Es gibt die erfolgreichsten Spieler, die den Karriere-Grand-Slam verpasst haben. Es gibt die erfolgreichsten Spieler ohne Grand-Slam-Titel. Es gibt die erfolgreichsten Spieler, die nie Nummer eins wurden. Und es gibt auch die erfolgreichsten Spieler ohne Turniersieg auf ATP- oder WTA-Ebene, die sogenannten Beinahe-Männer und Beinahe-Frauen. In dieser Auflistung stellt tennisnet.com zehn erfolgreiche Spieler, acht Herren und zwei Damen vor, die in Finals standen, immer wieder starke Resultate erzielten, jedoch nie das Glücksgefühl eines ATP- oder WTA-Titels erleben durften.
Anna Kournikova
Anna Kournikova ist die erfolgreichste Spielerin ohne Titel auf der WTA-Tour. Diesen Fakt haben wir bereits in unserem Artikel "Anna Kournikova und der Mythos einer schlechten Spielerin" durchleuchtet. In der Pokersprache bedeutet die Kombination Ass-König in Anlehnung an die Initialen von Kournikova: "Sieht gut aus, gewinnt aber nie." Doch die Russin hat in ihrer Karriere oft gewonnen, nur eben nicht einen Titel im Einzel. Während sie im Doppel die Nummer eins war und zweimal die Australian Open gewann, sollte es im Einzel nicht sein, auch deswegen, weil sie bereits im Alter von 21 Jahren ihre Karriere verletzungsbeding beenden musste. Kournikova galt als Wunderkind und etablierte sich bereits früh in der Weltspitze. 1997 erreichte sie im Alter von 16 Jahren und einem Monat das Halbfinale in Wimbledon. Zwischen Mai 1996 und Oktober 1998 verlor Kournikova nie gegen eine in der Weltrangliste schlechter platzierte Spielerin. 1998 zog sie in die Top 20 ein und schlug unter anderem die Grand-Slam-Siegerinnen Martina Hingis, Arantxa Sanchez Vicario und Steffi Graf.
Im November 2000 war sie die Nummer acht der Welt, doch der erhoffte Einzeltitel blieb aus. Ihre vier Finals auf der WTA-Tour bestritt die Russin größtenteils gegen Legenden des Spiels und verlor alle vier: 1998 in Miami gegen Venus Williams, 1999 in Hilton Head und 2000 beim Heimturnier in Moskau jeweils gegen Martina Hingis. Die ganz große Chance auf den so ersehnten Titel hatte Kournikova im September 2002 beim Turnier in Shanghai, wo sie Endspiel der topgesetzten Israelin Anna Smashnova unterlag. Kournikova, die zwischenzeitlich an den "Yips" litt und in zehn Matches insgesamt 182 Doppelfehler servierte, machte immer wieder Schlagzeilen als Sexsymbol. Die Russin ist und war ihrer Wirkung bewusst. "Meine Brüste sind ziemlich gut, weil sie nicht herabhängen. Sie sind fest und perfekt", erklärte sie einst. Auch die männlichen Tenniskollegen konnten ihre Augen von Kournikova nicht lassen. "Ich hasse Damentennis, aber ich würde ihr sogar zwei Stunden beim Federball spielen zuschauen", äußerte sich Wimbledonsieger Richard Krajicek. Kournikova ist seit 2001 mit dem Sänger Enrique Iglesias liiert und in den Medien immer noch omnipräsent.
Alexandra Stevenson
Es war im Jahr 1999, als sich Alexandra Stevenson auf die Tennis-Landkarte katapultierte und in Wimbledon im Alter von 18 Jahren als Qualifikantin das Halbfinale erreichte. Die US-Amerikanerin schloss daraufhin einen gut dotierten Vertrag mit Nike ab. So richtig durchstarten konnte Stevenson aber nicht. Auch wenn sie im Oktober 2002 die Nummer 18 der Welt war, kam sie bei den Grand Slams nicht mehr über die zweite Runde hinaus. 2002 war sie auch ganz nah dran an einem WTA-Titel, doch sie verlor die Finals in Memphis und Linz. Besonders die Niederlage in Memphis war schmerzlich, da sie gegen Landsfrau Lisa Raymond im Tiebreak des dritten Satzes mit 9:11 verlor. Stevenson, mittlerweile 36 Jahre, ist immer noch aktiv und versucht es weiterhin als Profi. Die US-Amerikanerin hat in all den Jahren auf der Tour einen traurigen Rekord aufgestellt, der Fragen aufwirft. Keine Spielerin hat so viele Matches aufgegeben wie Stevenson, die anstatt eine Titelhamsterin zu sein, immer wieder früh das Handtuch geworfen hat, bislang insgesamt unglaubliche 71-mal in Profimatches. Das letzte Jahr, in dem Stevenson eine Saison ohne Match-Aufgabe beendet hat, war in ihrem besten Jahr, 2002.
