Die Free Agency wirft ihre Schatten voraus und bietet den Teams der NFL alle Jahre wieder die Chance, sich auf allen möglichen Positionen mit erfahrenen Spielern zu verstärken. Eine Position, die in diesem Jahr - das gilt übrigens auch für den Draft - nicht ganz so tief besetzt ist, ist Wide Receiver.
Bereits in der Liste der Top-30-Free-Agents von SPOX taucht nur ein solcher auf. Die Rede ist von Jakobi Meyers, der damit gewissermaßen zum Einäugigen unter den Blinden wird, wenn man es drastisch ausdrücken mag.
Meyers ist keineswegs ein schlechter Spieler. Der Undrafted Free Agent des Jahres 2019 ist sicherlich zu Recht der beste Wide Receiver auf dem FA-Markt. In seinen vier Jahren in New England hat er sich von der Camp-Überraschung zum vielleicht zuverlässigsten Receiver des Teams entwickelt - und das im Grunde mit dreieinhalb verschiedenen Quarterbacks.
Dreieinhalb? Fairerweise muss man sagen, dass Meyers seine besten Auftritte in seiner Rookie-Saison 2019 in der Preseason mit dem damaligen Rookie-QB Jarrett Stidham hatte. Mit ihm verstand er sich dann deutlich besser als mit Starter Tom Brady, der historisch erwiesen ohnehin so seine Probleme mit Rookie-Receivern hatte.
Dennoch wurde im Lauf der Zeit schnell klar, dass Meyers eigentlich der ideale Receiver für die Patriots ist. Er trat gewissermaßen in die Fußstapfen von Leuten wie Troy Brown, Wes Welker und nicht zuletzt Julian Edelman. Meyers ist sogar auch außerhalb seiner Receiver-Rolle so etwas wie eine Light-Version von Edelman, denn auch er war auf dem College noch eine Zeitlang als Quarterback aktiv, ehe er auf Wide Receiver umschulte.
Jakobi Meyers: Julian Edelman Light
Wie Edelman gibt ihm das den Vorteil, das Spiel besser zu verstehen, als herkömmliche Receiver das gerade früh in ihren Karrieren tun. Zudem versteht er es wie einst "Squirrel", immer wieder gegen Man Coverage offen zu sein. Kein anderer Receiver dieser FA-Klasse ist darn so effizient wie Meyers.
Schaut man sich Meyers' Statistiken über die vergangenen drei Jahre an, in denen er Starter war, dann sieht man in erster Linie Konstanz auf gutem Niveau. Während er zu Beginn seiner Karriere noch in fast 40 Prozent seiner Snaps außen aufgestellt war, fand man ihn 2022 in fast 70 Prozent der Snaps im Slot, der höchste Wert seiner Karriere.
Dennoch ist er nicht der klassische Slot-Receiver, der besonders für kurze Pässe über die Mitte genutzt wird. Seine durchschnittliche Target-Tiefe lag in der abgelaufenen Saison bei über 10 Yards.
Und seine 1,90 Yards pro gelaufener Route waren die zweitmeisten seiner Karriere - 2020 kam er auf 2,24, war damals aber eben auch seltener im Slot anzutreffen. 1,90 Yards pro gelaufener Route sind im Übrigen auch der beste Wert aller Free-Agent-Receiver. Gleiches gilt für seine PFF-Receiving-Grade von 75,8 (beides unter Receivern mit mindestens 50 Prozent der Offensiv-Snaps ihres Teams).
Mit einem Passer Rating von 119,6 Yards auf Pässe in seine Richtung belegt er sogar Rang 4 der NFL, zudem waren seine 6 Touchdown-Catches ein Career High für ihn. Meyers und Touchdowns sind allerdings ohnehin eine kuriose Geschichte, denn bevor er 2021 endlich seinen ersten Touchdown-Pass in der NFL in Woche 10 gegen Cleveland gefangen hatte, waren dem früheren QB 2020 sogar zwei Touchdown-Pässe gelungen.
