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Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 13 in der NFL

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt zurück auf Woche 13 in der NFL.
© getty

Week 13 brachte mehrere Ergebnisse, die sich als wegweisend entpuppen könnten: Die Defense der San Francisco 49ers entzaubert Tua Tagovailoa und die gefürchtete Dolphins-Offense, während die Seahawks schmerzhafte Schwachstellen offenbaren. Außerdem: Wie geht es weiter in Green Bay? Und was passiert jetzt in Denver?

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Woche 13 war leider auch die Woche der Quarterback-Verletzungen bei Playoff-Kandidaten. Ravens-Quarterback Lamar Jackson verletzte sich im Spiel gegen die Broncos am Knie, San Franciscos Jimmy Garoppolo musste nach einer offensichtlich sehr schmerzhaften Szene mit einer Fußverletzung in die Kabine gefahren werden und kam nicht zurück.

Ravens-Coach John Harbaugh erklärte direkt nach dem Spiel, dass es sich bei Jackson nicht um eine Saison-beendende Verletzung handelt. Weitere Tests werden natürlich folgen, Harbaugh sagte aber auch, dass es sich um "Tage bis Wochen" handeln wird, ehe Jackson zurückkehren wird.

Baltimore ist ein Team, das ohnehin größere Defizite in dieser Saison offenbart hat, zumindest was die Offense angeht. Der Mangel an Waffen im Passspiel, die generellen Probleme in der Passing-Offense, eine angeschlagene Line, ein Run Game, das nur phasenweise funktionierte. Die Ravens mit Jackson und einer guten Defense wären ein gefährliches Team, sollte es für die Playoffs reichen. Auch wenn sie dort eine riesige Wundertüte wären.

Garoppolos Verletzung wurde von den Niners während des Spiels von einer "Knöchel-" zu einer "Fußverletzung" umbenannt. Nach dem Spiel bestätigte Kyle Shanahan, dass Garoppolo den Rest der Saison verpassen wird, ein enormer Tiefschlag für die Niners, aber natürlich auch für Garoppolo selbst, der im Frühjahr erneut Free Agent wird.

In zwei Wochen steigt für San Francisco das vielleicht entscheidende Duell mit den Seahawks, davor geht es gegen Tampa Bay. Zwei Niederlagen hier könnten die Niners nicht nur im Rennen um die NFC West, sondern auch im Kampf um ein Playoff-Ticket empfindlich zurückwerfen. Und mit Brock Purdy wird es schwer sein, die aktuelle Schlagzahl auch nur halbwegs aufrecht zu erhalten, auch wenn Purdy sich am Sonntag gegen Miami sehr gut präsentierte.

Verletzungen gehören zum Football dazu, jedes Team hat damit zu kämpfen, und Mitleid gibt es von keinem Team für die Ausfälle des Gegners. Nichtsdestotrotz ist es, aus neutraler Perspektive, schade, dass die Niners mit dieser Defense, diesen Waffen und diesem Play-Caller vermutlich mit dem dritten Quarterback in der Postseason keine große Rolle spielen werden; umso mehr angesichts eines ohnehin fragwürdigen NFC-Playoff-Teilnehmerfeld.

1. Niners-Defense holt Tua auf den Boden zurück

Es ist hochspannend zu sehen, wie die Dolphins und die 49ers sich ausgehend vom gleichen Scheme - Mike McDaniel hat von 2011 bis 2021 durchgehend unter Kyle Shanahan gearbeitet, in Washington, Cleveland, Atlanta und San Francisco - in unterschiedliche Richtungen entwickelt haben.

Die Niners - ich hatte darüber in der Vorwoche bereits geschrieben - haben unter Kyle Shanahan eine klare Identität entwickelt und den Kader auch mit dieser Identität im Hinterkopf zusammengestellt.

