NHL

Der König der Pinguine

Mario Lemieux wurde als einziger als Spieler und Eigner NHL-Champion
© getty

Denkt man an Eishockey in Pittsburgh, denkt man vor allem an einen Mann: Mario Lemieux. Die lebende Legende ist vielleicht der einzige Grund, warum die Penguins noch in der Stadt sind. Außerdem beendete er die Sehnsucht einer ganzen Nation und legte den Grundstein für die nächste Generation.

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Der NHL Draft 1984 sollte das Schicksal der finanziell stark angeschlagenen Pittsburgh Penguins für immer verändern. Glanzvoll begann dieses größte Kapitel in der Geschichte der Franchise allerdings nicht. Die Pens hatten den ersten Pick insgesamt und entschieden sich für Center Mario Lemieux, der zuvor in der Quebec Major Junior Hockey League alles in Grund und Boden gespielt hatte. Doch der war nicht der übliche Erstrundendraftpick, der einfach froh war, überhaupt gezogen worden zu sein. Im Gegenteil! Der damals 18-Jährige hatte schon im Vorfeld ergebnislos mit dem Team über seinen Vertrag verhandelt und war nicht zufrieden.

Dennoch zogen ihn die Penguins und er trat aufs Podium im Montreal Forum, wo er von General Manager Eddie Johnston empfangen wurde. Doch auf einen Handschlag wartete dieser vergeblich - nicht mal das Trikot des Teams streifte Lemieux über! "Pittsburgh will mich wohl nicht genug", ließ er im Anschluss verlauten. In der heutigen Zeit wäre dies wohl ein Skandal von besonderem Ausmaß gewesen, gerade in Sachen Social Media. Damals blieb alles relativ ruhig und letztlich kam es auch zur Einigung zwischen beiden Parteien - ein Zweijahresvertrag über 600.000 Dollar plus eines Handgelds in Höhe von 150.000 Dollar.

Lebende Legende

Es wäre mühselig, alle Titel und Triumphe, zu denen zwei Stanley Cups, diverse MVP-Awards und olympisches Gold gehören, aufzuzählen. Auch seine zahlreichen Rekorde sprechen eigentlich für sich. Nein, was Mario Lemieux wirklich auszeichnete, war sein unbändiger Wille, auch nach Rückschlägen immer wieder aufzustehen und weiter zu kämpfen. Und Rückschläge hatte der durch seinen Speed und seine Beweglichkeit trotz seiner massiven Statur (1,93 m, 104 kg) von den Gegnern gefürchtete Center wahrlich einige zu verkraften!

Neben einigen Verletzungen, besonders am Rücken, die letztlich zum endgültigen Karriereende geführt hatten, war es vor allem sein Kampf gegen das Hodgkin-Lymphom, einem bösartigen Tumor in den Lymphdrüsen, den man wohl als seinen größten Sieg ansehen muss. Mit der Krankheit verpasste er einige Zeit in der Liga in der Saison 1992/93 und auch danach. Doch er kam zurück und war umgehend wieder in Topform auf dem Eis.

Premiere nach Maß

Die Penguins waren in großen Schwierigkeiten Mitte der 80er Jahre und Gerüchte machten die Runde, dass ein Umzug anstünde. Nach der Saison 1974/75 hatten sie schon einmal Bankrott erklärt und im Jahr 1983 war die durchschnittliche Zuschauerzahl auf weniger als 7000 pro Spiel gesunken, was nicht mal der Hälfte der Kapazität der Civic Arena entsprach. Es sah nicht gut aus.

Dann kam aber Lemieux, der Rookie aus Kanada, der am 11. Oktober gegen die Boston Bruins sein Debüt gab. Und das in großem Stil: Bei seinem ersten Shift auf dem Eis klaute er dem späteren Hall-of-Fame-Verteidiger Ray Bourque den Puck und machte mit seinem ersten Schuss überhaupt in der Liga sein erstes Tor!

Lemieux wurde prompt ins All-Star Game gewählt und sorgte dort für ein Novum: Als erster Rookie überhaupt gewann er die MVP-Trophäe in diesem Event. Am Saisonende standen 100 Punkte auf seinem Konto und die Calder Memorial Trophy für den Rookie des Jahres.

Training im Vorgarten

Lemieuxs Weg in den Eishockey-Olymp schien vorgezeichnet. Noch bevor er in der QMJHL auftrumpfte, stellten seine Eltern sicher, dass er und seine zwei Brüder - der ältere, Alain, spielte ebenfalls ein paar Jahre in der NHL - genug Zeit und Platz zum Eishockey spielen hatten. Im Vorgarten wurde eine Eisfläche erbaut.

Gerüchten zufolge soll die Familie sogar eine Behilfseisfläche mit einer Ladung Schnee im Wohnzimmer errichtet haben, damit die Jungs wenn es abends dunkel wurde, nicht mehr draußen spielen mussten. Diese Kanadier - alles fürs Hockey!

Rekordjagd Ende der 80er

Es folgten gute bis sehr gute Jahre und ein paar leichtere Verletzungen. Die Playoffs waren dem Team jedoch nicht vergönnt. Auf diese wartete man bereits seit 1982. Ein für seine Karriere prägendes Ereignis, wie Lemieux selber einräumte, folgte 1987.

Im Canada Cup, einem internationalen Turnier, stellte er für Kanada mit elf Toren in neun Spielen einen neuen Rekord auf und sicherte seiner Nation mit einem späten Treffer gegen die damalige Sowjetunion gar den Titel. "Ich war damals nur 21 Jahre alt. Und Zeit mit Leuten wie Wayne Gretzky, Mark Messier oder Paul Coffey zu verbringen, war unglaublich lehrreich für mich", so Lemieux Jahre später.

