NFL, Week 10 - Gewinner: Field-Goal-Kicker
Wer möchte, kann herrlich darüber streiten, ob und warum Field Goals überhaupt etwas im Football-Kosmos zu suchen haben. Also wenn man mal länger darüber nachdenkt. Wie ging das eigentlich los?
"Also, vierter Versuch und 14, das wird jetzt eng mit einem Touchdown. Fällt uns noch eine Alternative ein?"
"Hm ... hey, ich habe zufällig noch zwei 14 Meter hohe Stimmgabeln in der Scheune stehen. Lass die mal gelb anmalen und jeweils ans Ende der Endzonen stecken. Und da kickt man dann oben durch!"
"Grandios! So machen wir es!"
Wie dem auch sei: Field Goals sorgen gerade am Ende eines Spiels für jede Menge Dramatik, der Kicker wird entweder zum Helden oder ist die ärmste Sau der Stadt. Week 10 wird man sich in der Kicker-Community mit Sicherheit rot im Kalender markieren, aber aus positiven Gründen: Unglaubliche sechs "Walk-off-Kicks" gab es am Wochenende, also Field Goals mit ablaufender Uhr im vierten Viertel. Das ist neuer Rekord.
- Ryley Patterson für die Lions (41:38 gegen die Chargers)
- Matt Prater für die Cardinals (25:23 gegen die Falcons)
- Matt Ammendola für die Texans (30:27 gegen die Bengals)
- Dustin Hopkins für die Browns (33:31 gegen die Ravens)
- Jason Myers für die Seahawks (29:26 gegen die Commanders
- Will Lutz für die Broncos (24:22 gegen die Bills)
Merke: Dreimal war der Druck besonders hoch, schließlich ging es nicht nur darum, die Overtime zu vermeiden. Dass Lutz sein Field Goal erst im zweiten Versuch verwandeln konnte, ist da nur ein kleiner Schönheitsfehler. Ebenso die Tatsache, dass Hopkins vor seinem Game-Winning-Kick einen PAT verballert hatte.
Hopkins hatte dafür aber das Zitat des Tages parat: "Ich fühle mich ein bisschen wie ein Feuerteufel, der dafür gelobt wird, dass er den von sich selbst gelegten Brand löschen darf." Mensch, jetzt lass dich doch mal feiern! Auf drei, alle singen mit. Hurra!
NFL, Week 10 - Verlierer: New England Patriots
Man könnte sich jetzt auf Quarterback Mac Jones einschießen, der am Sonntag in Frankfurt in der Schlussphase eine derart hanebüchene Interception warf, dass ihn Coach Bill Belichick vor dem letzten Drive aus dem Spiel nahm - wie soll er jetzt noch als Starter durchgehen? Oder auf seinen Ersatzmann Bailey Zappe, der den Pass nach seinem Fake Spike in ein "Team Meeting der Colts" (Zitat Jason McCourty) schleuderte. Alternativ Cornerback Jack Jones, der am Montag nach schlechtem Verhalten entlassen wurde - obwohl das Team zu ihm gestanden hatte, als er im Juni am Flughafen in Boston mit zwei Schusswaffen im Gepäck erwischt worden war.
Oder aber auf Head Coach Bill Belichick, der so langsam nur noch von seinem großen Namen zu zehren scheint. Draft, Free Agency, die Assistant Coaches, das In-Game-Management: Überall gibt es eine Menge zu kritisieren. Resultat: New England ist so schlecht wie seit über 20 Jahren nicht mehr.
Es gibt mittlerweile sogar Spekulationen darüber, ob Besitzer Bob Kraft ihn in der anstehenden Bye Week entlassen könnte. Daran glaube ich nicht, in dieser Saison gibt es schließlich für die Pats nichts mehr zu gewinnen. In der Offseason müssen aber die ganz großen Besen her.
NFL, Week 10 - Comeback der Woche: Kyler Murray (QB, Cardinals)
335 Tage nach seinem Kreuzbandriss im "Monday Night Football"-Spiel gegen die Patriots feierte Kyler Murray endlich sein Comeback. Arizonas Saison ist längst gelaufen, so haben die Fans immerhin doch noch etwas zu feiern. Zumal Murray prompt seine "magischen" Fähigkeiten zeigen konnte (Zitat James Conner), ganz besonders bei seinem 13-Yard-Lauf vor dem Field Goal zum Sieg: Es gibt nicht viele NFL-Quarterbacks, die einen derartigen Scramble hinlegen können.
"Ich will einfach nur gewinnen", erklärte der Rückkehrer anschließend. "Es wäre ein beschissener Abend gewesen, wenn wir verloren hätten - die ganze Aufregung wäre umsonst gewesen. Deshalb bin ich einfach froh für das Team." Das Happy End gegen die Falcons überdeckt nicht die vielen Probleme des Teams, ebenso wenig die Schwächen in Murrays Spiel: Trotz seines teuren Vertrags ist fraglich, ob er wirklich die Zukunft auf der QB-Position sein kann. Zumindest an diesem Sonntag war die Stimmung bei den Redbirds aber mal wieder richtig gut.