Steve Denton
Steve Denton geht in die Tennisgeschichte ein als der wohl erfolgreichste Spieler bei den Herren, der kein Turnier gewinnen konnte. Der US-Amerikaner, der einst die Nummer zwölf der Welt war, stand 1981 und 1982 im Finale der Australian Open und verlor beide Male gegen Johan Kriek. Dazu muss auch erwähnt werden, dass früher viele Topspieler die Reise nach Australien gar nicht angetreten haben. Denton erreichte zudem vier weitere Finals, unter anderem 1982 in Cincinnati gegen Ivan Lendl. Der US-Amerikaner hatte großes Pech, dass er in Endspielen fast immer auf große Namen traf. 1983 und 1984 verlor er das Finale in Richmond, gegen Guillermo Vilas und John McEnroe. Die größte Titelchance hatte Denton sicherlich 1982 in Metz, als er gegen seinen Landsmann Erick Iskersky unterlag.
Julien Benneteau
Julien Benneteau ist der erfolgreichste noch aktive Spieler bei den Herren, der noch kein Turnier im Einzel gewinnen konnte. Im Doppel gewann er sogar die French Open 2014, doch im Einzel will es einfach nicht klappen beim 35-jährigen Franzosen, der 2011 die Nummer 25 im ATP-Ranking war. Benneteau hat bislang 258 Matches auf der ATP-Tour gewonnen und stand 2006 im Viertelfinale der French Open. 2012 in Wimbledon, beim 17. Grand-Slam-Titel von Roger Federer, hatte er den "Maestro" sogar am Rande der Niederlage, als ihm nur zwei Punkte zum Sieg fehlten. Benneteau stand insgesamt zehnmal im Finale eines ATP-Turniers - alle gingen verloren. 2009, beim Sandplatzturnier in Kitzbühel, wäre es beinahe so weit gewesen, als Benneteau als Lucky Loser nur ein paar Punkte zum Titel fehlten und er in einer Marathonpartie über 3:41 Stunden dem Spanier Guillermo Garcia-Lopez unterlag. Noch näher dran war der Franzose beim Turnier in Kuala Lumpur im Jahr 2013, als er im Endspiel gegen Joao Sousa sogar einen Matchball hatte. Das Hartplatz-Event in Malaysia war das Lieblingsturnier von Benneteau. Zwischen 2012 und 2014 stand er dreimal in Folge im Finale. Sein zehntes und bislang letztes Endspiel ging gegen Kei Nishikori verloren. Damit stellen er auch einen neuen Rekord auf. Landsmann Cedric Pioline hatte in den Neunzigern seine ersten neun Finals verloren, dann aber noch fünf Titel geholt. So langsam läuft dem Franzosen die Zeit davon. Im Dezember wird er 36 Jahre alt. Es wäre eine sehr große Überraschung, wenn Benneteau noch einen Einzeltitel holen würde.
Mischa Zverev
Mischa Zverev ist derzeit der bestplatzierte Spieler im ATP-Ranking ohne einen ATP-Titel. Die starken Leistungen in den letzten zwölf Monaten, darunter die Viertelfinalteilnahme bei den Australian Open, brachten den 30-jährigen Deutschen bis auf Platz 25. Zverev hat fünf Titel auf der Challenger-Tour gewonnen, auf ATP-Ebene reichte es zweimal bis zum Finale. 2010 in Metz (gegen Gilles Simon) und dieses Jahr in Genf (gegen Stan Wawrinka) zog er den Kürzeren. Vor wenigen Tagen war er in Metz erneut nah dran am ersten ATP-Titel. Zverev ging als Favorit ins deutsche Halbfinale gegen den späteren Turniersieger Peter Gojowczyk, musste schließlich im zweiten Satz krankheitsbedingt aufgeben. Zverev sollte sich ein Beispiel an Gilles Müller nehmen, der dieses Jahr bewies, dass es nie zu spät für den ersten ATP-Titel ist. Der mittlerweile 34-jährige Luxemburger feierte nach fünf verlorenen Endspielen im Januar in Sydney seinen ersten Titelgewinn und ließ in ‚s-Hertogenbosch den zweiten Triumph folgen.
