Orangina. Es ist eigentlich ist das Lieblingsgetränk von Petra Martic, und in Paris schmeckt die französische Limo bekanntermaßen immer noch ein kleines bisschen besser als anderswo. Weil Martic einen Lauf hat, gab es in den letzten Tagen dann aber doch meist etwas Entspannenderes.
Und eigentlich hätte Petra Martic allen Grund, auch den heutigen Tag entspannt anzugehen. Als Nummer 285 der Welt ins Turnier gestartet, Quali gerade so überstanden, Kateryna Bondarenko und Madison Keys besiegt, gestern Anastasija Sevastova mit einem 6:1, 6:1 vom Platz geschossen... Und heute früh (ab 11 Uhr) geht's gegen eine der Titelfavoritinnen, Elina Svitolina.
"Die Unsicherheit war hart"
Martic kommt zurück von einer fast einjährigen Auszeit - der Rücken machte ihr seit dem Wimbledon-Turnier im Vorjahr wieder und wieder einen Strich durch die Rechnung. "Als ich mich verletzt hatte, dachte ich, es dauert womöglich zwei oder drei Monate, höchstens. Aber dann ging es immer weiter: noch einen Monat. Und noch einen. Und noch einen. Am Ende war es fast ein Jahr", erzählte sie nach ihrem Sieg am Sonntag.
Das Härteste für die 26-jährige Kroatin: die Unsicherheit. "Ich habe begonnen zu zweifeln, ob ich überhaupt wieder spielen kann. Hätte ich zu Beginn gewusst, dass ich ein Jahr raus bin und dann zurückkomme, wäre es einfacher gewesen. Aber die Unsicherheit war hart für mich."
Rückschlag und Traum-Comeback
Im Dezember 2016 ging Martic in die Alexander Waske Tennis-University, sie kam dort an mit gravierenden Rückenschmerzen. In Offenbach ging es langsam wieder los: Fitnesstraining, Physiotherapie, Reha-Tage; Martic musste erst langsam wieder Vertrauen in ihren Körper gewinnen. Ende März, kurz vorm Wiedereinstieg bei einem Turnier in Tunesien, dann der Rückschlag. "Sie hatte nach Ankunft wieder extreme Beschwerden", erinnert sich Waske. "Also ging es direkt zurück zu uns ins Fitness- und Rehatraining. Es hat noch mal zwei Wochen gedauert, bis sie dann endgültig ein Turnier spielen konnte."
Martic erwischte ein Traum-Comeback, siegte direkt beim mit 25.000 US-Dollar dotierten Future in Santa Margherita di Pula/Italien. "Die Plätze waren unglaublich schlecht, es gab keine Ballkinder - aber für mich hat es sich angefühlt, als würde ich ein Grand-Slam-Turnier spielen." Es folgten: zwei Future-Halbfinals und ein Finale in Wiesbaden - und der Aufstieg von Rang 659 auf Platz 285 der Welt. Für Chef Waske und Martics Hauptcoach Sascha Nensel, dem Sportlichen Leiter der TU, erst der Anfang auf dem Weg zurück nach oben.
Martic will noch mehr
Das Achtelfinale in Paris, es ist ohnehin fast ein Déja-vu. Vor fünf Jahren stand Martic ebenfalls in der Runde der letzten 16 und erreichte im Anschluss mit Platz 42 ihr bisheriges Höchstranking. Damals unterlag sie Angelique Kerber. Martic selbst will will in diesem Jahr mehr, auch wenn sie ihren Traumlauf selbst noch nicht glauben kann. "Ich bin noch nicht zufrieden damit", sagt sie. "Es ist ein großartiges Resultat, aber will wieder da rausgehen und gewinnen."
Gegen Svitolina, Führende der Jahreswertung 2017, ist Martic klare Außenseiterin; ein weiterer Sieg - er wäre die größte Sensation des Turniers. Für Martic, Waske, Nensel und Fitnesscoach Milos Galecic jedoch ein schöner Grund, die sehr französische Team-Tradition um das gemeinsame Glas Sieger-Rotwein fortzusetzen.
Die French Open im Überblick