NFL: Dafür kam Tom Brady zurück? Ein Blick auf die desaströse Saison der Tampa Bay Buccaneers

Marcus Blumberg
17. Januar 202309:32
SPOXgetty
Werbung

Die Tampa Bay Buccaneers sind nach einer 14:31-Klatsche gegen die Dallas Cowboys in der ersten Runde der Playoffs ausgeschieden. Es war eine Vorstellung, die viele Fragezeichen zurücklässt - und die Zukunft von Quarterback Tom Brady ist nicht mal das größte.

War dies das letzte Spiel in der beispiellosen Karriere von Quarterback-Legende Tom Brady? Kurzum: Ich weiß es nicht! Brady selbst weiß das offenbar auch nicht, wenn man seinen Aussagen gegenüber den ESPN-Kommentatoren Joe Buck und Troy Aikman Glauben schenken darf. Und somit beginnt mal wieder eine Offseason, in der diese Personalie rauf und runter diskutiert wird.

Brady wird im Sommer 46 und ist ab März ein zweites Mal in seiner Karriere Free Agent. Zur Erinnerung: Vor ungefähr einem Jahr hatte er bereits einmal seine Karriere beendet, nur um wenige Wochen später einen Rückzieher zu machen.

Unterm Strich darf man nun schon die Frage stellen, ob das die richtige Entscheidung war. Der Preis, den er bezahlt hat, war extrem hoch, wenn man sich sein Privatleben anschaut. Doch auch sportlich muss man sich fragen, ob sich diese weitere Saison in Tampa Bay wirklich gelohnt hat. Die Bucs waren 8-9 - Brady hatte nie zuvor mehr als sieben Spiele in einer Saison verloren und das war 2002, seine zweite Saison als Starter. Ganz am Ende stand seine zweithöchste Playoff-Pleite (2009 verlor er mit 19 Punkten Rückstand gegen die Ravens). War es das für den GOAT? Wird er wirklich so abtreten? Mit einer trostlosen Playoff-Pleite in der Wildcard Round? Endet so tatsächlich die größte Karriere in der Geschichte dieses Sports?

Tom Brady: Seine höchsten Playoff-Niederlagen

SaisonRundeGegnerErgebnis
2009Wildcard RoundRavens14:33
2022Wildcard RoundCowboys14:31
2012Championship GameRavens13:28
2005Divisional Round@ Broncos13:27
2013Championship Game@ Broncos16:26

Joe Buck, der am Sonntag noch mit Brady sprach, jedenfalls hatte dies im SportsCenter nach dem Spiel zu sagen: "Leute in der Liga glauben, dass er für ein weiteres Jahr zurückkommt. Ob das nun mit Tampa Bay oder einer anderen Organisation ist, weiß keiner. Ich glaube ihm jedoch, dass er selbst noch nicht weiß, ob er zurückkommt."

Gerüchten zufolge sollen jedoch mindestens drei andere Teams am GOAT interessiert sein. Genannt werden immer wieder die Las Vegas Raiders mit seinem langjährigen Weggefährten Josh McDaniels, sein Kindheitsteam San Francisco 49ers und auch die Miami Dolphins könnten nochmal einen Anlauf starten, dieses Mal sogar auf legalem Wege - und das, obwohl es erst am Wochenende ein Treuebekenntnis von General Manager Chris Grier zu Tua Tagovailoa gab ...

Tom Brady könnte sein letztes Spiel für die Buccaneers bestritten haben.getty

Tampa Bay Buccaneers: Hat sich Tom Brady verabschiedet?

Brady jedenfalls bedankte sich auf der Pressekonferenz nach dem Spiel bei den versammelten Pressevertretern und der Organisation und klang wie jemand, der vermutlich schon einen Fuß aus der Tür hat. Der Schlüsselsatz: "Ich liebe diese Organisation. Es ist ein großartiger Ort. Ich bedanke mich bei allen, die mich willkommen geheißen haben."

Doch ob Brady nun bleibt oder nicht, ist angesichts der gezeigten Leistungen in dieser Saison nicht mal das größte Fragezeichen für die Buccaneers in den kommenden Wochen und Monaten. Die Buccaneers haben eine in einigen Belangen sogar historisch schlechte Saison hingelegt.