Yen-Hsun Lu
29! So viele ATP-Challenger-Turniere hat Yen-Hsun Lu in seiner Karriere gewonnen. Der Taiwaner ist damit Rekordhalter in dieser Kategorie. Auf einen Turniersieg auf der ATP-Tour wartet der 34-Jährige immer noch. Lu hat bislang 158 Matches auf der ATP-Tour gewonnen und war 2010 die Nummer 33 im ATP-Ranking. 2014 erreichte er sein einziges Finale in Auckland, wo er John Isner unterlag. Lu hat ein paar herausragende Siege auf ATP-Ebene gefeiert. 2010 besiegte er im Achtelfinale von Wimbledon Andy Roddick in einem denkwürdigen Match und erreichte das einzige Mal ein Grand-Slam-Viertelfinale. Lu ist außerdem für die bislang einzige Einzel-Niederlage von Andy Murray bei Olympischen Spielen verantwortlich. 2008 in Peking besiegte er den Schotten in der ersten Runde. Der nächste Titel, den Lu gewinnt, soll sicherlich lieber ein ATP-Titel, auch wenn 30 Challenger-Titel eine schöne runde Summe wären.
Dudi Sela
Dudi Sela ist genauso wie Yen-Hsun Lu einer dieser Springer zwischen Challengern und ATP-Turnieren. Der Israeli ist der zweiterfolgreichste Spieler auf der Challenger-Tour. In diesem Jahr gewann er seinen 22. Titel auf dieser Turnierebene. Auf der ATP-Tour fehlt Sela bislang der durschlagende Erfolg. Der 32-Jährige hat bislang 134 Matches auf der ATP-Tour gewonnen und war 2009 die Nummer 29 der Welt. 2008 in Peking und 2014 in Atlanta war er nah dran am ATP-Titel, doch beide Endspiele gingen verloren. Selas bestes Resultat bei einem Grand Slam: das Achtelfinale beim Wimbledonturnier 2010. Wenn es schon nicht mit einem Titel auf ATP-Ebene klappt, dann kann Sela vielleicht den Challenger-Rekord von Lu brechen.
Potito Starace
Potito Starace hat in seiner Karriere bislang 162 Matches auf ATP-Ebene gewonnen und war 2007 die Nummer 27 der Welt. Der Italiener ist ein klassischer Sandplatzwühler. Aber auch auf der geliebten Asche reichte es für Starace nicht zu einem ATP-Titel. Bei allen vier Finalteilnahmen (Valencia, Kitzbühel, Umag und Casablanca) ging er als Verlierer vom Platz. Starace sorgte für große Negativschlagzeilen, als er im August 2015 wegen angeblicher Wettmanipulation lebenslang gesperrt wurde. Zwei Monate später im Berufungsprozess wurde Starace jedoch von allen Vorwürfen frei gesprochen. Allerdings: Der Italiener hat seitdem kein Profimatch mehr bestritten.
Brett Steven
Brett Steven ist nach Chris Lewis, der 1983 das Wimbledonfinale erreichte, der erfolgreichste Spieler aus Neuseeland. 175 Matchsiege auf der ATP-Tour und Platz 32 stehen in der Vita von Steven. Bei den Grand Slams erreicht er bei den Australian Open 1993 sein bestes Ergebnis, als er in das Viertelfinale einzog. Steven spielte drei Endspiele auf der ATP-Tour, 1993 in Schenectady, 1996 beim Heimturnier in Auckland und 1997 in Newport. Ganz dicht war er in Schnectady am Titel dran, als er das Finale gegen Thomas Enqvist im Tiebreak des dritten Satzes verlor.
Henrik Holm
Als Henrik Holm seine Profizeit hatte, Ende der Achtziger und in den Neunzigern, war das schwedische Herrentennis noch voll mit erstklassigen Spielern. So reichte es für Holm auch nur zu drei Einsätzen im Davis Cup. Heutzutage wäre Holm das ganz große Aushängeschild in Schweden. Im Jahr 1993 war er die Nummer 17 der Welt und besiegte in jenem Jahr in der ersten Runde der US Open Michael Stich. 1992 stand Holm im Achtelfinale von Wimbledon und hatte auch sein bestes Jahr in seiner Karriere. In Washington spielte er sein erstes ATP-Finale, das er gegen Petr Korda verlor. In Tokio zog er ebenfalls ins Endspiel ein. Auf dem Weg dorthin besiegte er Boris Becker mit 6:1, 6:2. Im Finale fand er dann aber in Ivan Lendl seinen Meister.