NFL: Wie Head Coach Brian Daboll QB Daniel Jones und die New York Giants in die Spur gebracht hat

Marcus Blumberg
20. Januar 202308:45
Daniel Jones nahm eine positive Entwicklung unter Head Coach Brian Daboll.getty
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Die New York Giants haben erstmals nach mehr als einem Jahrzehnt wieder ein Playoff-Spiel gewonnen. Ein wichtiger Faktor dafür ist die Entwicklung von Quarterback Daniel Jones, die hauptsächlich Head Coach Brian Daboll und seinem Coaching Staff zu verdanken ist.

Daniel Jones habe "gut" gespielt, attestierte Head Coach Brian Daboll seinem Quarterback nach dem 31:24-Erfolg der New York Giants über die Minnesota Vikings in der Wildcard Round der Playoffs.

"Nur gut?", war die Nachfrage eines Reporters, woraufhin Daboll erwiderte: "Yeah, er spielte gut. Winning Football. Ist gut kein gutes Adjektiv hierfür? Ich meine, ich bin kein Schreiber ..." Das sorgte für Gelächter. Und Grund zum Lachen hatten die Giants durchaus nach ihrem zumindest aus Vegas-Sicht überraschenden Sieg als (kleiner) Underdog. Und überhaupt nach einer Saison, die in New York einige Augen geöffnet und einige Fragen beantwortet hat.

Die größte Frage für Daboll und Co. war freilich, ob jener Daniel Jones die Lösung für die Quarterback-Position sein könnte. Als Daboll und General Manager Joe Schoen ihre Posten vor rund einem Jahr antraten, war man sich dessen gar nicht mal so sicher. Die abgelehnte Option für ein fünftes Vertragsjahr in Jones' Kontrakt ließ schließlich tief blicken.

Jones hatte in den drei Jahren zuvor höchstens angedeutet, wozu er fähig war. Seine Leistungen insgesamt wurden nach einem ordentlichen Rookie-Jahr stetig schlechter, was gut an seinem Total QBR abzulesen war. Und so wurde 2022 zu einem Do-or-Die-Jahr für den 25-Jährigen.

New York Giants: Daniel Jones - Statistiken in der NFL

SaisonSpielePassquoteYardsTouchdownsInterceptionsQBR
20191361,93027241255,7
20201462,52943111054,0
20211164,324287741,5
20221667,2320515560,6

Die große Hoffnung war stets, dass Daboll auf Jones einen ähnlichen Effekt haben könnte, wie er ihn auf Josh Allen in Buffalo hatte, bei dessen beeindruckendem Aufstieg vor ein paar Jahren.

Der größte Unterschied war allerdings, dass Daboll die Entwicklung von Allen übernahm, als der in sein zweites Jahr ging. Jones hatte schon drei Jahre hinter sich, was in der Regel zu spät für eine grundlegende Veränderung eines Quarterbacks ist. Und umso bemerkenswerter ist, was Daboll und sein Coaching Staff bis hierhin geschafft haben.

2022 sah Career-Highs für Jones in puncto Passquote, Passing Yards, Interception-Quote, Total QBR und Average Net Yards per Attempt. Zudem war 2022 auch Jones' mit Abstand beste Rushing-Saison in seiner Karriere: 708 Yards und 7 Touchdowns.

Und Letzteres dürfte auch der Schlüssel für Jones' positive Entwicklung sein, denn Daboll ist der erste NFL-Coach von Jones, der dessen athletische Fähigkeiten wirklich gezielt eingesetzt hat.

New York Giants: Daboll dritter Head Coach für Jones

Unter anderem hatte Jones bereits drei verschiedene Head Coaches: Pat Shurmer, Joe Judge und nun eben Daboll. Und vor dieser Spielzeit lag die Offense der Giants brach, Jones war im Grunde ein Pocket-Passer, der gelegentlich mal per Scramble auf dem Boden erfolgreich war - wenn er nicht gerade einen Fumble verlor. Auch das ist weniger geworden: Jones leistete sich nur 6 Fumbles in dieser Saison - in den vorangegangenen drei Jahren waren es 36!

Wie nicht zuletzt der Auftritt gegen Minnesota zeigte, ist das Run Game nun ein wichtiger Bestandteil von Jones' Spiel. Er wird durch designte Runs genauso eingebunden wie durch RPOs. Und natürlich sind auch Scrambles immer noch ein Part des Spiels, sie sind sogar erwünscht und sorgen bei den Gegnern für sehr viel Respekt, weil man dafür naturgemäß nicht planen kann.

Nick Sirianni, Head Coach des kommenden Gegners Philadelphia Eagles (So., 2.15 Uhr live auf DAZN), zollte Jones unter der Woche großen Respekt, als er dessen Running-Qualitäten mit jenen seines Quarterbacks verglich: "Das Gute ist, dass unsere Defense viele Reps gegen einen wie Hurts hatte, denn Daniel Jones ist gefährlich in der Pocket und wenn er diese verlässt. Er spielt wirklich guten Football. Er wird immer besser. Hut ab für ihn und den Coaching Staff, der das ermöglicht hat."

Was Sirianni beschrieb, war auch einer der Schlüssel beim Sieg über die Vikings. Denn wie er andeutete, war Jones nicht nur außerhalb der Pocket gefährlich, sondern auch innerhalb, im Passspiel. Jones warf in Minneapolis für 301 Yards. Es war erst das dritte Mal in dieser Saison, dass er die 300-Yard-Marke durchbrach. Und es kam genau zur rechten Zeit.

