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NFL: Warum spielen viele Tight Ends aktuell nur eine Nebenrolle?

Von Constantin Eckner
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Tight Ends kommen in der laufenden NFL-Saison in der Offensive immer seltener zum Zug. SPOX sucht nach den Gründen.

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Hier geht es zu den Gewinnern und Verlierern von Week 5

Manch ein Fantasy-Spieler hat ein brutales Wochenende hinter sich: Wer nach produktiven Tight Ends sucht, wurde zuletzt selten fündig. Der drittbeste Tight End nach fünf Spieltagen ist niemand Anderes als Tucker Kraft von den Green Bay Packers. Das sagt schon etwas aus über die Lage der eigentlich so wichtigen Hybridposition. Medial begleitet wird natürlich vor allem Travis Kelce und dessen Lebensgefährtin, aber den langsam alternden Star der Kansas City Chiefs sollte man noch nicht abschreiben. Im Januar ist er bestimmt wieder mehr denn je als Passempfänger zur Stelle.

In Las Vegas wiederum setzen die Raiders zusehends auf Brock Bowers, der das Spiel gegen die Divisionsrivalen Denver Broncos mit einem wunderbaren Touchdown eröffnete. Dass es nicht zum neunten Sieg in Folge für die Raiders gereicht hat, darf man gewiss nicht dem Rookie anlasten. In Anbetracht des nahenden Abgangs von Davante Adams wird Bowers' Wichtigkeit noch weiter wachsen. Er könnte insofern "der nächste Sam LaPorta" werden, welcher in seinem zweiten Jahr in Detroit jedoch noch auf einen Touchdown wartet, nachdem er in der Vorsaison zehnmal in die Endzone kam.

Doch danach wird es schon dünn. Nach Jahren der Dominanz in der Spielfeldmitte haben es die Tight Ends in der laufenden Saison sehr schwer, offensive Akzente zu setzen. Warum?

NFL-Saison 2024: Die statistisch besten Tight Ends nach Week 5

SpielerTeamCatchesYardsTouchdowns
Brock BowersRaiders283131
Dallas GoedertEagles243010
Jake FergusonCowboys222290
Travis KelceChiefs242280
George Kittle49ers232253

In der Saison 2023 knackte mit George Kittle von den San Francisco 49ers nur ein Tight End die Marke von 1.000 Receiving Yards (1.020), aber gleich sieben kamen auf mindestens 800. Rechnet man den bisherigen Saisonverlauf hoch, werden das 2024 gerade mal zwei schaffen.

Generell sollte man zwischen der allgemeinen Erwartungshaltung und der Rolle von Tight Ends unterscheiden. Da Kelce oder auch Kittle - und davor natürlich Rob Gronkowski und davor Tony Gonzalez - zu Stars reiften, wurde wohl zuweilen erwartet, dass Tight Ends mit guten Händen ständig von den Quarterbacks angespielt werden. Dabei ist natürlich die Produktivität zumeist limitiert bzw. bei manchen weitestgehend auf gewisse "Basketball-Plays" in der Redzone beschränkt. Die besten Tight Ends sorgen zudem noch dafür, dass sie in der Mitte zwei Verteidiger binden. So wie es beispielsweise Kelce bei weniger auffälligen Auftritten tut.

Dass die Wichtigkeit eines Tight Ends fluktuieren kann, sehen wir übrigens aktuell bei den Chiefs. Kelce begann die Saison verhalten, doch angesichts der Verletzungsmisere auf den Skill Positions in der Offensive steht er nun wieder mehr denn je im Fokus. Im Monday Night Game gegen die New Orleans Saints hatten die Chiefs - womöglich sogar ein bisschen beeinflusst von der öffentlichen Debatte - mindestens fünf Plays im ersten Quarter so konzipiert, dass Kelce an den Ball kommen sollte. Er verbuchte insgesamt neun gefangene Pässe bei zehn Targets. In der Vorwoche waren es sieben Catches bei neun Pässen in seine Richtung. Einhergehen die gestiegenen Werte mit der schweren Verletzung von Rashee Rice. Sicherlich sprachen nach dem 26:13-Sieg über New Orleans viele über die Wiederauferstehung von JuJu Smith-Schuster, aber auch Kelce musste wieder mehr liefern. Was in dieser Form wohl gar nicht geplant war.

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Tights Ends in der NFL: Veteranen mit limitierten Rollen

Bei anderen Franchises gehen unterdessen die Karrieren von einstmals großen Tight Ends zu Ende. Allen voran ist sicherlich Mark Andrews von den Baltimore Ravens zu nennen, der mittlerweile nur noch die Nummer zwei hinter Isaiah Likely ist. Andrews war jahrelang der Go-to-Guy für Lamar Jackson: Bei ihm schien sich der Ravens-Quarterback am wohlsten zu fühlen, wenn er einen wichtigen Pass über die Mitte anbringen musste. Andrews, erst 29 Jahre alt, wartet bei zwei Starteinsätzen noch auf seinen ersten Touchdown. Sollte seine Rolle limitiert bleiben, ist es nicht ausgeschlossen, dass wir den langjährigen Ravens-Spieler demnächst woanders wiedersehen.