Das Monday-Night-Wildcard-Game unterstrich dabei eigentlich alle schlechten Tendenzen dieses Teams. Heraus stach sicherlich die Statistik, dass die Bucs nur fünf Prozent (3/59) ihrer 3rd&10+-Situationen erfolgreich verwandelt haben. Das ist der schlechteste Wert seit Beginn der Datenerfassung 1980. Und es wird nicht besser, wenn man es nach dem etwas weiter gefassten "3rd&Long" (ab 7 Yards) betrachtet. Diese Offense war historisch schlecht und lebte im Grunde permanent in diesen 3rd&Long-Situationen, so auch gegen Dallas.

Es war das Ergebnis von immer wiederkehrenden Runs in early Downs, die auch dank einer stets angeschlagenen Offensive Line einfach nicht zum Erfolg führten. Wie könnten sie auch? Die Bucs belegten Rang 30 mit -18,6 Prozent DVOA laut Football Outsiders im Run Game. Sie waren nicht in der Lage zu laufen, was Offensive Coordinator Byron Leftwich nicht davon abhielt, stur weiter zur Unzeit zu laufen. Immer und immer wieder.

Und wenn er nicht lief, dann ließ er kurze Pässe via Screens und noch mehr Screens werfen. Diese Offense war einfach extrem berechenbar, hatte kaum Varianten und verstand es viel zu selten, die immer noch hochkarätigen Waffen im Receiving Corps in Position zu bringen, um Erfolg zu haben. Beispielhaft dafür ist, dass man zwar äußerst effizient war, wenn es über Play Action ging, jedoch so gut wie nie auf Play Action setzte, weil Leftwich der Überzeugung ist, dass PA nur nach erfolgreichen Runs funktioniert - #EstablishTheRun.

Tampa Bay Buccaneers: Das Problem Byron Leftwich

Erst als die Bucs auf ihre Two-Minute-Offense setzten, was sie gegen Dallas viel zu spät taten, wurde es besser. Also erst, als Leftwich die Plays nicht mehr ansagte und es dem Quarterback auf dem Feld überließ. Diese Tendenz ist auch keine neue in dieser Saison. Und damit ist alles zu Leftwich gesagt.

Erschwerend kam hinzu, dass der neue Head Coach Todd Bowles einfach viel zu oft zu passiv oder schlichtweg überfordert wirkte. Dass seine Zeit bei den Jets am Ende eine Enttäuschung war, konnte man noch an den dortigen Verhältnissen insgesamt festmachen. Doch was ist nun die Ausrede? Auch mit vielen Verletzungen war dies immer noch einer der besten Kader in der NFL. Ein Fakt, den man anhand der gezeigten Leistungen und Ergebnisse durchaus übersehen könnte - sie haben die lachhaft schlechte NFC South mit einer negativen Bilanz gewonnen!

Viel zu oft sahen wir Situationen, in denen ein guter Head Coach andere Entscheidungen getroffen hätte. Am Montag etwa darf man bei 0:12-Rückstand vor der Pause einfach nicht nahe der Mittellinie bei 4th&3 punten. Hat man in Tampa keine Analytics-Abteilung? Oder versteht man das Konzept, auf Sieg zu spielen und dem offensiv starken Gegner einfach nicht mit genügend Zeit auf der Uhr nochmal den Ball zu geben, einfach nicht?

Dass seine Defense am Ende auch keinerlei Antworten auf die Cowboys hatte, spricht ebenfalls nicht für den ausgewiesenen Defensiv-Guru Bowles. Bislang darf man mit Fug und Recht behaupten, dass es Bowles nicht gelungen ist, aus dem langen Schatten von Vorgänger Bruce Arians herauszutreten.

Tampa Bay Buccaneers vor ungewisser Zukunft

Mehr noch: Man kann durchaus argumentieren, dass Arians in den entscheidenden Momenten schmerzlich vermisst wurde. Schon während der Saison war zu hören, dass Arians zwar Leftwch - und Brady - immer viel Spielraum gelassen hat im Play Calling und Game Planning, jedoch immer auch der war, der irgendwann dazwischen ging und richtig schlechten Ideen einen Riegel vorschob. Diese Kontrollinstanz hat gefehlt.

Die Bucs stehen nun vor einer ungewissen Offseason. Brady könnte - auf welchem Wege auch immer - weg sein. Und ohne ihn gibt es nur zwei Wege, voranzuschreiten: Rebuild oder die Akquise eines weiteren Veteran-QBs, wobei dieses Jahr womöglich dafür ein gutes sein könnte.

Doch wird man auch im Coaching Staff Veränderungen vornehmen und sich eingestehen, dass es wie bisher eigentlich nicht weitergehen kann? Gerüchten zufolge wird Bowles zurückkehren, die Zukunft von Leftwich jedoch erscheint nicht erst seit dem Dallas-Spiel unsicherer denn je.