Es ist eine spektakuläre Yards-after-Catch-Maschine, die schon jetzt wieder auf Hochtouren läuft: Vor diesem 13. Spieltag führte Garoppolo die Liga mit Abstand in Yards nach dem Catch pro Completion an; 6,9 Yards holen Garoppolos Receiver im Schnitt nach dem Catch raus. Tua Tagovailoa stand nach Woche 12 bei 4,5 Yards, Garoppolo also bekommt pro Completion rund 2,5 Yards mehr nach dem Catch als Tua. Bei rund 200 Completions für jeweils beide über die ersten zwölf Spieltage ist das ein gewaltiger Unterschied.

Ähnlichkeiten sieht man etwa darin, dass beide Teams jede Menge Pre-Snap-Motion nutzen, doch Miamis Offense ist signifikant vertikaler; wo bei den Niners die Big Plays häufig nach dem Catch entstehen, attackieren die Dolphins tiefer - und das schnell: Tagovailoa wirft den Ball bei Pässen, die unter 2,5 Sekunden nach dem Snap erfolgen, im Schnitt 7,7 Yards tief. Mit Abstand der Höchstwert in der NFL, Garoppolo wirft den Ball in unter 2,5 Sekunden im Schnitt fast exakt drei Yards kürzer (4,6 Yards).

Dolphins: Tua spielt schnell, die Receiver noch schneller

Das funktioniert, weil Miami diesen irren Speed auf den Receiver-Positionen hat, sowie einen Quarterback in Tagovailoa, der ein hohes Maß an Antizipation und gutes Timing und einen guten Touch in seinen Pässen hat. Das erlaubt es den Dolphins, häufig schon sehr schnell nach dem Snap den Ball vergleichsweise tief zu werfen - was wiederum auch die anfällige Offensive Line schützt.

Die spannende Frage vor diesem Matchup zwischen Meister und Schüler lautete, ob die Niners defensiv die Mittel haben, um diese Pässe zu unterbinden. Die Texans, Browns, Bears und Lions hatten diese Mittel über die letzten vier Wochen erwartungsgemäß nicht, San Francisco war der erste echte Test für die Dolphins-Offense seit Ende September. Anfang Oktober hatte es zwar eine Packung gegen die Jets gehagelt, doch mussten die Dolphins damals ohne Tagovailoa auskommen.

Die 49ers haben diese Mittel, und obwohl San Francisco mit dem 75-Yard-Catch-and-Run-Touchdown von Trent Sherfield einen Horror-Start in die Partie erlebte, wurde diese Tatsache schnell deutlich. Es war früh im Spiel Fred Warner, der zeigte, dass die Mitte des Feldes nicht so offen sein würde, wie es Tagovailoa über weite Strecken dieser Saison gewohnt ist.

Tua wirft den Ball schneller als jeder andere Quarterback in die Intermediate Middle des Feldes, er hat mit weitem Abstand die meisten offenen Receiver, die meisten Completions, und die meisten Yards hier, obwohl er mehrere Spiele verpasst hat. Gegen die Niners war er hier nicht nur mehrfach off, San Francisco ließ auch nicht viel zu.

Dolphins-Offense stockt merklich gegen die Niners

Die Folge war prompt eine Offense, die unrunder aussah. Der Touchdown von Sherfield war ein Fehler in San Franciscos Coverage-Abstimmung, welche Sherfield mit seinem Speed prompt bestrafte - aber immer wieder, wenn Tagovailoa und die Dolphins-Offense die Chance hatte, das Spiel zu übernehmen, umso mehr nach der frühen Verletzung von Jimmy Garoppolo, wackelte Tagovailoa.

Mehrfach verfehlte er Jaylen Waddle. Jeff Wilson hätte er mit einer gut getroffenen Wheel-Route zum Touchdown das Feld runter schicken können, stattdessen musste Wilson seine Route anpassen und ließ den Ball fallen. Er verfehlte Tyreek Hill tief über die Mitte, vor allem aber wurde ein weiterer Punkt deutlich, weshalb ich bei Tagovailoa noch Zweifel dahingehend habe, ob er in die oberen Quarterback-Tiers gehört: Er wurde unruhig in der Pocket.