Jakobi Meyers: Statistiken und Grades 2022
Statistik | Wert | Liga-Rang | Rang FA-WR |
PFF Receiving Grade | 75,8 | 26. | 1. |
Yards/Route Run | 1,90 | 22. | 1. |
Passer Rating in seine Richtung | 119,6 | 4. | 1. |
Meyers ist zweifelsohne der verlässlichste Free-Agent-Wide-Receiver in diesem Jahr. In Sachen Potenzial könnte ihn Michael Thomas überflügeln, sollten ihn die Saints tatsächlich entlassen. Doch der spielte zuletzt 2019 eine volle Saison und absolvierte seither ganze zehn Spiele in der NFL nach diversen Verletzungen.
Doch warum genau gehen wir nun davon aus, dass Meyers angesichts seines Standings und seiner guten Rolle, die er trotz zuletzt widriger Umstände in New England gespielt hatte, tatsächlich auf den Markt kommt?
Es ist nicht so, dass irgendein Receiver der Patriots besser gewesen wäre. Im Gegenteil - lediglich Rookie-Allzweckwaffe Marcus Jones hatte in sehr limitierter Spielzeit (14 Pass-Snaps) eine höhere Receiving Grade (90,2) laut PFF. Und einen offensichtlichen Ersatz haben die Patriots auch nicht im Kader - sie könnten immerhin Kendrick Bourne oder Nelson Agholor in den Slot stellen, wo sie gelegentlich anzutreffen waren. Und dennoch darf man Zweifel an einem Verbleib des Eigengewächses anmelden.
Hauptgrund dafür ist der schwierige Markt. Meyers sticht heraus. Und er ist durchaus vergleichbar mit Christian Kirk, der im Vorjahr nach einem ähnlichen Walk Year 72 Millionen Dollar über vier Jahre auf dem freien Markt kassiert hat.
Diese 18 Millionen Dollar pro Jahr scheinen nun die Benchmark für Meyers zu sein, zumal der Cap merklich angestiegen ist. Der Franchise Tag für einen Wide Receiver kostet in diesem Jahr rund 19,7 Millionen Dollar und scheint damit ausgeschlossen, da die Patriots einige andere Baustellen zu beackern haben und Bill Belichick generell nicht dafür bekannt ist, deutlich über Marktwert zu zahlen - selbst Marktwert sieht man hier selten.
Vergleich: Jakobi Meyers und Christian Kirk im letzten Vertragsjahr
Jakobi Meyers (2022) | Statistik | Christian Kirk (2021) |
67/96 | Receptions/Targets | 77/103 |
804 | Yards | 982 |
6 | Touchdowns | 5 |
119,6 | Passer Rating in seine Richtung | 114,5 |
75,8 | PFF Receiving Grad | 72,7 |
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Und so scheint ein Abgang Meyers' nach vier Jahren New England nur eine Frage der Zeit zu sein.
Gleichzeitig aber ist seine Situation auch Sinnbild für den Markt insgesamt. Wenn er - wie gesagt, er ist sehr zuverlässig, wenn auch kein spektakulärer Spieler - der eindeutige Top-Spieler seiner Position ist, dann müssen sich Teams womöglich anderweitig orientieren, wenn sie sich gerade im Receiving Corps verstärken wollen.
Der Trade-Markt ist die naheliegende Anlaufstelle. Das Vorjahr war hierfür ein extremes Beispiel mit Trades für Star-Receiver Tyreek Hill, A.J. Brown oder Davante Adams. All diese bekamen nach teuren Trades zudem noch hochdotierte neue Verträge.
In diesem Jahr könnten Namen wie DeAndre Hopkins oder Tee Higgins folgen. Oder man hofft auf einen Glücksgriff im Draft, was aber seine eigenen Risiken birgt.
Letztlich ist Jakobi Meyers die mutmaßlich beste Wide-Receiver-Option, die man mit Geld in diesem Frühjahr kaufen kann. Das wird seinen Markt prägen - und aus Patriots-Sicht könnte es ihn über die finanzielle Schmerzgrenze pushen.