NFL, Week 10 - Achterbahn der Woche: Jameis Winston (QB, Saints)
Jameis Winston als Quarterback ist ein bisschen wie der "Silver Star" auf dem Europa Park: Manchmal reißt man verzückt die Arme in die Höhe und genießt die Aussicht - und manchmal geht es steil abwärts und man ist sich nicht sicher, ob der Mageninhalt gleich hallo sagt. Will sagen: Mit Jameis wird es nie langweilig!
Schaut Euch nur diesen Touchdown an. Der Wurf ist total Banane - aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Wobei: Wer zu viel wagt, der wirft eben auch solche Interceptions. Nicht umsonst wurde Jameis in der Saison 2019 der erste Quarterback überhaupt, der in einer Spielzeit 30 Touchdowns UND 30 Interceptions verzeichnete. Beim 19:27 gegen die Vikings waren es am Sonntag jeweils zwei in nicht einmal einer vollen Halbzeit. Sollte Starter Derek Carr nicht rechtzeitig fit werden, dürfen wir uns am Sonntag in Atlanta auf die nächste Fahrt auf dem Winston-Express freuen.
NFL, Week 10 - Gewinner: Brock Purdy (QB, 49ers)
Nach mehreren schwachen Wochen, in denen Niners-Quarterback Brock Purdy viel Kritik einstecken musste, ist es nur recht und billig, wenn es diesmal ein bisschen Lob gibt. 19/26 für 296 Yards und drei Touchdowns ohne einen einzigen Ballverlust gegen Jacksonville sind aller Ehren wert. Mit der MVP-Diskussion hat Purdy längst nichts mehr zu tun, aber er weist mittlerweile wieder das beste Quarterback Rating (109.9) und QBR (76.4) der Liga auf.
Der Touchdown-Pass auf George Kittle? Ein absolutes Highlight und ein richtig schwerer Wurf, der perfekt in den Armen des Tight Ends landete. Auch der Touchdown-Pass auf Brandon Aiyuk war spektakulär, wenngleich extrem risikoreich. "Jetzt kann ich es ja sagen: Das war eine seiner schlechtesten Entscheidungen, seit er hier ist", kritisierte Head Coach Kyle Shanahan. "Da hatte er Glück."
Mit Glück hatte der deutliche 34:3-Erfolg über die Jaguars nichts zu tun, so viel ist sicher. Mit Aiyuk und Trent Williams zurück im Lineup sind die Niners weiterhin eine Macht, die Bye Week zur Vorbereitung half natürlich auch. Nächste Woche kommt Tampa Bay, danach warten mit Auswärtsspielen in Seattle und Philadelphia die wahren Tests.
NFL, Week 10 - Verlierer: Buffalo Bills
"Ich bin immer noch zuversichtlich, aber die Zeit läuft uns davon, das ist kein Geheimnis. Wir können uns keine Fehler mehr erlauben", forderte Quarterback Josh Allen, nachdem die Bills ihr Heimspiel gegen die Denver Broncos in der Schlussphase auf geradezu spektakuläre Art und Weise versiebt hatten. Der Blick in den Spiegel könnte helfen, nach dem sechsten Spiel mit mindestens einer Interception: So schlecht war Allen seit seiner Rookie-Saison 2018 nicht mehr. Schon elf Picks in diesem Jahr, kein anderer Quarterback hat mehr.
In der brutal harten AFC - nur die Patriots (2-8) und Titans (3-6) sind mehr oder minder aus dem Playoff-Rennen - sind die Bills mit ihrer ausgeglichenen Bilanz aktuell auf den zehnten Platz abgerutscht. Das zweitbeste Point Differential (+78) zeigt: Auf hohe Siege folgen regelmäßig knappe Pleiten.
Was auf keinen Fall hilfreich ist: Nebenkriegsschauplätze auf Twitter. "Mann, die Nummer 14 muss da weg", postete Cowboys-Cornerback Trevon Diggs über seinen Bruder Stefon, Bills-Receiver und eigentliches Lieblingsziel von Josh Allen. Das könnte einen Anpfiff für Trevon vom großen Bruder geben - oder sind sie sich da sogar einig?
NFL Week 10 - Muttersöhnchen der Woche: Tommy DeVito (QB, Giants)
Eigentlich ist es ja fast schon eine "Vom Tellerwäscher zum Millionär"-Story: Tommy DeVito weiß nach einer College-Karriere bei Syracuse und Illinois nicht, ob er es überhaupt in die NFL schaffen wird. Dann unterschreibt er im April 2023 ausgerechnet bei den New York Giants - das Elternhaus liegt gerade mal neun Meilen vom Stadion in New Jersey entfernt. Und vom Practice Squad steigt er nach den Verletzungen von Daniel Jones (Kreuzbandriss) und Tyrod Taylor zum Starter der G-Men auf.
