zwei Spielen haben wir, was, eine gute Halbzeit der Offense gesehen? Sowie eine Defense, die nach wie vor von Maxx Crosby abhängig zu sein scheint? Und in jedem Fall eine O-Line, in der die Bedenken gerechtfertigt waren.

Die Raiders spielen als nächstes gegen die Titans, Broncos und Chiefs und ich sehe sie jetzt in einer Division mit mindestens einem und wahrscheinlich zwei sehr starken Teams schon in einem Loch, aus dem es sehr schwer wird, herauszukommen. Eben weil die Leistungen auch wenig Grund zur Annahme einer rapiden Besserung geben. Zeit für die Alarmglocke.

Ich würde noch ein Team mit reinwerfen, das zwar am Sonntag seinen ersten Sieg eingefahren hat, aber auch der war sehr zäh und das gegen ein Texans-Team, das, bei allem Respekt, nicht der eigene Anspruch sein sollte - und das sind die Denver Broncos. Nathaniel Hackett wirkt bisher komplett überfordert als Head Coach, auch im zweiten Spiel hatte er horrende In-Game-Management-Fehler, während sich gleichzeitig die Verletzungen häufen und die Offense immer noch auf Identitätssuche ist.

Selbst wenn die Erwartungshaltung rund um die Broncos "nur" ein Playoff-Ticket waren, sehe ich auch das zunehmend ernsthaft in Gefahr. Auch wenn ich denke, dass es besser werden wird in Denver.

Alex Graf, greysquirrel: Colts enttäuschend, Titans auch eher semi, Texans zu schwacher Kader: Sind die Jaguars der neue Favorit auf die AFC South? Wurden die Colts überbewertet?

Die Colts sind schon jetzt eines der frustrierendsten Teams in der NFL - mal wieder. Das würde ich auch nach zwei Wochen schon wieder sagen. Wieder hat der Trainerstab das Team nicht auf den Punkt ready gehabt, wieder steht ein schwacher Saisonstart als Konsequenz in den Büchern. Wieder enttäuscht die hochgelobte Offensive Line und wieder wird deutlich, dass dem Team die offensive Feuerkraft und die Explosivität fehlt.

Es sind die gleichen Probleme Jahr für Jahr, es sind die gleichen übergreifenden Themen Jahr für Jahr, und es sind die gleichen Entscheidungen Jahr für Jahr - womöglich hat man sich erneut mit der nächsten Quarterback-Entscheidung in eine Sackgasse manövriert.

Umso alarmierender ist das, was gerade bei den Colts passiert, weil keine schnelle Rettung kommen wird. Das ist die Offensive Line, mit der sie arbeiten werden. Matt Ryan ist, was er ist, an diesem Punkt seiner Karriere. Das offensive Waffenarsenal wird besser sein, wenn Pittman und Pierce wieder spielen, aber es ist keine Gruppe, die mit Dynamik und Explosivität bestechen wird. Der Best Case scheint zu sein, dass man sich ins obere Mittelmaß zurückarbeitet, was vielleicht reicht, um die Division zu gewinnen. Aber eben auch nicht mehr. Ein frustrierender Outlook.

Die Jaguars sind das Team, das mir nach diesen ersten beiden Spielen mit Abstand am besten gefällt, am meisten Spaß macht und durch die Zusammensetzung dieses Teams - das Potenzial von Trevor Lawrence, die jungen Pass-Rusher - zusätzlich im Vergleich die größte Upside dieser vier Teams hat.

Heißt das, dass Jacksonville jetzt der Division-Favorit ist? So weit würde ich noch nicht gehen, aber ich sehe sie als ernsthaften Kandidaten auf die Division-Krone, wo ich sie vor Saisonstart bestenfalls als mögliches Überraschungsteam auf dem Zettel hatte.

Und Jacksonville wird auch noch durch schwierige Phasen kommen, viele junge Spieler heißt meist auch, dass es Spiele geben wird, in denen diesen Spielern kostspielige Fehler unterlaufen. Gleich in Woche 1 ließen die Jags zu viele Gelegenheiten liegen. Aber ich fand gerade den direkten Vergleich mit den Colts am Sonntag eklatant.

Denn Jacksonville kreierte eben offene Targets, hatte eine Dynamik in seiner Offense, die Indianapolis schlicht nicht hat und hatte einen Quarterback, der Plays machen kann, auch außerhalb der Pocket oder mal außerhalb der Struktur. Mir gefällt sehr, was Doug Pederson hier bisher bewegt hat und als Jags-Fan wäre ich sehr positiv gestimmt, was die mittel- und langfristige Prognose dieses Teams angeht.

Luc Joc: Waren positive Trends in der Patriots-Offense zu erkennen, oder lag der Sieg hauptsächlich an den schwachen Steelers

"Positive Trends" halte ich für zu stark ehrlicherweise. Am auffälligsten fand ich noch, dass die Patriots den Ball besser gelaufen sind, was eine positive Entwicklung im Vergleich zur Vorwoche war. Das aber würde ich eher einer positiven individuellen Entwicklung als übergreifenden Trends zuschreiben. Und hier ist auch erwähnenswert, dass die Steelers längst nicht zum ersten Mal in der Run-Defense gewackelt haben; ohne T.J. Watt umso mehr.

Ansonsten: Mac Jones hatte einige gute Momente, ein paar Mal gutes Verhalten in der Pocket, einige gute platzierte Bälle nach außen - aber fast alles für diese Offense wirkt schwierig. Zu viele Plays, die chancenlos wirkten, sehr viel Quick, wenn sie mal in der Shotgun waren, und nach wie vor mehrere Abstimmungsprobleme zwischen Jones und seinen Receivern.

Ich würde den Sieg in erster Linie der Tatsache zuschreiben, dass die Steelers den Ball offensiv kaum bewegen konnten und defensiv mal wieder in der Run-Defense wackelten.

Die Patriots spielen als nächstes gegen Baltimore und dann gegen Green Bay, und nach allem, was ich bisher von den Pats gesehen habe, würde es mich wundern, wenn die eigene Offense in diesen Spielen mithalten kann.