Becker: "Deutsches Tennis besser als sein Ruf"

Boris Becker ist sechsmaliger Grand-Slam-Sieger
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Auf einer Podiumsdiskussion im Rahmen des neu gegründeten Challenger-Turniers Wolfkran Open 17 in Ismaning, bei dem SPOX und Tennisnet vor Ort waren, hat sich Boris Becker zur Lage des deutschen Herrentennis geäußert. Auch sprach der 49-Jährige über Deutschlands Nummer eins, Alexander Zverev.

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"Das deutsche Tennis ist deutlich besser als sein Ruf. Wir sind heute ziemlich gut aufgestellt, auch gerade im Vergleich zu den anderen Top-Nationen ", stellte Becker klar. Auf SPOX-Nachfrage begründete er die negative Sichtweise in der Öffentlichkeit mit zu viel Oberflächlichkeit: "Man nimmt sich nicht die Zeit, sich ehrlich damit auseinanderzusetzen, sondern liest nur die Überschriften."

Becker ist seit Ende August als Head of Men's Tennis des Deutschen Tennis Bundes (DTB) zuständig. Die Stelle ist extra für den sechsmaligen Grand-Slam-Sieger geschaffen worden und soll den Fortschritt im deutschen Tennis weiter ankurbeln.

"Es ist dank neuer und besserer Strukturen eine sehr positive Entwicklung zu sehen", führte Becker aus. Während vor zwei Jahren nur zwei deutsche Herren in den Top 100 der ATP zu finden waren, sind es nunmehr acht.

Verbesserungsbedarf ist laut Becker aber dennoch vorhanden. Eines seiner Hauptaugenmerke liegt dabei auf der Förderungen von weiteren Stützpunkten des DTB. Momentan gibt es in Oberhaching bei München, Stuttgart, Hannover und Kamen Leistungszentren. "Das ist enorm wichtig für die Spieler. Wir sind da aber noch anders aufgestellt als beispielsweise Spanien", so Becker.

Boris Becker: "Müssen die Faszination aufleben lassen"

Entscheidend sei darüber hinaus, den Tennissport hierzulande wieder mehr in den Vordergrund zu rücken. "Man spricht nie über Tennis", klagte Becker: "Wir müssen neue Fans gewinnen und wieder die Faszination aufleben lassen." Immerhin habe man in Deutschland "tolle Spieler, die in der absoluten Weltspitze sind sowie eine gute Struktur beim DTB".

Ein Problem, das der deutsche Tennissport zudem hat, ist die geringe Turnierdichte in der Bundesrepublik. Während zum Beispiel in Italien über 20 Challenger-Turniere ausgetragen werden, sind es hier lediglich sechs. "In anderen Ländern wird das staatlich finanziert oder durch die Grand-Slam-Turniere getragen", erklärte der Vizepräsident des Bayerischen Tennis Verbands, Dr. Peter Aurnhammer, der ebenfalls Teilnehmer der Gesprächsrunde war: "Deutschland muss solche Turniere über Sponsoren oder die Landesverbände finanzieren."

Alexander Zverev wird wieder Davis Cup spielen

Ein weiteres Thema waren die jüngsten Davis-Cup-Absagen der deutschen Top-Spieler gegen Portugal, die für viele Diskussionen sorgten. DTB-Sportdirektor Klaus Eberhard bat dabei um Verständnis und die individuelle Betrachtung der Absagen von Alexander Zverev, Philipp Kohlschreiber und Co. - auch wenn in den "Nachwuchsverträgen steht, dass wir erwarten, dass Davis Cup gespielt wird".

Langfristige Folgen sollen die besagten Absagen nicht haben. "Die positive News ist, dass alle Spieler - inklusive Alex Zverev - in der ersten Runde 2018 spielen wollen", erklärte Becker. Die Teilnahme der Top-Spieler war bis zuletzt nicht gesichert. Natürlich könne durch Krankheit oder eine Verletzung immer noch etwas dazwischenkommen, sagte Becker: "Aber die Bereitschaft ist da."

Zunächst wird Zverev aber bei den ATP-Finals (12. bis 19. November) teilnehmen und sich gegen die besten Spieler der Welt in der inoffiziellen Tennis-Weltmeisterschaft messen. Laut Becker sei das eine "historische Leistung" von Zverev, der für ihn "ein Diamant" sei, den es zu fordern und zu fördern gelte.

Für die Zukunft erwartet Becker Großes vom aktuell fünfbesten Spieler der Welt: "Die Nummer eins traue ich ihm zu." Allerdings beginne die eigentliche Arbeit erst jetzt. "In die ersten Fünf zu kommen, ist schwierig. Dort zu bleiben, aber noch schwieriger", so Becker.

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