Dies sollte sich auch gleich auszahlen. In der Saison 1987/88 beendete er die beeindruckende Serie von sieben Jahren, in denen Gretzky die Liga in Scoring angeführt hatte. Lemieux brachte es auf 168 Punkte und sicherte sich damit die Art Ross Trophy, zudem gewann er die Hart Memorial Trophy für den wertvollsten Spieler für sein Team und wurde erneut All-Star-Game-MVP. Die Penguins verpassten jedoch abermals die Playoffs, dieses Mal nur um einen Punkt. Allerdings reichte es immerhin für die erste positive Bilanz am Saisonende seit neun Jahren.

Der große Wurf

Darauf aufbauend wurden die Pens immer besser. Lemieux kratzte 88/89 an der 200-Punkte-Marke, die bis heute nur Gretzky (viermal) durchbrach und stand letztlich bei 199. Bis heute kam keiner auch nur in die Nähe dieser Punktausbeute! Das reichte auch für den ersten Playoff-Einzug der Penguins seit sieben Jahren. Gegen die Philadelphia Flyers war dann jedoch nach einer dramatischen Sieben-Spiele-Serie Schluss.

1990/91 begann wenig verheißungsvoll für den Mann, den sie "The Magnificent One" nannten: Er musste sich einer Rückenoperation unterziehen, die ihn 50 Spiele der Saison kosteten. Die Penguins reagierten darauf mit einer Reihe von Neuverpflichtungen, die die Chancen auf einen Titel erhöhen sollten. Als Lemieux dann zurückkam, drehte er sofort wieder richtig auf: In den Playoffs erzielte er trotz großer Schmerzen 16 Tore und 28 Assists, die ihm die Conn Smythe Trophy für den Playoff-MVP einbrachten. Mehr noch: Er führte sein Team zum erhofften Triumph - dem Gewinn des Stanley Cups über die Minnesota North Stars.

Sein Tor in Spiel 2 war sogar eines für die Ewigkeit. Sein Alleingang übers ganze Eis ist noch heute Teil des Intros der "Hockey Night in Canada" auf dem kanadischen Network CBC.

Auch im Folgejahr blieb er nicht von Verletzungen verschont, brach sich sogar in den Playoffs die linke Hand - das sichere Saison-Aus, oder? Nicht für Lemieux! Nach fünf Spielen Pause war er zurück, führte das Team zum Sweep über die Chicago Blackhawks in den Finals. Der zweite Titel!

Der erste Rücktritt

Danach sorgte Lemieux weiter für statistische Meilensteine, wurde aber gleichzeitig immer wieder durch Verletzungen und Operationen zurückgeworfen. Dennoch beendete er erhobenen Hauptes und mit einem Tor und einem Assist in seinem letzten Spiel in Philadelphia 1997 seine Karriere - es gab sogar Standing Ovations, was in Philly wahrlich nicht selbstverständlich ist für einen Gästespieler - in irgendeinem Sport!

Kurz darauf wurde er umgehend in die Hall of Fame aufgenommen, was normalerweise erst drei Jahre nach dem Karriereende möglich ist. Diese Ehre wurde auch nur acht anderen Spielern überhaupt zuteil.

Rettung der Penguins

Als Spieler hatte er die Penguins in der Stadt gehalten und sportlich relevant gemacht. Ende der 90er dann war sein Geschick als Funktionär gefragt. Erneut war das Team in finanziellen Nöten und die damaligen Eigner hatten es in den Boden gewirtschaftet. Lemieux, dem noch 32,5 Millionen Dollar an Gehalt zustanden und damit der Hauptgläubiger des Teams war, übernahm die Franchise mit einem Konsortium.

Die Wende war eingeleitet und bis 2006 hatte die Franchise sogar alle ausstehenden Kredite und Schulden getilgt. In der Folge war Lemieux auch maßgeblich an Deals für einen neuen regionalen TV-Vertrag mit FOX Sports Pittsburgh und der Erbauung des Consol Energy Centers beteiligt, das das Team für mindestens 30 weitere Jahre in der Stadt halten wird.

Sehnsucht einer Nation

Im Jahr 2000 kehrte Lemieux dann doch nochmal aufs Eis zurück, spielte noch bis 2006 und beendete schließlich endgültig seine Karriere. In dieser Zeit spielten die Pens keine große Rolle mehr, befanden sie sich schließlich in der wirtschaftlichen Konsolidierungsphase und mussten zahlreiche Topleute abgeben.

International aber durfte Lemieux nochmal glänzen: 2002 führte er Team Canada als Captain nach Salt Lake City und bescherte der Nation die erste olympische Goldmedaille seit 50 Jahren.

Und auch ganz am Ende seiner aktiven Zeit half er noch, den Grundstein für die Zukunft zu legen: 2005/06 war seine letzte und Sidney Crosbys erste Saison in der Liga. Wie Lemieux es unter anderem schon mit Jaromir Jagr zu dessen Anfangszeit gemacht hatte, ließ er "The Next One" eine Zeitlang bei sich wohnen, bis der sich in der Stadt und der Liga zurechtgefunden hatte.

Ob das letztlich Einfluss auf den weiteren Werdegang von Crosby hatte, sei dahingestellt, doch dieser führte die Pens 2009 zum dritten Stanley-Cup-Triumph in der Geschichte des Teams - dieses Mal mit Lemieux als Eigner. Einmalig: Kein anderer hatte sowohl als Spieler als auch als Eigner seine Hände an Lord Stanleys berühmter Trophäe!

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