Dass Jones darüber hinaus auch mit 78 Yards der Rushing-Leader seines Teams war und selbst für 6 First Downs auf dem Boden sorgte, war ein wichtiger Bestandteil der Gesamtvorstellung. Doch die Tatsache, dass die Giants als Running Team begannen und dann irgendwann den Schalter umlegten und zum Passing Team wurden, dürfte den Vikings, die eine der schlechtesten Pass-Defenses der NFL stellten, besonders zugesetzt haben.

Daniel Jones nahm eine positive Entwicklung unter Head Coach Brian Daboll.getty

New York Giants: Head Coach Daboll spielt auf Sieg

Es ist generell diese Variabilität, die die diesjährige Version der Giants so besonders macht. Daboll - und Offensive Coordinator und Play-Caller Mike Kafka - spielt auf Sieg und nutzt dafür alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel. Dabei tritt er mutiger auf als viele andere. Gegen die Vikings ließ er zwei vierte Versuche ausspielen. Und diese Tendenzen zeigte er bereits in Woche 1 der Regular Season, als man die Titans per Two-Point Conversion ganz am Ende besiegte.

An dieser Stelle sei allerdings erwähnt, dass gerade in Sachen 4th-Down-Go-Rate bei Daboll und den Giants noch viel Luft nach oben ist. Die Giants belegen hier nur Rang 28 der Liga - und liegen sogar noch hinter Dabolls früheren Team, den Patriots.

Daboll führte die Giants erstmals seit 2016 wieder in die Playoffs und nun auch zu ihrem ersten Sieg in der Postseason seit Super Bowl XLVI im Jahr 2012. Er könnte der erste langfristige Coach dieses Teams seit der Ära Tom Coughlin (2004-2015) sein und lange fehlende Stabilität in die Organisation zurückbringen.

Und er tat dies mit einem der wohl schlechtesten Receiving Corps der NFL. Sinnbild dafür ist Isaiah Hodgins, der gegen Minnesota mit 105 Yards und einem Touchdown glänzte. Er kam erst in der zweiten Saisonhälfte per Waiver Wire von den Bills nach New Jersey und sah die viertmeisten Targets des Teams. Die drittmeisten entfielen im Übrigen auf Ex-Niners-Backup und Special Teamer Richie James, während der eigentlich fast schon aussortierte Darius Slayton die meisten Targets aller Wide Receiver sah.

New York Giants: Receiving Yards, Leader 2022

SpielerSpieleTargetsReceptionsYardsTouchdowns
Saquon Barkley (RB)1676573380
Darius Slayton (WR)1671467242
Richie James (WR)1770575694
Isaiah Hodgins842333514
Daniel Bellinger (TE)1235302682

Verletzungen und Formschwankungen waren durch die gesamte Saison hinweg ein großes Problem für die Giants, doch die kreativen Offensiv-Ansätze sorgten dafür, dass all dies am Ende kein Hindernis war. Und das vor allem, weil es unter Daboll nicht nur einen Weg zum Sieg gibt. Waren die Giants in der ersten Saisonhälfte hauptsächlich ein Rushing Team, ging zuletzt die Tendenz mehr durch die Luft.

Abzulesen ist dies vor allem an Saquon Barkley, der unterm Strich seine beste Saison seit mindestens 2019 gespielt hat. Er begann das Jahr mit rund 22 Carries pro Spiel. Zuletzt waren es neun. Nicht, weil er schlechter wurde - Verletzungen spielten sicherlich in der zweiten Saisonhälfte eine Rolle - sondern vielmehr weil Teams begannen, sich mehr auf ihn und sein Spiel einzuschießen. Das öffnete Räume für Jones und sein Passspiel.

Sicherlich hatten die Giants in dieser Saison ein ums andere Mal Glück in engen Spielen. Doch erzwangen sie jenes auch mit ihrer konsequenten Art. Und das ist in erster Linie Daboll zu verdanken. Und Daniel Jones, der unter dem neuen Regime hart an sich gearbeitet und die ihm gestellten Herausforderungen gemeistert hat.

Das soll einem Bericht von Tyler Dunne von Go Long zufolge bereits in den Offseason-Trainings begonnen haben. Demnach habe Daboll versucht, Jones' Belastbarkeit zu testen, indem er absichtlich schwierige Spielzüge ansagte und diese Defensive Coordinator Wink Martindale zuvor verriet. Als dann Backup Tyrod Taylor übernahm, bekam der hingegen einfache Spielzüge und die Defense wurde nicht im Vorfeld informiert. Und offenbar bestand Jones diesen Test.

New York Giants: Daniel Jones der Quarterback der Zukunft?

Die zentrale Frage für die Zukunft der Giants war vor dieser Saison, ob Daniel Jones die Antwort auf die Quarterback-Frage sein kann. Nun wissen wir, dass er zumindest die kurzfristige Antwort sein wird. Die Giants werden ihm voraussichtlich den Franchise Tag geben - sollen aber auf Wunsch von Daboll und auch GM Schoen an einer langfristigen Partnerschaft interessiert sein.

Am Ende bezahlen die Giants dann in dieser Personalie rund zehn Millionen Dollar mehr im Vergleich dazu, was Jones mit seiner Fifth-Year-Option im kommenden Jahr verdient hätte. Ein überschaubarer Preis, wenn man bedenkt, wie wichtig die QB-Position ist.

Gegen die Eagles sind die Giants klarer Außenseiter, doch selbst wenn sie dieses Spiel verlieren, war die Saison ein voller Erfolg und der Grundstein für eine vielversprechende Zukunft. Und wenn es doch zur nächsten Sensation kommt, wäre wohl auch keiner allzu überrascht.