Novak Djokovic ist längst schon weg vom Grand-Slam-Schauplatz in Melbourne, gestrauchelt auch dort in seiner hartnäckig andauernden Krise. Und auch Andy Murray, der zweite Protagonist der zuletzt beherrschenden Tennis-Rivalität im Wanderzirkus, hat seine Koffer zu packen - am Sonntag das Opfer der noch dickeren Australian-Open-Überraschung, der verdiente Vier-Satz-Verlierer gegen den angriffswuchtigen Hamburger Mischa Zverev. Kein Zweifel: Die Australian Open, die ersten, früh in der Saison angesiedelten Grand-Slam-Festivitäten, machen ihrem Ruf als Schauplatz von Verrücktheiten, als ewige Wundertüte, auch 2017 mal wieder alle Ehre.
Und ganz egal, wie man zu Roger Federer steht, dem Grand-Slam-Rekordchampion mit 17 Titeln - auch sein bisheriger Siegeszug Down Under gehört in die Kategorie des Unerwarteten. Denn während die heißesten Pokalkandidaten, eben jene Herrschaften namens Murray und Djokovic, nun mindestens bis zu den French Open warten müssen, um sich wieder Titelträume erfüllen zu können, hat der unermüdliche Schweizer, unterwegs auf einer Comeback-Mission, tatsächlich und ausgerechnet bei diesen Australian Open noch alle Möglichkeiten zum sentimentalen Coup: "Das war einer der großen Siege meiner Karriere", sagte Federer nach seinem 6:7 (4), 6:4, 6:1, 4:6 und 6:3-Achtelfinalerfolg über den Japaner Kei Nishikori in der Rod Laver Arena, mit dem er seine Rückkehrbemühungen tief hinein in die zweite Grand-Slam-Woche trug.
Double Bagel gegen Zverev beim letzten Duell
Nächster Gegner Federers ist nun der bemerkenswerte Bezwinger von Murray, der 29-jährige Mischa Zverev, der ältere Bruder von Riesentalent Alexander. "Ich bin ein Fan seines Spiels", sagt Federer, "es ist toll, wie er sich wieder in die Spitze zurückgekämpft hat." Auf dem Centre Court dürfte es allerdings kein Pardon geben für den in seiner Karriere oft schwer verletzten deutschen Rivalen, den er in zwei zurückliegenden Partien souverän besiegte. Das letzte direkte Aufeinandertreffen endete sogar mit der Höchststrafe für Zverev, er verlor im westfälischen Halle in nur 40 Minuten mit 0:6 und 0:6. Zverev, ein Meister des raffinierten Angriffsspiels und der taktischen Finessen, bezeichnete das Viertelfinal-Rendezvous mit seinem Idol als "absoluten Traum": "Ich habe Dutzende, wenn nicht Hunderte Roger-Matches vor dem Fernseher verschlungen. Er ist der größte Botschafter für unseren Sport."
Federer ist allerdings aus Schweizer Sicht nicht der Alleinunterhalter auf der großen Grand-Slam-Bühne in Melbourne. Denn heimlich, still und leise, im Schatten von Federers Wiederauftauchen und diversen kleineren und größeren Sensationen, hat sich auch Stan Wawrinka in die Runde der letzten Acht vorgespielt - am Sonntag in der Manier des eiskalten Stan, the Tiebreak-Man. Gleich drei Mal siegte der Romand in der Glückslotterie des Entscheidungsspiels und verließ so als 7:6 (7:2), 7:6 (7:4) und 7:6 (7:4)-Gewinner den Platz - sozusagen der Champion der Big Points, der Triumphator in der Nervenschlacht. "Ich habe mit Selbstbewusstsein und dem richtigen Biss gespielt, um jeden einzelnen Punkt gefightet", sagte der Melbourne-Sieger des Jahres 2014. Und keine Frage: Auch im laufenden Wettbewerb kristallisiert sich Wawrinka mehr und mehr zu einem der engsten, heißesten Favoriten heraus, es wäre dann die konsequente Fortsetzung einer Serie, die ihm in den letzten drei Spielzeiten schon jeweils immer einen Major-Titel eingebracht hatte. Am Dienstag spielt Wawrinka im Viertelfinale gegen den Franzosen Jo-Wilfried Tsonga, gegen den die persönliche Bilanz 4:3 lautet. Die meisten Topbegegnungen hat dabei Wawrinka für sich entschieden, so bei seinem French-Open-Titellauf 2015 in Paris (Halbfinale) oder auch im Davis-Cup-Endspiel in jener Saison.
Federer noch immer zeit- und alterslos
Wawrinkas Vorpreschen ins Viertelfinale kam allerdings weniger überraschend als der Sturm und Drang Federers - schließlich reiste der "Maestro" nach seiner sechsmonatigen Verletzungspause zu recht ohne größere Hoffnungen nach Melbourne an. Aber bei den Grand-Slam-Festspielen, die er in seiner Karriere bereits vier Mal gewonnen hat, zeigte sich schnell, dass sich Federer ausreichend viel Zeit für eine Regeneration seiner Kräfte und Konstitution genommen hatte. Und dass er, körperlich erholt, noch immer wie zeit- und alterslos seine Klasse auf die Courts zaubern kann. Gegen Außenseiter wie den Österreicher Jürgen Melzer und den US-Amerikaner Noah Rubin. Aber eben auch gegen momentan höher eingestufte Konkurrenz aus dem Establishment der Szene, gegen den Zehnten der Weltrangliste, Tomas Berdych. Und zuletzt auch gegen den Fünften der Tennis-Hitparade, Nishikori, in einem Duell über die volle Distanz.
Federer war damit, ein Rekord der anderen Art für ihn, der älteste Viertelfinalist bei einem der vier Grand Slams seit Jimmy Connors 1991 in New York. Und der älteste Melbourne-Viertelfinalist sogar seit den fernen Tagen eines Arthur Ashe 1978. Wohin kann die nostalgische Tour des Publikumsfavoriten Federer nun noch führen, wohin der Weg von Stan, the Man? Es könnte, im Halbfinale, bestenfalls sogar zu einem Schweizer Gigantenkampf kommen - Federer kontra Wawrinka. Mit der Garantie dann eines Schweizer Finalisten. Es sind auf jeden Fall, das steht schon fest, noch einmal goldene Tage für das Schweizer Tennis.
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Die Australian Open im Überblick