Verständlich, dass er angesichts der Umstände bei Mama und Papa lebt, zumal er ja auch noch keine Millionen scheffelt. Nur: Muss man das in einem Interview so verpacken? Wir zitieren den 25-Jährigen gegenüber ESPN:
"Das war ein No-Brainer. [...] Ich muss mir keine Sorgen über die Wäsche machen, als Abendessen warten Hähnchenschnitzel und alles auf mich, wenn ich nach Hause komme. Meine Mutter macht immer noch mein Bett, alles wird mir abgenommen."
Okay, das Leben als Rookie-Quarterback ist mit Sicherheit ein sehr stressiges. Aber diese Zitate werden DeVito - er trägt den Namen von Joe Pescis Charakter in GoodFellas! - noch lange verfolgen, dafür muss man kein Prophet sein. Zumal er, das kommt noch dazu, bisher richtig schlecht ist. Gegen die Cowboys lagen die Giants zwischenzeitlich mit 7:35 im dritten Viertel zurück. Zu diesem Zeitpunkt stand DeVito bei 6/12 für 42 Yards. Vor dem Pass Rush kann ihn seine Mutter eben nicht beschützen.
NFL Week 10 - Statistik der Woche: New York Jets
Grüße an Peter King, der diese Statistik in seiner Football-Kolumne für NBC Sports untergebracht hat - sie ist zu gut, um sie Euch vorzuenthalten:
- In den letzten vier Spielen gegen die Raiders, Chargers, Giants und Eagles und den letzten 20 Minuten gegen die Broncos hatte die Offense der New York Jets 55-mal den Ball.
- In diesen 55 Drives wurden genau zwei Touchdowns erzielt.
- Diese beiden Touchdown-Drives waren jeweils nur ein Play: Ein 8-Yard-Run gegen Philly, den die Eagles aus strategischen Gründen zum Spielende hin nicht mehr verteidigten, und ein 50-Yard-Pass gegen die Giants.
- In den übrigen 53 Drives gelang den Jets kein einziger TD.
Es muss wohl auch daran, liegen, dass die beiden Spiele gegen die Eagles und Giants tatsächlich gewonnen wurden, aber ein Quarterback-Wechsel ist bei den Jets (4-5) weiterhin kein Thema, schließlich spiele Zach Wilson "tatsächlich ziemlich gut". So sprach es Head Coach Robert Saleh am Montag. Wow. Aaron Rodgers kann offensichtlich gar nicht schnell genug zurückkommen.
NFL Week 10 - Glücksmoment der Woche: Robert Spillane (Linebacker, Raiders)
Friede, Freude, Eierkuchen im Hause Spillane: Der 27 Jahre alte Linebacker hatte im Sunday Night Game gerade erst eine Interception von Jets-Quarterback Zach Wilson gepflückt, um den 16:12-Sieg einzusalzen und die Raiders (5-5) im Playoff-Rennen zu halten. Als Matchwinner durfte er anschließend zum TV-Interview - und war außer sich vor Freude. "Meine Frau ist schwanger", strahlte er. "Wir können der Welt da draußen mitteilen, dass meine wunderschöne Frau im Juni unser erstes Kind bekommen wird. Darauf freue ich mich sehr."
Glückwunsch an die Spillanes. Fehlt nur noch, dass die Schwiegermutter vorbeikommt, Hähnchenschnitzel auf den Tisch stellt und die Wäsche aufhängt.
NFL Week 10 - Taylor Swifts Freund der Woche: Travis Kelce
Was hat die Sängerin hier zu suchen, fragt ihr? Nachvollziehbar. Bei den Deutschland-Spielen hat sie sich nicht blicken lassen, und jetzt in Week 10 hatten die Kansas City Chiefs auch noch spielfrei - also keine Swift in der Loge, die Travis Kelce die Daumen drückt.
Aber wenn wir schon bei Glücksmomenten sind, beantworten wir hier noch schnell die Frage, ob Taylor und Travis denn nun wirklich zusammen sind - für alle, die es noch nicht mitbekommen haben: ja. Am Rande eines Konzerts in Argentinien ließ sich die 33-Jährige strategisch dabei filmen, wie sie ihrem Beau einen dicken Knutscher aufdrückte - zum Dank dafür, dass er ihr in seiner spielfreien Woche nachgeflogen war. Hätten wir das auch geklärt. Den besten Spruch dazu hatte NFL-Network-Reporter Ian Rapoport parat: "Zumindest ein Mitglied der Chiefs ist trotz der Bye Week offiziell aktiv."