Ähnlich erging es vor einer Weile Zach Ertz, der nach einem kurzen Januar-Intermezzo bei den Detroit Lions nun für die Washington Commanders spielt, wie einst in Arizona unter Führung von Kliff Kingsbury. Ertz ist ein Tight-End-Veteran und wird von QB Jayden Daniels vor allem dann gesucht, wenn es um sichere kurze und mittlere Würfe geht. Für die Big Plays ist er nicht vorgesehen, denn dafür haben die Commanders Terry McLaurin sowie je nach Scheme die Running Backs. Da die Erwartungshaltung gegenüber Ertz überschaubar war, wird auch keiner hinterfragen, ob das aufstrebende Team den eigenen Tight End momentan optimal einsetzt.

Ähnlich verhält es sich erst recht bei Teams, die auf Pro Set Formations (zwei Running Backs) oder 12 oder 13 Personnel (zwei oder drei Tight Ends) setzen. Die Los Angeles Chargers mit Head Coach Jim Harbaugh sind ein Paradebeispiel dafür, dass Tight Ends auch als Vorblockermaschinen genutzt werden können. Die drei Tight Ends der Bolts - Will Dissly, Hayden Hurst und Eric Tomlinson - bringen es bislang auf 15 gefangene Pässe. Da wir ohnehin eine gewisse Renaissance der Running Backs beziehungsweise des Laufspiels erleben und einige Franchises mehr als zuvor auf fundamental soliden Football auf dem Boden setzen, sind einige Tight Ends fast schon als verkappte Fullbacks im Einsatz. Vielleicht ist Taysom Hill bei den Saints auf seine alten Tage dahingehend sogar ein Vorreiter.

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Tights Ends in der NFL: Shootingstar Bowers und Catch-Maschine Goedert

Dann gibt es noch jene Teams, bei denen Tight Ends mehr oder weniger dazu gezwungen sind, eine zentrale Rolle einzunehmen, weil Probleme bei den Wide Receivern existieren. Der bereits erwähnte Brock Bowers ist neben Jacobi Meyers nun das wichtigste Target im Passspiel. Die Raiders verfolgten beim Draft die Strategie, dass sie an Position 13 den Spieler auswählten, der aus ihrer Sicht das stärkste Fähigkeitenprofil für eine offene Schlüsselposition aufweisen konnte. Ein wirklich kompetenter Quarterback war nicht mehr verfügbar, deshalb fiel die Wahl auf den vormaligen Georgia Bulldog.

Während Bowers innerhalb kürzester Zeit in seine Rolle hereingewachsen ist und auch von seinen athletischen Fähigkeiten im offenen Feld profitiert, weil er schon gewisse Wide-Receiver-Züge aufweist, ist in Philadelphia immer wieder Dallas Goedert gefragt. Die Receiver DeVonta Smith und erst recht A.J. Brown standen bislang nicht durchweg zur Verfügung. Folglich hat Goedert mit 24 an der Zahl die meisten Pässe gefangen. Den 29-Jährigen in dieser Form einzusetzen, ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit.

In Minnesota wiederum wartet man auf die Rückkehr von T.J. Hockensen, welcher die ohnehin starke Offensive noch ein Stückchen variabler machen könnte. Hockensen nimmt insofern eine ähnliche Rolle wie LaPorta ein, als dass er nicht der Fokuspunkt sein muss. Doch diesen Luxus haben nicht alle Teams. Manche brauchen dringend einen anspielbaren Tight End. Andere haben diese Option, weil ihnen die Qualität auf dieser Position abgeht. Das Anforderungsprofil ist nämlich verdammt komplex, wie wir in dieser Saison mehr denn je vor Augen geführt bekommen.

NFL Saison 2024: Week 6 im Überblick

DatumHeimmannschaftAuswärtsmannschaft
Fr., 11.10.Seattle SeahawksSan Francisco 49ers
So., 13.10.Chicago BearsJacksonville Jaguars
So., 13.10.Green Bay PackersArizona Cardinals
So., 13.10.Tennessee TitansIndianapolis Colts
So., 13.10.New England PatriotsHouston Texans
So., 13.10.New Orleans SaintsTampa Bay Buccaneers
So., 13.10.Philadelphia EaglesCleveland Browns
So., 13.10.Baltimore RavensWashington Commanders
So., 13.10.Denver BroncosLos Angeles Chargers
So., 13.10.Las Vegas RaidersPittsburgh Steelers
So., 13.10.Dallas CowboysDetroit Lions
So., 13.10.Carolina PanthersAtlanta Falcons
Mo., 14.10.New York GiantsCincinnati Bengals
Di., 15.10.New York JetsBuffalo Bills
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