Petra Kvitova betrat lächelnd den Court Philippe Chatrier, blickte zufrieden in den wolkigen Pariser Himmel und winkte dann glücklich ins weite Rund. Schon die ersten Schritte auf dem Weg zu ihrer "zweiten Chance", wie die Tschechin es nennt, genoss die 27-Jährige in vollen Zügen.
Nach dem geglückten Comeback flossen dann die Tränen. "Ein Traum ist wahr geworden. Wenn man es mit Herz macht, ist alles möglich", meinte die sichtlich bewegte Kvitova, die sich beim 6:3, 6:2 in der ersten Runde der French Open gegen Julia Boserup (USA) präsentierte als habe es die folgenschwere Messerattacke gut fünf Monate zuvor nie gegeben.
Notoperation vor Weihnachten
Das Kvitova-Team in der Box hatte sich zur Feier des besonderen Tages T-Shirts mit dem Motto "Courage, Glaube" übergestreift. Es war eine Hommage an ihre Chefin. "Meinen größten Kampf habe ich schon gewonnen", sagte die zweimalige Wimbledonsiegerin mit Blick auf die dunklen Tage im Winter 2016, als sie das Opfer eines Angriffs wurde: "Ich bin sehr dankbar, dass ich noch lebe - und noch alle Finger habe."
Vier Tage vor Weihnachten hatte Kvitova einem als Handwerker verkleideten Mann die Tür geöffnet - und war daraufhin in ihrem Appartement im tschechischen Prostejov niedergestochen worden. Um sich vor dem Eindringling zu schützen, versuchte sie ihn mit der linken, ihrer Schlaghand, abzuwehren. Vier Stunden brauchten die Chirurgen, um die Schädigungen an Sehnen und Nervensträngen der Hand zu beheben.
Noch nicht ganz gesund
Über die Verletzungen an ihrer Seele wollte Kvitova in ihrer ersten Pressekonferenz am vergangenen Freitag eigentlich nicht sprechen. Sie tat es doch - mit ein wenig zittriger Stimme: "In den ersten Nächten nach der Attacke habe ich nicht gut geschlafen. Aber Alpträume habe ich nicht." Nicht mehr.
Seit dem Überfall kann sie, die bislang knapp 23 Millionen Dollar Preisgeld kassierte, die vermeintlich kleinen Dinge des Leben schätzen. "Manchmal stehe ich einfach draußen, sehe die Sonne und sage mir: 'Wie schön'. Oder ich freue mich darüber, dass ich eine Wasserflasche wieder normal greifen kann", sagte die sympathische Kvitova.
Im März ging Kvitova, die ein Studium der Kommunikations-Wissenschaft aufnahm, erstmals wieder mit einem Racket auf den Platz: "Ich hatte damals das Gefühl, der Schläger und meine Hand gehören nicht zu mir", sagte sie. Heute ist die Hand "noch nicht wieder bei 100 Prozent", glücklich ist Kvitova dennoch - über ihre zweite Chance.
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