Und auch hier gehört mehr Kontext dazu. Left Tackle Terron Armstead konnte nicht mitwirken, und die Dolphins hatten definitiv nicht immer den besten Plan gegen Nick Bosa. Das macht einige Dinge schwieriger, doch gleichzeitig ist es eine von Tuas besten Qualitäten in dieser Saison, dass er mit diesem irren Tempo spielt.

Es sollte eine seiner Kernkompetenzen sein, eine schwache Line zu kompensieren. Gegen San Francisco war zu häufig das Gegenteil der Fall, nämlich dass Tagovailoa merklich unruhig wirkte, dass seine innere Uhr sehr schnell runter tickte, und wenn dann die schnellen Pässe nicht da waren - oder er sie nicht traf - stockte der Motor merklich.

Tua bricht nach der Pause ein

Mehr noch als das: Nach der Garoppolo-Verletzung hätte Miami eine solide Vorstellung der eigenen Offense gebraucht, um das Spiel dann idealerweise aus einer eigenen Führung heraus zu verwalten. Doch nicht zuletzt Tagovailoas Spiel unter Druck verhinderte, dass das Pendel zu irgendeinem Zeitpunkt in diese Richtung ausschlug.

Sein zumindest bis dato bestes Play hatte er direkt nach der Halbzeitpause mit tollem Pocket-Movement und einem Pass auf Tyreek Hill - unmittelbar danach hatte er fraglos Pech bei der Interception, weil Wilson ausrutschte, doch hätte er den Ball auch schlicht eine Ebene tiefer legen können, wenn nicht müssen.

Die zweite Interception bietet keinerlei Ausreden. Ein absoluter Gimmick-Wurf, um Tagovailoa via Rollout aus der Pocket zu bringen und dann einen offenen Wurf zu kreieren. Der war auch da, und Tua hatte die Zeit - aber sein Wurf verfehlte Hill komplett und landete stattdessen bei der Niners-Defense.

Umso positiver war es, zu sehen, dass Tagovailoa das Schlussviertel mit einem Shot auf - einen zugegebenermaßen sehr offenen - Hill zum Touchdown eröffnete.

Tuas Leistungen und der richtige Kontext

Tagovailoa hatte gegen Pittsburgh ein schlechtes Spiel, die Vorstellung gegen San Francisco war seine schlechteste Partie. Dementsprechend sollte man hier auch nicht komplett überreagieren.

Aber ich denke, es ist ein guter Zeitpunkt, um sich anzuschauen, gegen welche Gegner Tagovailoa gut aussah, wie diese Offense funktioniert, und dass die Fragezeichen auch nach guten Spielen gegen Detroit, Chicago, Cleveland und Houston, sowie einer guten Halbzeit gegen die Ravens berechtigt waren. Genau wie jetzt nach seinem zweiten schlechten Spiel nicht die Welt untergeht, war Tua nicht plötzlich ein Elite-Quarterback, weil er in einer herausragenden Offense-Maschinerie den Ball sehr schnell - und sehr gut! - verteilte.

Es ist faszinierend, zu sehen, wie Miami selbst in einem Spiel, in dem lange nichts geht, doch mit explosiven Big Plays antworten kann. Deshalb kann man die Dolphins nie abschreiben, und daran hat Tagovailoa seinen Anteil. Gleichzeitig hat diese Partie auch klar seine Limitierungen gezeigt, beide diese Dinge können wahr sein. Weitere Datenpunkte in Form von Spielen gegen starke Defenses werden weiteren Aufschluss geben und das Bild klarer zeichnen.

Die gute Nachricht: Es wird weitere solcher Tests geben, ehe Miami - und davon gehe ich nach wie vor fest aus - in die Playoffs einzieht. Buffalo steht noch auf dem Schedule, genau wie die Patriots und die Jets. Nächste Woche warten die Chargers mit Justin Herbert in einem Spiel, dessen Storyline man sich leicht ausmalen kann.

Miami ist ein gefährliches Team, weil die Dolphins gegen jeden Gegner schnell scoren können. Und das ist eine Eigenschaft, die kaum ein Team in der heutigen NFL mitbringt.