Rückblick: Stanley-Cup-Playoffs 1950 gegen die Toronto Maple Leafs. Leafs-Kapitän Ted Kennedy erwischte Howe hart, der Youngster, der in dieser Saison gerade zunehmend am durchstarten war, krachte mit dem Kopf gegen die Bande vor der eigenen Bank.
Howe erlitt einen Schädelbruch und musste sofort operiert werden, noch lange erinnerte er sich, dass ihm Dr. Frederic Schreiber damals das Leben gerettet hat. Es war die schwerste Verletzung seiner Karriere und eine von vielen Blessuren, die ihm seine Leidenschaft abverlangte.
Dennoch sollte er mehrere Jahrzehnte später in der Einleitung seiner Biographie schreiben: "Ich war glücklich genug, als Sechsjähriger zum Hockey zu finden. Seitdem sind 80 Jahre vergangen und ich liebe das Spiel noch immer genau so sehr. Wenn ich auf das, was ich erlebt habe, zurückblicke, muss ich noch immer in Ungläubigkeit mit dem Kopf schütteln. Ich hätte nicht glücklicher sein können. Ich wünsche jedem, dass er meine Art des Glücks erleben darf."
"Dafür habe ich gelebt"
Howe wuchs in Saskatoon, mitten im kanadischen Niemandsland der Provinz Saskatchewan auf und erlebte schon als Kind der Great Depression der 1930er, was es bedeutet, mit Rückschlägen und Widerständen klarzukommen. Der Sohn eines Hilfsarbeiters musste schon früh in den Sommerferien seinem Vater auf der Baustelle helfen, damit die Familie gut über den anstehenden Winter kam. Dabei half es, dass er schon in frühen Teenager-Tagen knapp 1,80 Meter groß war.
Doch schon bald dominierte trotz allem das Eishockey das Leben der Familie. An die ersten Annäherungsversuche erinnert sich Howe genau: "Mein Bruder Vern hatte ein Paar Schlittschuhe. Er ist acht Jahre älter als ich und war damals etwa 13. Meine Schwester Edna nahm sich einen Schuh und ich den anderen. Ich war noch so klein, dass ich ihn einfach über meinen Schuh ziehen konnte. Dann sind wir auf die Eisbahn hinten im Garten und sind herumgefahren."
Es dauerte nicht lange, ehe Howe, der schon als Achtjähriger im Verein anfing zu spielen, mit Freunden mehrere Kilometer den zugefrorenen Saskatchewan hochlief, um bei Temperaturen von -20 bis -30 Grad gegen die Jungs aus einem nahe gelegenen Dorf anzutreten. Die Kälte war dabei kein Hindernis: "Man hatte einen Schal über Nase und Mund, und wenn man durchgeatmet hat, wurde es sofort weiß und frostig."
Nach und nach verschrieb er sich komplett dem Sport: "Ich habe es geliebt, Hockey zu spielen. Wenn ich nicht zuhause war und gegessen habe, war ich den kompletten Winter über auf dem Eis. In der Depression gab es kein Geld, um irgendetwas zu unternehmen. Ich denke, wir hatten Glück, dass wir Eis hatten, um darauf zu skaten. Ich habe es immer geliebt, Tore zu schießen und zu gewinnen. Dafür habe ich gelebt."
Früher Abschied aus der Heimat
Lange hielt es Howe daher nicht in der Heimat. Schon als 15-Jähriger verließ er seine Familie, um in der 1944er Saison für die in Ontario ansässigen Jr. A Galt Red Wings zu spielen, nachdem ihn die Detroit Red Wings unter Vertrag genommen und an ihr Farmteam abgegeben hatten. Auch die New York Rangers hatten Interesse gezeigt, doch Howe lehnte dankend ab.
Allerdings verlief auch der Wechsel zu den Red Wings nicht ohne Widerstand: Aufgrund von Transfer-Formalitäten durfte er an den Saisonspielen nicht teilnehmen und lediglich mit dem Team trainieren. Die Schule, die er in Galt eigentlich hätte parallel besuchen sollen, gab er zudem schnell auf.
Am ersten Tag des neuen Schuljahres in der komplett fremden Stadt, ohne Familie und Freunde, realisierte Howe, dass er irgendwie fehl am Platz war. Er schenkte seine Bücher einem anderen Schüler, folgte den Gleisen zu Galt Metal Industries und erhielt sofort einen Job. Wenig später riet ihm sein Supervisor, dass er das Hockey aufgeben und bei der soliden Arbeit bleiben sollte - doch Howe entschied sich anders.
Von Glamour keine Spur
Dabei schien der Fabrikjob, trotz des Vertrags bei den Red Wings, zweifellos als die sicherere Option, denn mit dem Glamour der heutigen NHL hatte Eishockey in den 40ern und 50ern wenig zu tun.
So berichtete Howe einst vom Trainingslager in Detroit 1946, während dem er im Stadion schlief und von herumlaufenden Ratten geweckt wurde. Mitte der 50er, Howe war inzwischen verheiratet und hatte zwei Kinder, musste er mit Ehefrau Colleen jeden Cent zweimal umdrehen, damit sie sich ein neues Auto leisten konnten. Es war die Liebe zum Sport, die Howe antrieb.
Selbst bei der Frauensuche hatte ihm sein Status als Hockeyspieler wenig geholfen. "Ich wusste absolut nichts über Hockey", blickte Colleen einst zurück: "Und ich hatte noch nie von Gordie Howe gehört." Beide trafen sich 1949 auf einer Bowlingbahn, als Colleen gerade 17 Jahre alt war. Vier Jahre später heirateten sie.
Seite 1: Von Glamour keine Spur
Seite 2: Das vermeintliche Ende und ein Wunder nach der Tragödie