Wie man als Außenseiter eine Führung nach Hause spielt

Von Marco Kühn / Tennis-Insider.de
Denis Istomin bei seinem Sensationssieg gegen Novak Djokovic in Melbourne 2017
© getty

Du hast den ersten Satz 6:3 gewonnen. Ungläubig sitzt du auf der Bank und fragst dich, wie du das hinbekommen hast. Hier erfährst du, wie du das Match über die Ziellinie bringst.

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Dein Gegner ist der turmhohe Favorit. Die Papierform, die vor dem Spiel gegen dich sprach, hast du zerknüddelt und in den Papierkorb geworfen. Trotzdem steigt in dir dieses Gefühl hoch, welches kaum ein Wort beschreiben kann. Die Auswirkungen dieses Gefühls spürst du aber umgehend auf dem Platz. Dein Arm wird schwerer, dein lockerer Schwung aus dem ersten Satz hat die Flucht nach Hause angetreten und die guten Schläge deines Gegners treffen dich jetzt - vor allem mental.

Mit jedem guten Schlag des Gegners, mit jedem grandiosen Punkt wächst in dir das Gefühl, dass du doch nicht gewinnen kannst. Dann dreht sich das sogenannte Momentum, dein Gegner wird immer übermächtiger und du verlierst das Match hinten raus glatt. Hast du andere Möglichkeiten, als deinen Gegner mit Selbstvertrauen zu füttern, um dich nach einem gewonnenen ersten Satz überrollen zu lassen?

Körpersprache

Sobald dein Gegner deine Unsicherheit spürt, wächst in ihm das Selbstvertrauen, welches er so dringend braucht. Wenn du gegen einen großen Favoriten den ersten Satz mit 6:3 gewonnen hast, dann musst du dieses Ergebnis auch durch deine Körpersprache übermitteln. Viele Underdogs gehen aber den falschen Weg und verkörpern durch ihre Körpersprache einen Spieler, der sich selbst und seinen Fähigkeiten nicht traut. Ungläubiges Kopfschütteln, nachdenkliches nach unten blicken und fragende Blicke zum Trainer oder zu den Mannschaftskameraden am Spielfeldrand sind einige der Anzeichen, die der Gegner registriert.

Im Kopf des Gegners setzt diese ängstliche und schlappe Körpersprache das Selbstverständnis frei. Der Gegner spürt, dass ein paar gute Punkte und eine 2:0 oder 3:1 Führung im zweiten Satz reichen, um das komplette Match zu drehen und dann zu Ende zu spielen. Je stärker dein Gegner in solchen Phasen wird, desto schwächer wirst du selbst. Spielerisch - und im Kopf.

Der Killer im Kopf

Anstatt wie ein ängstlicher kleiner Junge über den Platz zu schlurfen, muss deine Körpersprache einen Killer symbolisieren, der keine Zweifel hat und seinen Weg gehen wird - egal was passiert. Dein Gegner muss spüren, wie entschlossen du bist und dass es für dich selbstverständlich ist, dass du das Match gewinnen wirst. Dies setzt bei deinem Gegenüber ganz andere Denksysteme in Gang. Du bleibst in deinem Momentum, auch wenn dein Gegner bessere Phasen im zweiten Satz erwischt.

Das Selbstverständnis des Favoriten kommt nur schwer in Gang, wenn du immer wieder durch deine Körpersprache und dein Spiel den Deckel auf den Topf drückst. Bleibe ruhig, wenn du den ersten Satz geholt hast. Bewege dich langsam, ruhig und mit großen Schritten zur Bank zum Seitenwechsel. Gehe und sitze aufrecht, verziehe keine Miene und lass dir deine Emotionen nicht anmerken.

Pushe dich nach guten Schlägen, ohne es zu übertreiben. So setzt du Haken, welche die Mentalität deines Gegners gezielt treffen. Rede nicht zu viel mit dir selbst auf dem Platz, auch nicht leise. Vergiss nie, dass dein Gegner immer mehr mitbekommt, als du denkst. Zu Beginn des zweiten Satzes ist es wichtig, dass du von Punkt zu Punkt spielst. Diese abgedroschene Regel ist auf ein gesamtes Match bezogen unsinn, weil dafür dein Budget an Konzentration nicht ausreicht. Aber in den wichtigen Phasen musst du fokussiert sein und jeden Ball spielen, als wäre es der Matchball. Der Start des zweiten Satzes ist eine solche Phase. Es heißt dann dranbleiben.

Versuche nichts Unmögliches

Viele Spieler meinen, dass sie gegen einen großen Favoriten Wunderdinge vollbringen müssten. Vor allem, wenn sie in Führung liegen und den ersten Satz gewonnen haben. Die Kunst ist es, dann seinem Stil treu zu bleiben und hartnäckig seinen Matchplan zu verfolgen. Wirf niemals eine Taktik um, die dich an dein Ziel geführt hat. Du hast nur hohe Bälle auf die Rückhand des Gegners gespielt, aber den Satz gewonnen, obwohl damit keiner gerechnet hat?

Perfekt, dann spiele diese Taktik weiter, bis dein Gegner eine Lösung gefunden hat. Viele Vereinsspieler haben nicht die Disziplin eine simple Taktik zwei Sätze konsequent durchzuspielen. Das ist der Grund, warum sie manchmal gegen den Favoriten führen, aber es nie schaffen diese Führung ins Ziel zu bringen.

Merke dir, dass du nach dem Gewinn des ersten Satzes vor der wichtigsten Phase des Matches stehst: dem Start des zweiten Satzes. Lege großen Wert auf deine Körpersprache und zeige deinem Gegner den Killer in dir. Keine Zweifel, nur Zuversicht. Lass dich von starken Winnern des Gegners nicht umschubsen, sondern bleib selbstbewusst und zuversichtlich. Dann bringst du beim nächsten Mal den Sieg mit nach Hause.

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